Protokoll der Sitzung vom 05.09.2007

Herr Kollege Al-Wazir, bei Ihnen kann man auch sagen: Vom Kreißsaal über den Hörsaal in den Plenarsaal und im ganzen Leben nichts geschafft.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das war jetzt eines Gymnasiallehrers würdig!)

Es geht um die Wahlfreiheit und die Schulvielfalt auf der einen Seite und die Zwangsgesamtschule auf der anderen Seite.Wir wollen auch in Zukunft, dass die Kinder auf der Basis ihrer Eignung auf der Schule unterrichtet werden, die für sie richtig ist.Wir wollen, dass auch in Zukunft Sozialdemokraten und GRÜNE – wie sie es in der Vergangenheit reichlich genossen haben – die Chance haben,ihre Kinder auf ein Gymnasium zu schicken.

(Beifall bei der CDU)

Sie befinden sich doch in guter Nachbarschaft. Nach einer aktuellen Umfrage wollen in Nordrhein-Westfalen 66 % der Befragten das von Rot-Grün geplante Einheitsschulsystem nicht.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wieso denn Rot-Grün?)

Ich bin davon überzeugt, dass die Hessen am 27. Januar nächsten Jahres zu einem ähnlichen Votum kommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen das im Grunde genommen doch selbst. Frau Habermann propagiert die Einheitsschule. Wie heißt sie nun aber? Sie haben noch nicht einmal den Mut, das Kind beim Namen zu nennen: eine Schule für alle, No-nameSchule, Gesamtschule oder doch Gemeinschaftsschule.

Wenn ein hessisches Kind im Urlaub gefragt wird, woher es kommt und auf welche Schule es geht, dann wird das hessische Kind erklären müssen: Ich besuche so etwas Ähnliches wie eine Gemeinschaftsschule. – So sagte es auch Frau Ypsilanti, nachzulesen im „Darmstädter Echo“ am 22.12.2006. Sie sagte: Welchen Namen das Kind bekommt, kann ich nicht sagen.Auf jeden Fall wird es so etwas wie eine Gemeinschaftsschule sein.

Meine Damen und Herren, Sie haben bereits in der Vergangenheit die hessische Bildungspolitik zum Gespött gemacht. Mit derartigen Formulierungen machen Sie sie erneut zum Gespött.

(Beifall bei der CDU)

Sie wollen ein längeres gemeinsames Lernen. Der Herr aus Finnland erklärt, von der Klasse 1 bis zur Klasse 9, ohne Differenzierung, ohne Kurse, möglichst unter einem Dach.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Herr aus Finnland ist aber klüger!)

Herr Kollege Al-Wazir, die Frau Ypsilanti erklärt: von der Klasse 1 bis 10.

(Norbert Schmitt (SPD): Merken Sie nicht, wie lächerlich Sie sich machen?)

Das würde den Teil ausmachen, ob bis Klasse 9 oder Klasse 10. Im Endergebnis führt das allerdings dazu, dass es zu einem gigantischen Schulsterben kommen wird – Schulsterben als Bestandteil rot-grüner Schulpolitik.

(Norbert Schmitt (SPD): Das müssen gerade Sie sagen! – Fortgesetzte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn wenn Sie die Klassen 1 bis 9 zusammenfassen, geht das nur, wenn Sie in Massen Grundschulen und weiterführende Schulen schließen. Sie haben es in Ihrem Programm auch ausgeführt:

(Beifall bei der CDU)

Durch Zusammenlegung und Umwandlung bestehender Schulen kann auf die demografische Entwicklung angemessen reagiert werden. Das heißt, Ihr Programm ist darüber hinaus ein Schulschließungsprogramm.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Herr Irmer, so komisch habe ich Sie noch nie erlebt!)

Frau Ypsilanti, Sie erklären am 13. Juni 2007 in der „Frankfurter Rundschau“: Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen gehen in einer Einheitsschule auf. – Herr Kollege Schmitt, in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 3. September erklärt Frau Ypsilanti, einen staatlichen Zwang, die neue Schulform einzuführen, gebe es nie.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Keine klassisch gegliederte Schule solle Angst davor haben, dass ihr ein Einheitskorsett aufgestülpt werde. – Was gilt denn nun: Das, was im Januar, oder das, was im September gesagt worden ist? Der Herr aus Finnland hat am 02.09. in der „FAZ“ erklärt, eine Abschaffung der Gymnasien strebe er nicht an. In der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt er einen Tag später, am 03.09.,

(Norbert Schmitt (SPD): Meinen Sie Herrn Domisch?)

