Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

Ich finde, man darf an vielen Stellen – EU-Vorschriften hin oder her,Bologna-Prozess hin oder her – nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern man muss im Einzelfall sehr genau hinschauen, ob wir aufgrund des Bologna-Prozesses Alleinstellungs- und Qualifizierungsmerkmale, die wir in der Vergangenheit hatten, ohne Not an allen Stellen aufgeben sollten. Ich würde hier gerade für Architektur und Stadtplanung zu einer gewissen Vorsicht mahnen. Deswegen werden wir im Rahmen der Anhörung sehr genau hinschauen, inwieweit das in dieser Form der richtige Weg ist.

Ich glaube allerdings, dass dies bei diesem Gesetz der einzige wirklich kritische Punkt ist. Wenn wir da nicht sehr gute und kluge Argumente hören, bleibt das für uns ein sehr kritischer Punkt. Ansonsten handelt es sich um die Anpassung an EU-Vorschriften. Weil man sie umsetzen muss,kann man nicht so viel kritisieren.Ich glaube,zu den Einzelvorschriften sollten wir angesichts unserer Tagesordnung nicht mehr viel sagen. Es wird eine ausführliche Anhörung geben. Ich denke, dass die Architekten- und Stadtplanerkammer dazu noch einmal ausführlich Stellung nehmen wird und dass das Parlament gut beraten ist, auch die kritischen Anmerkungen der Kammer in diesen Gesetzentwurf aufzunehmen. Dann, glaube ich, wird er sehr breit zustimmungsfähig. – Herzlichen Dank.

Vielen Dank,Herr Schäfer-Gümbel.– Herr Kaufmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Spannender als die Einbringungsrede des Ministers und der Gesetzentwurf selbst ist eigentlich das, was sich in der Debatte gerade gezeigt hat. Bei dem Gesetzentwurf liegt der typische Fall einer Detailarbeit vor, über die in der ersten Lesung von hier nicht viel Sinnvolles zu sagen ist. Man muss die Anhörung durchgeführt haben, um sich mit den Detailvorschriften im Einzelnen zu befassen, sie abzuhaken oder entsprechend zu verändern.

Spannend ist, dass, was die Ausbildung angeht, das Flair einer gelb-roten Koalition der Protektionisten aufkommt. Das finde ich interessant, und wir werden das genauer betrachten.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Natürlich ist der Bologna-Prozess wichtig. Damit müssen sich die einzelnen Berufsgruppen auseinandersetzen. Wir werden das heute sicherlich nicht einfach in die eine oder die andere Richtung entscheiden. Das ist klar. Aber daraus eine Wettbewerbsbeschränkung zu konstruieren, stößt möglicherweise nicht auf Zustimmung – zumindest nicht auf unsere. Ich weiß nicht, wie die CDU das sieht. Ich propagiere jetzt auch keine schwarz-grüne Koalition in dieser Frage. Aber das wird der spannende Punkt sein. Insoweit gebe ich dem Kollegen Schäfer-Gümbel Recht. Nur, 1 : 1 zu übernehmen, was die Architektenkammer kritisch angemerkt hat und zu sagen, in diese Richtung müsse man gehen,wäre hier und heute ein verfrühter Entschluss.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Kaufmann, das hat auch niemand behauptet!)

Von daher wird es bei eher trockener Materie vielleicht doch noch eine spannende Anhörung. In der zweiten Lesung werden wir uns hier mit der Kristallisation dieser Fragestellung befassen. Deswegen hören wir uns dann wieder. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren,wir sind am Ende der Debatte.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Und die CDU-Fraktion?)

Die CDU-Fraktion? Ich habe keine Meldung.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die ist meinungslos! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wenn doch keine Meldung da ist!)

Wenn keine Meldung da ist, wird sie nicht reden wollen. Sie muss nicht. Es gibt keine Pflicht zur Rede, nur das Rederecht.

Meine Damen und Herren,darf ich eine geschäftsleitende Frage stellen? – Entschuldigung,darf ich die Kollegen einmal bitten, zuzuhören? – Ich möchte eine geschäftsleitende Frage stellen. Ich habe mir den Gesetzentwurf sehr genau angesehen. Da es um die Frage geht, wie der Bologna-Prozess in diesem Gesetzentwurf behandelt werden soll,wäre mein Vorschlag an Sie alle,dass wir den Wissenschaftsausschuss mitberatend einschalten. Es geht in der Tat darum – das betrifft Juristen und andere auch –, dies in der Zusammenarbeit beider zu klären. Wäre das möglich? – Herr Kaufmann, Sie haben sich gemeldet.

Frau Präsidentin, der Formalie halber, da Sie als Präsidentin den Antrag nicht stellen können, stelle ich hiermit den Antrag, den Wissenschaftsausschuss mitberatend zu beteiligen.Wenn niemand widerspricht,können wir das so machen.

Herr Kaufmann,ich bedanke mich ganz herzlich.– Es gibt keinen Widerspruch. Dann wird der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Architekten- und Stadtplanergesetzes, Drucksache 16/7486, nach erster Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Wirtschaftsausschuss unter Mitwirkung des Wissenschaftsausschusses überwiesen.

Damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt 9:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Übertragung von Aufgaben nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung auf die Kraftfahrzeuginnungen – Drucksache 16/7487 –

Es sind fünf Minuten Redezeit vereinbart. Herr Rhiel hat für die Landesregierung zur Einbringung das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Länder sind für die Durchführung der Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zuständig. Diese Ordnung regelt die technischen Vorschriften über den Bau und Betrieb von Kraftfahrzeugen. Soweit die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung es zulässt, wurde in der Vergangenheit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die dort beschriebenen Aufgaben an Dritte zu übertragen. Das sieht auch dieser Gesetzentwurf vor, nämlich bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung von Abgasuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen auf die Handwerkskammern und die Kraftfahrzeuginnungen zu übertragen. Das war bisher so, und das soll auch in Zukunft so sein. Warum dieser Gesetzentwurf? Weil zwischenzeitlich im Bundesrecht umfangreiche Änderungen der entsprechenden technischen Vorschriften eingetreten sind.

Das gilt erstens für die Hauptuntersuchung und die Abgasuntersuchung. Diese werden nun nach einem zeitlich gestuften Verfahren aufgrund der veränderten Vorschriften über die zulässigen Abgasemissionen zusammengefasst. Außerdem erfolgte zum 1. April 2006 die Einführung der Untersuchung der Abgase und Geräusche im Verkehr befindlicher Krafträder sowie der Untersuchung sicherheitsrelevanter elektronischer Fahrzeugsysteme auf der Basis von Sicherheits- und Systemdaten. Gleichzeitig erfolgte im Bundesrecht eine Zusammenfassung verschiedener Anerkennungsvorschriften für Kraftfahrzeugwerkstätten.

Diese Veränderungen führen nun dazu, dass wir im Rahmen dieses Gesetzes die Zuständigkeiten wie folgt regeln müssen: erstens die Anerkennung von Kraftfahrzeugwerkstätten, die Aufsicht über diese und die vorgeschriebenen Schulungen, zweitens die Aufsicht über die Anerkennungsstellen, drittens die Entgegennahme von Meldungen und Schulungsstätten und die Einstellung der Schulungstätigkeit, viertens die Aufsicht über die Schulung. All das muss neu bestimmt werden. Entsprechend den bisherigen Verfahrensweisen in Zusammenhang mit der Durchführung von Abgasuntersuchungen und der Prüfung der Fahrtschreiber und Kontrollgeräte sollen die Aufgaben so weit wie möglich auf die Kraftfahrzeuginnungen bzw. den Landesverband des Kraftfahrzeughandwerks übertragen werden.

Hinsichtlich der anderen Aufgabenbereiche, also der Anerkennung von Schulungsstätten, gilt dies im Einvernehmen mit dem Landesinnungsverband des Kraftfahrzeughandwerks, soweit es sich dabei um Mitgliedsbetriebe der Kraftfahrzeuginnung handelt. Im Übrigen ist entsprechend der bisherigen Zuständigkeitsregelung für die wenigen Restfälle, die es außerhalb dieser Vorschrift noch gibt, das Regierungspräsidium Darmstadt zuständig. Das soll auch in Zukunft so sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,soweit im Rahmen der Regierungsanhörung Stellungnahmen abgegeben wurden – es waren nicht sehr viele –,wurde dieser Gesetzentwurf ausnahmslos begrüßt. Das Gesetz stellt einen weiteren Schritt zur Entlastung der öffentlichen Verwaltung dar. Es folgt auch hier dem Prinzip der Subsidiarität: Alles, was Private genauso gut tun können, muss die öffentliche Hand nicht tun. Dieser Leitlinie folgt dieses Gesetz. Ich bitte Sie um Beratung und schließlich um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Frau Pfaff von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts zahlreicher Änderungen im Bundesrecht sehen auch wir den Bedarf, Zuständigkeiten und Regelungen im Landesrecht neu zu ordnen. Zudem tritt das geltende Artikelgesetz vom 1. Juli 2002 mit Ablauf des 31.12.dieses Jahres außer Kraft.Eine gesetzliche Nachfolgeregelung ist demzufolge ohne Zweifel dringend erforderlich; ansonsten würde die Landesregierung einen rechtlosen Zustand riskieren.

Mit der heutigen Einbringung des Entwurfs wird bei einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gerade so fünf Minuten vor zwölf das neue Gesetz in Kraft treten können.

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Zeitnah! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Just in time!)

Nach der ersten Prüfung und Bewertung des Entwurfs finden sich durchaus auch kritische Punkte. Gleichwohl sind wir bereit, die Neuregelungen im Großen und Ganzen konstruktiv zu begleiten.

Die Landesregierung beabsichtigt laut § 1 Nr. 1, den örtlichen Kraftfahrzeuginnungen die Anerkennung aller Werkstätten zur Durchführung von Sicherheitsprüfungen und Abgasuntersuchungen zu übertragen. Diese Neuregelung ist aus meiner Sicht eher unproblematisch. Wir werden uns dem Anliegen daher nicht verschließen.

