Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

Als nächster Redner hat Herr Dr. Lübcke für die Union das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung ein Gesetzesvorhaben mit einem recht langen Titel: „Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren und zur Änderung des hessischen Landesplanungsgesetzes“.Die Länge des Titels ist reziprok zu den Wirkungen, die wir von diesem Gesetz erwarten.

Wir wollen als Gesetzgeber einen Beitrag leisten – Herr Posch hat das eben ausgeführt –, um das Planungsverfahren für Verkehrswege und weitere Infrastrukturmaßnahmen wesentlich zu verkürzen, damit die dringend notwendigen Investitionen schneller umgesetzt werden können.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion in diesem Hause begrüßt ausdrücklich die Aktivitäten der Hessischen Landesregierung. Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch hat damals die sogenannte Posch-GehbKommission eingesetzt, um das Planungsrecht zu entrümpeln. Ich möchte ausdrücklich Herrn Gehb und Herrn Posch, die sich viel Mühe gemacht haben – insbesondere Herr Posch – für ihre wegweisenden Vorschläge danken, sodass wir als Land Hessen auch geeignete Vorschläge in den Bundesrat einbringen können. Sie haben recht, auch die Bundesregierung hat damals einen Vorschlag unterbreitet.Aber das Land Hessen und Hamburg waren daran beteiligt, dass hier wegweisende Vorschläge vorgestellt wurden.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Wir als CDU stehen in diesem Hause und im Bundesland Hessen für Bürokratieabbau, Beschleunigung und ein wirtschaftsfreundliches Klima. Wir wissen, die Überregulierung in unserem Land in diesem Bereich – aber nicht nur in diesem Bereich – ist erheblich. Es besteht großer Handlungsbedarf, um insbesondere die erforderlichen Verkehrsplanungen schneller umsetzen zu können.

Meine Damen und Herren, wenn es einen Bereich gibt, in dem Überregulierung in unserem Land anschaulich wird, dann in der Verkehrs- und Infrastrukturplanung. Gegenwärtig brauchen wir noch zu lange, und dadurch behindern wir ganz stark die Entwicklung unserer Zukunft und die Chancen für unsere Kinder in unserem Land.

Der Hessische Ministerpräsident Roland Koch hat am 10. Februar 2006 bei der Einbringung des Gesetzes im Bundesrat in Berlin Folgendes aus seinem Wahlkreis berichtet, und das ist exemplarisch für viele Beispiele, die sicherlich jeder aus seinem Wahlkreis nennen könnte. Ich darf hier einmal die Erfahrung aus dem Wahlkreis des Ministerpräsidenten heranziehen. Ich zitiere:

Beim längsten Verfahren in meinem Wahlkreis – zu einer Umgehungsstraße – liegt die Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens im Jahr meiner Geburt; es altert somit sichtbar.Viele Bürger verbanden mit

dieser Straße in ihrem gesamten Leben, von der Kindheit bis zur Rente, die Erwartung, dass der Staat Abhilfe für sie schaffe.Aber sie haben nie ein Ergebnis erhalten, nicht einmal das Ergebnis, dass die Straße nicht gebaut wird. Nur die Hoffnung ist jeweils prolongiert worden.

In der gegenwärtigen Situation müssen wir unser bürokratisches Handeln rasch entrümpeln und überprüfen,um nicht den Anschluss und damit die Chancen für unsere Zukunft zu verspielen.

Als Bundesland Hessen, das in der Mitte Deutschlands und Europas liegt, ist dieses Thema von elementarer Bedeutung für die Entwicklung unseres Standorts und gerade für unser geliebtes Nordhessen.

Unsere Wirtschaft ist auf eine intakte und funktionierende Infrastruktur angewiesen. Sie trifft ihre Investitionsentscheidungen für die Schaffung der so dringend benötigten Arbeitsplätze – dort werden nämlich das Geld und der Wohlstand für unsere Bürgerinnen und Bürger verdient. Das müssen wir gewährleisten.

Meine Damen und Herren, uns Politikern und den eingeschalteten Planern sollte es möglich sein, die Planung einer Infrastrukturmaßnahme zu begleiten und ihre Realisierung noch zu erleben.

(Beifall der Abg. Heinrich Heidel und Dieter Posch (FDP))

Im wachsenden Logistikmarkt ist es dringend erforderlich,dass wir mit unseren Planungen schneller werden,um die betreffenden Arbeitsplätze zu schaffen. Ich sagte das bereits.

Meine Damen und Herren, bei diesen Infrastrukturmaßnahmen dürfen wir aber nicht nur den Straßenbau im Auge haben. Ich möchte hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass es um Strom- und Gasleitungen, aber auch um Kommunikations- und Datenströme geht.Wir leben in einer Kommunikationswelt und müssen diese Mittel zur Verfügung stellen.Auch darauf ist ein Auge zu werfen.

Meine Damen und Herren, die alleinige Änderung des Planungsrechts reicht aber nicht aus. Ich bin fest davon überzeugt,dass trotz schwieriger Haushaltslage – das ist in diesem Haus sicherlich Konsens – die Mittel für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen erhöht werden müssen.

Als wir im Jahr 1999, zusammen mit unseren liberalen Freunden, die Verantwortung in Hessen übernommen haben, standen gerade einmal 27 Millionen c – dieser Betrag wurde heute schon einmal genannt – für den Landesstraßenbau zur Verfügung. Auch hier hat die Regierung Koch Wort gehalten. Im laufenden Haushaltsjahr stehen dafür rund 85 Millionen c zur Verfügung, und im Planansatz für das Jahr 2008 werden sicherlich 100 Millionen c zur Verfügung stehen. Das ist eine Vervierfachung der Mittel, gerade für Infrastrukturmaßnahmen aus Landesmitteln hier in Hessen.

Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass es nicht nur diese 100 Millionen c sind. Wir hatten damals das Kommunalinteressenmodell – ich will jetzt nicht darauf eingehen. Es gab verschiedene Maßnahmen, und in der Infrastruktur liegt sicherlich einer unserer Schwerpunkte in Hessen.

Wir wissen aber auch, dass wir mit diesen Mitteln, die wir in den Haushalt einstellen, und durch eine Planungsbeschleunigung nicht diesen unglücklichen Berg abbauen

können, den rot-grüne Regierungen in Hessen hinterlassen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Petra Fuhr- mann (SPD): Na, na, na!)

Darüber können Sie lachen oder nicht. Wir schieben einen ganzen Berg von Maßnahmen vor uns her, die uns sicherlich in vielen Wahlkreisen in der Arbeit behindern. Wir könnten viel weiter sein, hätte man nur damals, in den unseligen acht Jahren, eine vernünftige Politik gemacht.

Zu den einzelnen Punkten haben der Ministerpräsident und Herr Posch, den ich besonders erwähnen möchte, sicherlich nähere Ausführungen gemacht. Herr Frankenberger, ich möchte doch noch etwas zu Ihrer Rede anmerken, zu der A-44-Planung, die Sie angesprochen haben. Dass Sie das überhaupt noch in den Mund nehmen, das ist so – –

(Uwe Frankenberger (SPD): Passen Sie genau auf Ihre Wortwahl auf!)

Wenn ich sehe, dass Sie in Ihrer Regierungszeit keine Biotopkartierung in Hessen gemacht haben, obwohl die damals erforderlich war: Eine Biotopkartierung hätte uns damals die Arbeit sehr erleichtert. Sie haben das unterlassen und dieses Geld nicht ausgegeben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Uwe Frankenberger (SPD): Wer hat diese fehlerhafte Planung gemacht? Waren das wir, oder wart das ihr?)

Ich will Ihnen noch etwas sagen. Bei dem ganzen Gerichtsverfahren um Hessisch Lichtenau, bei der A 44, als es um Flora-Fauna-Habitat ging – das war ein ganz neues Recht aus Europa. Das musste eingearbeitet werden, und das hat das Planungsverfahren, die Planungszeit wesentlich verlängert. Das ist dabei doch der Fakt. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn Hans Eichel,Ihr großer Parteifreund,dann mit dem Fahrrad auf diesem Stückchen Autobahn fährt, dann ist das die größte Frechheit. Da können Sie mir nicht erzählen, dass Sie für die A 44 und die A 49 sind.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Damals hat sich Ihr Kollege in Fritzlar hingestellt und gesagt, ich stimme in Wiesbaden für die A 49. – Was hat er getan? Über die A 49 wurde hier nicht beschlossen.

(Uwe Frankenberger (SPD): Herr Lübcke, wir haben eben von der A 44 geredet! Verwechseln Sie nichts!)

Ich habe zuerst von der A 44 gesprochen, die A 49 war das Zweite. Hören Sie genau zu.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Herr Wagner, zu Ihnen. Ich glaube, Herr Posch hat es genau klargestellt: Wenn wir das Raumordnungsverfahren und das Planfeststellungsverfahren zusammenführen,

(Zuruf des Abg. Uwe Frankenberger (SPD))

dann gibt es nur eine Anhörung, einen Erörterungstermin.

Ich muss einfach einmal erzählen, wie sich das Raumordnungsverfahren in Deutschland entwickelt hat. Ursprüng

lich war das eine lockere Prüfung – ein Raum wurde geordnet:Wo kann ich durchgehen?

Aber Verzeihung, unsere Regelungswut – auch durch uns in der Politik – hat dazu geführt, dass wir heute im Prinzip zwei Planfeststellungsverfahren haben, zwei Verfahren, die fast identisch sind in ihrer Rechtswirkung. Die kann ich zusammenführen, und trotzdem haben wir die Erörterungs- und Anhörungsmöglichkeit für betroffene Bürgerinnen und Bürger.

Für die CDU-Fraktion möchte ich ausdrücklich feststellen, dass wir die ehrenamtliche Arbeit der Naturschutzund Umweltverbände sehr stark akzeptieren. Herr Posch hat es gesagt.Aber das ist die Arbeit vor Ort.

Ich kann nicht einsehen, dass ein Verband aus Frankfurt klagt, der in Nordhessen gar nicht ansässig ist und die Gegend dort gar nicht kennt. Ich will, dass die Leute vor Ort eingebunden werden. So muss es sein. Die müssen mitentscheiden – aber nicht, dass Leute auf anderer Ebene heißgemacht werden, um das umzusetzen.

Ich glaube, dass wir auch aus unserem Selbstverständnis als Christdemokraten heraus – unser größter Leitsatz heißt: die Schöpfung bewahren –

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

nicht antreten, um Umwelt zu vernichten oder Straßen um jeden Preis zu bauen.

Herr Wagner, wenn Sie hier die A 49 und die Kammmolche angesprochen haben, dann müssen Sie auch sagen, dass die Untersuchung 800.000 c gekostet hat.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das spart 40 Millionen c!)

Herr Wagner, dies führt auch dazu, dass diese Straße dichter an den Menschen vorbei verläuft.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))