Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Man darf auch nicht erzählen, hierdurch würden wir als Land flexibler. Es ist schon richtig: Diesmal sind die Mietverträge variabler abgeschlossen worden. Trotzdem gibt es mehrere Gebäude,für die wieder eine Festlegung für 20 oder 30 Jahre stattgefunden hat. Selbst wenn das für manches Gebäude die letzten 30 Jahre zu sein scheinen, so ist eine derart langfristige Bindung in Zeiten schneller Veränderungen und Umstrukturierungen in der Verwaltung alles andere als angemessen.

Was ist denn, wenn sich in 15 Jahren herausstellt, dass bestimmte Gebäude nicht mehr gebraucht werden? Dann können wir diese Immobilien nicht mehr verkaufen, sondern müssen Untermieter suchen, und dabei wünsche ich dann viel Spaß.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, diese Art von Geschäften bedeutet nichts anderes als den kompletten Ausverkauf des Vermögens unseres Landes. Irgendwann wird dann der Landtag das letzte noch zu verkaufende Gebäude sein, und vielleicht werden wir den auch noch verkaufen müssen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber erst, wenn er fertig ist!)

Damit erreichen Sie nicht die Neuverschuldung null, sondern ein Landesvermögen null. Dieser Politik werden wir nicht zustimmen. Diese Immobilientransaktionen „Leo“ sind und bleiben letztlich ein Offenbarungseid.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Finanzminister Weimar.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich sehr herzlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzministerium, die mit der Abwicklung dieser Sache betraut waren, danken. Sie haben eine großartige Arbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU)

Gleichzeitig ist es mir ein Anliegen, der beteiligten Kanzlei und dem Bankhaus – die uns rechtlich beraten und bei der Vermarktung und dem Verkauf der Immobilien unterstützt haben – zu danken. Da war ein klasse Team zusammen, das ein hervorragendes Ergebnis erzielt hat.

Meine Damen und Herren, es ist schon sehr schwierig, wenn hier mit wechselnden Argumenten – die nun wirklich nichts mit einer mathematischen Betrachtung von Zukunftsszenarien zu tun haben – vorgegangen wird. Ich schätze Frau Erfurth ansonsten wirklich sehr, weil sie immer bemüht ist, sehr fundiert einzusteigen. Sie gibt eine Pressemeldung heraus, in der sie schreibt: Ja, wir verkaufen das, dann müssen wir Miete bezahlen, und das reicht dann für 16 Jahre. Das ist ganz schrecklich.

Allein der Hinweis, dass wir Geld bekommen, für das wir Zinsen einsparen und auf diese Weise die Zeit auf fast 30 Jahre verlängert wird – ohne dass wir dabei die Risiken der Bauunterhaltung und Sonstiges tragen –, ist in einer solchen Presseerklärung gar nicht enthalten.

Also wissen Sie, man kann ja versuchen, die Bevölkerung für sich zu gewinnen, aber dieses Unterfangen sollte doch einen Rest von Seriosität haben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Roland von Hunnius (FDP) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sagt der Richtige!)

Zweitens. Sie haben den Wunsch gehabt – Herr von Hunnius hat das sehr dezidiert gefordert,und ich habe dem sofort zugestimmt –, Ihnen ein Raster vorzulegen, nach dem diese Berechnungen durchgeführt wurden. Das ist übrigens kein Hexenwerk, sondern jeder, der – auch privat –

im investiven Bereich tätig ist, muss bei langjährigen Verpflichtungen, die er eingeht, nach einem gewissen Raster rechnen. Das wurde Ihnen zur Verfügung gestellt. Außer freihändigen Erklärungen über Einzelparameter dieser Berechnung habe ich von niemandem gehört, dass es irgendjemanden in der Immobilienbranche gibt,der unser Raster – der Rechnungshof hat es sich angeschaut, und wir haben eine Einigung darüber erzielt, wie man das macht – im Grundsatz bestreitet.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Niemand!)

