Danke sehr, Herr Milde. – Herr Kaufmann hat als Nächster für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sicher gut, dass wir dieses Thema heute Abend in sehr unaufgeregter Atmosphäre diskutieren; denn in der Tat hat die SPD-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf auf einen Punkt hingewiesen, der durchaus zu diskutieren ist. Auch wir meinen, dass die Situation, wie sie die Landeshaushaltsordnung derzeit beschreibt, so nicht bleiben sollte.
Ob der Gesetzentwurf, so wie er uns konkret vorgelegt worden ist, am Ende der Weisheit letzter Schluss ist oder ob man vielleicht noch eine bessere Lösung finden könnte, das sollen die weiteren Beratungen ergeben. Ich freue mich, dass der Präsident des Bundesrechnungshofs, Herr Prof. Eibelshäuser, dieser Debatte beiwohnen und
während der Ausschussberatung vielleicht aus seiner Sicht den einen oder anderen Hinweis geben wird.
Der Rechnungshof selbst definiert sich als weder der exekutiven, der legislativen oder der rechtsprechenden Gewalt zugehörig. Man könnte jetzt frech sein und sagen, er würde sich selbst als vierte Gewalt definieren.Er definiert sich aber so, dass er sagt, er diene der Gesamtheit des Staats und wolle deshalb ein äquidistantes Verhältnis zu den drei Staatsgewalten haben. Das sollte er auch haben.
Gehen wir einmal von dieser Definition aus, die sich der Rechnungshof selbst gibt, und schauen dazu einmal in die Landeshaushaltsordnung.Dazu fallen zwei Paragrafen ins Auge. Zum einen ist dies § 88 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung. Zum Zweiten betrifft dies § 99 Landeshaushaltsordnung. In beiden steht sinngemäß das Gleiche. Ich zitiere aus § 88 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung:
So weit, so gut. Das Stichwort dazu lautet: Äquidistanz. Wenn die Äquidistanz eindeutig sein soll,das also in beide Richtungen gemeint ist, dann müsste da auch der umgekehrte Fall aufgeführt sein. Dann müsste da auch stehen: Wenn der Rechnungshof die Landesregierung berät, unterrichtet er gleichzeitig den Landtag.
Wir sollten in der Tat Äquidistanz schaffen, wenn man sie, gemäß der eigenen Definition des Rechnungshofs, so realisiert haben will. Im Augenblick ist es ganz eindeutig so, dass die Exekutive bevorzugt wird. Damit steht der Rechnungshof der Exekutive näher als dem Parlament. Das ist meiner Ansicht nach nicht richtig. Das ist zu kritisieren.
Bei § 96 Landeshaushaltsordnung, um den es bei dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD geht, wird es vielleicht noch deutlicher. Dort wird vorgesehen, dass die betreffende Stelle, aber sonst niemand zu unterrichten ist.
Das heißt, die Exekutive erhält die Information. Denn in aller Regel – Ausnahmen mag es geben – ist die betreffende Stelle eine Geld ausgebende, d. h. eine ausführende und damit der Exekutive zuzurechnende Stelle. In ganz seltenen Fällen könnte es sein, dass das nicht zutrifft.
Demzufolge wäre der Vorschlag richtig, wenn in den §§ 88 und 99 Landeshaushaltsordnung Folgendes stehen würde. Gegenwärtig steht in § 88 Landeshaushaltsordnung: Berichtet er dem Landtag, so unterrichtet er gleichzeitig die Landesregierung. – Das müsste um die Formulierung ergänzt werden: Berichtet er der Landesregierung, so unterrichtet er gleichzeitig den Landtag. – Dann wäre Äquidistanz hergestellt.
Wie die Unterrichtung im Landtag vollzogen wird, ist, das sage ich ganz klar und deutlich, keine Angelegenheit der Landeshaushaltsordnung. Vielmehr wäre das eine Angelegenheit unserer internen Regelung. Möglicherweise könnte dies über eine Ergänzung der Geschäftsordnung erfolgen, in der geregelt wird, wie man mit diesen Unter
richtungen umgeht. Naheliegend wäre, dass sich der Unterausschuss, den wir dafür haben, zunächst einmal mit den Unterrichtungen befasst. Darüber kann man durchaus reden. Das würde ich aber nicht in die Landeshaushaltsordnung hineinschreiben.
