Herr Kollege Rudolph, im Übrigen, wenn ich mich an die Debatte zum Thema Besoldungsanpassung erinnere, ist damals bestritten worden, dass die Parteien sozusagen miteinander reden. Da sie sich jetzt in einem gemeinsamen Gespräch offensichtlich auf Frühjahr vertagt haben,
scheinen sie damals bereits im Gespräch gewesen zu sein. Insofern wollte ich wenigstens hier noch den Beweis führen.
Meine Damen und Herren, das Problem, das – ich will das gar nicht weiter kommentieren – die Gewerkschaften vor einem Abschluss hat scheuen lassen, war die Meistbegünstigungsklausel, die bis zum 31.12.2007 in Kraft ist und die es den Gewerkschaften außerordentlich schwer macht, hier einen entsprechenden Tarifvertrag abzuschließen.
Wenn die Tarifbeschäftigten aber nicht von der Einkommensentwicklung abgehängt werden sollen, dann müssen wir als Gesetzgeber entsprechend handeln, und das tun wir an dieser Stelle. Wir haben im Antrag der SPD gelesen, dass bezweifelt wird, dass wir dazu überhaupt verfassungsgemäß in der Lage seien und dass der Gesetzentwurf die Verfassung, und zwar Art. 9 Abs. 3 GG, verletze.
Sie haben – das ist ein bisschen bestürzend, hier feststellen zu müssen, weil Sie offensichtlich nicht geglaubt haben, dass wir es nachlesen – die entsprechende Entscheidung zitiert, die ich hier zumindest kurz vortragen möchte, weil in diesen Entscheidungen genau das Gegenteil von dem steht,was Sie in diesem Hause mit Ihrem Antrag glauben machen wollten. Im Entscheidungsband 94 in der Entscheidung auf Seite 268 geht es um eine Verfassungsbeschwerde zum Hochschulrahmengesetz wegen Eingriffs in die Tarifautonomie durch den Bundesgesetzgeber.
Dort können wir auf Seite 282,das ist genau eine Seite der von Ihnen zitierten, nachlesen, dass die Verfassungsbeschwerde, die damals von den Gewerkschaften eingereicht wurde, zwar zulässig war, aber sie war eben unbegründet. Das führt das Verfassungsgericht auf Seite 284 aus:
Die Koalitionsfreiheit der Tarifparteien ist zwar vorbehaltlos gewährleistet. Das bedeutet aber nicht, dass dem Gesetzgeber jede Regelung im Schutzbereich dieses Grundrechts verwehrt wäre.
Genau das ist die Position, die wir an dieser Stelle als Landesgesetzgeber einnehmen können.Weiter heißt es:
Aber auch im Übrigen ist dem Gesetzgeber die Regelung von Fragen, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können, nicht von vornherein entzogen. Art. 9 Abs. 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich zwar ein Normsetzungsrecht, aber kein Normsetzungsmonopol.
Das ist genau der Rahmen, in dem wir uns am Ende mit unserem entsprechenden Gesetzentwurf bewegen werden und wollen. Ich zitiere weiter aus der Seite 287:
Selbst nach der unmissverständlichen Ankündigung gesetzgeberischer Schritte durch die Bundesregierung hatten sie keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Unter diesen Umständen brauchte sich der Gesetzgeber nicht darauf zu verlassen, dass eine Regelung, die zu dem genannten Zweck objektiv erforderlich war, auf andere Weise als durch Gesetz geschaffen worden wäre.
