Protokoll der Sitzung vom 01.02.2007

Erstens. Mit der in Art. 1 vorgesehenen Regelung soll die Hinzuverdienstgrenze für Versorgungsempfänger nach Vollendung des 65. Lebensjahres aufgehoben werden.

Herr Kollege Frömmrich, dies führt zu einer Gleichbehandlung von Einkommen aus Tätigkeiten innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Oh! Das hat auch keinen Hintergrund, nicht wahr?)

Denn die Hinzuverdienstgrenze gilt derzeit nur für Versorgungsempfänger, nicht aber beispielsweise für Empfänger von BfA-Renten. Für diese Ungleichbehandlung ist nach unserer Auffassung ein vernünftiger Grund nicht erkennbar. Im Gegenteil: In der heutigen Zeit fühlen sich die Pensionäre über 65 Jahre teilweise noch so fit

(Beifall des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Herr Alterspräsident, an Sie habe ich auch in erster Linie gedacht –,

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Natürlich!)

dass sie ihrem Dienstherrn gern weiter zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU):Wenn sie einen denn wollen!)

Lieber Herr Kollege Armin Klein, es geht weiter. Die Lebenserfahrung und das berufliche Wissen älterer Menschen sind eine Hilfe für die junge Generation,die erst am Anfang ihres Berufslebens steht.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Kollegin hat tief in die Kiste gegriffen!)

Es freut mich, dass ich zu später Stunde zumindest die etwas älteren Kollegen in diesem Hause glücklich machen kann. Deshalb haben wir uns entschieden, Pensionären über 65 Jahren die gleichen Anreize zum Hinzuverdienst zu verschaffen wie den Angestellten gleichen Alters. Ich denke, die Gesellschaft kann es sich nicht leisten, auf die Weitergabe des Wissens älterer Menschen zu verzichten.

Zweitens besteht kurzfristiger Regelungsbedarf für die Festlegung von Obergrenzen für Beförderungsämter.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt schon vorbei?)

Ohne die in Art. 2 vorgesehene Regelung würden für den Landesbereich ungünstigere Obergrenzen gelten.Welche Folgen dies hätte, will ich an einem Beispiel verdeutlichen. Im gehobenen Polizeivollzugsdienst etwa fielen dann die Obergrenzen für die Beförderungsämter nach A 12 von 20 % auf 16 % zurück. Im gehobenen technischen Dienst würde sich die Besoldungsgruppe A 11 von 40 % auf 30 % verringern. Ich denke, dass keiner der hier Anwesenden diese Folgen wünscht.

Dritter und letzter Punkt. Dieser beinhaltet die Einführung einer einheitlichen Gruppe der Arbeitnehmer im Personalvertretungsrecht vor den nächsten Personalratswahlen im Mai 2008. Das hessische Personalvertretungsrecht unterteilt bisher die Beschäftigten in die Gruppe der Beamten, der Angestellten und der Arbeiter. Inzwischen haben sich die Rechtsverhältnisse der Angestellten und Arbeiter aber stark angenähert. Deshalb wurde die Trennung zwischen Angestellten und Arbeitern in verschiedenen Rechtsbereichen aufgegeben, und die beiden Gruppen wurden zur Gruppe der Arbeitnehmer zusammengefasst.Mit dem Gesetzentwurf soll nun auch im Hessischen

Personalvertretungsgesetz diese Trennung aufgehoben werden. Es soll nur noch zwischen Beamten und Arbeitnehmern unterschieden werden.

Herr Kollege Frömmrich, ich dachte eigentlich, dass darüber kein Streit entstehen sollte. Die GRÜNEN haben uns aber bereits zwei Tage vor Einbringen des Gesetzentwurfs wissen lassen, was sie davon halten. Es erstaunt mich schon, aber die GRÜNEN schaffen es immer, einen Zusammenhang zwischen dem vorliegenden Gesetzentwurf und der Unterrichtsgarantie plus herzustellen

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Das gibt es nicht! Das ist an den Haaren herbeigezogen! Ja, natürlich!)