Wenn es denn so wäre,dass die Äquidistanz,die der Rechnungshof selbst fordert, nicht herstellbar ist, dann wäre es doch, das sage ich mit Nachdruck, eher das Parlament, also die erste Gewalt, das den Vorzug vor der Regierung bekommen sollte. Wenn der Rechnungshof nicht gleich weit von beiden entfernt sein kann,sollte er eher dem Parlament als der Regierung näherstehen.
Wenn man schon vergleichen will, kann man feststellen, dass die Aufgaben des Parlaments und des Rechnungshofs eher vergleichbar sind, als es die des Rechnungshofs und der Regierung sind. Das Parlament und der Rechnungshof haben die Aufgaben der Kontrolle und der Überwachung.
Sie haben auch das Recht, der Regierung zu sagen, wie sie agieren soll.Ich sehe jetzt einmal von den Einzelplänen 01 und 11 ab. Aber auch dort ist der Finanzminister eine durchaus nicht unerhebliche Instanz.Ansonsten vollzieht aber nur die Regierung Geldausgaben und geht finanzielle Verpflichtungen ein. Sie ist also diejenige, die sich mit einer Kontrolle, einer Nachprüfung und der entsprechenden Berichterstattung konfrontiert sehen muss. Wir, die Mitglieder des Parlaments, haben durchaus ein Interesse daran, hierüber unterrichtet zu werden.
Ich richte mich jetzt insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen der SPD. Ich will das noch einmal unterstreichen. Ihr Gesetzentwurf spricht das Problem richtig an. Meiner Meinung nach zeigt er aber keine optimale Lösung auf. Ich habe es bereits ausgeführt: Die Änderungen in den §§ 88 und 99 Landeshaushaltsordnung sind meiner Meinung nach wichtiger, als es die Regelungen hinsichtlich der Prüfung nach § 96 Landeshaushaltsordnung sind.
Was diese Regelungen angeht, wäre es unserer Ansicht nach sinnvoller, Abs. 2 zu verlängern. Bisher lautet § 96 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung:
Prüfungsergebnisse von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung teilt der Rechnungshof auch dem Minister der Finanzen mit.
Da, würde ich sagen, sollte die Formulierung lauten, dass der Rechnungshof die Prüfungsergebnisse dem Landtag und dem Minister der Finanzen mitteilt. Das wäre der letzte Schritt zur Erreichung der Äquidistanz. Dabei geht es um die „Prüfungsergebnisse von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung“, also um die wichtigen Dinge.
Ich sage dazu: Ich möchte nicht unbedingt Informationen über Prüfungsergebnisse haben, die weder von grundsätzlicher noch von erheblicher finanzieller Bedeutung sind. Denn man kann auch leicht mit Informationen zugeschüttet werden. Das ist in der Tat eine Angelegenheit, die zunächst einmal zwischen den Betroffenen und den Betreffenden abgemacht werden müsste.
Mit den Vorschlägen, die ich zu skizzieren versucht habe, kann die Äquidistanz tatsächlich verwirklicht werden. Herr Kollege Milde, vielleicht kommen wir während der Beratung im Ausschuss und der entsprechenden Debatte tatsächlich ein Stückchen weiter. Eine direkte Verpflichtung, den Haushaltsausschuss oder ein Gremium des
Landtags, dann auch noch im Auftrag einer Fraktion, zu unterrichten, würde ich nicht unbedingt in der Landeshaushaltsordnung stehen haben wollen, sosehr ich das im Augenblick als Mitglied einer Oppositionsfraktion vielleicht schön finden könnte.
