Diskriminierung ist das größte Gift für jede Leistungsgesellschaft, denn sie behandelt die Menschen nicht nach ihrer Leistungsbereitschaft und -fähigkeit, sondern – ich sage es jetzt absichtsvoll in dieser Reihenfolge – nach sachfremden, primitiven, widerwärtigen, menschenrechtswidrigen und verfassungswidrigen Kriterien anderer Art.
Diskriminierung ist für unsere Zivilisation zutiefst illegitim. Es werden Unterscheidungen entlang von Kriterien getroffen, die menschenrechtswidrig sind.
Das sehen nicht nur diejenigen, die sowieso gleichheitsorientiert sind, sondern Europa will gerade gesellschaftsschädliche Unterscheidungen benennen und mit den Antidiskriminierungsrichtlinien beseitigen.
Ganz besonders deshalb, weil sich in der Geschichte der Sozialdemokratie alles mit dem Sozialstaat verknüpft, ist für unsere Fraktion klar – und wir haben es hier verschiedentlich an anderen Themen in diesem Hause dargestellt –: Angesichts der Lage, in der sich die reifen Wirtschaftssozialstaaten des europäischen Westens in der internationalen Konkurrenz befinden, werden Mechanismen, welche die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft hemmen, von Tag zu Tag immer unerträglicher.
Verehrte Kolleginnen von der CDU-Fraktion, es ist von Tag zu Tag immer unglaublicher, dass nicht alle Kräfte gemeinsam in einer offensiven Form, und zwar gerade auch hier in Hessen, alles dafür tun, um diese Hemmnisse und Hindernisse entschlossen zu bekämpfen – wenn Sie sonst schon nichts anderes überzeugt:alleine schon im Interesse der Leistungsgesellschaft.
Gerade wer sich nicht mit den Konkurrenten in puncto Billigmachen messen will, mit den Konkurrenten, die die Einkommen, die öffentlichen Standards, den Wohlstand der breiten Masse und die Transfers drücken wollen, gerade wer dieser Strategie nicht folgt – und dafür steht die SPD in diesem Hause –, wer das Wohlfahrtsniveau unserer Gesellschaft erhalten will, der muss und kann nur auf Qualität, Produktivität und Humanpotenzial setzen.
Es gibt nichts Produktivitätsfeindlicheres als Diskriminierung, denn Diskriminierung führt dazu, dass Menschen, die Beiträge leisten könnten und leisten wollen, diese Leistung nicht beitragen dürfen.
Meine Damen und Herren, das AGG hätte, wenn es gut gelaufen wäre, ein Fanal für mehr Antidiskriminierungskultur in ganz Deutschland sein können. Wohlgemerkt, nicht das Gesetz selbst, Gesetze sind meistens kein Fanal, sondern die viel stärkere Wirkung zeigt in der Regel die politische Begleitmusik, die im Vorfeld und im Gesetzgebungsverfahren stattfindet.
Da hat zuerst die Debatte um das rot-grüne ADG, dann die Debatte um das AGG eine Chance geboten – auch in Hessen,als wir das begleitet haben.Wir hätten uns auch in Hessen europäisch zeigen können, im Einklang mit der Lissabon-Strategie, im Einklang mit Europa: aus fester Überzeugung gegen Diskriminierung, aus menschenrechtlichen Gründen und aus nationalwirtschaftlichen Gründen.
Aber wie hat die deutsche und innerhalb der deutschen ganz besonders die hessische CDU dieses Hauses die Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie behandelt?
Sie haben alles getan: für die schlechte Seite des gesetzgeberischen Januskopfes, für kleinliches Gezänk – ich habe noch jede Rede in Erinnerung, die von Ihrer Bank gekommen ist –, für drittklassige bürokratische Argumente. Was Sie hier noch gegen das AGG der Großen Koalition vorgetragen haben und auch im Bundesrat bewegen wollten, das hat alles dafür getan, die rechtskonservative Parlamentarismuskritik zu bestätigen.
Die CDU in Deutschland, ganz besonders die HessenCDU – an Ihrer Stelle würde ich da nicht lachen – von Roland Koch, und Ihre Fraktion haben hier alles dafür getan, die europäische Botschaft, Europa zur diskriminierungsfreien Zone zu machen, hinter den von Ihnen hier immer wieder vorgetragenen Banalitäten aus dem Blick geraten zu lassen.
Auch heute geht es Ihnen vor allem um das nahe Wahldatum. Genau das haben Sie gewollt. Zum Schluss ist durch die Gegner der Antidiskriminierungsstrategie aus einem kraftvollen europäischen Impuls eine ganz kleinmütige Veranstaltung geworden. Am Schluss wurde das Bild gestellt, als hätte man das Gesetz nicht aus Überzeugung, sondern nur der europäischen Vorgabe wegen erzwungen. Statt eines starken Signals haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern armseligen Begründungsminimalismus vorgetragen.
Ohne die Möglichkeiten, die das Bundes-AGG jetzt Diskriminierungsopfern bietet, wegreden zu wollen – wir haben auch schon die ersten Klagen,die mit Erfolg eingelegt und positiv beschieden worden sind –: Natürlich ist das AGG selbst als abgespeckte Variante des Vorgängerentwurfs eine gewisse Bresche für Diskriminierungsopfer.
Dennoch, bevor wir über Ausführungsgesetze oder -richtlinien reden, sage ich ganz klar für die SPD-Fraktion: Meine Damen und Herren, meine Fraktion bedauert es zutiefst, dass es den Antidiskriminierungsgegnern in den Reihen der CDU gelungen ist, auch hier in Hessen eine Offensive für konsequente Gleichheitspolitik zu zerreden.