Das ist sehr kühn. Sie unterstellen, wir machten diesen Gesetzentwurf nur, weil wir die angeblich vermurkste Unterrichtsgarantie plus umsetzen wollten. Das weise ich natürlich von mir. Es mag sein, dass es dort Probleme gegeben hat. Aber ich darf doch abschließend für meine Fraktion feststellen: Die Unterrichtsgarantie plus ist ein Riesenerfolg. Sie funktioniert. Wenn wir sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf noch besser machen können, dann sollten wir doch alle zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, Sie haben eben versucht, ein Rad zu drehen. Das war zwar ein netter Versuch, aber dieser Versuch ist in Gänze fehlgeschlagen, denn genau in dem Moment, als Sie erklärten, dass das nichts mit der Unterrichtsgarantie plus zu tun habe, hat der Grund, warum dieser Gesetzentwurf eingebracht wurde, den Raum betreten: die Hessische Kultusministerin. Sie ist der einzige Grund dafür, dass wir über Hinzuverdienstgrenzen reden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben im Bereich der „Unterrichtsgarantie Murks“ solche Probleme, dass Sie jetzt versuchen, durch die Reaktivierung von Pensionärinnen und Pensionären das Problem an den Schulen, das die Unterrichtsgarantie plus hervorgerufen hat, zu lösen. Das ist der einzige Grund für die Vorlage dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Sie haben keine Ahnung!)

Sie nutzen jetzt die Möglichkeiten der Föderalismusreform, um Ihre handwerklich und konzeptionell schwache Unterrichtsgarantie plus umzusetzen. Die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger, die Pensionärinnen und Pensionäre über 65 Jahre sollen jetzt für die Einsatzreserve im Rahmen der sogenannten Unterrichtsgarantie plus an hessischen Schulen gewonnen werden. Da dafür Anreize geschaffen werden müssen, soll die Hinzuverdienstgrenze fallen,die in § 53 Beamtenversorgungsgesetz festgeschrieben ist. Frau Kultusministerin, bei Ihnen brennt die Hütte, und jetzt werden die ganzen Probleme, die Sie aufgrund der Unterrichtsgarantie plus haben, in

den Zuständigkeitsbereich des Innenministers geschoben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS/90 DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, hier allen Ernstes zu behaupten, dass die Unterrichtsgarantie plus gut laufe, dazu muss man wirklich in einer schulpolitischen Parallelwelt leben. Reden Sie bitte mit den Eltern und Schülern, reden Sie mit den Lehrern, reden Sie mit den Schulleiterinnen und Schulleitern. Dann werden Sie erkennen, dass das, was Sie als Unterrichtsgarantie plus organisiert haben, ein bürokratisches Monster ist und dass auch und gerade die mangelnde Qualifikation der Vertretungskräfte immer wieder kritisiert wird. Das sind ja die Gründe, warum Sie nachbessern müssen

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Was liegt deshalb näher, als die Pensionäre als Personalreserve zu reaktivieren? Deswegen muss die Hinzuverdienstgrenze fallen. Die Murkserei bei der Unterrichtsgarantie geht weiter. Jetzt wird die Murkserei sogar in den Geschäftsbereich des Innenministers verschoben. Es ist inzwischen so, dass die Frau Kultusministerin mit ihrer Unterrichtsgarantie plus nicht nur den Innenminister dazu veranlasst,bei den Beamtengesetzen nachzubessern, sondern auch der Finanzminister musste über die Bezügestelle nachbessern. Mittlerweile ist es doch so, dass in diesem Hause selbst die Damen und Herren auf der Regierungsbank die Augen verdrehen, wenn die Kultusministerin ans Mikrofon geht und versucht, das zu verteidigen, was wir als „Unterrichtsgarantie Murks“ bezeichnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Reden Sie mit den Besuchergruppen, reden Sie mit den Schülerinnen und Schülern,dann wird Ihnen das klar werden. Ich könnte Ihnen hier eine Fülle von Zitaten vorlesen, aber aufgrund der Redezeit von fünf Minuten, auf die wir uns geeinigt haben, ist das leider nicht möglich. Sie sollten aber einmal einen Blick in den Computer werfen, einmal bei Google nachschauen, was Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer von Ihrer Unterrichtsgarantie plus halten.Aber Sie heben lieber die Hinzuverdienstgrenze auf.

