Protokoll der Sitzung vom 03.05.2007

So weit eine kleine Auswahl aus dem § 1 dieses Gesetzentwurfes.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Die anderen habe ich nicht genannt.

Meine Damen und Herren, der öffentliche Gesundheitsdienst ist neben der stationären und der ambulanten Versorgung die dritte Säule im Gesundheitswesen. Das ist hier schon ausgeführt worden.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Nur nicht in Hessen!)

Selbstverständlich, auch in Hessen.

In Anbetracht der Zeit und der anstehenden Mittagspause – man macht sich nirgendwo so unbeliebt, wie wenn man um diese Tageszeit seine Redezeit überzieht – –

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn es ums Gesundheitswesen geht, besser vor der Mittagspause als nachher! – Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Danke, Herr Spies, aber wir haben nur zehn Minuten.

§ 4 regelt die „Abwehr erheblicher gesundheitlicher Gefahren“ und trägt der weltweit veränderten gesundheitlichen Gefahrenlage Rechnung. Er eröffnet den Aufsichtsbehörden besondere Befugnisse zur Gefahrenabwehr in Notsituationen.

In meinen Ausführungen möchte ich aber gerne auf einen Paragrafen näher eingehen, der mir besonders wichtig ist. Das ist § 10, der sich mit der Kinder- und Jugendgesundheit befasst.

Meine Damen und Herren, gerade der Bereich Kinderund Jugendgesundheit ist von elementarer Bedeutung. Die Fälle vernachlässigter Kinder alarmieren uns immer

wieder aufs Neue. Sie sind schrecklich und unfassbar.Wir fragen uns immer, wie so etwas passieren kann.

Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass mit dem Beschluss des Bundesrates am 15. Dezember 2006 und der klaren Positionierung aller Länder zu verpflichtenden Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohles eine wichtige Voraussetzung für ein ärztlich sichergestelltes, gesundes Aufwachsen von Kindern geschaffen wurde.

Meine Damen und Herren, bei uns in Hessen ist in Ergänzung zu einer bundesweiten Untersuchungspflicht ein verbindliches Einladungsverfahren für die medizinischen Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 in Zusammenarbeit mit dem Screeningzentrum an der Universitätsklinik Marburg-Gießen in Vorbereitung. Dafür haben wir im Haushalt 2007 Mittel eingestellt. Man muss schauen, wie das wünschenswerte Ziel einer Verdichtung der Untersuchungsintervalle bei den U-Untersuchungen am besten erreicht werden kann.

Meine Damen und Herren, wir müssen aber auch über Kindergarteneingangsuntersuchungen nachdenken. Erfreulicherweise haben sich die Betriebskrankenkassen in Hessen bereit erklärt, eine sogenannte U7a einzuführen. Wir würden es außerordentlich begrüßen, wenn sich noch andere Krankenkassen diesem beispielhaften Vorhaben anschließen würden.

Meine Damen und Herren, im Bereich von U1 bis U9 fehlt im Alter von drei Jahren eine Untersuchung. Der von den Betriebskrankenkassen eingeschlagene Weg ist absolut richtig. Wir müssen versuchen, hier die Krankenkassen mit ins Boot zu holen. Die Frau Ministerin hat eben schon ausgeführt, dass derzeit der G-BA, der Gemeinsame Bundesausschuss in Berlin, die Richtlinien für die U-Untersuchungen diskutiert: Welche Untersuchungen sind sinnvoll? Wie muss der Leistungsumfang aussehen?

Wenn wir über Eingangsuntersuchungen reden, lautet eine der Fragen, die beantwortet werden muss: Machen wir es freiwillig oder verpflichtend? Das ist nämlich nicht so einfach wie beispielsweise bei den Schuleingangsuntersuchungen. In der letzten Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses hat Frau Kollegin Eckhardt die richtige Frage gestellt:Was machen wir mit den Kindern, die nicht in den Kindergarten gehen? Wie erreichen wir alle Kinder im Alter von drei Jahren?

Sie sehen, das ist ein ganz weites Feld. Es ergeben sich sehr viele Fragen, über die wir im weiteren Gesetzgebungsprozess reden müssen. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen im Ausschuss und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst, Drucks. 16/7236.

Der Gesetzentwurf soll zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Kein Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Dann darf ich Sie und auch mich in die Mittagspause entlassen.Wiederbeginn ist um 15 Uhr.

(Unterbrechung von 12.58 bis 15.02 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Auf Ihren Plätzen verteilt wurde der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Mittelstandsstudie offenbart wirtschaftspolitische Versäumnisse der Landesregierung, Drucks. 16/7287. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 83 und wird zusammen mit Tagesordnungspunkt 49 aufgerufen.

Außerdem liegt ein Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Besteuerung von Biokraftstoffen kontraproduktiv für Umwelt und Klimaschutz vor, Drucks. 16/7288.Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 84 und wird mit den Tagesordnungspunkten 42 und 80 aufgerufen.

Zu Tagesordnungspunkt 19 haben Sie einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorliegen, Drucks. 16/7289.

Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 45:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend klimagerechte Energiepolitik in Hessen vorantreiben – keine neuen Kohlekraftwerke bauen – Drucks. 16/7247 –

Dazu wird Tagesordnungspunkt 82 aufgerufen:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend ideologische Fantastereien sind keine Alternative zu den energiewirtschaftlichen Realitäten – Drucks. 16/7284 –

Das ist ein Punkt mit 15 Minuten Redezeit. Die antragstellende Fraktion, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, beginnt. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Al-Wazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Klimawandel, über den jahrelang als etwas in weiter Ferne Stehendes geredet wurde, findet statt. Beim Wetter kommt es immer wieder zu Extremereignissen, aber wenn Sie sich die Häufung der Extremereignisse in den vergangenen Monaten anschauen, dann hat es auch der Letzte gemerkt: Wir haben inzwischen den achten Monat in Folge, der deutlich zu warm ist. Der Klimawandel findet also statt. Er ist auch nicht mehr aufhaltbar, und er ist nur noch begrenzbar. Das sollten wir jetzt tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Gestern wurde der dritte Teil des Berichts des UN-Klimarats veröffentlicht,der die dringende Aufforderung an alle Verantwortlichen enthält, alles dafür zu tun, den Klimawandel zu begrenzen. Es ist sehr deutlich aufgeführt worden, was passiert, wenn wir das nicht tun. Es wird zu dramatischen und zum Teil unbeherrschbaren Folgen kommen, wenn es uns nicht gelingt, die Erderwärmung auf 2 °C zu begrenzen. Wenn es so kommt, dass wir dieses 2-°C-Ziel nicht erreichen, dann wird es zu irreversiblen Folgen beim Ökosystem Regenwald und beim Ökosystem Meer kommen.Wir werden eine Eisschmelze noch größeren Ausmaßes haben, und wir werden – laut Prognose von

Nicolas Stern im Auftrag der britischen Regierung – die Situation bekommen, dass 20 % der Weltwirtschaftsleistung in einer Rezession unbekannten Ausmaßes wegbrechen.

(Michael Boddenberg (CDU): Hoffentlich haben Sie auch das gelesen, was er zum Thema Kerntechnologie gesagt hat!)

Ich habe alles gelesen, Herr Boddenberg.

(Michael Boddenberg (CDU): Prima!)

Wenn wir also den Klimawandel begrenzen wollen, dann müssen wir heute für morgen und übermorgen handeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Zeitfenster, das uns noch bleibt, beträgt 10 bis 15 Jahre. Das heißt, wir brauchen ein Tempo bei der Energiewende, das wir – auch wir von den GRÜNEN – uns vor einigen Jahren noch nicht vorstellen konnten. Das heißt, wir müssen den alten Slogan vom globalen Denken und lokalen Handeln jetzt überall in die Tat umsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich hab dies alles gesagt, weil es schon verrückt ist, dass in diese Situation und angesichts dieser Diskussion jemand auf die Idee kommt, ein altes Kohlekraftwerk durch ein neues, größeres Kohlekraftwerk zu ersetzen. Wer angesichts dieser Situation in Hessen den weltgrößten Steinkohlekraftwerksblock bauen will, der ist nicht von dieser Welt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der Energiekonzern E.ON plant,am Standort Staudinger bei Hanau den – ich sage es noch einmal – weltgrößten Steinkohlekraftwerksblock zu bauen.Wer wissen will,was das heißt, der muss sich nur vergegenwärtigen, wie groß die Kohlendioxidemissionen eines solchen Kraftwerks im Vergleich zu anderen fossilen Kraftwerken sind. Wir haben bei Importsteinkohle – dieser Block wird mit Importsteinkohle betrieben werden, so er denn gebaut wird – ein CO2-Äquivalent von ungefähr 950 g pro erzeugter Kilowattstunde. Zum Vergleich: Ein Erdgas- und Dampfkraftwerk stößt 420 g CO2 pro erzeugter Kilowattstunde aus, also weniger als die Hälfte.Wenn man dieses Erdgas- und Dampfkraftwerk an einem geeigneten Standort baut, wo man auch mit der entstehenden Wärme etwas anfangen kann, also auch ein Heizkraftwerk daraus macht, dann kommen wir zu einem CO2-Äquivalent von 148 g pro erzeugter Kilowattstunde. Wenn man dieses Kraftwerk nicht als einzelnes Kraftwerk, sondern dezentral in Form von Blockheizkraftwerken bauen würde, dann wären wir bei einem CO2-Äquivalent von 49 g pro erzeugter Kilowattstunde. Vergleichen Sie das mit den 949 g, die ein Kraftwerk, das mit Importsteinkohle betrieben wird, ausstößt.Dann fällt Ihnen auf,dass das ein Irrsinnsprojekt ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

E.ON argumentiert, dass drei ältere Blöcke abgeschaltet werden sollen, wenn dieses weltgrößte Steinkohlekraftwerk gebaut wird, und dass der Wirkungsgrad des neuen Kraftwerks höher sei. Es ist unzweifelhaft so, dass das neue Steinkohlekraftwerk einen etwas höheren Wirkungsgrad hätte als die drei älteren Steinkohlekraft

werke. Die drei älteren Steinkohlekraftwerke sind 1965 in Betrieb gegangen. Das führt zu zwei Antworten.

Erstens. Das zeigt, wie lange ein Steinkohlekraftwerk, wenn es einmal gebaut ist, am Netz ist. Das habe ich damit gemeint, als ich sagte, wir treffen heute Entscheidungen für morgen und übermorgen.