Meine Damen und Herren, auf einen Punkt will ich aufmerksam machen, der von der Opposition gerne vernachlässigt wird: Die Wirtschaft weist darauf hin, dass neben dem Hauptproblem, als das sie immer noch die Bürokratie bezeichnet, Lohn- und Lohnnebenkosten auf den Plätzen zwei und drei der zu lösenden Probleme stehen.
Deshalb sage ich Ihnen: Wer mit überhöhten Lohnforderungen kommt oder wer nicht bereit ist,Schritte zu gehen, um die Lohnnebenkosten deutlich weiter zu senken, der macht keine Standortpolitik für unser Bundesland.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss und stelle noch einmal fest: Wir neigen als Union nicht zu Schönfärberei oder übertriebener Euphorie.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Das wissen Sie. Sie schätzen uns für unsere realistische Analyse und Darstellung der wirtschaftlichen Lage. Deshalb bleibt als Fazit dieser Studie, über die wir am heutigen Tag sprechen, festzuhalten: Es ist ein gutes Ergebnis für Hessen, ein gutes Zeugnis für die Hessische Landesregierung und für die gestaltende Fraktion hier im Hause. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Bitte keine Polemik nach dieser nüchternen und sachlichen Analyse! – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Williges, ich glaube, Sie haben Ihre Identität als Mittelständler am Eingang zum Plenarsaal abgegeben.
Wenn Sie nicht in der Lage sind, die Bandbreite dieser Studie zu erfassen, dann erkläre ich es Ihnen gerne ganz einfach. Sie gehen mit der Studie so um wie ein Schüler, der mit seinem Zeugnis nach Hause kommt und sagt: „Ich habe eine Zwei in Sport, ich habe eine Zwei in Sport“, aber zu den anderen Noten keinen Ton sagt. Genau so gehen Sie mit dieser Studie um.
Man könnte am Anfang denken, es könnte sich um einen Lob- und Hudelantrag der CDU-Fraktion handeln. Das ist es aber wirklich nicht. Das muss ich Ihnen bescheinigen.Denn dieser Antrag ist ein Offenbarungseid der Wirtschaftspolitik für den Mittelstand durch die Hessische Landesregierung und die sie tragende CDU-Fraktion.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Minister Stefan Grüttner: Das kann nicht sein!)
Wenn Sie es nötig haben, einen einzigen Punkt einer Studie, die doch 40 Seiten umfasst, als Setzpunkt in den Hessischen Landtag zu ziehen, dann muss die Not riesengroß sein. Das allerdings kann ich verstehen.
Es ist deutlich: Ihnen brennt der Kittel. Die Umfragewerte sinken, bei der Ausbildung stehen Sie nicht gut da.
Beim Schaffen neuer Arbeitsplätze liegen Sie im hinteren Feld. Biblis steht seit 200 Tagen – das Licht bleibt an. Ob es 100.000 Arbeitsplätze am Flughafen entsprechend Ihrer Prognose geben wird, wird auch immer fraglicher. Sie haben die Imagekampagne versenkt. Die Wirtschaft kritisiert die Bildungspolitik. Die IHK kritisiert den Technologietransfer. – Ich kann verstehen, dass Ihnen der Kittel brennt.Aber dass Sie zu solchen billigen Anträgen greifen müssen – Sie könnten mir fast leidtun.
Man könnte meinen, dass Sie nach neun Jahren, die Sie dieses Land leider regieren, etwas mehr zu sagen hätten,
was Sie in der Mittelstandspolitik erreicht haben.Aus diesem Antrag wird aber deutlich: Sie sehen selbst keine Leistung. Sie verschließen die Augen vor den Problemen, die dieses Land hat, und Visionen haben Sie überhaupt keine. Es wird Zeit, dass diese Landesregierung, dass dieser Wirtschaftsminister abtritt.
Sie schreiben in Ihrem Antrag – ich frage mich, ob wir das als Landtag wirklich beschließen müssen –,dass die CDUFraktion zu der Erkenntnis gekommen ist, dass der hessische Mittelstand eine elementare Bedeutung für Wachstum, Beschäftigung und Ausbildung hat. Ist das für Sie so neu nach neun Jahren?
Die Erkenntnis ist nun wirklich nicht neu. Dass Sie das in einem Antrag festschreiben müssen, ist jämmerlich. Sie schreiben im letzten Punkt,man solle die Erfolge der Landesregierung anerkennen, aber Sie sind nicht in der Lage, irgendwelche aufzuzählen. Das finde ich äußerst erstaunlich.
Sie schreiben – das ist schon fast heiter –, der Mittelstand sei mit der Infrastruktur äußerst zufrieden. Ich denke daran,dass alles,was Sie uns hier als Wirtschaftsförderung
verkaufen, Infrastrukturprojekte sind: ein Haufen Beton in der Landschaft, Flughafen und Autobahnen.Wenn man die Studie ernst nimmt, ist das nicht wirklich nötig. Dann sollten Sie sich darum kümmern,diese Infrastruktur zu erhalten und den öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern. Damit wäre es gut. Aber anscheinend haben Sie nicht einmal das verstanden.
Von daher, finde ich, zeugt Ihr Antrag von dem Mut der Lemminge, die sich selbst über die Klippe stürzen. Im Falle der Lemminge finde ich das ausgesprochen schade.
(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Birgit Zeimetz- Lorz (CDU): Die GRÜNEN haben auch lange gebraucht, um den Witz zu verstehen!)
