Protokoll der Sitzung vom 30.05.2007

Ich frage mich auch,warum die CDU ihren Lobantrag mit dem FDP-Antrag vermengt hat. Ich vermute, vielleicht hat sie sich Gedanken über die Beschlussfassung des Landesjugendhilfeausschusses gemacht. Vielleicht ist sie aufgrund des Beschlusses, der auch mit Stimmen von CDUMitgliedern getroffen wurde, hellhörig geworden. Ich würde mir wünschen, dass Sie die Kritik endlich aufnehmen, dass Sie endlich handeln und dass Sie, bevor Sie in die Umsetzung gehen, die zugesagte Evaluation gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden, den Kirchen und den Wohlfahrtsverbänden ermöglichen und nicht einfach aktionistisch diesen Plan umsetzen wollen.

Ich halte es auch für wichtig,dass die Schwerpunktsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans einer Evaluation unterzogen wird.Trotz des Grundkonsenses über die Notwendigkeit eines Bildungs- und Erziehungsplans bleiben – ich denke,auch bei anderen Fraktionen – noch viele Fragen offen, von denen ich hier nur einige nennen möchte: Weshalb erhebt der Plan beispielsweise einen Anspruch auf das Alter von 0 bis 10 und bezieht sich fast ausschließlich auf Kindertagesstätten und nicht auf Grundschulen? Warum gibt es bereits ein Qualifizierungsprogramm für Multiplikatorinnen, ohne dass der Plan evaluiert ist? Wo die Defizite liegen, ist noch nicht herausgestellt.

Ich frage weiter: Weshalb sind verschiedene wichtige Bereiche wie z. B. Sport und Bewegungsförderung in diesem Plan sehr unterbelichtet? Wie will man damit umgehen? Warum werden keine definitiven Festlegungen bezüglich einer Reform der Erzieherinnenausbildung getroffen?

Ich habe es wiederholt gesagt, und ich betone es heute noch einmal: Es ist nicht damit getan, einen Plan ausarbeiten zu lassen und ihn den Einrichtungen aufzuoktroyieren. Eine flächendeckende Umsetzung des Bildungsund Erziehungsplans unter den derzeitigen personellen und organisatorischen Bedingungen und ohne eine Verbesserung der Situation im Bereich der Elementarerziehung wird von allen Fachgremien – ich nenne den Landesjugendhilfeausschuss, die Kommunalen Spitzenverbände, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und die Kirchen – als nicht durchführbar eingeschätzt und deshalb aus fachlichen Gründen zurückgewiesen.

Ich fordere Sie deshalb auf, sich – wenn Sie von der Qualität und dem Erfolg des Bildungs- und Erziehungsplans überzeugt sind – einem konstruktiven Dialog nicht zu verweigern.

Frau Hartmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Stellen Sie den zuständigen Landtagsausschüssen und Fachgremien endlich die Ergebnisse der Untersuchung zur Verfügung. Lassen Sie uns nach einer Anhörung der Fachvertreter festlegen, wie die Rahmenbedingungen aussehen müssen und wem welche Verantwortung obliegt.Wenn dies nicht nur ein Wahlkampf-Placebo ist und es Ihnen um eine wirkliche Qualitätsverbesserung geht, dann müssen Sie die im Landesjugendhilfeausschuss beschlossenen Forderungen, die auch mit den Stimmen der CDU getroffen worden sind, aufnehmen und Stellung beziehen.

Die SPD-Fraktion hat, um diesen Forderungen auch im parlamentarischen Bereich Gehör zu verschaffen, diese Beschlussfassung in den vorliegenden Antrag aufgenommen,sodass ich zu diesem Antrag Ihre breite Zustimmung erwarte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hartmann, danke sehr. – Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Ravensburg zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Hartmann, eines habe ich in Ihrer Äußerung völlig vermisst: dass Sie gesagt hätten, wer die Verantwortung für die Kindergärten trägt. Diese trägt nicht das Land allein, sondern ebenso die Kommunen. Deshalb ist es für uns ganz wichtig, dass wir uns alle zu dieser Verantwortung bekennen. Das erwarte ich auch von den Kommunen.

Ich kann natürlich verstehen,dass die Kommunen jetzt sagen – genauso wie alle Kindergartenträger –, jetzt befänden wir uns genau in der Phase zwischen Beendigung der Erprobung, der Evaluation und der Umsetzung. Aber ich sage Ihnen: Das ist genau der richtige Zeitpunkt, um unsere Forderungen hier kundzutun, und der Bericht der Kommunalen Spitzenverbände, der Kirchen sowie der freien Wohlfahrtsverbände ist nichts anderes.

