(Lebhafter Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): An Frau Ypsilanti führt kein Weg vorbei! Da haben Sie recht!)
Vielen Dank,Frau Kühne-Hörmann.– Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist abgearbeitet. Die Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Wissenschaft und Kunst betreffend „Wissen schafft Zukunft – die Hochschulen als Schlüssel zur Exzellenz“ ist abgegeben. Die Aussprache ist beendet.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Landeshaushaltsordnung – Drucks. 16/7196 –
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs hat Herr Schmitt das Wort. Herr Schmitt, die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich um einen staatstragenden Vortrag bemühen. Ich hoffe, dass das Abstimmungsverhalten der CDU und die weiteren Beratungen dann ebenso staatstragend sein werden.
Worum geht es? In der Vergangenheit hat der Rechnungshof Prüfungsberichte erstellt – sehr gute Berichte übrigens. Dem Parlament werden aber nach der heutigen
Gesetzeslage nicht alle diese Prüfberichte zur Kenntnis gegeben. Das Parlament hat nach der heutigen Rechtslage nur das Recht auf Information bzw. Unterrichtung in vier Fällen. Das sind zum einen die jährlichen Bemerkungen, die Sie alle kennen. Sie sind Gegenstand des Unterausschusses Finanzcontrolling und auch des Haushaltsausschusses. Sie werden auch immer hier im Plenum behandelt.
Dann gibt es die Sonderberichte, die besondere Bedeutung haben müssen, damit sie weitergegeben werden können und das Parlament unterrichtet wird.
Drittens gibt es die Beratungsberichte. An diesem Punkt sieht man vielleicht die Fehlkonstruktion unserer Landeshaushaltsordnung. Sie werden an die Regierung übersandt, wenn der Rechnungshof von der Landesregierung ersucht worden ist, etwas zu prüfen. Diese Berichte müssen dann aber nicht an das Parlament weitergegeben werden. Im umgekehrten Fall, wenn der Landtag den Rechnungshof ersucht, Berichte zu erstellen, wird der Landtag natürlich unterrichtet, aber gleichzeitig auch die Regierung. Damit wird deutlich: Es gibt eine asymmetrische Unterrichtungspflicht.
Der vierte Fall sind die gutachterlichen Bemerkungen des Landesrechnungshofs, z. B. zur Wirtschaftlichkeitsrechnung der Leo-Verkäufe in Hessen, die wir in der Vergangenheit gesehen haben.
Der entscheidende Punkt ist, dass es heute Berichte gibt, die vom Rechnungshof erstellt und dem Parlament nicht übersandt werden, wenn sie diesen vier Kategorien nicht unterfallen, die ich eben vorgetragen habe. Dazu gibt es nur eine einzige Lösung, die wir auch mit unserem Gesetzentwurf vorhaben, nämlich dass die zuständige Stelle das Prüfungsergebnis des Rechnungshofs auf Verlangen einer Fraktion dem Haushaltsausschuss zur Verfügung stellen muss.
Für den Hintergrund unseres Gesetzentwurfs gibt es zwei Beispiele. Beim Beispiel elektronische Fußfesseln war es so, dass der Rechnungshof einen Bericht erstellt hat, der sich sehr kritisch mit den Kosten der elektronischen Fußfessel befasst hat und zu dem Ergebnis gekommen ist: Eigentlich ist diese Maßnahme verhältnismäßig teuer und unwirtschaftlich. – Das Ministerium hat eine andere Auffassung dazu vorgetragen, nachdem bekannt wurde – das Parlament ist nicht unterrichtet worden –, dass es einen solchen Prüfbericht gibt.
Dieser Prüfbericht ist, weil die Landesregierung ihn, um es umgangssprachlich zu sagen, nie herausgerückt und den Rechnungshof auch nie ermächtigt hat, ihn ans Parlament weiterzugeben, niemals behandelt worden, weder im Ausschuss noch im Plenum. Ich finde, das ist ein erheblicher Mangel, und das macht deutlich, dass wir nur über eine Gesetzesänderung dahin kommen können, dass das Parlament auch von kritischen Rechnungshofberichten Kenntnis erhält.