Kern seiner Überzeugung sei, dass das gegliederte Schulwesen abgeschafft gehört. So weit Herr Domisch.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Total SPD!)

Letzteres passt aber ideologisch zu seiner Aussage im Dezember 2005 in der „Frankfurter Rundschau“.

(Andrea Ypsilanti (SPD):Sie reden über jemanden, den Sie überhaupt nicht kennen!)

Er hat wörtlich erklärt: Ein gegliedertes System passt nicht in die moderne demokratische Welt; man sollte es abschaffen.– Er könnte es auch mit Herrn Lafontaine formulieren, der am 04.09. in der „Welt“ die sozialistische Einheitsschule in Kuba als vorragend entwickelt bezeichnet.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenrufe von der CDU)

Das passt übrigens ideologisch durchaus, wenn man weiß, dass Finnland in den Siebzigerjahren, damals sozialistisch regiert, schulpolitische Anleihen von der sogenannten DDR übernommen hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mein lieber Mann, der kalte Krieg ist vorbei!)

Wie pädagogisch und moralisch verkommen Ihre Kampagne ist, will ich Ihnen an einem Beispiel erklären.

(Norbert Schmitt (SPD): Das muss gerade jemand von der hessischen CDU sagen, moralisch verkommen! – Fortgesetzte Zurufe)

Meine Damen und Herren, auf beiden Seiten des Hauses bitte ich um mehr Ruhe.

(Norbert Schmitt (SPD): Ausgerechnet die Schwarzgeldtruppe!)

Ich bitte noch einmal darum, auf beiden Seiten des Hauses Herrn Irmer Gelegenheit zu geben, dass er seine Rede fortsetzen kann.

(Gerhard Bökel (SPD): Es gibt etwas, worüber wir uns gemeinsam freuen – Eintracht Wetzlar hat gestern gewonnen!)

Genau, lieber Herr Bökel. Wir sind uns zumindest in diesem Punkt einig. Der Kollege Schmitt ist im Eilzugtempo durch die Kinderstube gerauscht. Aber das ist sein Problem.

(Norbert Schmitt (SPD): Ich war schon immer etwas schneller als Sie!)

Wie verkommen und doppelbödig Ihre Kampagne ist, kann man daran erkennen, dass nur Schulen, die sich auf den Weg zur Einheitsschule machen, mehr Mittel und mehr Lehrer erhalten. Zuckerbrot und Peitsche oder „cuius regio, eius religio“. Herr Al-Wazir, ich übersetze es gerne für Sie: wessen Regierung, dessen Religion.

(Heiterkeit bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lectori gratis, Sie Eumel!)

Bis 2012 sollen ein Drittel der Schulen Einheitsschulen sein.Diese Einheitsschulen kriegen zwischen 20 und 25 % mehr Lehrer zugewiesen. Haben eigentlich die restlichen zwei Drittel hessischen Schüler kein Recht auf Unterstützung? Welches Menschenbild haben Sie eigentlich?

(Norbert Schmitt (SPD): Ein anderes als Sie!)

Mit welchem Recht privilegieren Sie ein Drittel, und mit welchem Recht diskreditieren und benachteiligen Sie zwei Drittel unserer Schüler? Alle Schüler haben gleichermaßen gleiches Recht auf gleiche Bildung.

(Beifall bei der CDU)

Wie kommen Sie dazu, ihnen einen Teil dieser Bildung vorzuenthalten? Jedes Kind – die Ministerin hat es zu Recht gesagt – hat nur eine Schulzeit. Die ist zu kostbar, um sie zu vertrödeln,um sie nicht möglichst optimal zu gestalten. Sie wollen den Bürgern ein X für ein U vormalen – Abteilung tarnen, täuschen, tricksen. Das werden wir nicht durchgehen lassen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach, Herr Kollege!)

Herr Domisch erklärt, man dürfe diese Einheitsschule nicht Gesamtschule nennen, da das auf Widerstand stoße. Warum stößt es denn auf Widerstand? Warum haben Sie nicht den Mut, zu sagen, wie das Ding in letzter Konsequenz heißt? Es ist doch ganz bewusst Täuschung und nichts anderes.