Schauen Sie sich doch einmal die Praxis an. Sie sagen, für Pensionäre müsse ab dem 65. Lebensjahr die Hinzuverdienstgrenze fallen. Nach der geltenden Rechtslage ist es so, dass ein Lehrer, der mit A 13 in den Ruhestand gegangen ist, bei einem Honorar von 26 c pro Stunde im Rahmen der Unterrichtsgarantie plus für 39 Stunden im Monat reaktiviert werden könnte. 39 Stunden bedeuten neun Stunden in der Woche. Das ist ein Drittel einer Vollzeitlehrerstelle. Da liegt der Hase im Pfeffer: Anstatt jungen, gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern den Zugang zur Schule, zum Bildungssystem, in Arbeit zu ermöglichen, holen Sie Pensionärinnen und Pensionäre an die Schule.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Ihnen ein Alternativkonzept vorgelegt. Es war ein katastrophaler Fehler, dass Sie im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ 1.000 Stellen gestrichen haben. Wir haben gesagt, diesen Fehler wollen wir rückgängig machen. Dort, wo „Lehrer“ oder „Vertretungslehrer“ draufsteht, soll in Zukunft wieder Lehrer drin sein.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Deshalb sage ich Ihnen, Herr Innenminister: Wir können über die beiden Punkte, was die Obergrenze und das Personalvertretungsgesetz angeht, gerne reden. Da sind wir gesprächsbereit. Aber das, was Sie bezüglich der Aufhebung der Hinzuverdienstgrenze machen wollen, ist wirklich der Versuch,Ihre „Unterrichtsgarantie Murks“ zu retten. Da werden wir auf keinen Fall mitmachen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Kollege Rudolph für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, warum bringt eigentlich nicht die Landesregierung diesen Gesetzentwurf ein? Das wäre bei einem geordneten Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Ergebnisse der Föderalismusdiskussion normalerweise die klassische Aufgabe einer Regierung.

Sie werden sagen,es bestehe Handlungsdruck.Das sollten Sie einmal erläutern. Einen Handlungsdruck gibt es an der Stelle nicht, weil Sie zu den viel spannenderen Fragen des Beamtenrechts, wie Sie es mit der Lebensarbeitszeit halten, wie Sie es mit der Besoldung halten, vor dem 27. Januar 2008 nichts sagen werden. Sie wollen nämlich nicht den gleichen Fehler machen, vor den Wahlen wieder etwas zu versprechen, was einen Tag nach der Wahl zurückgenommen werden muss. Deshalb greifen Sie zu diesem sehr merkwürdigen Verfahren. Herr Minister, es wäre Aufgabe der Regierung, solche Dinge umzusetzen, wenn wirklich ein Handlungsbedarf bestünde.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweite Bemerkung: Ist das nicht der Fall, was der Kollege Frömmrich gesagt hat? In Hessen fehlen 2.000 Lehrer.

(Ministerin Karin Wolff: Was? – Zurufe von der CDU – Birgit Zeimetz-Lorz (CDU):Das war in den Neunzigerjahren so!)

Ist das nicht so? Sind es keine 2.000 Lehrer?

(Zurufe von der CDU)

Frau Ministerin, bleiben Sie doch ganz entspannt, die Realität an hessischen Schulen ist schlecht genug. Es fehlen nahezu 2.000 Lehrer.

(Zurufe von der CDU)