Deshalb halten wir von der CDU-Fraktion es für notwendig, dass vor einer Zuwanderung nach Deutschland künftig der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse bereits im Herkunftsland erbracht wird. Es ist nicht zu viel verlangt, dass derjenige, der dauerhaft in Deutschland bleiben möchte, über ausreichende Deutschkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Einreise verfügt.
Der Ansatz „Deutschtest im Herkunftsland“ ist auch nicht neu. Ich verweise auf die Vorgehensweise bei den Spätaussiedlern. Ich verweise auch auf andere Länder, die Voraussetzungen für die Einwanderung formuliert haben, bevor der Zugang erlaubt wird. Kein anderes Industrieland hat die Integrations- und Einwanderungspolitik so konsequent und ökonomisch nach Nützlichkeitserwägungen ausgerichtet wie Australien. Die Australier schauen primär auf die Qualifikation der Zuwanderungswilligen. Konsequenter als jedes andere Industrieland hat Australien seine Politik daran ausgerichtet, dass beruflich qualifizierte Zuwanderer den Wohlstand der Einheimischen mehren helfen.
Kürzlich war in einer überregionalen Zeitung von einem Ehepaar zu lesen, das in die USA auswandert ist und geschrieben hat, dass nach dem Sprung in das Zuwanderungskontingent der Nachweis englischer Sprachkenntnisse und eine Schulausbildung mindestens auf Realschulniveau zu erbringen war.
Kanada, das zu den aufnahmefreundlichsten Ländern zählen soll, unterscheidet bei der Einwanderung drei Kategorien. Das größte Kontingent, über 60 %, wird an jene Ausländer ausgegeben, die der kanadischen Wirtschaft von Nutzen sein können.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das wollten Sie doch nicht! Das haben Sie doch abgelehnt! – Sabine Waschke (SPD): Diese Wahrnehmung habe ich auch!)
Kriterien sind Bildungsstand, Berufserfahrung und Sprachkenntnisse. Die kanadische Einwanderungspolitik ist so ausgerichtet, dass die Wirtschaftsmigranten das Wachstum anheizen und damit die Kosten ausgleichen, die die übrigen Einwanderer verursachen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das haben Sie bei der Debatte um das Zuwanderungsgesetz alles abgelehnt! Wo haben Sie die Rede her?)
Mit Blick auf Europa – ich führe jetzt erst einmal aus –: Auch die Schweiz richtet Zuwanderung nach wirtschaftlichen Bedürfnissen aus. Wie Kanada knüpft Großbritannien Zuwanderung an Qualifikation und schließt Niedrigqualifizierte außerhalb der EU faktisch aus.
Ich lasse es bei diesen Beispielen. Zusammenfassend sind diese Prinzipien auch im ersten Forschungsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unter der Überschrift „Einfluss von Zuwanderung auf die deutsche Gesellschaft“ zu lesen. Dort wird ausgeführt, dass auf lange Sicht der Beitrag hoch qualifizierter Zuwanderer
zum nutzbaren Wissensstand einer Gesellschaft den wichtigsten wirtschaftlichen Effekt von Zuwanderung darstellt. Wenn wir also Deutschland als Zuwanderungsland verstehen wollen,
müssen wir uns aber auch Gedanken darüber machen, welche Kriterien nun gelten sollen. Eine weitere Zuwanderung oder Einwanderung in die Sozialsysteme ist jedenfalls nicht zu verantworten.
Neben den wirtschaftlichen Aspekten möchte ich, was die deutsche Sprachkompetenz betrifft, an die Anhörung zur Zwangsheirat anknüpfen. Übereinstimmend haben die Anzuhörenden ausgeführt, dass die Kenntnis der deutschen Sprache eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass der nachgezogene Ehepartner – meistens sind es Frauen – die Chance zur Integration in die Aufnahmegesellschaft über die Sprache erhält. Nur mit deutschen Sprachkenntnissen würden „Importbräute“ die Chance erhalten, Kenntnisse über ihre Rechte in Deutschland zu erlangen. Nur mit deutschen Sprachkenntnissen werden sich diese Frauen mit den Lehrern ihrer Kinder verständigen können. Nur wenn sie über Deutschkenntnisse verfügen, werden sie einen Beitrag dazu leisten können, dass ihre Kinder von klein auf mit der deutschen Sprache aufwachsen, im Idealfall vielleicht sogar bilingual.
In der Praxis – gerade bei Schwiegerfamilien, denen die neu eingewanderten Opfer der Zwangsverheiratung nach der Einreise ausgesetzt sind – werden die mangelnden Sprachkenntnisse ausgenutzt – willentlich oder indirekt sei dahingestellt –, um ein eigenes Sozialleben des Opfers in der Zwangsehe zu verhindern.