Niemand. Das können Sie nicht ernsthaft. Denn die Dinge liegen völlig klar. Schauen Sie, alle Leute, die bei den offenen Immobilienfonds, den REITs-Vorbereitungen und Sonstigem tätig sind, müssen doch auch die Wirtschaftlichkeit ihrer Unterlagen nach Berechnungsparametern darstellen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und wer prüft diese Parameter?)

Natürlich haben wir ein solches Raster gewählt. Und jetzt kommen Sie und sagen,das passt Ihnen politisch nicht.Sie erzählen etwas von irgendwelchen Einzelparametern, die nicht stimmen. Ich finde, das ist nicht besonders seriös. Ich bleibe dabei: Dieses Geschäft, das wir gemacht haben, ist für das Land Hessen ausgesprochen attraktiv.

Im Übrigen darf ich noch hinzufügen: Die Gefahr des zufälligen Untergangs ist von uns ganz weg. – Wie Sie wissen, haben wir für unsere Immobilien keine Versicherung. Das hat uns bei Weiterstadt schon einmal heftig getroffen. Jedes Gebäude, das zerstört würde, müssten wir aus eigenen Mitteln wieder aufbauen – in Zukunft nicht mehr, denn Dach und Fach sind Sache der Käufer.

Ich will Ihnen nur einmal sagen,welche Vorteile die Sache noch hat.

Herr Pighetti, zum Thema Restwert: Sie rechnen, dass Sie für einen Zeitraum X jährlich einen durchschnittlichen Betrag in die Immobilie stecken, um deren Substanz zu erhalten. Übrigens beantwortet das auch die Frage von Abg. Kaufmann, die er einmal im Ausschuss gestellt hat: Wie kannst du denn davon ausgehen, dass im letzten Jahr noch jemand Geld hineinsteckt? – Ei, er wird im letzten Jahr wahrscheinlich kein Geld hineinstecken. Aber mathematisch gesehen wird der Aufwand über die Laufzeit der Verträge auf die Einzeljahre verteilt – damit Sie anschließend abzinsen können. Natürlich kann das alles viel ungünstiger werden. Das liegt auf der Hand. Sie können relativ kurzfristig große Schäden haben, die Sie reparieren müssen. Das sind dann nicht mehr unsere Schäden, sondern wir haben dann den Vorteil.

Die Frage, welchen Wert die Immobilie am Ende noch hat, bestimmt sich nach der Funktionsfähigkeit und den Möglichkeiten, die Sie mit diesem Gebäude noch haben. Genau das ist doch einer der Gründe, warum wir verkaufen.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Denn nach 30 Jahren ist eine heutige Immobilie für Bürozwecke ganz sicher überhaupt nicht mehr so nutzbar. Nach spätestens 30 Jahren müssten Sie hingehen und das Gebäude vollständig umbauen, sodass Sie praktisch eine neue Immobilie errichten. Das reduziert natürlich den Wert.

Ich könnte jetzt bei jedem einzelnen Punkt sagen, wie das berechnet wird. Aber damit das nicht hier so im Raum

steht:Wir haben Mietverträge von zwei Jahren bis 30 Jahren abgeschlossen. Wir können flexibel kündigen. Das ist hier dankenswerterweise anerkannt worden. Wir haben uneingeschränkte Untervermietungsmöglichkeiten. Beispielsweise haben wir beim Amtsgericht Rüsselsheim 800 m2, die leer stehen, überhaupt nicht zurückgemietet. Wir haben also bei diesem Vertrag in hohem Maße diese Flexibilität erhalten, die wir brauchen, um in Zukunft unsere eigenen Nutzungsbedürfnisse realisieren zu können.

Übrigens sind wir in der Lage, intern in dem Gebäude uneingeschränkt zu wirtschaften. Wir können bei gleichem Mietzins an- und ausbauen. Die notwendigen Möglichkeiten, in Zukunft die Gebäude auszugestalten, wie wir wollen, sind hier bestens gegeben.