Ähnlich war es übrigens bei den Amtsgerichten. Es wurde untersucht, ob die Einführung von elektronischen Verarbeitungsverfahren bei den Amtsgerichten kostengünstig ist oder nicht. Es gab sogar Presseveröffentlichungen, in denen aus dem Rechnungshofbericht zitiert wurde. Aber wiederum hat die Landesregierung es abgelehnt, dass dieser Bericht dem Parlament zur Kenntnis gegeben wurde, und wir konnten nicht darauf reagieren.
Deswegen sind wir der Meinung, dass ähnlich, wie es auf Bundesebene in der Bundeshaushaltsordnung geregelt
ist, die Möglichkeit geschaffen werden muss – wir wollen es dann auch als Minderheitsrecht ausgestaltet wissen –,
dass eine Fraktion beantragen kann, dass solche Rechnungshofberichte dann auch vorgelegt und beraten werden können.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich spreche Sie konkret an. Sie haben hier im Lande die neue Verwaltungssteuerung eingeführt. Ich kann gar nicht zählen, wie oft wir im Haushaltsausschuss und auch in Unterarbeitsgruppen die Frage erörtert haben, wie man kontrollieren und besser steuern kann.
Meine Damen und Herren, es gibt ein hervorragendes Instrument. Geben Sie uns endlich die Möglichkeit, die Institution, die in diesem Lande ganz hervorragend Prüfungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit vornimmt, zu nutzen. Geben Sie uns endlich ein Instrument in die Hand, damit auch wir uns mit diesen Prüfungsberichten auseinandersetzen können und damit wir insgesamt als Parlament – ich finde, das ist nicht nur eine Frage von Regierung und Opposition – unseren Kontrollauftrag und unsere -funktion wirklich wahrnehmen können. Ein Parlament, welches dies tut, würde dem zustimmen und würde sagen: Jawohl, wir als Parlament wollen solche Prüfberichte haben.
Es kann nicht sein, dass nur die Landesregierung über Herrschaftswissen verfügt und der Landtag in ganz wichtigen Punkten wie z. B der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Amtsgerichten, von elektronischen Fußfesseln – oh, jetzt habe ich einen Frosch im Hals – oder auch in Bezug auf andere Bereiche der Landesverwaltung nicht unterrichtet wird.
Ich finde, es ist an der Zeit, und das wollen wir auch mit unserem Gesetzentwurf bewirken,dass sich in diesem Zusammenhang ein anderes Bewusstsein entwickelt. Deswegen fordere ich die CDU-Fraktion mit ihrer Mehrheit dazu auf, dass sie sich dem nicht verweigert. Ich weiß auch nicht, was verborgen werden soll bzw. was Sie zu befürchten hätten, wenn wir die Berichte des Rechnungshofs, die zumeist – das muss man wirklich sagen – von hervorragender Qualität sind – –
Man muss nicht immer mit den Berichten des Rechnungshofs einer Meinung sein, doch sie sind eine hervorragende Grundlage dafür, zu diskutieren, ob es in manchen Bereichen richtig oder falsch läuft. Daher ist es unsere Bitte und Forderung an Sie, und das versuchen wir mit unserem Gesetzentwurf in ein entsprechendes Gesetz umzusetzen, dazu beizutragen, dass das Parlament – wie ich es bereits erwähnt habe, ausgestaltet als Minderheitsrecht – endlich an die Prüfungsberichte herankommt. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der CDU-Fraktion sind der Meinung, dass Ihr Gesetzentwurf von schlechtem Stil zeugt, und zwar in Bezug auf den Rechnungshof und die Frage: Wie geht man mit Prüfungsberichten um? Es hätte sich sicherlich nicht nur die CDU-Fraktion gewünscht, sondern auch die anderen Fraktionen hätten gewollt, dass man dieses Thema einmal im Vorfeld diskutiert hätte. Stattdessen haben Sie das Problem an einem Einzelfall festgemacht; denn es handelte sich um einen einzigen Fall, bei dem die SPDFraktion der Meinung war, dass Informationen in nicht ausreichendem Umfange und zu einem falschen Zeitpunkt geflossen seien.
