Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Meine Damen und Herren, dass diese Arbeit, die wir in der Enquetekommission geleistet haben, hochgradig überzeugend war, ist schon angedeutet worden. Bei Frau Dr. Lindemann hat das nachhaltig gewirkt, wenn ich das so sagen darf. Aber bei unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin – etwa bei Frau Engelhardt – steht noch alles bevor; auch das möchte ich hervorheben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Allgemeine Heiterkeit)

Das seid ihr gar nicht gewohnt,so viel Einigkeit und Lob untereinander.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte vorneweg deutlich machen, was uns mit der Enquetekommission insgesamt gelungen ist. Insgesamt ist uns gelungen, dass wir die Menschen im Land Hessen, dass wir Journalisten, aber auch Verbände und Vereinigungen und vielleicht auch den einen oder anderen Kollegen hier aus den Reihen auf das Problem aufmerksam gemacht haben, welches in unserer Gesellschaft schlummert.

Wir haben uns zu Anfang in der Enquetekommission darüber ein bisschen gestritten, ob das Vorgehen von Herrn Präsident Hohmann statistisch immer hundertprozentig richtig war und man die Zahlen auf Landkreise herunterbrechen soll und kann,ob das alles so richtig ist,wenn man das bis zum Jahr 2050 vorausberechnet. Wir haben es gleichwohl gemacht, und wir haben dadurch den Weg dafür bereitet, dass in den Regionen und Landkreisen Hessens viel stärker über die Demografie nachgedacht wird, als das vor der Vorlage des Zwischenberichtes der Fall war.

Meine Damen und Herren, es ist von unserem Vorsitzenden schon angesprochen worden: Wir haben uns in der Enquetekommission darauf verständigt, dass wir parteiübergreifend keine Weltuntergangsstimmung angesichts der Herausforderung aufkommen lassen wollen. Die Frage nach der Katastrophe ist richtig beantwortet worden: Nein, keine Katastrophe, kein Platz für ein Untergangsszenario. Aber – das will ich auch im Namen der CDU-Fraktion deutlich machen – es ist schon eine immense Herausforderung, die wir im Rahmen dessen, was der demografische Wandel für uns vorgesehen hat, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu bewältigen haben.

Meine Damen und Herren, die Chancen, die wir dort haben, sind individuell sicherlich nach wie vor sehr groß. Aber die Herausforderung für unsere Gesellschaft bleibt insgesamt sehr groß.Wenn wir daran denken, dass die Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren um 30 Jahre gestiegen ist, dann ist das eine dieser Chancen, die jeder ganz individuell sozusagen für sich finden kann und die wir für unsere Gesellschaft finden können. Wir können länger leben und älter werden.

Aber damit stellen sich auch Herausforderungen, die wir in der Enquetekommission nur gestreift haben, die aber natürlich hier mit hineingehören.Die Fragen Renten- und Krankenversicherung sind ebenfalls aufgerufen. Auch wenn uns das im Bericht nicht konkret beschäftigt hat, will ich das zumindest, weil es das Problem ein bisschen illustriert, trotzdem einmal aufrufen. Die Frage der Renten macht es, meine ich, sehr deutlich.

Wenn wir im Jahre 1970 eine Rentenbezugsdauer von knapp über elf Jahren hatten und im Jahre 2003 glücklicherweise fast doppelt so viel – fast 18 Jahre – haben,dann macht das deutlich, dass wir so, wie wir unsere Gesellschaft in den Siebziger- und den Achtzigerjahren organisiert haben, nicht weiterkommen. Die entsprechenden Antworten mit all ihren Randerscheinungen, mit allen Diskussionen über die Lebensarbeitszeit, sind in den vergangenen Wochen und Monaten im Landtag Gegenstand von Debatten gewesen.