Für ebenso problemlos halten wir die Neuordnung, nach der die örtlichen Kraftfahrzeuginnungen die Anerkennung wahrnehmen sollen a) der Stellen, die Gassystemeinbauprüfungen und wiederkehrende Gasanlagenprüfungen vornehmen, b) der Werkstätten, die Prüfungen der Fahrtschreiber und Kontrollgeräte machen sollen, und c) der Schulungen der mit der Prüfung beauftragten Fachpersonen zur Prüfung der Fahrtschreiber und Kontrollgeräte.

Kein unüberwindbares Hindernis erscheint zudem § 4, nach dem die Aufsicht über Schulungen, Meldung der Untersuchungsstellen und der Überwachung, ob die geltenden Vorschriften eingehalten werden, dem Landesinnungsverband des Kraftfahrzeughandwerks übertragen werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, allerdings haben wir erheblichen Diskussionsbedarf zu § 2. Hier geht es um die Aufsicht über die Anerkennungsstellen und die Anerkennungsverfahren – eine Aufgabe, die nach Ihrem eigenen Entwurf beim Regierungspräsidium Darmstadt

angesiedelt werden könnte und die vor dem Jahr 2002,vor der letzten Novellierung, auch dort in staatlicher Hand wahrgenommen wurde.

Sie sagen nun in der Begründung des Entwurfs, die Regelung ab dem Jahr 2002, dass die örtlichen Handwerkskammern diese Aufsicht wahrgenommen haben,habe sich nicht bewährt, und Sie räumen damit durchaus auch eine Fehlentscheidung ein. Jetzt soll dies geändert werden. Sie planen, die Aufsicht künftig den Kraftfahrzeuginnungen zu übertragen. Das ist aus unserer Sicht ein bedenklicher Weg;denn Sie übertragen damit der Innung zum einen die Fachaufsicht über Anerkennungsverfahren und zuständige Stellen und gleichzeitig auch die Durchführung dieser Anerkennungsverfahren. Das heißt mit anderen Worten, sie sollen sich selbst überwachen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einer solchen Konstruktion gibt es keine klare Trennung zwischen der gesetzlich geforderten Fachaufsicht und der Aufgabenwahrnehmung. Im Gegenteil, es würde sozusagen beides einer einzigen Fachorganisation zugewiesen. Das ist aus meiner Sicht nicht im Sinne der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. Sie eröffnet dem Landesgesetzgeber sehr viel Flexibilität und auch die Möglichkeit, die Aufsicht als staatliche Aufgabe zu organisieren. Ich bin der Auffassung, das ist der richtige Weg. Die Fachaufsicht über die Anerkennungsstellen und Anerkennungsverfahren gehört eben zu den klassischen Kernaufgaben eines Staates, und sie sollte deshalb auch beim RP Darmstadt angesiedelt werden. Denn dem Staat obliegt es, die Sicherheitsstandards und den Umweltschutz zu gewährleisten. Dazu gibt es in der Landesverwaltung einige gute Beispiele, wie das Katasterwesen, wo Vermessungsaufgaben neben dem Staat auch Privaten, den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren, übertragen wurden. Die Fachaufsicht liegt in diesem Fall,bislang zumindest,in staatlicher Hand.

Frau Pfaff, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Abschluss. Diese Regelung ist aus unserer Sicht wieder einmal Ihrer Privatisierungsideologie geschuldet, nach der die Rolle des Staates und damit auch die Verantwortung der öffentlichen Hand zugunsten der Privatwirtschaft auf ein Minimum reduziert werden sollen.Herr Minister, am Ende Ihrer Einbringung haben Sie genau dies so formuliert. Das halten wir an dieser Stelle für nicht sachdienlich. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Wagner das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben heute eine sehr lange Tagesordnung. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass der Minister den Sachgehalt des Ge

setzes dargestellt hat. Er hatte gegen Ende seiner Rede ein bisschen ideologischen Überschwang. Das lassen wir jetzt einfach einmal weg;

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das passiert häufiger! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist er eben!)

denn das würde ansonsten die Haltung meiner Fraktion zu dem vorgelegten Gesetzentwurf doch etwas gefährden. Unser erster Eindruck ist,dass wir diesem Gesetz eher zustimmen können. Wir freuen uns auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. Wir werden uns anschauen, was in der Regierungsanhörung zu dem Gesetzentwurf gesagt wurde, und dann abschließend beraten. – In diesem Sinne weiterhin einen guten Verlauf der Plenarwoche.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Glück auf!)

Vielen Dank für die konstruktive Zeitverwendung.– Herr Posch für die FDP-Fraktion.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt mach mal! – Abg. Dieter Posch (FDP) sprintet zum Rednerpult. – Heiterkeit und Beifall)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführungen meines Vorredners an. Auch wir begrüßen dieses Gesetzgebungsvorhaben und werden es kritisch begleiten – mit der Tendenz, ihm zuzustimmen.