Damit Sie es verstehen und noch einmal schriftlich haben, haben wir die Punkte aufgeführt, die der Mittelstand in dieser Studie kritisiert. Anscheinend waren Sie nicht in der Lage, die Studie so weit zu lesen.
Bei der Frage, ob der Mittelstand glaubt, dass die wirtschaftliche Lage sich verbessern werde, sind die Hessen auf Rang 10. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Sie falsche Akzente setzen, dass der Mittelstand nicht glaubt, dass man mit dieser Politik weiterkommt, dass Sie mit den Betonprojekten falsch liegen und dass Ihr Jammern, sie kämen nicht zustande, niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt.Wenn ich mir ansehe, wie Sie mit dem Thema der erneuerbaren Energien umgehen, dass Sie es nicht einmal wahrnehmen, denke ich, Sie verschlafen die Zeichen der Zeit. Aber auch das erläutere ich Ihnen heute gerne.
Die „Sonntags-FAZ“ titelt:„Die grünen Champions kommen aus Deutschland!“ – Hessen hat daran offensichtlich kein Interesse. Die „Deutsche Handwerkszeitung“ titelt: „Umweltschutz ist ein Zukunftsmarkt“ – das hat sich bei der Hessischen Landesregierung noch nicht herumgesprochen.Die „Wirtschaftswoche“ titelt:„Die grüne Weltmacht – wie Umwelttechnik zum Exportschlager wird“ – Fehlanzeige bei der Hessischen Landesregierung.Die „Financial Times“ titelt: „Umweltbranche überholt Autohersteller“ – auch das ist bei Ihnen offenbar noch nicht angekommen.
Bei den Investitionen liegt Bayern auf Rang 1. Hessen liegt auf dem 9. Platz und ist damit unterdurchschnittlich. Eine steigende Mitarbeiterzahl erwarten 46 % der mittelständischen Unternehmer in Berlin. In Hessen sind es nur 28 %; im Bundesdurchschnitt sind es 35 %. Das heißt, da liegt Hessen wieder einmal unter dem Durchschnitt. Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause einig, dass die Schaffung neuer Arbeitsplätze nach wie vor eines der vordringlichsten Probleme ist. Aber das erreicht man nicht, wenn man auf beiden Augen schwarze Klappen hat.
Bei der Beurteilung der internationalen Konkurrenzfähigkeit liegt Hessen abgeschlagen auf dem 13. Platz. Dazu muss man sagen: Hessen liegt in der Mitte von Deutschland, hat einen internationalen Flughafen und eine gute Verkehrsinfrastruktur. Aber das alleine macht noch kei
nen Frühling, denn die internationale Konkurrenzfähigkeit wird als katastrophal eingeschätzt. Sie weigern sich bis heute, das wahrzunehmen.
Dann geht es weiter mit dem Förderprogramm, einer originären Aufgabe der Landespolitik. Da liegt Hessen von 16 Bundesländern auf dem 12. Platz. Dass Ihnen das nicht einmal peinlich ist, dass Ihnen das kein Wort der Erwähnung wert ist und dass Sie keine Idee haben, wie man das ändern könnte, ist nachgerade peinlich.
Von daher:Was haben Sie denn dem Mittelstand in letzter Zeit geboten? Sie haben das mittelstandsfeindliche Sparkassengesetz verabschiedet.Ihre Bildungspolitik wird kritisiert. In Ihrer Politik für den ländlichen Raum ist Ihre Hauptidee,Beton in die Landschaft zu gießen.Wenn es allein an der Infrastruktur läge, müsste der Landkreis Hersfeld-Rotenburg ganz vorzügliche Arbeitsplatzzahlen haben. Das hat er aber nicht. Es braucht Innovationsfreude und Ideen, aber dazu sind Sie nicht in der Lage.
Man kann sich einmal ansehen, was für Veranstaltungen der Wirtschaftsminister organisiert. Sie bieten z. B. eine Breitbandveranstaltung an. Breitband wäre für den Mittelstand wirklich ein wesentlicher Faktor.Was machen Sie? Sie fahren durch die Lande, bieten eine Veranstaltung hier, eine Veranstaltung dort an, die keine einzige Lösung anbietet. Sie bieten nur eine Plattform für die Anbieter.Aber an dieser Stelle zu Lösungen für die Gemeinden zu kommen oder zu fördern, ist Ihnen fremd. Sie wollen nur ein Foto in der Zeitung, und das war es.
Dazu kommen Veranstaltungen wie diejenige vergangene Woche in der Staatskanzlei. Diese war äußerst bemerkenswert. Es ging darum, wie man Spitzenkräfte in Hessen halten kann.Es gab immerhin 70 Teilnehmer.Ich habe gefragt, ob man die Teilnehmerliste bekommen könnte, was zum Zwecke der Vernetzung bei solchen Veranstaltungen durchaus üblich ist.Aber eine Teilnehmerliste gab es nicht, und das mit gutem Grund. Denn von den 70 angemeldeten Teilnehmern waren 10 aus der Politik, 10 von der Presse, 10 von der Hessen-Agentur und 19 Referenten. Sie können sich einmal überlegen, auf wie viel Interesse diese Veranstaltung der Hessischen Landesregierung gestoßen ist. Es ist schlicht und ergreifend peinlich.Wenn man den Mittelstand fördern will, geht es genau darum, Spitzenkräfte hier halten zu können.Aber wenn die Hessische Landesregierung ruft, kommt kein Mensch mehr. Sie konnten mit dieser Veranstaltung niemanden hinter dem Ofen hervorlocken.