Dennoch ignorieren Sie völlig die Reihenfolge, indem Sie sagen, dass Ihnen die Evaluation des Bildungs- und Erziehungsplanes zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliege,und dessen Umsetzung kritisieren. Daher bitte ich Sie herzlich, einfach einmal die Reihenfolge zu beachten. Wir erwarten erst den Abschluss der Evaluation, dann werden wir das Ergebnis in den Fraktionen zur Kenntnis nehmen, und erst dann sollten die entsprechenden Gespräche stattfinden.

Ich bin davon überzeugt, dass dies die Landesregierung in der gesamten Phase des Bildungs- und Erziehungsplans auch so gemacht hat, sodass am Ende auch die Gespräche erfolgen können.Dann werden wir uns auch über die Umsetzung unterhalten können. Wir machen nicht den zweiten Schritt vor dem ersten, sondern verfahren in dieser Reihenfolge.

Nun komme ich zu dem, was wir als Fraktion gemacht haben, und da weise ich Ihre Vorwürfe vollkommen zurück. Wir haben bereits mit den Tandems gesprochen. Wir haben mit den Erzieherinnen gesprochen; und wir haben in Bezug auf diesen Bildungs- und Erziehungsplan sehr viel Zustimmung erhalten, auch was die Fortschritte bei der Umsetzung dieses Plans anbelangt. Das haben Sie in Ihrem Redebeitrag völlig ignoriert.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hartmann, wenn Sie Stellung nehmen möchten, dann haben Sie jetzt die Gelegenheit zur Antwort. – Bitte sehr, Frau Hartmann.

Sehr geehrte Kollegen, wenn Sie mit den Vertretern der entsprechenden Einrichtungen gesprochen haben, dann werden Sie auch festgestellt haben, dass die meisten Einrichtungen über Bedingungen verfügen, die weit über die bestehenden Mindeststandards hinausgehen. Sie haben bereits angesprochen,dass auch die Kommunen als Träger in der Verantwortung sind.Aber die Kommunen haben in der Vergangenheit ganz negative Erfahrungen gemacht, als es um die Finanzierung der Kinderbetreuung ging.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Ja, so ist es!)

Deshalb sind sie, was die Übernahme von Aufgaben anbelangt, die sie zusätzlich umsetzen müssen, hellhörig geworden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich mir überlege, dass Sie in Bezug auf die Kinderbetreuung die originäre Landesförderung haben wegfallen lassen, und zwar aufgrund der Belastung des Kommunalen Finanzausgleichs, dann stelle ich fest: Sie finanzieren nur noch ohne Verstärkungsmittel zulasten der Kommunen, sodass es nicht von ungefähr kommt, dass man hier hellhörig geworden ist.

(Zuruf von der CDU)

Es kann nicht sein, dass im Sozialministerium im Moment schon ein Programm aufgelegt wird,und zwar für die Multiplikatorinnenschulung, wobei Sie gleichzeitig erzählen, der Plan befinde sich noch in der Evaluation. Daher frage ich Sie: Was ist denn nun Sache? Entweder ist er noch in der Evaluation, und dann kann auch dieser Aktionismus nicht erfolgen, oder es gibt bereits konkrete Schritte, und

dann bitte ich auch darum, diese mit denen abzusprechen, die die kommunale Verantwortung tragen – mit den Städten, Gemeinden, den Verbänden der Wohlfahrtspflege und den Kirchen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hartmann, vielen Dank. – Herr Rentsch, Sie haben noch eine Redezeit von zweieinhalb Minuten. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich finde es sehr nett, dass Sie wieder einmal ein Fußballbeispiel verwendet haben. Wenn ich dieses Beispiel fortführen darf,dann sage ich Ihnen: Sie haben sich gerade selbst ausgewechselt. – Aber lassen wir das einmal beiseite.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Meine Damen und Herren, ich finde so eine Debatte wirklich erstaunlich. Es wird ein Antrag gestellt – und ich gebe zu, dieser Antrag ist in der Sache gut, jedoch nicht nobelpreisverdächtig. Er beinhaltet eine ganz einfache Maßnahme, um den Eltern in Hessen ein bisschen Transparenz zu ermöglichen und eine einfache Orientierungshilfe an die Hand zu geben.

