In Hessen müssen also nach der Regelung der Verfassung die meisten Unterschriften gesammelt werden, und das nach den Regeln des Gesetzes in der kürzesten Zeit. Das ist nach unserer Auffassung nicht in Ordnung. Wir haben vorgeschlagen, eine Frist von drei Monaten vorzusehen. Um einen Vergleich zu machen: In Niedersachsen ist ein Jahr – zwöf Monate – Zeit, um 10 % der Stimmberechtigten zu erreichen. Zwischen der Regelung in Hessen und der in Niedersachsen liegen Welten.
In Hessen kommt hinzu, die Initiatoren müssen die Kosten für die Herstellung und Versendung der Eintragungslisten an die Gemeindebehörden auch noch selbst über
nehmen.Wir wollen, dass der Landeswahlleiter die Organisation übernimmt, das Land entsprechend die Kosten.
Wir hatten im Ausschuss eine Anhörung zu unserem Gesetzentwurf. Unsere Vorstellungen wurden von einer Mehrheit der Sachverständigen durchaus unterstützt. Wenn man sich einmal die schriftlichen Stellungnahmen anschaut, war das große Zustimmung.
Vielen Sachverständigen gingen sogar die von uns vorgeschlagenen Regelungen nicht weit genug, was wir gut verstehen können. Wir haben uns sehr zurückgehalten, was die Fristen und die Quoten anbelangt – im Interesse eines Konsenses. Aber leider ist die Mehrheit hier in diesem Hause an einem solchen Konsens nicht interessiert.
Natürlich wurde in der Anhörung auch ein Problem diskutiert, was vermutlich auch von Frau Zeimetz-Lorz – wenn sie dazu spricht – wieder angeführt wird: dass wir mit diesem Gesetzentwurf natürlich nicht die Verfassung ändern können.Wir können nicht die Hürde von 20 % der Stimmberechtigten für ein Volksbegehren mit einfachem Gesetz absenken. Aber wir können den Anlauf verlängern und die Mittel verbessern, um diese Hürde mindestens einmal überwinden zu können. Das ist doch das Entscheidende.
In der Anhörung wurde von einigen Sachverständigen gesagt, man sollte den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun, und der erste wäre die Änderung der Hessischen Verfassung.
Sie klatschen. Der Appell der Sachverständigen war damals, als wir die Anhörung hatten, so zu verstehen, dass der Landtag doch die Hessische Verfassung ändern möge und einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen und zur Volksabstimmung vorlegen, mit dem die Hessische Verfassung geändert wird.
Wir sind jetzt im Jahre 2007 und wissen,dass es ein solches Gesetz nicht mehr geben wird. Wer jetzt sagt, da der angeblich erste Schritt nicht gemacht werden konnte, lassen wir den angeblich zweiten Schritt auch weg, sorgt für nichts anderes als Stillstand. Dann gibt es nämlich überhaupt keinen Schritt. Wir sind der Auffassung, der Gesetzgeber muss die Schritte, die er unternehmen kann, auch gehen, um den Mitwirkungsmöglichkeiten des Volkes nach der Hessischen Verfassung endlich einmal Geltung zu verschaffen.
Im Übrigen haben Sie die Chance, in dieser zweiten Lesung noch in dieser Wahlperiode den jetzt möglichen Schritt zu tun. Sie haben heute die Möglichkeit, unserem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zuzustimmen.
Wenn Sie bei Ihrer Verweigerungshaltung bleiben, dann entpuppt sich das ganze Gerede vom ersten und zweiten Schritt als das, was es wahrscheinlich von Anfang an war, nämlich als reine Ausrede.
Die Wahrheit tritt hier ganz offen zutage. Sie lautet schlicht und einfach: Sie wollen gar keine Bürgerbeteiligung. Sie sind ganz zufrieden mit der faktischen Rechtlosigkeit des Volkes – deshalb Ihre Blockadehaltung in Sachen Plebiszit.
Das Ergebnis wird sein: Der Verfassungsgeber bleibt untätig. Der Gesetzgeber tut nichts. Das Volk bleibt weiter außen vor.
Meine Damen und Herren, das schlägt den demokratischen Prinzipien der Hessischen Verfassung geradewegs ins Gesicht. Die Hessische Verfassung ist nämlich eine Volksverfassung im besten Sinne, mit weitgehenden Rechten des Volkes – die dann aber durchgesetzt werden müssen.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir diesen Verfassungsauftrag endlich erfüllen.Volksbegehren dürfen nicht nur auf dem Papier stehen. Ich fordere Sie noch einmal auf: Geben Sie sich einen Ruck. Stimmen Sie zu. Dann können wir das hier verbessern. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erspare es uns und mir, auf die polemischen Bemerkungen des Kollegen Dr. Jürgens einzugehen.
Wir sind das ja fast gewohnt. Herr Kollege Dr. Jürgens, auch wir sind selbstverständlich für mehr Bürgerbeteiligung. Ich sage das Gleiche wie in der ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs: Der Gesetzentwurf ist gut gemeint.