Meine Damen und Herren, Katastrophe – so haben wir gesagt –: Nein. Aber vielleicht ist es doch eine kleine Katastrophe, und zwar nicht die Frage der Demografie, sondern die Tatsache, dass – zwar alles in individueller Entscheidung – dieses Land ab dem Jahre 1972 kollektiv gesagt hat:Wir wollen uns im Grunde genommen nicht kom

plett reproduzieren, sondern nur noch zu zwei Dritteln. – Ich finde, es ist schon ein Stück weit eine Katastrophe, dass diese Gesellschaft seit 35 Jahren entschieden hat, dass sie sich selbst eigentlich nicht mehr in vollem Umfang reproduzieren möchte.

Meine Damen und Herren, wenn wir über den demografischen Wandel reden, dann ist uns in der Arbeit der Enquetekommission deutlich geworden, dass wir nicht über ein Problem reden, das irgendwann einmal auf uns zukommen wird, sondern dass wir über ein Problem reden, das dieser Gesellschaft bereits innewohnt, das in ihr liegt. Seit 35 Jahren haben wir eine zu geringe Geburtenrate. Glücklicherweise steigt seit vielen Jahren unsere Lebenserwartung.

Aber das macht deutlich,dass wir hier von einem Problem reden,das die Gesellschaft seit langer Zeit hat und worauf sie in den kommenden Jahren wird verstärkt reagieren müssen. Dass man diese Situation nicht mit Fingerschnipsen, mit wenigen Spiegelstrichen oder am Ende mit einem Gesetz wird verändern können, das ist in der Enquetekommission auch deutlich geworden.

Wenn wir z. B. über die Geburtenrate reden, kommen wir zu ganz einfachen, geradezu banalen Zusammenhängen. Wir gehen davon aus, dass 100 im Jahr 1960 geborene Menschen im Jahre 1990 65 Kinder, im Jahre 2020 42 Enkelkinder und im Jahre 2050 27 Urenkel haben werden. Daran wird zum einen deutlich, wie rasant eine solche Entwicklung verläuft, aber es wird auch deutlich, dass jede Generation zahlenmäßig kleiner ist und umso mehr Schwierigkeiten hat,der Probleme Herr zu werden.Selbst wenn wir heute eine Geburtenrate hätten, mit der wir uns reproduzieren würden, würden viele Probleme, die wir in dem Bericht beschreiben, gleichwohl eintreten. Deshalb werden wir uns mit ihnen beschäftigen müssen.

Der Hinweis von Herrn Dr. Spies auf die Weltbevölkerung hilft in dem Zusammenhang nur bedingt, weil wir uns mit Hessen und mit Deutschland beschäftigt haben. Wir haben, zumindest nach meinem Verständnis, die Frage zu beantworten, wie wir eine Gesellschaft in unserem Land schaffen, in der es sich lohnt und in der es Freude macht, uns in hinreichendem Maße zu reproduzieren.

Die ökonomischen Herausforderungen haben wir in dem Bericht ausführlich dargestellt, und darüber ist hier schon gesprochen worden. Ich will Ihnen anhand der Handlungsempfehlungen der CDU-Fraktion aus unserer Sicht noch ein paar kurze Erläuterungen zu den einzelnen Themen geben.

Ich will eines noch vorneweg sagen. Hier ist von einem „Krieg der Generationen“ gesprochen worden. Den werden wir nicht bekommen, aber eben nur dann nicht, wenn es uns gelingt, ab sofort eine so nachhaltige Politik zu machen, dass sich die verschiedenen Generationen nicht übervorteilt sehen. Das ist unsere Kernaufgabe. Das ist der zentrale Punkt, der am Ende der Arbeit der Enquetekommission steht. Wir haben die große Chance, einen „Krieg der Generationen“ zu verhindern, aber nur dann, wenn wir eine entsprechend nachhaltige Politik betreiben.