Aber die verschiedenen Fraktionen eiern hier herum. Die Schwarzen eiern herum und sagen, es ist noch zu früh. Die Roten sagen, das habt ihr aber schon einmal in NRW gemacht; und auch die GRÜNEN können dazu nicht so richtig etwas sagen. Es ist für mich schon erstaunlich, wie eine solche Debatte geführt wird.

Ich gebe Ihnen noch einmal drei Argumente an die Hand, damit es Ihnen einfacher fällt, diesem Antrag vielleicht doch noch zuzustimmen. – Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Sie haben gerade gesagt, es gehe um Folgendes:Wenn wir den Bildungs- und Erziehungsplan umgesetzt hätten,gäbe es bei den Kindertagesstätten ein einheitliches Niveau. An dieser Stelle muss ich Ihnen allerdings widersprechen, weil ich glaube,dass dies auch eine große Gefahr darstellt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das habe ich so nicht gesagt!)

Das können wir gerne im Protokoll nachlesen. Ich habe es jedenfalls so verstanden. – Man muss sich aber doch die Frage stellen: Wie schafft man es auf der einen Seite, den Bildungs- und Erziehungsplan umzusetzen, und auf der anderen Seite, die verschiedenen Schwerpunkte, die verschiedene Einrichtungen nun einmal haben, zu erhalten?

(Beifall bei der FDP)

Dazu sage ich Folgendes: Erstens. Wir wollen in diesem Bereich keine Gleichmacherei. Zweitens. Die Kita-Qualitätsplakette ist keine TÜV-Plakette, weil es nicht um Autos, sondern um Menschen geht.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Es geht um Qualität!)

Die Qualität ist ein Mechanismus, damit Menschen bestimmte Sachverhalte besser nachvollziehen und bewerten können.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, jetzt geht es darum – Sie sind zwar gerade sehr in Ihren Laptop versunken – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich höre zu!)

Sie hören trotzdem zu, das finde ich hervorragend. – Herr Kollege Schäfer-Gümbel, es geht doch darum – Sie haben eben selbst gesagt, Eltern seien es leid, mit Wettbewerb und anderem überfrachtet zu werden –, dass man auf einer freiwilligen Ebene Eltern die Möglichkeit gibt, einfacher zu entscheiden.

(Beifall bei der FDP)

Ich will daher Folgendes noch einmal herausstellen: Die Kita-Qualitätsplakette ist ein freiwilliger Mechanismus. Sie kann von Kindergärten, wenn sich diese evaluieren lassen wollen, angenommen werden – sie müssen es aber nicht.

Zum Schluss komme ich auf Hamburg und die Kinderbetreuungsgutscheine zu sprechen. Es ist richtig, dass die FDP in diesem Bereich auf die Kräfte des Marktes und auf den Wettbewerb setzt.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, das ist den drei anderen Fraktionen in diesem Hause völlig fremd. Die Kräfte des Marktes und der Wettbewerb führen in der Regel dazu, dass es in diesem Bereich Qualität gibt.

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei staatlich kontrollierten Institutionen gibt es keinen Markt!)

Herr Kollege Bocklet, natürlich gibt es diesen Markt. Wo es Angebote gibt, konkurrieren die Anbieter um die Nachfrage. Diese Konkurrenz um Wettbewerb und Qualität wollen wir für die Eltern in Hessen verstärken, damit sich die Eltern einfacher entscheiden können. Das ist alles, worum wir bitten.Aber die Zeit scheint hierfür in diesem Landtag noch nicht reif zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rentsch, danke sehr. – Für die Landesregierung hat sich Frau Staatsministerin Lautenschläger zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle erst einmal festhalten, was auch in diesem Hause, nachdem sich zu Beginn dieser Debatte SPD und GRÜNE noch gesträubt haben, möglicherweise Konsens ist. Es konnte zumindest darüber ein Konsens hergestellt werden, dass der Bildungs- und Erziehungsplan der richtige Weg ist. Es wurde festgestellt, dass wir ein einheitliches Bildungskonzept brauchen, das von Beginn an bis zur Grundschule sowie in weiteren Schritten darüber hinaus konsistent ist. Das haben auch schon einzelne Kommunen über die Grundschulzeit hinaus realisiert. Das ist aus meiner Sicht ganz wichtig.