Protokoll der Sitzung vom 04.05.2007

Wenn Sie sagen, dass während der Amtszeit der CDU nur schwarze Richter gefördert worden seien, werde ich das an die Richterinnen und Richter in Hessen so weitergeben. Sie werden es mit großem Interesse zur Kenntnis nehmen. Ich weiß, dass sie besser sind, als Sie sie einschätzen.

(Beifall bei der CDU – Axel Wintermeyer (CDU): Genau so ist es! Eine Beleidigung!)

Ich erlaube mir allerdings den Hinweis, dass wir Sie 2002 gefördert haben. Daran darf ich Sie erinnern. Wir hatten nicht die Hoffnung,damit einen schwarzen Richter zu fördern. So profiliert waren Sie schon zu diesem Zeitpunkt.

(Norbert Schmitt (SPD): Hoffentlich fällt das nicht unter den Schutz personenbezogener Daten! Da bin ich gespannt!)

Eine herzliche Bitte: nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt. Die hessische Justiz leistet eine hervorragende Arbeit. Sie ist unabhängig und politisch neutral. Wir sollten nicht durch solche Diskussionen Zweifel an dieser wichtigen Institution in unserem Staat hegen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Dr. Jürgens.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Justizminister, Frau Zeimetz-Lorz, es wird Ihnen sicherlich nicht entgangen sein, dass von sämtlichen Erfahrungen, die wir in Spanien gemacht haben, nur der kleine Teil, den ich für positiv befunden habe, in unseren Antrag eingeflossen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Natürlich haben wir eine Menge Erfahrungen gemacht, unter anderem auch mit Entwicklungen, die in eine andere Richtung gingen, als man es sich ursprünglich gedacht hatte. Ich habe nicht vorgeschlagen, dass die Richterinnen und Richter hier keiner Partei und keiner Gewerkschaft angehören dürfen oder dass wir nun alles zentralisieren müssten. All diese Vorschläge habe ich nicht unterbreitet, sondern ich habe mir das herausgepickt, von dem ich meine, dass es in Spanien – und in anderen Län

dern übrigens auch – gut läuft. Sie haben zu Recht auf Herrn von Plottnitz hingewiesen, einen hervorragenden Justizminister in der Geschichte des Landes Hessen,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nicola Beer (FDP): Da sind die Meinungen aber geteilt! – Minister Stefan Grüttner: Das Protokoll vermerkt: spärlicher Beifall!)

der zu Recht eingewandt hat,wie ich es in meinem Beitrag auch deutlich gemacht habe, dass es nicht darum geht – das ist übrigens auch eine Erfahrung aus Spanien –, die Justiz vollständig aus der demokratischen Legitimation zu entlassen. Im Gegenteil: Ich hatte darauf hingewiesen, dass nach dem Demokratieprinzip alles in demokratischer Legitimation auf das Volk zurückgeführt werden muss. Unter Rupert von Plottnitz war es in der Tat so, dass Beförderungen ausschließlich nach Eignung und Leistung erfolgt sind. Dort sind auch keine Richterinnen und Richter auf Probe in politischen Funktionen besetzt worden.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das ist doch unglaublich!)

Ich habe nicht einen einzigen Augenblick lang in Zweifel gezogen, dass alle diejenigen – auch Richterinnen und Richter auf Probe –, deren Ernennung der Richterwahlausschuss zugestimmt hat, hoch qualifiziert und geeignet für das Amt der Richterin oder des Richters bzw. der Staatsanwältin oder des Staatsanwalts sind. Dafür nämlich haben wir sie eingestellt. Ich habe nur kritisiert, dass Sie als Justizminister diesen Bereich der Justiz für völlig andere Aufgaben missbrauchen. Das ist etwas völlig anderes und hat mit einer Kritik an der Eignung der Richterinnen und Richter für ihr Amt überhaupt nichts zu tun.

Wenn Sie es noch einmal hören wollen: Ich bin davon überzeugt, dass wir alle Entscheidungen – auch diejenigen,bei denen ich nicht im Ausschuss beteiligt war – so getroffen haben, dass wir geeignete Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen haben. Aber erstens wissen wir nach diesem Verfahren nicht, ob es andere geeignete Bewerberinnen und Bewerber gab. Frau Hofmann hat das geschildert. Zweitens habe ich kritisiert, wie sie hinterher eingesetzt werden. Keinesfalls habe ich irgendwelche Zweifel an der Qualifikation von hessischen Richterinnen und Richtern geäußert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir überweisen den Antrag und den Änderungsantrag an den Rechtsausschuss.Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Antrag der Abg. Schäfer-Gümbel, Frankenberger, Klemm, Pfaff, Riege, Tesch (SPD) und Fraktion betreffend Entwicklungszusammenarbeit ernst nehmen – bürgerschaftliches Engagement zugunsten der Ärmsten besser fördern – Drucks. 16/7071 –

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 16/7289 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Das Wort hat der Abg. Schäfer-Gümbel von der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde beraten wir in diesem Landtag ein sicherlich nicht ganz alltägliches Thema. Deswegen will ich zunächst auf die grundsätzliche Bedeutung unseres Antrags eingehen.

