Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in Berlin verboten, Kautabak auf den Boden von Straßenbahnen zu spucken. Uns ist nicht überliefert, ob die Freiheit der Kautabakkauer dadurch eingeschränkt wurde. Der Hintergrund dieses Verbots war die Gefahr der Übertragung von Tuberkulose. Das ist ein gutes Beispiel dafür,dass die Freiheit des einen dort endet, wo die Gesundheit des anderen gefährdet ist. Das gilt auch für den Tabakkonsum heute.
Herr Kollege Spies, das Umsteigen auf Ihre Zigaretten hilft nicht. Das sieht man an den Kilos, die ich zuviel draufhabe. Von daher sollte man sich bei jedem Genuss ein wenig beschränken.
Ich spreche hier und heute aber ausdrücklich nicht über mehr Gesundheit von Rauchern, schon gar nicht darüber, dass man ihnen das Rauchen verbietet. Das ist nicht Gegenstand der Diskussion, die wir hier führen. Wir führen vielmehr eine Diskussion über Freiheit und Toleranz, über gegenseitige Rücksichtnahme. Spätestens seit klar wurde, dass auch das Passivrauchen gesundheitsschädigend ist, hatten wir in Deutschland die Diskussion, wie man mit dem Rauchen in der Öffentlichkeit umgeht.
Wenn wir heute dieses Gesetz verabschieden, wird mit dessen erstem Teil ein Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen erlassen.Ich frage Sie:Warum hat es eigentlich so lange gedauert, bis wir uns zu der jetzt herrschenden Selbstverständlichkeit durchringen konnten, dass in öffentlichen Einrichtungen das Rauchen verboten wird? Wir glauben es vielleicht schon gar nicht mehr, aber wir haben die Diskussion sehr lang geführt, und erst heute schaffen wir es, in Hessen eine eindeutige Regelung zu erlassen.
Wir GRÜNEN haben uns umgeschaut und einen Gesetzentwurf mit Eckpunkten eingebracht, die wir in dem Entwurf der Landesregierung weitgehend wiederfinden. Einer dieser Eckpunkte ist ein Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen. Ausnahmen müssen natürlich geregelt werden. Man kann z. B. in den Gefängnissen nicht einfach sagen: Gehe kurz vor die Tür und rauche eine. – Es ist logisch, dass dort Ausnahmeregelungen getroffen werden müssen.
Wir haben einen weiteren Bereich,der quasi öffentlich ist, wo Menschen gemeinsam hingehen,und zwar unabhängig davon, ob es sich um Raucher oder Nichtraucher handelt: Gaststätten und Diskotheken usw. Deshalb besteht auch hier der Vorrang des Gesundheitsschutzes für die,die dem Passivrauchen ausgesetzt sind. Ich denke, dass wir hier eine vernünftige Lösung gefunden haben. Es gibt ein Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen. Es gibt aber auch Ausnahmeregelungen,z.B.die Einrichtung von Raucherräumen.
Da wir gleich den Auftritt der selbst ernannten Freiheitskämpfer für das Rauchen erleben werden, möchte ich einen weiteren Aspekt ansprechen.
(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nicola Beer (FDP): Wir haben die Freiheit sogar im Namen, Frau Kollegin!)
Wir haben angesichts der Ausnahmeregelungen für Gaststätten und Diskotheken nach wie vor das Problem der Gesundheitsgefährdung der dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich habe es am Dienstag schon gesagt, und ich wiederhole es: Ich halte es für einen Skandal, dass der betroffene Unternehmerverband, der die Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr wohl kennt, bis heute keine vernünftige Lösung auf den Tisch gelegt hat, um einen Schutz vor dem Passivrauchen zu gewährleisten. Ich halte es für einen noch größeren Skandal, dass eine Partei dieses Hauses in ihrer Argumentation die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht einmal erwähnt.
In einigen europäischen Ländern funktioniert das Rauchverbot in der Öffentlichkeit.In Spanien funktioniert es oft nicht, aber in Italien funktioniert es gut.
Lieber Herr Kollege Rentsch, Sie wissen genauso gut wie ich, dass Ihre komischen Aufkleber in Spanien dazu führen, dass es im Endeffekt kaum Nichtraucherrestaurants gibt.