Ansonsten hat sich die Praxis – das ging auch aus dem Beitrag des Herrn Kollegen Schmitt hervor –, in der bisher mit den Berichten des Rechnungshofs umgegangen worden ist,in der Tat bewährt.An dieser Stelle möchte ich auch dem Eindruck widersprechen, dass dem Parlament Berichte, die der Rechnungshof erstellt hat, seien es Prüfungsmitteilungen oder andere Berichte, nicht zugänglich gemacht worden seien. Denn bei dem, was Sie diskutieren, handelt es sich lediglich um die folgende Frage: Zu welchem Zeitpunkt wird ein Bericht im Parlament diskutiert?
An dieser Stelle möchte ich einmal die folgenden Fragen stellen: Ist es sinnvoll, dass ein Prüfungsbericht zu einem Zeitpunkt in die Öffentlichkeit gelangt, zu dem er noch nicht mit demjenigen abgestimmt worden ist,über den berichtet wird, sodass mit diesem über den Inhalt dessen, was geprüft worden ist, noch keine Rückkopplung stattfinden konnte? Muss der Inhalt des Berichts tatsächlich schon zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden?
Das läuft in einem privaten Unternehmen nicht anders. Wenn ein Wirtschaftsprüfer ein Unternehmen prüfte und vom Betriebsrat gefragt würde, was in dem Bericht alles drinstünde, da der Betriebrat einiges gehört habe und wolle, dass ihm ein Zwischenbericht erteilt werde, dann würde der Wirtschaftsprüfer den Bericht natürlich nicht einem Dritten, oder wer auch immer sein Interesse äußern würde, zur Verfügung stellen. Er würde dies stattdessen erst zu einem Zeitpunkt tun, zu dem er selbst sicher sein könnte, dass das, was er geschrieben hat, auch den Tatsachen entspricht. Das wäre nämlich dann der Fall, wenn er diese Themen, die er in seinem Prüfungsbericht thematisiert hat, mit dem Vorstand, dem Controller oder mit wem auch immer besprochen hätte.
Ich finde, wir sollten bei diesem Thema versuchen, ohne jeglichen Schaum vor dem Munde Transparenz zu schaffen. Denn es gibt im Übrigen kein einziges Bundesland, das einen ähnlichen Lösungsansatz vorsähe. Es gibt lediglich beim Bund – auch das ist angesprochen worden – in § 96 der Bundeshaushaltsordnung eine Form der Öffnungsklausel, die den Bundesrechnungshof schützen soll. An dieser Stelle handelt es sich in der Tat um etwas, worüber man während des Verfahrens zu diesem Gesetzentwurf einmal reden sollte. Denn auch wir finden, dass der Rechnungshof eine Möglichkeit haben sollte, zu reagieren, falls es zu Indiskretionen kommen und er in die Situation geraten sollte, durch die gegenwärtige gesetzliche Regelung bestimmten Dingen öffentlich nicht widersprechen zu können. In Anbetracht eines solchen Falles müssten wir uns in der Tat im Haushaltsausschuss darüber unterhalten,wie hier angemessen reagiert werden könnte.
Im Übrigen würden wir aber den Rechnungshof in Schwierigkeiten bringen, wenn der Gesetzentwurf so beschlossen würde, wie ihn die SPD-Fraktion eingebracht hat, nämlich in der Form, dass auf einfaches Verlangen einer Fraktion quasi jeder Bericht, in welchem Stadium er sich auch immer befände, herausgegeben werden müsste. Dann stellte sich die Frage: Wer würde im Rechnungshof darüber entscheiden, ob Berichte herausgegeben werden? Es stellte sich auch die Frage – das habe ich vorhin gesagt –: Welchen Wert kann ein Bericht zu einem bestimmten Zeitpunkt schon haben?