Hinsichtlich der Familienpolitik hat die Kollegin SchulzAsche von einem „langen Weg“ gesprochen. Bei der Gelegenheit will ich daran erinnern, Frau Kollegin, dass die wesentlichen familienpolitischen Leistungen von der unionsgeführten Regierung in Berlin erbracht wurden, und zwar schon vor langer Zeit.Wahr ist aber:Wir wollen eine

Wahlfreiheit hinsichtlich der persönlichen Lebensgestaltung von Familien haben, und wir haben einen Weg aufgezeigt, wie wir glauben, dass wir am Ende eine familienfreundlichere Gesellschaft erreichen werden. Wir haben Maßnahmen aufgezeigt, die vielleicht dazu führen, die Geburtenrate wieder zu heben: das Elterngeld, die Fortentwicklung des Ehegattensplittings zu einem Familiensplitting und die Bündelung von Transferleistungen für Familien.All das soll klarer und erkennbarer werden.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

All das sind Punkte, die wir zwar nicht in Hessen zu behandeln haben, die wir aber für sehr wichtig halten. Ich glaube gleichwohl, dass wir in Hessen unsere Hausaufgaben sehr ordentlich gemacht haben, insbesondere im vergangenen Jahr, als wir das BAMBINI-Programm aufgelegt haben. Das ist eine ganz wesentliche Maßnahme, mit der wir Unterstützungsleistungen für die Betreuung von Kindern in unserem Lande zur Verfügung gestellt haben.

(Michael Siebel (SPD): Herr Beuth, alle waren vornehm und zurückhaltend in der politischen Bewertung, nur Sie sind es nicht!)

Das Ergebnis vieler Anhörungen lautet: Es gibt eine positive Korrelation zwischen den Betreuungsangeboten und der Geburtenrate, ebenso eine positive Korrelation zwischen einer guten Betreuung und einer hohen Erwerbsquote von Frauen. Es sind manchmal Kleinigkeiten, die wir hier im Lande handhaben müssen. Dabei geht es ein Stück weit auch darum,in den einzelnen Lebensbereichen darauf zu achten, dass wir familienfreundlich arbeiten. Ein Beispiel, weil ich den Innenminister dort hinten stehen sehe: Wenn Feuerwehrfrauen zu Lehrgängen der Landesfeuerwehrschule fahren, werden die Betreuungskosten vom Land übernommen. Das sind zwar Minibausteine,aber sie führen dazu,dass wir in unserem Lande ein Maß an Familienfreundlichkeit erreichen, das es uns erlaubt, am Ende über höhere Geburtenraten zu sprechen, als wir sie heute haben.

Wenn Frau Kollegin Schulz-Asche von einem „langen Weg“ bei der Migration gesprochen hat, hat sie insofern recht, als wir schon vor langer Zeit gesagt haben: Wir brauchen eine gesteuerte Zuwanderung, keine wahllose Zuwanderung. – Genau das ist der Punkt, den wir in den vergangenen Jahren immer betont haben und der sich auch an dieser Stelle auswirkt. Wir brauchen keine Zuwanderung in Sozialsysteme, sondern wir brauchen in den kommenden Jahren ganz gezielt Verstärkungen für unseren Arbeitsmarkt. Dafür müssen wir die entsprechenden Grundlagen in unserem Land schaffen. Das, was wir hier zu besorgen haben, geht ordentlich voran. Die Organisation der Integration zugewanderter Menschen in unserem Land ist beispielgebend für die gesamte Bundesrepublik.

(Lachen des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die kommunale Infrastruktur ist in dem Zusammenhang bereits angesprochen worden. Ich will an einigen Beispielen deutlich machen, wie sich die demografische Entwicklung auf unser Leben, auf die kommunale Infrastruktur auswirkt, ohne dass man unmittelbar darauf stößt. Ich nenne beispielhaft Kläranlagen und die Trinkwasserversorgung.Wenn immer weniger Menschen an einem Ort leben, während die zugehörige Kläranlage für mehr Menschen ausgelegt ist, wird es immer schwieriger, die Kosten auf weniger Personen umzulegen. Das ist das eine. Es gibt aber den zweiten Aspekt, dass die Leitungsnetze vor Ort auf eine bestimmte Zahl von Abnehmern ausgerichtet

sind. Wenn die nicht mehr da sind, kommt es auch zu hygienischen Problemen,die damit verbunden sind,dass weniger Wasser aus dem Wasserversorgungssystem abgenommen wird. Es stellt sich z. B. auch die Frage, wie wir den ÖPNV in Zukunft bei weniger Menschen organisieren. Das ist eine Frage, die uns hinreichend beschäftigt hat, und dazu haben wir über alle Fraktionen hinweg ganz ordentliche Vorschläge in unseren Handlungsempfehlungen vorgetragen.