Meine Damen und Herren,die Fundstelle,die Sie uns präsentiert haben, ist dazu geeignet, zu unterstreichen, dass wir uns mit dem Gesetz, das wir einbringen, auf Verfassungsboden befinden. Insofern bin ich Ihnen dankbar, dass Sie uns auf diese Entscheidung hingewiesen haben. Wir befinden uns bei dieser Einschätzung in sehr guter Gesellschaft, weil auch der Tarifkoordinator der Gewerkschaft, Christian Rothländer, in der „FAZ“ am 24.08.2007 geäußert hat: „Rein rechtlich handelt das Land korrekt.“
An dieser Stelle ist der Frage der Verfassungsmäßigkeit von uns nichts mehr hinzuzufügen.Wir werden in der Anhörung sicherlich weiter darüber miteinander diskutieren und streiten dürfen. Aber es bleibt dabei: Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Landes insgesamt, nicht nur den Beamtinnen und Beamten und den Versorgungsempfängern, sondern auch den Arbeiter und Angestellten – wir sind ein bisschen erstaunt, dass Sie ausgerechnet bei den Angestellten und Arbeitern diese Probleme mit vortragen –,
eine entsprechende Tariferhöhung zukommen zu lassen. In diesem Sinne wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie am Ende mit uns gemeinsam diesem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zustimmen wollen. – Vielen Dank.
Mit dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion wird in unzulässiger Weise in einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich, nämlich den der Tarifautonomie, eingegriffen. Wir bleiben dabei: Das ist nicht in Ordnung. Sie wollen damit die Tarifautonomie aushebeln. Das ist die klare Erkenntnis, und das ist mit uns nicht zu machen.
Herr Beuth, ich nehme an, das Innenministerium hat Ihnen die entsprechende Zuarbeit geleistet, weil der ganze Gesetzentwurf aus dem Hause des Innenministeriums stammt. – Herr Innenminister, so weit zur sauberen Trennung von Legislative und Exekutive. Aber wer wird so kleinlich sein? An der Stelle kann man das eine oder andere später genauso machen.Manchmal hat es auch etwas Gutes, was man von Ihnen an der Stelle übernehmen kann.
Herr Beuth, um das sehr deutlich zu sagen: In Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht stellen wir fest, dass eine gesetzliche Regelung, mit der die Höhe des Arbeitsentgeltes von Tarifbeschäftigten festgelegt werden soll, die verfassungsrechtlich durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verletzt und daher verfassungswidrig ist. Sie zitieren Urteile des Bundesverfassungsgerichts – Herr Innenminister, gelegentlich üben Sie heftige Kritik an Urteilen des Bundesverfassungsgerichts. Wenn ich an die Wohnraumüberwachung denke,dann sagen Sie: Ach, das ist ein Verfassungsgerichtsurteil; ob das stimmt, wissen wir gar nicht. – Also gerade einmal so, wie es dem Herrn Innenminister passt.
Nein, das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil enge Grenzen des Eingriffs in die Tarifautonomie erlaubt und zugelassen, die aber mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nach unserer Auffassung eindeutig überschritten sind. Und das werden wir entsprechend aufarbeiten.
Meine Damen und Herren, das Aushandeln von Tarifverträgen zählt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum wesentlichen Bestandteil der Gewerkschaftstätigkeit und ist besonders geschützt – wir fügen hinzu: zu Recht besonders geschützt. Die Landesregierung hat als einzige eines Bundeslandes die Tarifgemeinschaft der Länder verlassen und weigert sich bis zum heutigen Tage, einen Tarifvertrag mit den Gewerkschaften abzuschließen.Berlin ist ausgetreten,hat aber einen Tarifvertrag mit den Gewerkschaften geschlossen. Herr Innenminister, nun kann man sich fragen, wenn 14 Bundesländer das machen, warum Hessen das anders macht. Irren denn 14 Bundesländer, wobei das sowohl sozialdemokratisch geführte als auch andere sind?
Nein, der Hintergrund ist etwas anderes. Die Beschäftigten in der hessischen Landesverwaltung mussten in den letzten Jahren die Folgen Ihrer unsinnigen „Aktion düstere Zukunft“ ausbluten. Es gab deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen, unterschiedliche Arbeitszeiten innerhalb der Verwaltung und weniger Gehalt. Das sind die Konsequenzen gewesen.
Ihr Versuch, sich jetzt gönnerhaft hinzustellen und eine Erhöhung um 2,4 % wahrzunehmen, ist schlicht und ergreifend eine Unverschämtheit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Landesverwaltung.