Am 8. September des Jahres 2000 verabschiedeten 189 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mit der Millenniumserklärung einen Katalog grundsätzlicher verpflichtender Zielsetzungen für alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Die Bekämpfung der Armut, die Erhaltung des Friedens und der Umweltschutz wurden als wichtigste Ziele der internationalen Staatengemeinschaft bestätigt.

Ich führe das hier ein, weil ich im Vorfeld der Debatte von Mitgliedern anderer Fraktionen gefragt wurde, was das Land Hessen eigentlich mit Entwicklungsarbeit zu tun habe. Es hat damit ziemlich viel zu tun. Denn durch unsere föderale Bundesordnung stehen wir natürlich auch mit diesen internationalen Verpflichtungen in Verbindung.

Deswegen sind im Landeshaushalt etwas Mittel vorgesehen, die in der Vergangenheit dafür eingesetzt wurden. Bisher übereinstimmend haben wir in diesem Parlament die Schwerpunkte für diese Entwicklungsarbeit definiert. Dies sind Mittelamerika und der Nahe Osten. Vor allem betrifft dies aber auch Asien. Im letzten Jahr kamen nach einer Entscheidung des Hauptausschusses auch Teile Afrikas dazu, nämlich die Staaten Mali und Malawi.

Wir haben diesen Antrag eingebracht, weil wir, erstens, der Auffassung sind, dass die Zusammenarbeit auf dem Sektor der Entwicklungshilfe auch für ein Bundesland wichtig ist. Zweitens haben wir das getan, weil uns von Mitgliedern der Nichtregierungsorganisationen die Sorge mitgeteilt wurde, dass die Mittel für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe, die das Land zur Verfügung stellt, zunehmend ausschließlich unter dem Aspekt der Außenwirtschaft verwendet werden. Bisherige Zielsetzungen, die ökologische, soziale, kulturelle Aspekte und insbesondere auch Fragen der Bildung betrafen, befinden sich demnach nicht mehr im Blick der Außenwirtschaftspolitik und der Zusammenarbeit im Rahmen der Entwicklungshilfe.

Ich finde, dass wir diese kritischen Anmerkungen ernst nehmen müssen. Denn gerade wir sind ein Bundesland, dessen Unternehmen sehr stark im internationalen Wettbewerb stehen. Ich habe aus allen Fraktionen erfahren, dass man bereit ist, sich mit dieser Frage noch einmal wirklich gründlich zu befassen.

Deswegen will ich ausdrücklich sagen: Unser Antragstext ist kein Dogma. Wir sind sehr wohl bereit, ihn zu verändern. Der Text des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist an einer Stelle sehr viel präziser als das,was wir bisher vorgelegt haben.Ich denke, wir werden uns deswegen sehr schnell einig werden.

Aber auch aus anderen Fraktionen wurde zumindest signalisiert, dass die Notwendigkeit besteht, das noch einmal genauer im Ausschuss zu beleuchten. Deswegen wollen wir vorschlagen, dass wir, erstens, im Ausschuss eine gründliche Beratung vornehmen. Zweitens schlagen wir hier und heute vor, dass es zumindest auf der Ebene der zuständigen Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen, des Ministeriums, der Hessen-Agentur und des Entwicklungspolitischen Netzwerks Hessen eine Gesprächsrunde gibt, die sich noch einmal mit den Fragen beschäftigt: Wo

gibt es Schnittstellen, die nicht funktionieren? Was haben wir an außenwirtschaftlichen Interessen? An welchen Stellen können wir bestimmte Dinge miteinander in Verbindung bringen?

Es gibt dazu eine zweite Initiative.Wir, die Mitglieder der SPD-Fraktion, haben alle anderen Fraktionen dieses Hauses dazu angeschrieben. Es geht dabei um die Frage, wie wir die UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ dort einbinden können. Wir glauben, dass, wenn alle bereit sind, sich offen mit diesem Thema zu beschäftigen, am Ende und im Ergebnis für die Entwicklungszusammenarbeit dieses Bundeslands etwas Vernünftiges herauskommen kann.

