Protokoll der Sitzung vom 05.09.2007

Sie haben recht, in Hessen ist das nicht vorgedrungen. Die hessische SPD will Landesprüfungen abschaffen. Sie will auf der einen Seite angeblich eigenverantwortliche Schulen, aber auf der anderen Seite keinen, der danach schaut, ob die Ergebnisse stimmen. Meine Damen und Herren, das kann kein Mensch wollen.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD will auch die Gymnasien abschaffen. Selbst wenn der Kandidat gelegentlich auf Samtpfoten daherkommt: Er wie die SPD haben uns am Wochenende erklärt, dass nur die Gymnasien mit Unterstützung rechnen können, die die Umwandlung über sich ergehen lassen. Zusatzpersonal, kleine Klassen, Ausstattung nur bei Selbstenthauptung. Schulformbezogene Stundentafeln und Lehrpläne und Lehrerbildung gibt es dann sowieso nicht mehr.

(Zuruf des Abg. Bernd Riege (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist keine Propaganda. Das Lesen erhöht den Erkenntniswert.

(Zurufe von der SPD)

Übrigens ist die NRW-SPD bedeutend ehrlicher. Sie will „flächendeckende und verbindliche Gemeinschaftsschulen“. Sie strebt ein „vollständig integratives System“ an.

Nur in einem ist, wie ich gelesen habe, Frau Habermann noch ehrlicher, so am Samstag gehört: Sie will auch nicht auf den Begriff der Gesamtschule verzichten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist viel zu differenziert!)

Ein wesentlicher Schritt zur Qualitätsverbesserung in Hessen ist auch die schulische Eigenverantwortung. Die hessischen Schulen haben in den vergangenen Jahren schrittweise mehr Eigenverantwortung erhalten. Hessen ist auch hierbei weit vorne in der Republik. Mit den Bausteinen der Erarbeitung eines Schulprogramms, eigenständiger Auswahl von Lehrkräften, eigenem Schulbudget und Jahresstundentafel sind wir diesen Schritt konsequent gegangen.

(Hildegard Pfaff (SPD): Bildungsmanagement!)

Zurzeit sind die Schwerpunkte die professionelle Qualifizierung von Schulleiterinnen und Schulleitern, die Entwicklung eines neuen Berufsbildes der Schulleitung sowie der Aufbau einer Schulleitungsausbildung, künftige Unterstützung von Schulleitungen durch Verwaltungspersonal, die Fortbildung der Schulaufsichtsbehörden zu modernen Qualitätsagenturen, Prüfung von Rechtsfragen bezüglich der Eigenständigkeit, Erprobung gemeinsamer Budgets von Land und Schulträger und die Fortentwicklung unserer beruflichen Schulen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist ein steiniger zukunftsweisender Weg, den wir konsequent fortsetzen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wir können nachweisen, dass hessische Schülerinnen und Schüler, gefördert durch die vergangenen Jahre, vorangekommen sind. Hessische Schülerinnen und Schüler haben aufgeschlossen, wir sind auf dem Weg zu den Spitzenländern. Dazu bedarf es verdammt vieler zusätzlicher Anstrengungen.

Die Erfolge liegen auf der Hand: weniger Zurückstellungen bei der Einschulung, weniger Schüler ohne Abschluss, weniger Sitzenbleiber, eine zurückgehende Leistungsstreuung, bessere Leistungen beim Mathematikwettbewerb und bei Landesprüfungen, eine mit 30,3 % hohe – die dritthöchste in Deutschland – Abiturientenquote, eine hohe Quote von Hochschulzugangsberechtigten mit 46,1 % – auch hier Platz 3.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um diesen Weg der Kraftanstrengung und Qualitätsentwicklung fortsetzen zu können, müssen wir sehr viel tun. Er darf nicht gestört werden, es darf keine Verunsicherung und keine Zerstörung geben.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen brauchen wir auf diesem Weg zusätzliche Stellen für unsere Schülerinnen und Schüler. Wir brauchen zusätzliche Stellen für die eigenverantwortliche Schule, für immer mehr SchuB-Klassen, Ganztagsschulen sowie eine starke Schulleitung in Hessen. Dafür wollen wir – nach der Schaffung von 4.300 Stellen in den vergangenen acht Jahren – weitere 2.500 Stellen einsetzen. In der SPD wird diese Stellenfrage wiederum der Einheitsschulfrage unterworfen. Es sollen offenkundig aus den Schulen 2.000 Stellen herausgezogen werden, damit diese mit weiteren 2.500 Stellen in den neuen Einheitsschulen versanden.Allein die Limitierung auf 25 Schüler pro Klasse kostet abgerundet 3.750 Stellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind 175 Millionen c jedes Jahr,ohne dass zusätzliche SchuB-Klas

sen, Ganztagsschulen, eine frühkindliche Betreuung oder eine Förderung von Migrantenkindern damit bezahlt werden könnten. Diese Stellen versanden.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen auch: Die Konzentration auf lediglich diesen Bereich wird nicht zuletzt zu einem Sterben der Schule vor Ort führen. Da wird man rigoros vorgehen. In einer großen hessischen Stadt wurde vor kurzem ein Politiker der GRÜNEN mit den Worten zitiert: „Wir wollen eine IGS, und wenn deswegen andernorts ein weiterführender Zweig geschlossen werden muss, dann ist es eben so.“

