Insofern sind diese 30 % lediglich als ein Zwischenschritt zu verstehen, damit man sich langsam daran gewöhnt, auch die Arbeit der Frauen in den Vereinen, Verbänden und in anderen Ehrenamtlichenjobs oder auch in der Familie ernst zu nehmen. In einem nächsten Schritt werden wir diese Quote auf ungefähr 70 % hoch setzen müssen.
Wenn ich mir dann anschaue, wie in Hessen der Landesehrenbrief vergeben wird und wie minimalistisch der Frauenanteil dort ist, dann kann ich nur sagen: Das ist nicht modern.
Ich komme sofort zum Schluss. – Meine Damen und Herren, das ist nicht unmodern, das ist nicht eine verstaubte Mottenkiste, Herr Kollege, sondern das ist die gesellschaftliche Realität.
Frau Fuhrmann,Sie haben gerade zwei liberale Frauen erwähnt – Frau Wagner und Frau Henzler sind weitere. Es kam mir nicht so vor, als ob Sie denen aus der Seele sprechen.
Ich will nur zwei Dinge sagen. Es ist interessant, zurzeit bei diesen Debatten zu beobachten, wer in Ihrer Fraktion applaudiert. Ich bin gestern nicht dazu gekommen, aber jetzt passt es sehr gut zu diesem Thema. Bei der SPD gibt
es mittlerweile wirklich einen Schnitt zwischen den Kollegen und Kolleginnen, die mehr zum linken Teil der SPD in Hessen zählen, und denen, die mehr zum realistischeren Teil der Sozialdemokraten in Hessen zählen.
Wenn man sich diese Debatte anschaut, dann klatschen immer nur diejenigen, die zum ersten Teil zählen.
Ich bitte Sie, machen Sie doch einmal eine Umfrage oder eine Abstimmung bei sich in der Fraktion, wer diese Position eigentlich wirklich vertritt. Das würde mich sehr interessieren. Aber das werden Sie natürlich nicht tun, und Sie würden es auch nicht veröffentlichen.
(Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) sowie der Abg. Sarah Sorge und Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
(Reinhard Kahl (SPD): Erst weiß er, was Frauen wünschen, jetzt weiß er auch noch, was bei uns der Fall ist!)
Ich bin mir sicher, wir sind uns einig, dass ein Großteil der ehrenamtlichen Arbeit von Frauen erledigt wird. Das ist so.Egal,wohin man kommt,häufig sind Frauen die Achse, das Rückgrat der ehrenamtlichen Arbeit.
Ich will Ihnen sagen, was ich an der 30-%-Regel falsch finde.Wenn Sie das quotieren, haben diese Frauen wieder den sogenannten Bedürftigkeitsstempel der Quote. Die Frauen, mit denen wir uns unterhalten, müssen andere sein. Das können nicht die gleichen sein, mit denen Sie sich unterhalten.
Frau Schulz-Asche wacht auf und agiert auch schon wieder. Ganz ruhig. Ich darf feststellen, hier haben wir unterschiedliche Ansprechpartnerinnen.
Frau Kollegin Fuhrmann, ich glaube, es ist wirklich nicht sinnvoll, immer wieder diesen Bedürftigkeitsstempel zu verteilen,wie das früher im Rahmen der Frauenförderung stattgefunden hat,
nach dem Motto: Diese Frau ist über eine Quote auf diesen Posten oder an diese Auszeichnung gekommen. Ich glaube, das ist falsch.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Letzter Satz. Sie können als Sozialdemokraten, wie jede Fraktion in diesem Hause, Personen für Auszeichnungen vorschlagen. Wir achten sehr darauf, dass bei uns auch Frauen dabei sind, wenn sie denn diese Leistung verdienen. Viele verdienen diese Leistung. Insofern sehen wir hier kein Problem. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, ich finde eines an dieser Debatte sehr schade: Mein Eindruck ist, die Art, wie man meint, eine Große Anfrage stellen zu müssen – Sie selbst haben es den „Wissensteil“ genannt –, bringt das Gender-Mainstreaming, die Chancengleichheit und die Frauenpolitik überhaupt nicht weiter. Das können Sie im Übrigen auch an dem Interesse in den verschiedenen Fraktionen dieses Hauses ablesen.
So, wie Sie, Frau Pauly-Bender, versuchen, Frauenpolitik immer wieder als einen Tagesordnungspunkt im Plenum zu setzen, wird Frauenpolitik in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. So helfen Sie den Frauen im Beruf, in den Familien, im Ehrenamt, überall dort, wo Frauen tätig sind und wo wir die Gedanken von Gender Mainstreaming, also von tatsächlicher Chancengleichheit, verankern wollen, überhaupt nicht weiter. Ich bedaure das sehr, denn diese Debatten führen gerade nicht dazu,dass dieses Thema überhaupt ernst genommen wird.
Ich will zwei Anmerkungen zum Gesamtthema machen. Sie mögen ruhig kritisieren, wie mit Gender-Mainstreaming umgegangen wird. Ich will für die Landesregierung festhalten: Wir haben Gender-Mainstreaming in der Weiterbildung und in der Personalentwicklung, in einem Personalentwicklungskonzept überhaupt erst verankert.
Das haben Sie nie geschafft. Inzwischen findet auf breiter Ebene eine Auseinandersetzung mit der Frage der Chancengleichheit statt. Das ist, was wir alle eigentlich wollen. Bei der Umsetzung von Chancengleichheit muss man in den Köpfen etwas verändern, wenn man wirklich Frauen und Männer gleichberechtigt fördern will. Es genügt nicht, wenn Sie hier abfragen, was in welchem Lehrbuch dazu steht, was die EU hier an Strategien verfolgt.
Sie wissen genau, dass hier eine ganze Menge getan wird – mit Förderprogrammen für den Arbeitsmarkt, mit Unternehmerinnen-Tagungen, die das Wirtschaftsministerium veranstaltet, mit der Förderung von Selbstständigkeit, mit dem Aufbau eines Wissensnetzwerks, eines Mentorinnennetzwerks an den Hochschulen, das bundesweit seinesgleichen sucht.
Was wollen Sie? Sie wollen ja nicht einmal darüber reden, wie das Thema Chancengleichheit in alle Ebenen hinein
getragen werden kann. Sie wollen wissenschaftliche Abhandlungen haben, die mit dem praktischen Leben überhaupt nichts zu tun haben.
Denken Sie daran, dass wir im Hessischen Gleichberechtigungsgesetz gerade erst die Bestimmungen betreffend Gender-Mainstreaming geändert haben. Die im kommunalen Bereich tätigen Frauenbeauftragten sagen, es sei eine echte Chance, dass wir das jetzt im Gesetz stehen haben. Sie können damit mehr anfangen als mit den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen.Aber es ist nicht nur eine große Chance,sondern auch eine große Herausforderung, vor Ort klarzumachen, was dieser Begriff im Gesetz bedeutet.