Ich sage deswegen noch einmal: Der Text unseres Antrags ist für uns kein Dogma.Wir halten es aber für notwendig, dass sich ein exportstarkes Bundesland wie Hessen mit solchen Fragen beschäftigt.

(Michael Boddenberg (CDU): Ein starkes Bundesland!)

Herr Boddenberg, das ist so. Damit hat die Landesregierung aber in der Regel wenig zu tun. Wir haben das heute schon zweimal diskutiert. Das betraf die Debatte um die Ausbildung. Vorhin ging es auch um den sogenannten Standortatlas. Da haben Sie das aus Ihrer Sicht beschrieben. Herr Boddenberg, das ist aber, wie gesagt, jetzt nicht unser Thema.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist schade!)

Wir sind zuversichtlich, dass wir da zu vernünftigen Lösungen kommen können. Insbesondere das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen, das vom Land Hessen initiiert wurde und gefördert wird, wird sicherlich sehr konstruktiv und sehr genau beobachten, wie wir, die Vertreter der Politik, mit diesen Fragen umgehen. Denn die außenwirtschaftlichen Interessen, die das Land hat und die es auch – das sage ich ausdrücklich – formulieren darf, dürfen nicht Anlass dafür sein, dass die anderen Fragestellungen aus dem sozialen und ökologischen Bereich, aber auch hinsichtlich der Bildung unter die Räder kommen.

Wir freuen uns auf die konstruktive Beratung im Ausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Kollegin Schulz-Asche. Sie spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hessen hat eine zentrale Lage und nimmt auch eine wichtige Rolle im Rahmen der Globalisierung ein. Herr Schäfer-Gümbel hat es bereits angesprochen: Ich denke, das zeigt, wie wichtig und notwendig es ist, sich der Verantwortung bewusst zu sein, die man als reiches Bundesland gegenüber anderen Regionen der Welt hat. Es ist deswegen sinnvoll, dass die Entwicklungspolitik in Deutschland sowohl auf der Ebene des Bundes als auch auf der der Länder organisiert wurde und wird. Auch angesichts des großen ehrenamtlichen Engagements, das innerhalb der Nichtregierungsorganisationen stattfindet, ist es richtig und notwen

dig, dass sich das Land Hessen in diesem Bereich engagiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Das hat das Land Hessen über Jahre gemacht. Diese Zusammenarbeit hat dazu geführt, dass in allen Fraktionen z. B. das Thema Palästina eine größere Rolle spielt, als es wahrscheinlich in vielen anderen Landesparlamenten Deutschlands der Fall ist.

Wir müssen allerdings auch konzedieren – das wurde bereits angesprochen –, dass bei den Nichtregierungsorganisationen in Hessen zunehmend die Befürchtung entsteht, dass diese Landesregierung diesem Thema nicht mehr den angemessenen Stellenwert zumisst und dass im Prinzip vor allem die Wirtschaftsbeziehungen im Vordergrund stehen,d.h.dass es immer mehr um die direkte Förderung hessischer Unternehmen im Ausland und immer weniger um die solidarische Zusammenarbeit und die konkrete Hilfe in den Ländern geht. Die Bildungsarbeit, die solidarische Arbeit und die Öffentlichkeitsarbeit, die hier im Land stattfinden, sind angesichts der vielen Menschen aus so vielen unterschiedlichen Kulturen, die es in Hessen gibt, von ganz enormer Bedeutung. Das ist auch für das Verständnis zwischen den Kulturen von ganz enormer Bedeutung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Wirtschaftsministerium wurde die personelle Ausstattung des Bereichs, der für die Entwicklungspolitik zuständig ist, in den letzten Jahren immer weiter zurückgefahren. Ich denke, von daher ist es richtig, die Bedenken zu teilen, die die Nichtregierungsorganisationen hinsichtlich der Entwicklungsarbeit haben, und initiativ zu werden. Deswegen unterstützen wir vom Grundsatz her den Antrag, den die SPD-Fraktion vorgelegt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben allerdings einen Änderungsantrag zu dem ersten Absatz eingebracht, der sich mit den politischen Grundsatzfragen befasst.Wir haben das gemacht, weil wir der Meinung sind, dass es in Hessen keine Nichtregierungsorganisation gibt, die sich mit der Verkehrspolitik oder der Stromversorgung befasst, deren Unterstützung den Etat des Landes Hessen in jedem Fall überfordern würde. Ich denke, da liegt die Zuständigkeit eindeutig beim Bund bzw. bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Das gehört aber keinesfalls zur Entwicklungspolitik des Landes Hessen.