(Günter Rudolph (SPD): Dann machen Sie es doch! – Gegenruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU): Herr Rudolph, dann hättet ihr seitens der SPD die Verfassungsänderung mittragen müssen!)
Meine Damen und Herren, wir sind nicht in einer allgemeinen Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin ZeimetzLorz. – Bitte schön.
Ich kann nur das wiederholen,was ich bereits in der ersten Lesung gesagt habe: Der Gesetzentwurf mag zwar gut gemeint sein, ist aber nicht mehr als weiße Salbe. An dieser Einschätzung hat sich auch nach der Anhörung nichts geändert, denn er löst das Problem nicht.
Die CDU-Fraktion bleibt auch bei der Einschätzung, dass es sinnvoller ist, dieses Gesetzeswerk im Kontext mit Art. 124 der Hessischen Verfassung zu betrachten, nicht isoliert. Woran bzw. an wem eine Änderung der Hessischen Verfassung gescheitert ist, das brauche ich hier nicht nochmals zu wiederholen.
Da finde ich es schon erstaunlich, dass Sie jetzt die Mehrheitsfraktion in diesem Hause beschimpfen.
Im Kontext einer Änderung der Hessischen Verfassung können wir auch gerne darüber reden, das Zulassungsquorum von 3 % auf 1 % abzusenken.Aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich sehe darin keinen Sinn, wenn wir nicht zugleich Art. 124 der Hessischen Verfassung ändern.
Dann mag die Zahl zugelassener Volksbegehren steigen, aber das ändert nichts daran, dass die Zahl der zwar zulässigen, aber letztlich erfolglosen Volksbegehren ansteigen wird. Bereits in der ersten Lesung habe ich gesagt – und das ist auch von einigen Anzuhörenden bestätigt worden –, dass dadurch nur die Frustration ansteigen und niemandem geholfen sein wird.
Ich will versuchen, das an einem Bild deutlich zu machen. Herr Dr. Jürgens, Sie haben von Hürden gesprochen. Wenn wir das Zulassungsquorum von 3 % auf 1 % senken, haben wir eine Hürde, die man einigermaßen leicht überwinden kann. Aber direkt dahinter haben wir eine Hürde, die kaum zu überwinden ist. Um ein Bild, das wir in der ersten Lesung gebraucht haben, aufzunehmen, nenne ich das ein Rennen gegen die Wand. Der Läufer würde dann im Prinzip bei der zweiten Hürde gegen die Wand laufen.
Im Übrigen hat das auch Prof. Kahl in der Anhörung so gesehen, und im Prinzip haben das auch die Kommunalen Spitzenverbände so ablehnend gesehen.
Aber auch gegen eine Verlängerung der Eintragungsfrist von 14 Tagen auf drei Monate ist im Grunde genommen nichts einzuwenden. Auch das würden wir mitmachen, aber auch das nur im Kontext mit einer gleichzeitigen Änderung der Hessischen Verfassung, eben des Art. 124. Um im Bild zu bleiben: Wenn man dies tut, also die Eintragungsfrist von 14 Tagen auf drei Monate zu verlängern, dann würde man den Anlauf verlängern, um die erste Hürde zu nehmen, um dann aber, vielleicht mit noch etwas schmerzvolleren Folgen, an der zweiten Hürde hängen zu bleiben. Das erhöht gegebenenfalls den Schmerz, aber nicht die Erfolgsaussichten eines Volksbegehrens.
Hier kommt noch hinzu, und darauf haben die Kommunalen Spitzenverbände bei der Anhörung hingewiesen, dass sich bei einer Verlängerung der Eintragungsfrist von 14 Tagen auf drei Monate der Personalaufwand bei den Kommunen natürlich erhöht.Um wieder bei dem Bild der Hürde zu bleiben: Auch darüber kann man nicht einfach hinwegspringen.
Nach alledem können wir als CDU-Fraktion auch in der zweiten Lesung keine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf geben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion setzt sich für eine grundlegende Verbesserung der Bürgerrechte in Hessen ein. Daher sind wir auch dafür, die Durchführung von Volksbegehren zu erleichtern.Aber – Herr Kollege Jürgens – in diesem Punkt geht uns der Gesetzentwurf der GRÜNEN nicht weit genug.
Das Absenken des Eingangsquorums, wie Sie es beschrieben haben, ist richtig, aber eben leider nicht ausreichend. Kollegin Zeimetz-Lorz hat eben auf das Problem der 20-%-Hürde hingewiesen.Wir müssen zum einen feststellen,dass wir hier bundesweit mit die höchste Quote haben.
Die FDP erachtet aber noch einen anderen Punkt für wesentlich, wenn es um die Gestaltung von Volksbegehren und Volksentscheiden geht. Die FDP wollte auch immer eine Präzisierung und Erhöhung des Zustimmungsquorums.
Denn es ist gut, wenn die Hessen mehr Fragen zur direkten Abstimmung vorgelegt bekommen. Aber auf der anderen Seite darf es auch nicht sein, dass eine kleine Minderheit einer abstimmungsunwilligen Mehrheit ihren Willen aufzwingt.