Allerdings sollte man schon eines beachten, wenn man sich hinsichtlich der Unterrichtung des Landtags insgesamt näherkommen sollte. Dann muss die Frage geklärt werden,wie es um die Willensbildung innerhalb des Landtags steht. Da kann man einerseits sagen: Die Mehrheit entscheidet immer. – Man kann aber auch die Frage stellen, ob es da möglicherweise um ein Minderheitenrecht geht. Das kennen wir von anderen Thematiken auch. – Herr Kollege Wintermeyer, Sie haben mich eben so freundlich angeschaut.
Eines ist doch immerhin noch denkbar. Ich würde das nicht empfehlen. Aber es ist denkbar, dass, sobald die jeweilige Opposition erfährt,dass sich ein Bericht des Rechnungshofs in den Händen der Landesregierung befindet, sie mittels Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auf die Akte zugreift.Das kann man dann nämlich.Das ist nicht empfehlenswert. Das ist auch ein Prozedere, das – –
(Axel Wintermeyer (CDU): Es dauert dann aber, bis sie den Inhalt zur Kenntnis bekommen! – Gegenruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD): Ja, das stimmt, das dauert!)
Es dauert, bis wir dann die Akteneinsicht erhalten. Unter Umständen wird sich im Streit einmal klären, wie das aussieht. Aber ich will jetzt gar nicht in die falsche Richtung gelangen. Ich will dazu nur noch Folgendes sagen.
Erstens weiß niemand auf alle Zeiten, wer sich in der Opposition und wer sich in der Regierung befindet.
Zweitens kann es für das Verhältnis dieser drei Institutionen insgesamt, nämlich Rechnungshof, Landtag und Landesregierung, durchaus sinnvoll sein, dass man ein vernünftiges Miteinander-Umgehen findet.
Wenn wir den Finanzminister im Haushaltsausschuss reden hören, wird relativ häufig deutlich, dass auch er gelegentlich aufgrund seiner sich aus seiner Pflicht ergebenden Sichtweise manchen Argumenten der Opposition im Einzelfall näher steht als den Fachinteressen des einen oder anderen Ressorts. Denn natürlich muss man auch kritisch hinterfragen, was von der einen oder anderen Stelle gewünscht wird.
Herr Weimar, ich hoffe, ich habe Sie nicht in Schwierigkeiten gebracht. Ausnahmsweise war das einmal nicht meine Absicht.An anderer Stelle ist das schon so.
Hinsichtlich der Mittelverwaltung und der Ausgaben gibt es logischerweise entsprechende Interessen des Finanzministers. Dabei sollte er einen kritischen Blickwinkel durchaus nicht außer Acht lassen. Das ist auch im Interesse des Rechnungshofs. Das ist sicherlich auch im Interesse der Mitglieder der Opposition.
Das sollte auch, und zwar vielleicht ein bisschen mehr, als es derzeit geschieht, das Interesse der Mitglieder der Regierungsfraktion oder der Regierungsfraktionen sein.
Aber wir wissen, wie die Lebenswirklichkeit aussieht. Insoweit, denke ich, könnte man auf dieser Basis zusammenfinden.
Herr Finanzminister, wenn wir über eine Änderung der Landeshaushaltsordnung reden, dann sollte man vielleicht auch zu der einen oder anderen Vorschrift die Frage stellen, ob sie praktikabel ist. Speziell meine ich § 30 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung. Dort ist eine Frist für die Landesregierung vorgesehen, innerhalb derer sie den Entwurf des Landeshaushalts dem Parlament vorlegen muss. In dieser Legislaturperiode konnte diese Frist kein einziges Mal eingehalten werden. Ich habe das jetzt ganz freundlich gesagt.
Da die Vorschrift so ist,dass sie nicht funktioniert,wäre es, wenn man eine Änderung der Landeshaushaltsordnung anpackt, vielleicht sinnvoll, eine für alle Beteiligten praktikable Vorschrift zu finden, die lauten könnte, dass man sagt, dass man von der ersten Sitzungswoche im September abrückt und einfach September sagt.Vielleicht könnte man einen solchen Konsens herstellen.
Ich bin gerne entgegenkommend.Denn den Zustand,dass man eine Gesetzesvorschrift hat, die nicht eingehalten wird, kann auch aus unserer Sicht niemand wollen.