Die sparkassenpolitische Debatte ist nicht zu Ende. Die sparkassenpolitische Diskussion wird fortgesetzt, und zu gegebener Zeit werden wir dieses Thema sicherlich wieder auf der Tagesordnung haben – ich hoffe allerdings, unter einem Vorzeichen nicht,nämlich einem negativen Ausgang eines möglichen Streitverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sparkassen gehören nicht sich selbst, wie manche meinen, sie gehören auch nicht den Kunden und/oder Sparern, wie andere behaupten; Sparkassen gehören
Sparkassen gehören den Kunden, den kommunalen Zweckverbänden, den Städten und Gemeinden, den Landkreisen in der unterschiedlichsten Form.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was im bayerischen Sparkassengesetz steht und dort seit Langem verankert ist, wollen wir auch für die hessischen Kommunen mit verankern. Wir haben im Regierungsprogramm von 2003 bis 2008 neben einem Bekenntnis zur öffentlichrechtlichen Struktur der Sparkassen auch die Unterstützung eines Verbundkonzeptes der Sparkassenorganisation und die Übertragung von Anteilen an Sparkassen vorgesehen. Dieses Programm haben wir von Anfang an, am Anfang der Legislaturperiode öffentlich gemacht, und wir konnten dabei auch in die Diskussion mit den entsprechenden Organisationen des Sparkassenwesens in Hessen und in Thüringen eintreten.
Meine Damen und Herren, was wollen wir? Wir wollen das öffentlich-rechtliche Bankenwesen in unserem Land stärken. Wenn wir vom öffentlich-rechtlichen Bankenwesen sprechen, dann heißt dies, dass wir es stärken wollen in der bekannten Drei-Säulen-Struktur: dem privaten Bankenwesen, dem genossenschaftlichen Bankenwesen und dem öffentlich-rechtlichen Bankenwesen. Wenn wir sagen, wir wollen es in Hessen stärken, dann heißt das, dass wir es an dem einzigartigen deutschen Finanzplatz in Hessen stärken wollen, nämlich Frankfurt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier können wir uns nicht mit anderen Ländern vergleichen. Wir können uns nicht mit Niedersachsen, mit Nordrhein-Westfalen oder gar mit Schleswig-Holstein oder MecklenburgVorpommern vergleichen. Sie haben alle nicht die Herausforderungen, die durch einen Finanzplatz Frankfurt mit den vielen Hundert Banken und Versicherungen, mit den Anwaltssozietäten und mit den Anforderungen, die an den Börsenplatz und Finanzplatz gestellt werden, entstehen.
Daher haben wir hier etwas zu tun, was mit der globalen Herausforderung des Bankenwesens im internationalen Wettbewerb zu tun hat. Hier findet dieser statt, und er findet eben nicht in Sachsen, nicht in Thüringen und auch nicht in Sachsen-Anhalt oder in Berlin statt. Er findet in Frankfurt statt; er findet in Hessen statt. Deshalb müssen wir das Sparkassenwesen in Hessen fit machen für die Zukunft, und das wollen wir.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir einmal über die Landesgrenzen schauen, dann müssen wir feststellen, dass in Spanien, in Frankreich und in Italien die Sparkassen selbstverständlich in einer stammkapital
orientierten Form verankert sind. Das ist vollkommen üblich. Wenn Sie in Spanien oder in Italien eine Sparkasse besuchen, dann müssen Sie feststellen: Es gibt in Mailand, in Rom oder in Madrid mehrere Sparkassen auf einem Platz, die im Wettbewerb miteinander stehen und selbstverständlich nicht diese Möglichkeit haben, wie wir sie in Deutschland haben, dass Sparkassen in ihrem Gebiet eine Sonderstellung, quasi ein Monopol, im öffentlich-rechtlichen Bereich haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen doch auch zur Kenntnis nehmen, dass diese öffentlichen Sparkassen, die Kommunen, d. h. der öffentlichen Hand, gehören, auf einmal über die nationalen Grenzen gehen. Die Unicredito, eine Sparkasse mit vier oder fünf italienischen Sparkassen, hat sich an einer deutschen Großbank, der HVB, beteiligt, der es mittlerweile unter der Sparkasse, der Unicredito, gut geht, die saniert wurde. Das ist das, was im internationalen Bankensektor auf einmal feststeht und was üblich ist. Sie wollen dies alles verhindern. Nein, mein sehr verehrten Damen und Herren, das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Sie sagen, Sie stehen gegen die Struktur der horizontalen Verbindung.Ja,meine sehr verehrten Damen und Herren, wieso sollen wir denn in Hessen nicht eine horizontale Verbindung haben?
(Reinhard Kahl (SPD): Das geht doch die ganze Zeit schon! – Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gibt es doch längst!)