Die Verpflichtung, an Integrationskursen nach der Einreise teilzunehmen, reicht allein nicht aus, um ein eigenes Sozialleben aufbauen zu können.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Waren Sie in der Zuwanderungsanhörung? – Sabine Waschke (SPD): Ich würde mir die Anhörungsunterlagen durchlesen!)
Bis zum Kursbeginn und zur damit verbundenen Vermittlung von Deutschkenntnissen kann einige Zeit vergehen, während der das Opfer dem Zwang in der Familie ausgesetzt bleibt. Die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs stellt zudem keinen erfolgreichen Abschluss sicher, während die Nachweispflicht von Deutschkenntnissen vor der Einreise ergebnisorientiert gewährleistet, dass tatsächlich Grundkenntnisse vorliegen. Die Regelung würde ferner in weitaus stärkerem Maße als die Teilnahmeverpflichtung nach der Einreise präventiv wirken.
Vor dem Hintergrund der geschützten Güter der Eheschließungs- und Lebensgestaltungsfreiheit, der mittelbaren sexuellen Selbstbestimmung und der körperlichen Unversehrtheit ist die Forderung des Nachweises von Deutschkenntnissen vor der Einreise der weniger gravierende Eingriff in das Recht auf Fortführung der Ehe. Die Eheschließungs- und Fortführungsfreiheit wird dadurch nicht betroffen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was hat das damit zu tun? – Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wo haben Sie das gehört?)
Ich betone nochmals: Die Forderung an Zuwanderer, dass sie bestimmte Zugangsvoraussetzungen erfüllen, die es ermöglichen, am Sozialleben im Gastland teilzunehmen, ist zumutbar, zumal hierdurch weitaus höherrangige Rechte wirksam geschützt werden.Auch die Teilnahme an Kursen in weiter entfernten Gegenden im Heimatland ist vor diesem Hintergrund zumutbar. Von einem Zuwanderungswilligen, der die gravierende Lebensentscheidung trifft, dauerhaft in ein anderes Land einzuwandern, kann eine entsprechende Vorbereitung zu diesem Schritt erwartet werden. Dies wäre dann auch eine Voraussetzung auf dem Weg dahin, dass Fördermaßnahmen des Staates – Sprachkurse für Migranteneltern und Elternschule als Beispiele genannt – ein Generationenprogramm sind und nicht eine dauerhafte Einrichtung.Die dort zur Verfügung gestellten Mittel könnten so künftig wieder für andere notwendige Bildungsmaßnahmen verwendet werden.
Mit der Annahme dieses Antrages soll der Hessische Landtag der Landesregierung den Auftrag geben, auf die Bundesebene dementsprechend einzuwirken und somit der künftigen Integration dienlicher zu sein, als das bisher der Fall war. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Wissen Sie, dass es da gerade einen Gesetzentwurf Ihrer Fraktion gibt?)
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da ist es wieder, das Schreckensgespenst der sogenannten Parallelgesellschaft, das auch heute wieder in dem Antrag der CDU heraufbeschworen wird.
Es ist immer wieder dasselbe: dass auf dem Rücken unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Politik gemacht wird.Wir halten das für gefährlich.
Der vorliegende Antrag zum Sprachtest im Herkunftsland passt genau in das Bild. Natürlich soll jeder, der bei uns lebt, deutsch lernen. Das ist unstrittig. Das haben wir schon mehrfach gesagt. Es war schließlich auch eine rotgrüne Bundesregierung, die Sprach- und Integrationskurse verbindlich in das Aufenthaltsgesetz geschrieben hat. Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt. Die Menschen,die zu uns kommen,sollen an den Sprach- und auch an den Integrationskursen teilnehmen.
Sie sollen unsere Sprache lernen. Sie sollen aber auch unseren Staatsaufbau und unsere Systeme kennen lernen und vor allem auch etwas über unsere Werte und unser Grundgesetz erfahren. Das tun sie auch. Das kann man an den Teilnehmerzahlen der Sprach- und Integrationskurse belegen. Aber was genau ist der Hintergrund des uns heute vorgelegten Antrages? – Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene wurde vereinbart, das Zuwanderungsgesetz dahin gehend zu überprüfen, ob die vorgesehenen Regelungen für den humanitären Aufenthalt den Erwartungen entsprechen.
Ergebnis: Die Praxis hat gezeigt, dass eine Verbesserung notwendig ist, um besonders langjährig geduldeten Ausländern, deren Kinder hier geboren und aufgewachsen sind, ein Bleiberecht einzuräumen, weil man erwartet, dass von der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz nur sehr wenige Menschen profitieren können.Genau das haben wir auch befürchtet, und es zeichnet sich ab, dass den Menschen schlicht die Zeit wegläuft.