Insofern sind wir der Meinung; es muss ein grundsätzliches Ja dafür geben, dem Rechnungshof Reaktionsmöglichkeiten einzuräumen, allerdings lediglich in Form eines Entwurfs, der im Haushaltsausschuss beraten würde, und lediglich unter Rückkopplung mit denjenigen, die Betroffene des Prüfungsberichtes wären. Wir meinen – zumindest nach dem derzeitigen Stand; es mag sein, dass wir in diesem Verfahren noch zu anderen Erkenntnissen kommen werden –, dass die Möglichkeiten, die uns die Landeshaushaltsordnung schon heute gibt, dafür ausreichen. Wir sind der Meinung, dass der Gesetzentwurf, so wie er heute vorgelegt worden ist, nicht geeignet ist, das Problem, das Sie selbst geschildert haben, zu lösen. – Vielen Dank.
Herr Milde, zu einer Kurzintervention hat sich Frau Hofmann zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Frau Hofmann.
Herr Milde, es ist schon einmal gut, dass die CDU-Fraktion aufgrund unserer Gesetzesinitiative zum Nachdenken gekommen ist. Ich glaube, Sie sehen einen Regelungsbedarf – das haben Sie gerade zum Ausdruck gebracht –, der für mich noch nicht ganz greifbar ist, und ich will darauf etwas erwidern, dass Sie gesagt haben, Sie hätten sich im Vorfeld dieser Gesetzesinitiative einen anderen Umgang gewünscht. Sie müssen erkennen, dass es im Vorfeld unserer Initiative einen sehr umfänglichen Schriftwechsel sowohl mit dem Landesrechnungshof als auch mit dem zuständigen Ministerium gegeben hat.
Wir haben diese Frage schon häufiger im Ausschuss, aber auch bilateral erörtert, bevor wir nun als letzten Schritt – denn wir hatten keine andere Möglichkeit mehr – parlamentarisch initiativ geworden sind.
Sie haben von einem Einzelfall gesprochen, aber es ist kein Einzelfall. Herr Schmitt hat hier gerade mindestens zwei Fälle substanziiert dargelegt, wo es Schwierigkeiten gegeben hat, als Parlament unser Kontrollrecht gegenüber dieser Regierung auszuüben.
Ich stelle an Sie die Frage – wir haben in § 96 der Bundeshaushaltsordnung eine praktikable Regelung, die auf Bundesebene hervorragend funktioniert; ich habe hierzu nichts Gegenteiliges gehört, sodass wir unseren Gesetzentwurf dort entlehnt haben, denn wir wollen diese Regelung auch in Hessen einführen –: Was spricht dagegen, solch eine Regelung in Hessen zu implementieren?
Frau Kollegin Hofmann, ich gehe gerne hierauf ein, weil Sie im Prinzip geschildert haben, weshalb wir dagegen sind, das Gesetz so zu ändern, wie es die SPD-Fraktion vorgeschlagen hat. Denn ein Kontrollrecht ist erst dann ein Kontrollrecht gegenüber der Regierung, wenn es sich um etwas handelt, was die Regierung herausgegeben hat und zu dem ihr die Möglichkeit gegeben wird, Stellung zu nehmen.
Wenn ich den geschilderten Fall richtig in Erinnerung habe, dann war es genau so, dass eben noch kein kommentierter Bericht vorgelegen hat. Insofern war auch nichts da, womit man Regierungshandeln in konkreter Weise hätte kontrollieren können. Daher sind wir nach wie vor der Meinung, dass der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD am Thema vorbeigeht, und in der Bundeshaushaltsordnung steht auch etwas ganz anderes drin. Da steht: „Prüfungsergebnisse von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung teilt der Bundesrechnungshof dem Bundesministerium für Finanzen mit. Der Bundesrechnungshof ist zu hören,...“
Es wird in der Bundeshaushaltsordnung eine qualitative Einschränkung gemacht, die in Ihrem Gesetzentwurf nicht enthalten ist. Ich bin mir sicher, dass das Parlament auch nach der geltenden Haushaltsordnung keine Probleme gehabt hätte, diesen Bericht zu diskutieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bericht, den Sie angesprochen haben, fertig gewesen und logischerweise von dem, der von ihm betroffen gewesen wäre, kommentiert worden wäre.
(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Wenn das die Opposition sagt, dann kommen wir zusammen!)
Danke sehr, Herr Milde. – Herr Kaufmann hat als Nächster für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.