Beim Thema Verkehr ist die Frage der Infrastruktur schon angesprochen worden. Es ist ganz selbstverständlich unser Auftrag, die Infrastruktur in unserem Land vorzuhalten, damit die wirtschaftliche Entwicklung und Dynamik in der Form stattfinden können, dass auch zukünftige Generationen die individuelle und die kollektive Chance haben, ihre wirtschaftlichen und persönlichen Ziele zu erreichen.

Der Punkt Jugend und Senioren ist von der Kollegin Schulz-Asche schon angesprochen worden, sodass ich ihn überspringen darf. Lassen Sie mich zum Schluss das bürgerschaftliche Engagement ansprechen. Ich finde es gut, dass wir eine Anerkennungskultur in unserem Land erreicht haben, die Freiwillige nicht nur fördert – z. B. über die Landesehrenamtsagentur, über Ehrenamtskarten und Jugendleiterkarten –, sondern auch anzeigt, dass der Staat, die Politik darauf angewiesen sind, dass sie ein Ehrenamt ausüben und mithelfen, das Leben zu gestalten. All die Dinge, die wir hier etabliert haben, halten wir für richtig und wichtig.

Herr Kollege Beuth, ich bitte Sie, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ich komme sofort zum Schluss. – Es muss uns aber in Zukunft gelingen, zugewanderte Menschen noch viel stärker in ehrenamtliche Strukturen zu integrieren. Das wird eine große Herausforderung sein, aber es gibt ehrenamtliche Tätigkeiten, auf die wir unabdingbar angewiesen sind. Wenn man sich den Brand- und Katastrophenschutz anschaut, der in weiten Teilen ehrenamtlich organisiert ist, sieht man, es wird darauf ankommen, dass wir angesichts der Tatsache, dass weniger Menschen zur Verfügung stehen, Strukturen schaffen, die es gleichwohl ermöglichen, dass diese Aufgaben wahrgenommen werden.

Meine Damen und Herren, wir arbeiten an der demografischen Trendwende. Die Enquetekommission hat mithilfe von zwei Damen an der Stelle ganz unmittelbar mitgeholfen. Wir wollen mit unseren Handlungsempfehlungen Wege aufzeigen, wie wir eine demografische Trendwende in Hessen einleiten können. Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgewirkt haben, dass wir diesen Abschlussbericht erarbeiten konnten.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Beuth. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Wagner für die FDP-Fraktion.

Meine Damen und Herren! Auch ich möchte meinen Dank abstatten, ihn aber nicht denjenigen gegenüber wiederholen, denen schon gedankt worden ist, sondern ich will vor allem den Experten Dank sagen. Ich kann anderen Fachausschüssen nur empfehlen, langfristig und regelmäßig wissenschaftliche Experten zu bestimmten Fachfragen zurate zu ziehen, wenn sie Gelegenheit dazu haben.Das ist ein außerordentlich großer Gewinn für uns. Wir haben sehr viel gelernt. Das ist auch ein außerordentlicher Gewinn für den Fortgang der Sache. Das, was wir hier getan haben, war meiner Ansicht nach vorbildlich.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben schon gehört: Niemand von uns möchte Horrorgemälde malen. Aber ich möchte Ihnen doch noch einmal die harten Fakten, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, vor Augen führen.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2050 werden wir in Hessen eine Bevölkerung haben, die etwa ein Drittel weniger drei- bis sechsjährige Kinder hat als heute. Bei den Sechs- bis Zwanzigjährigen werden wir auch etwa ein Drittel weniger Personen haben als heute. Der Anteil der Zwanzig- bis Sechzigjährigen, die gemeinhin – bei den Sechzigjährigen wird es schon ein bisschen kritisch, wie Sie wissen – die Erwerbstätigen darstellen und sozusagen die Beschäftigung in Hessen vorantreiben, wird um ein Viertel abnehmen. Um 40 % zunehmen werden die über Sechzigjährigen. Der Anteil der sogenannten Hochbetagten – die manchmal hochbegabt sein mögen; das habe ich an dieser Stelle immer gesagt –,

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

der über Achtzigjährigen, wird um 185 % zunehmen.