Nun könnte man wohlmeinend denken, die Landesregierung hätte ihren Fehler eingesehen. Das wäre zu viel verlangt. Herr Bouffier, ich glaube vielmehr, das hat etwas mit dem 27. Januar 2008 zu tun.
Ja, Frau Ypsilanti, diese Landesregierung merkt, das Eis ist dünn. Es ist an manchen Stellen schon eingebrochen. Der Rest wird von uns noch besorgt. Sie wollen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut Wetter machen. Das Problem ist, die haben es erkannt. Die Beamten haben es erkannt, und die Tarifbeschäftigten haben es erkannt.
Die Mitarbeiter wollen nicht gönnerhaft etwas haben. Sie wollen teilhaben an den allgemeinen Einkommensentwicklungen und nicht abhängig sein von irgendwelchen Stimmungen oder Launen einer CDU-Landesregierung. Nein, diese Einkommenssteigerungen bleiben hinter den bundesweiten Tarifverträgen zurück. 2,9 % ist die Marge des Tarifvertrages, der im Mai 2006 geschlossen wurde.
Zur Rechtssicherheit. Das, was durch ein Gesetz beschlossen wird, kann wieder durch ein Gesetz zurückgenommen werden. Das ist ein entscheidender wichtiger Grundsatz. Eine solche Regelung kann durch Gesetz wieder abgeschafft werden. Der sogenannte nachwirkende Schutz wird nur durch Tarifverträge gewährleistet.
Herr Innenminister, das hat etwas mit Ihrer schlechten Personal- und Tarifpolitik zu tun. Das ist eine Politik nach Gutsherrenart, die Sie hier zu vertreten haben.Wir haben vor einigen Wochen das Gleiche für den Beamtenbereich erfahren.
Herr Kollege Beuth, an der Stelle eine kleine Nachhilfe. Für die Beamten muss es durch Gesetz geregelt werden. Für die Angestellten und Tarifbeschäftigten ist es das erste Mal seit der Weimarer Republik der Fall – ein interessanter und bemerkenswerter Vorgang –,ein Eingriff in die Tarifautonomie, einmalig zurückgehend bis in die Weimarer Republik. Darauf können Sie besonders stolz sein, allerdings im negativen Sinn.
Im Rahmen der Föderalismusreform haben die Bundesländer die Zuständigkeit, die Gesetzgebungskompetenz, auch im Bereich der Besoldung. Sie haben sie bei der Besoldung einseitig genutzt und wollen sie auch im Hinblick auf die Tarifbeschäftigten nutzen.
Meine Damen und Herren, ich will noch einen besonderen Punkt erwähnen. Durch Zwischenrufe habe ich es schon versucht, aber der Kollege Beuth konnte mit dem Zwischenruf „Waldarbeiter“ nichts anfangen. Das sind die Leute, die in aller Regel im Wald arbeiten, deswegen der Begriff „Waldarbeiter“.
Nein, nein, Herr Innenminister, ich bin so redlich und unterstelle Ihnen, dass Sie wissen, was Waldarbeiter sind. Das ist ja schon etwas.
Meine Damen und Herren, zu den Waldarbeitern, einer Gruppe, bei der es üblich war, im Anschluss an die Tarifverträge mit ver.di ÖTV-eigene Tarifverträge abzuschließen, weil es da Sonderkonditionen gibt. Diese Waldarbeiter kommen dann nicht in den Genuss Ihrer 2,4-prozentigen Steigerung. Sie sagen: „Weil es da noch nichts zu verhandeln gibt.“ Richtig. Sie hätten den Tarifvertrag kündigen und sagen müssen, dass den Waldarbeitern schlechtere Arbeitsbedingungen zustehen – längere Arbeitszeiten, weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Waldarbeiter sind durch die „Operation düstere Zukunft“ ohnehin gebeutelt. Dort wurden 1.500 Stellen gestrichen. Die Waldarbeiter – eine Gruppe, die ohnehin nicht so viel Geld verdient – sind also zweimal gelackmeiert, um es einmal vorsichtig zu sagen.