Eine letzte Bemerkung. In der Wirtschaft ist es relativ üblich – das ist übrigens auch die Diskussion der REITs, die momentan stattfindet –, dass gerade auch Firmen Immobilien aus der Gesellschaft herausgeben, denn auch dort wurde gelernt, dass die Spezialisten besser mit der Immobilie umgehen können; und dass die Immobilie übrigens einen bedeutenden Wert bei der Refinanzierung hat. Sie wissen, bestimmte Branchen bzw. Finanzierungsformen müssen beispielsweise mit Immobilien unterlegt sein.Von daher ergibt es Sinn, dass es Käufer gibt, die solche Immobilien in großen Portfolios erwerben, um sie dann anschließend wieder verwerten zu können.

Meine Damen und Herren, das alles ist aber relativ selbstverständlich und tägliches Geschäft am Markt.Wir haben diese Chancen genutzt, weil Immobilien gesucht werden. Wir haben einen hervorragenden Preis erzielt, von dem jeder Privatmann unter allen erdenklichen Umständen sagt:Es ist gar nicht möglich,dass man einen solchen Preis erzielt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil kein Privater das macht!)

Wir bekommen das Achtzehnfache der zu zahlenden Miete für die Immobilien. Meine Damen und Herren, das ist ein Traumpreis, und deswegen bitte ich Sie herzlich, dem zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Jörg-Uwe Hahn und Roland von Hunnius (FDP))

Das Wort der Abg.Al-Wazir, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, wenn Sie den Mietvertrag auf 40 statt auf 30 Jahre geschlossen hätten, dann wäre der Preis noch höher gewesen. Das ist aber doch keine ordentliche Rechnung. Das kann doch kein ernsthaftes Argument sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil hier erstens ein falscher Zungenschlag hereingekommen und weil zweitens gesagt worden ist, dass die Parameter genauer betrachtet werden müssen.

Erstens. Der Rechnungshof hat ausdrücklich gesagt, dass er das Verfahren für in Ordnung hält, nicht aber die Para

meter, die eingesetzt worden sind. Das ist ein großer Unterschied. Das wissen Sie ganz genau.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Im Laufe des Verfahrens sind drei Objekte herausgenommen worden. Die drei Objekte sind deshalb herausgenommen worden, weil man zwischenzeitlich etwas anderes vorhatte und diese Objekte gar nicht mehr brauchte.Wenn Sie das Verkaufsverfahren ein halbes Jahr früher durchgeführt hätten, hätte es sein können, dass wir jetzt einen Mietvertrag auf 30 Jahre für ein Gebäude haben, das wir gar nicht mehr brauchen, weil es neue Überlegungen gibt. Schon allein an der Tatsache, dass zwischen Ausschreibung und Verkauf drei Objekte herausgenommen wurden, weil neue Pläne vorlagen, sieht man die Gefahr, die in Mietverträgen steckt, die auf 30 Jahre geschossen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Mich erinnert das sehr an manche Immobiliengeschichten in Frankfurt, die damals ebenfalls von einer CDU-Regierung beschlossen worden sind. Ich erinnere nur an den Stadtkämmerer Gerhardt. Die Geschichte Hersch Beker lasse ich jetzt einmal außen vor.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bleiben wir beim Thema Verkauf des Landeshauses.

(Zurufe von der CDU)

Beim Landeshaus wurde gerade gesagt, dass Sie dort mit einem Restwert – Stichwort: Wie rechnen wir uns die Wirtschaftlichkeit gerade? – von 1 Million c gerechnet haben. Ich habe mir die Presseerklärung des Finanzministers herausgezogen und festgestellt: Das Objekt hat ein Grundstück von 12.281 m2. Ich habe mich informiert und bin bei einem Grundstück in bester Wiesbadener Stadtlage auf einen Wert von 81 c/m2 gekommen. Dann habe ich die Kollegin Erfurth gefragt: Wie kommen die Leute vom Finanzministerium bei ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu so einem Ergebnis? Wir haben festgestellt: Sie rechnen mit einem Restwert von 3 Millionen c – das sind immer noch sehr unterdurchschnittliche 244 c/m2 – und rechnen davon 2 Millionen c für Abbruchkosten ab – für den Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes, das 1907 erbaut worden ist.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD: Unglaublich!)

Wenn man so rechnet, ist am Ende alles wirtschaftlich.