Das heißt, die Bevölkerung in Hessen wird von 6,1 Millionen auf etwa 5,5 Millionen sinken, bei einer derzeitigen Geburtenrate von 1,35 Kindern.

Meine Damen und Herren, was aber noch wichtiger ist: Wir haben jetzt schon eine Strukturveränderung, die für Hessen insgesamt bedeutet, dass von den Kindern, die in diesem Augenblick geboren werden – und viele, die in Hessen noch dazukommen –, 40 % aus Familien mit Migrationshintergrund kommen. In Frankfurt haben schon jetzt 70 % der Kinder Migrationshintergrund. Das ist die wahre Herausforderung, die vor uns steht.

(Michael Siebel (SPD): Ja, so sieht es aus!)

Deshalb will ich Ihnen etwas Schönes berichten, das ich in den letzten Wochen gesehen habe. Sie kennen alle das Mathematikmuseum in Gießen. Das Mathematikum versucht immer wieder, bestimmte abstrakte Dinge konkret zu machen. Herr Beutelspacher, der Leiter, hat sich im letzten Jahr mit seinen Studierenden einfallen lassen, eine große Tafel aufzustellen, in der die Weltbevölkerung der fünf Kontinente gezeigt wird – das ist eine kleine Kopie davon –,

(Die Rednerin hält ein Bild hoch.)

zusammen mit je einer tickenden Uhr für die Geburten und für die Sterbefälle. Wenn Sie eine Stunde lang davor stehen, dann haben Sie verstanden – für mich war das unglaublich beeindruckend –, was mit der Weltbevölkerung geschieht.

In einer Stunde nimmt die Bevölkerung der Welt um ca. 9.000 Menschen zu. Es werden also stündlich 9.000 Men

schen mehr geboren, als versterben. Dieser Zuwachs ist im Wesentlichen auf die großen Kontinente Afrika,Asien und Südamerika zurückzuführen. Hingegen weist Europa einen negativen Saldo auf. Die europäische Bevölkerung verringert sich nämlich um ca. 80 Menschen je Stunde.

Meine Damen und Herren, angesichts der Dynamik des Wachsens der Weltbevölkerung werden wir im Jahr 2050 eine gewaltige Zunahme der Weltbevölkerung haben. Die Demografen sagen, die Weltbevölkerung wird von heute 6 Milliarden auf 9,1 Milliarden steigen, und es gibt auch Schätzungen, die sich auf eine Weltbevölkerung von 10 Milliarden belaufen – und das bei einer stagnierenden Bevölkerungszahl in der USA und einer schrumpfenden in Europa.

Meine Damen und Herren, Hessen ist da natürlich einbezogen, stellt aber in gewisser Weise eine Ausnahme dar. Denn wir haben seit vielen Jahrhunderten Migration, Zuwanderung aufgrund politischer Entscheidungen. Die absolutistischen Könige haben eine bestimmte Anzahl Arbeitskräfte gebraucht. Der Kurfürst von Kassel hat die Hugenotten geholt,auch die vertriebenen Salzburger Protestanten. Das ging bis ins 19. Jahrhundert, und nach 1990 kamen die Menschen aus Ostdeutschland und Osteuropa. Das war eine gewaltige Zuwanderung.

Meine Damen und Herren, das gilt auch für Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir in Deutschland insgesamt 28 Millionen Menschen aufgenommen, die nicht Deutsche waren. Hingegen sind 20 Millionen Menschen ausgewandert. 4 Millionen Aussiedler kamen nach 1990 zu uns. Im Saldo sieht das nicht sehr groß aus, insgesamt sind es nämlich 8 Millionen mehr Menschen.Wir haben aber schon heute gewaltige strukturelle Veränderungen – der Herkunft, der Werthaltung und der Integrationsmöglichkeit und -fähigkeit.