In Baden-Württemberg haben wir die horizontale Verbindung. Schauen Sie nur einmal über die Landesgrenze hinweg: In Baden-Württemberg haben wir die LBBW, wir haben die Sparkassen, und die LBBW hat sich die BWBank, die Baden-Württembergische Bank, vor etwa eineinhalb Jahren einverleibt, eine Bank, die gegen die Sparkassen in Baden-Württemberg Wettbewerb betreibt, die das Mittelstandsgeschäft sucht, die das Private-WealthManagement sucht, die über die Landesgrenze hinweg Niederlassungen hat, in Nordrhein-Westfalen, in Berlin und anderswo. Das heißt, hier ist eine Wholesale-Bank in das Retailgeschäft gegangen,
und der Sparkassenverband hat uns hier während der Anhörung gesagt,es sei ein wirklich großes Anliegen des Verbandes, dass dies in Hessen nicht möglich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen: Wieso soll etwas in Hessen nicht möglich sein, was die Baden-Württemberger für sich herausnehmen und praktizieren? Gerade wir Hessen müssen diese Möglichkeit hier bieten und haben, damit wir zukunftsfit sind. Es ist wichtiger für uns in Hessen, so etwas zu haben, als in BadenWürttemberg, weil wir am Bankenplatz sind und nicht die Baden-Württemberger.
Nächster Punkt. Frau Hölldobler-Heumüller, hier wird von Ihnen gesagt, wir hätten die Struktur der Fraspa zerstört, wir seien dabei, die Strukturen zu zerschlagen. Dazu muss ich sagen: Das ist das Erste, was ich höre.
Sie scheinen überhaupt nicht dabei gewesen zu sein. Die Fraspa ist doch nicht übernommen worden, weil es ihr so gut ging. Die Fraspa ist doch nicht übernommen worden, weil das Geld sprudelte und sie Gewinne ausgespuckt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraspa musste übernommen werden, weil sie ein Sanierungsfall war.
Der Hessische Ministerpräsident, der Finanzminister und alle,die im Sparkassenwesen Rang und Namen haben,haben darum gerungen, damit die Fraspa aus der Polytechnischen Gesellschaft mit 60 % Aktienanteilen und der Stadt Frankfurt mit 40 % Anteilen in die Sparkassenfamilie zurückgeholt werden konnte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wortmel- dung der Abg. Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Kollege Kahl, das hätte bedeutet, dass sie übernommen worden wäre – von der Commerzbank, der Deutschen Bank oder irgendeiner anderen Großbank. Sie hätten sich dann der Mitarbeiter entledigt. Sie hätten den Kundenstamm genommen, und wir hätten in Frankfurt einige Tausend Arbeitslose mehr.
Was haben wir gemacht? Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass die Fraspa unter das Dach der Helaba schlüpfen konnte. Auf einmal sprudelt das Geschäft. Die Mitarbeiter sind hoch motiviert. Sie sind wieder bei der Sache. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das letzte Geschäftsergebnis der Helaba hat gezeigt, dass die Gewinne dieser Bank mit ihrer Direktbank 1822 auf einmal sprudeln. Sie ist auf einmal in einer Situation, wie wir sie uns im Ansatz nicht haben vorstellen können. Herr Kollege Kahl, Sie waren in Erfurt dabei, als der Jahresbericht vorgestellt wurde.
Als wir die Fraspa mit der Helaba übernommen haben, hat keiner gedacht, dass sie so schnell in einem Zustand ist, wie sie heute ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb wollen wir auch für andere Sparkassen die Möglichkeit bieten, dass sie unter die Fittiche anderer größerer Einheiten, wirtschaftlich besserer Einheiten und möglicherweise auch unter die Fittiche der Helaba schlüpfen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist keine Frage von Groß oder Klein, wie das hier eben gesagt wurde.
Frau Kollegin, keine Frage. Sie haben doch alles gesagt, was zu sagen ist. Ich will auch nicht in einen Dialog mit Ihnen eintreten. Nur weil Sie am selben Tag wie ich geboren sind, muss das nicht dazu führen, dass wir einen Dialog führen.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war aber nicht charmant! Sie ist deutlich jünger, und das sieht man auch! – Unruhe)
Es ist keine Frage von Klein oder Groß.Wir haben in Hessen die Erfahrung gemacht, dass sich insbesondere kleine Sparkassen hervorragend wirtschaftlich bewähren können.
Herr Kahl, wir müssen aber auch feststellen, dass diese manchmal auf dem Fundament von zwei, drei großen Unternehmen stehen und, wenn eines dieser Unternehmen in eine Schieflage gerät, auch die kleine Sparkasse in eine Schieflage geraten kann.Wir müssen doch Sorge dafür tragen, dass es schnell und unkompliziert möglich ist, Optionen zu haben, die wir in diesem Bereich jetzt noch nicht haben. Das wollen wir. Wir wollen sie fit machen, und wir wollen die Zukunft gestalten.