Was folgt daraus für unser Handeln in Hessen, für die nächsten Schritte: die landespolitische Umsetzung, Landesregulierung,Antidiskriminierungsstelle – einige Länder haben sich auch in diesem Punkt auf den Weg gemacht –, Ausführungsgesetze usw.?
Das Wichtigste für die SPD-Fraktion in diesem Hause ist es, in Hessen endlich bei den Menschen für Antidiskriminierung zu werben, damit die Nützlichkeit von Gleichheit jedem Bürger und jeder Bürgerin vor Augen steht. Das hätte auch in Hessen mit dem AGG transportiert werden müssen. Erst müssen die Menschen gewonnen werden, dann wird geregelt. Das ist für Regeln einer solchen Trag
weite entscheidend. Bei zentralen Fragen der Zivilgesellschaft muss die Zivilgesellschaft mitgenommen werden.
Was wir nicht brauchen – das geben wir allen zum Nachdenken, die es auch mit der Antidiskriminierung ehrlich meinen –, ist in diesem Hause eine weitere Klein-KleinEtappe. Für konsequente Antidiskriminierungspolitik, Gleichheitsfreundlichkeit in allen Bereichen wird in Hessen am 27.01.2008 gewählt, und ab April des kommenden Jahres können erste Schritte eingeleitet werden für eine neue Kultur – das ist das Wesentliche – im Umgang mit diesem Thema. Dafür werben wir Sozialdemokratinnen und -demokraten. Wir wollen eine Mehrheit beschaffen, die den Aufbruch in Hessen für eine Politik gegen Diskriminierung, für Gleichheit glaubwürdig macht und dabei die Menschen mitnimmt. Dann sehen wir die Chance, in einem beteiligungsorientierten Dialog mit den Betroffenen über einen neuen Aufschlag nachzudenken, über neue Regulierungen, eine Bundesinitiative zur Nachbesserung des AGG, für landeseigene Umsetzungswege.
Einzelheiten des GRÜNEN-Vorschlags – ich weiß nicht, ob diese die Ausschüsse erreichen werden – können mit uns noch beraten werden. Im Moment nur so viel an die Adresse dieser Antragsteller: Im Moment überwiegen bei uns die Zweifel, ob es wirklich sinnvoll ist, diese ohnehin geschundene Sache so kurz vor der Landtagswahl – und wegen dieser Eile lückenhaft – jetzt noch einmal auf die Schnelle durch den Landtag zu reiten.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, das hat auch die CDU in diesem Lande zugunsten unserer Zivilgesellschaft in Hessen und auch zugunsten unserer Wirtschaft in Hessen noch einmal nachdenklich gemacht.
Vielen Dank, Frau Pauly-Bender. – Zu einer Kurzintervention hat sich Kollege Beuth zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um hier den maximalen Imageschaden für mich ein bisschen zu begrenzen,
nachdem die Kollegin mir vorgeworfen hat, ein bisschen soft gewesen zu sein, will ich hier vortragen: Frau Kollegin Pauly-Bender, das, was Sie hier gemacht haben, war eine schöne linke Wahlkampfrede. Genau das aber wollte ich dem Gesetzentwurf am Ende unterstellt haben – dass es sich um Wahlkampf handele.
Wenn Sie in dieser Diskussion vom 27. Januar und vom Aufbruch in Hessen gesprochen haben, dann ist damit, glaube ich, erfolgreich der Beweis angetreten, dass es sich um pure Polemik und reinen Wahlkampf handelt.
Meine Damen und Herren, es hilft uns in der CDU-Landtagsfraktion nichts – schließlich gibt es dieses Gesetz jetzt. Der Deutsche Bundestag hat es beschlossen, und wir werden uns damit auseinanderzusetzen haben.Wir werden es
Ich will aber noch einmal daran erinnern,dass wir den rotgrünen Quatsch, der ursprünglich im Antidiskriminierungsgesetzentwurf stand, in der Tat erfolgreich in der Großen Koalition herausverhandelt haben.
Ich erinnere nur an die nahezu völlige Aufgabe der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit, an den Kontrahierungszwang.Ich erinnere an die Beweislastumkehr,die bei der Frage der Diskriminierung vorgesehen war, und darüber hinaus – –
Das haben wir alles herausverhandelt. Insofern haben wir aus dem ehemaligen rot-grünen Antidiskriminierungsgesetz ein einigermaßen verträgliches Gesetz gemacht.
Der entscheidende Fehler zu rot-grünen Zeiten war am Ende in Brüssel zu sehen. Denn als die EU-Richtlinie auf den Weg gebracht wurde, hätte damals erfolgreich interveniert werden müssen. Hinterher war das nicht mehr möglich. Insofern haben wir jetzt mit diesem Gesetz zu leben. Das ändert aber nichts daran, dass wir die Umsetzung, die die GRÜNEN hier vorschlagen,
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beuth, ich möchte nur ganz kurz antworten.Ich glaube,Sie haben die Sache, die ich angesprochen habe, nicht verstanden. Ich rede nämlich von einer gelebten Antidiskriminierungskultur, für die man wirbt.
Ich möchte einmal dem Lande Hessen verkünden, was man hier zur gelebten Antidiskriminierungskultur finden kann. Ich lese Ihnen jetzt einmal im Männer/FrauenSchritt eine Liste vor,die aufgestellt wurde,um eine große Volkspartei zu vertreten. Ich beginne vorn: Mann, Frau, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Frau,