Für die Änderung des Aufenthaltsgesetzes liegt derzeit ein Vorschlag auf Bundesebene auf dem Tisch. Es wurde und wird immer noch heftig darüber verhandelt. Das ist ein Kompromiss, wie das eben so in der Großen Koalition in Berlin ist.
Ein überaus wichtiger Punkt der SPD-Bundestagsfraktion ist eine vernünftige gesetzliche Regelung des Bleiberechts – auch über den Stichtag der Innenministerkonferenz, September 2007, hinaus. Die Menschen sollen zunächst über einen bestimmten Zeitraum einen festen Aufenthalt bekommen, um sich dann einen Arbeitsplatz zu suchen. Nach der Regelung der Innenministerkonferenz wird ihre Duldung lediglich bis September 2007 verlängert, und die Betroffenen haben damit die Chance, eine Arbeit zu finden. Mit diesem unsicheren Duldungsstatus wird es den Menschen natürlich sehr schwer fallen, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Deswegen befürchten wir auch nach allen Anfangsschwierigkeiten, die es gegeben hat, dass vergleichsweise nur sehr wenige von dieser Regelung profitieren werden. Genau deswegen – und das habe ich an dieser Stelle schon einmal gesagt – brauchen wir eine vernünftige gesetzliche Regelung. Genau deswegen müssen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die wir auf Bundesebene in einer Großen Koalition arbeiten, eben auch Kröten schlucken. Eine große Kröte ist für uns dieser Sprachtest im Herkunftsland.
Wenn die SPD mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ausländerrechtsverschärfungen das Gesamtpaket aufschnüre, könnte die Einigung beim Bleiberecht fraglich werden.
So die „Frankfurter Rundschau“ am 01.02.2007. – Nun, er sollte besser einmal mit seinen eigenen Ministerpräsidenten reden und sie warnen. Aber dazu komme ich später noch. Aber dieses Zitat beschreibt ziemlich genau unser Dilemma. Die CDU-Bundestagsfraktion hat den Sprachtest im Herkunftsland und die Anhebung des Nachzugsalters auf 21 Jahre gefordert, um Zwangsehen und sogenannte Ferienbräute zu verhindern. Das sagen zumindest Ihre Kollegen auf Bundesebene. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind aber davon überzeugt, dass genau dieser Sprachtest im Herkunftsland ein ganz und gar untaugliches Mittel ist, um Zwangsehen zu verhindern.
Ich komme gleich noch darauf zu sprechen. Aufklärung und Information, angemessene Beratungsangebote, vor allem auch in Schulen über Schulsozialarbeit, Mädchenund Frauenhäuser sowie vernünftige Opfer- und Zeugenschutzprogramme sind in diesem Bereich wesentlich wirksamer.Das hat übrigens auch die Anhörung der Fach
leute zum Thema Zwangsehen genau so ergeben. Ich würde dem Kollegen Lennert doch empfehlen, die Anhörungsunterlagen einmal etwas genauer durchzulesen. Da kann er das nämlich alles nachlesen.
Es gibt da nur ein Problem.Alle diese Maßnahmen kosten Geld. Gerade hier hat die CDU-geführte Landesregierung in Hessen im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ massiv eingespart. In der Anhörung hat auch der Verwaltungsrichter Ralf Göbel-Zimmermann in Bezug auf den Sprachtest im Heimatland erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit geäußert.
Terre des Femmes gab zu bedenken, dass in vielen Ländern ein Besuch von Sprachkursen aufgrund der weiten Entfernungen nicht möglich sein wird bzw. die finanziellen Mittel fehlen. Ich zitiere übrigens jeweils aus den Anhörungsunterlagen. Ohnehin sind die zugezogenen Mädchen und Frauen verpflichtet, nach der Einreise an Deutsch- und Integrationskursen teilzunehmen. Die Liga der freien Wohlfahrtspflege lehnt den Erwerb von Sprachkenntnissen im Herkunftsland ab, weil das kein adäquates Mittel ist, Zwangsverheiratungen zu verhindern. Sprach- und Integrationskurse, wie sie das Aufenthaltsgesetz vorsieht, werden allerdings ausdrücklich begrüßt.
Ministerpräsidenten torpedieren die Bundespolitik aus Gründen, deren Sachbezug zum Teil kaum noch zu erkennen ist.
In Bayern möchte der scheidende Ministerpräsident Edmund Stoiber demonstrieren, dass nach ihm die Weicheier kommen.
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann, CDU, hat angedroht, dass sein Land eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Ausländer im Bundesrat ablehnen wird, sollte es nicht noch Änderungen zum derzeitigen Entwurf der Bundesregierung geben.