(Minister Jürgen Banzer: Das ist schon arg!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Wahrheit; und für die hessischen Bürgerinnen und Bürger wird es auch völlig unerklärlich bleiben, dass die Einheitsschule ausgerechnet von denselben Leuten gefordert wird, die ihre eigenen Kinder dann doch lieber auf ein privates Gymnasium schicken wollen.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist schon schlimm, was Sie da versuchen, zu behaupten!)

Meine Damen und Herren, ich schließe mich hierzu gerne der Kollegin Annette Schavan an, die vor wenigen Tagen gesagt hat: „Die SPD-Pläne lassen jedes Bewusstsein für ein modernes Bildungswesen vermissen.“ – In Hessen ist dies genauso, nur noch schlimmer. Wir hingegen reden nicht über rückwärtsgewandte, längst ad absurdum geführte Konzepte und Ideologien, sondern wir wollen auch weiterhin mit aller Kraft daran arbeiten, dass unsere Schulen für die Zukunft gerüstet sind, damit sie leistungsorientiert und sozial verlässlich gestaltet werden.Alle Ergebnisse, die wir haben, zeigen uns: Hessens Schulen holen auf. Deswegen müssen wir diesen Weg konsequent fortsetzen. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren,ich eröffne die Aussprache zur Regierungserklärung der Kultusministerin.Als erste Rednerin hat Frau Habermann für die Fraktion der SPD das Wort.

(Zuruf der Abg. Brigitte Kölsch (CDU) – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist das Ihre Auffassung von parlamentarischer Arbeit?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kultusministerin, gestatten Sie mir am Anfang, dass ich Ihnen einen herzlichen Gruß von Herrn Domisch überbringe.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Aus dem fernen Finnland?)

Ich glaube, er wäre über Ihre Rede, die Sie heute gehalten haben, sehr enttäuscht; denn er hatte gehofft, dass Sie bei Ihrem Besuch in Finnland etwas gelernt haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kultusministerin, es scheint mir nämlich, dass Sie diejenige sind, die hier in einer schulpolitischen Parallel

welt lebt. Es ist auch sehr erstaunlich, dass Sie Ihre Regierungserklärung dazu nutzen, die Politik der Regierung Ypsilanti zu erklären.Ich sage Ihnen:Sie hätten davon lieber die Finger lassen sollen. Sie verstehen davon nichts. Aber offensichtlich finden Sie sich so langsam wieder in Ihre Rolle als Oppositionssprecherin hinein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Warum sind Sie dann hier nicht Kultusministerin geworden?)

Herr Wagner, Sie werden mir meine Redezeit nicht mit Ihren dummen Zwischenbemerkungen klauen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Oh!)

Sie werden es nicht tun, weil ich genau weiß, warum diese Zwischenrufe kommen, und zwar weil Sie vor dem Wahltag Angst haben und wissen, dass Ihre Schulpolitik gescheitert ist. Die Wählerinnen und Wähler werden Ihnen dafür die Quittung geben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Heute ist ein guter Tag für Hessens Schulen, denn sie wissen, dass dies in jedem Falle die letzte Regierungserklärung dieser Kultusministerin sein wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Dr. Christean Wag- ner (Lahntal) (CDU))

Sie haben eine Bilanz des Scheiterns vorzuweisen. Diese lässt sich mit den Stichworten zusammenfassen: verpasste Chancen, ungelöste Probleme und falsche Entscheidungen. Als ob dies nicht schon genug wäre, senden Sie auch noch das Signal aus, dass Kreationismus an hessischen Schulen im Biologieunterricht willkommen sei.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Frau Kultusministerin, Sie würden längst nicht mehr auf diesem Stuhl sitzen, wenn der Wahltag nicht so nah wäre und eine Ablösung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht unmöglich wäre.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will heute eigentlich lieber über Ihre Politik reden als über die unsrige, weil ich glaube, wir haben den Schulen – –

(Lachen bei der CDU – Unruhe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe, dass bei dieser Debatte die Emotionen etwas höher sprudeln als sonst. Ich bitte aber darum, dass die Rednerin die Gelegenheit bekommt, hier in Ruhe vorzutragen. – Frau Habermann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich hoffe, dass dies auch besonders für die Regierungsbank gilt, denn Zwischenrufe von hinten sind besonders störend.

(Zurufe von der CDU)

Ich will über Ihre Politik reden, denn wir haben die Gelegenheit schon genutzt,um unsere Ziele und Vorstellungen an die Eltern und Schulen zu vermitteln. Das Ergebnis dessen werden Sie im Januar auch zu sehen bekommen.