Im Prinzip ist der FDP-Vorschlag eine Verlängerung unglaubwürdiger und gescheiterter freiwilliger Lösungen. Das ist der Effekt dieser Kampagne in Spanien. Lassen Sie uns lieber nach Italien schauen, wo es besser funktioniert, und zwar aufgrund der Regelungen, die denen gleichen, die in dem Gesetzentwurf ihren Niederschlag gefunden haben, über den wir heute abstimmen.
Ich glaube, dass bei der Belüftungstechnik für Raucherräume in Zukunft nachgebessert werden muss. Hier sehe ich noch Handlungsbedarf. Grundsätzlich denke ich aber, dass die Bezugnahme auf das Hausrecht ein guter Ansatz ist. Es sind also diejenigen für die Einhaltung des Rauchverbotes verantwortlich zu machen, die das Hausrecht ausüben können, weil man damit eine unbürokratische und einfache Lösung hat, um das Rauchverbot in Kneipen, in Gaststätten, aber z. B. auch in Kindertagesstätten und Krankenhäusern tatsächlich durchzusetzen.
Wir werden hier gleich einen besonderen Auftritt erleben. Ich möchte mich aber erst einmal ganz herzlich bei meiner Fraktion bedanken. Ich weiß, dass wir eine sehr ausführliche, zum Teil emotionale Diskussion über diese Frage geführt haben.
Ich denke, dass die Auseinandersetzungen, die wir alle in unseren Fraktionen geführt haben, stellvertretend für das stehen, was in der Gesellschaft diskutiert wird. Deshalb danke ich allen Fraktionen dieses Hauses ganz ausdrücklich,dass wir hier eine Regelung zustande gebracht haben, mit der nicht nur wir leben können, sondern auch die Menschen draußen im Land. Dafür danke ich Ihnen ausdrücklich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verabschieden jetzt nach langer Diskussion das Gesetz der Landesregierung für ein Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens. Ab dem 1. Oktober gilt dann ein „weitestgehend rauchfrei“ in allen öffentlichen Einrichtungen des Landes und der Kommunen. Die Gaststätten werden rauchfrei – mit der Möglichkeit, abgetrennte und gekennzeichnete Raucherräume einzurichten.
Das Gesetz enthält Sonderregelungen. Ich will aber keine inhaltliche Diskussion mehr führen. Die Argumente sind ausgetauscht. Für die CDU-Fraktion will ich aber noch einmal deutlich machen, dass wir den Nichtraucherschutz in Gaststätten ursprünglich auf freiwilliger Basis geregelt haben wollten. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Gastronomie ist leider nicht zustande gekommen, was wir bedauern. Was auf freiwilliger Basis zu regeln nicht möglich war, muss deshalb per Gesetz geregelt werden.
Meine Damen und Herren, das Gesetz ist ein Kompromiss zwischen den Interessen der Raucher und der Nichtraucher. Raucher sollen nicht bevormundet werden, das Rauchen soll schon gar nicht generell verboten werden, sondern das Rauchen in öffentlichen Räumen soll eingeschränkt werden.
Mit dem Gesetz geben wir dem Gesundheitsschutz Vorrang, wie das auch die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger will. Die Nichtraucher sollen vor den gesundheitlichen Folgen des Passivrauchens besser geschützt werden.
Ich will abschließend sagen:Wir bedauern es, dass die hessische FDP als einzige Fraktion hier im Landtag die Einschränkung des Rauchens in Gaststätten nicht mitträgt und sich opportunistisch verhält.
Die FDP-Fraktion, das will ich hier noch einmal betonen, sollte sich ein Beispiel an der Entscheidung ihrer Parteifreunde in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen nehmen. Dort ist die FDP an der Landesregierung beteiligt. Aber auch in Schleswig-Holstein, wo die FDP in der Opposition ist, war sie eine treibende Kraft in dem Bestreben, dass eine bundeseinheitliche Regelung für die Gaststätten beschlossen wird.
Wir sind sehr zuversichtlich, dass das hessische Nichtraucherschutzgesetz eine große Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern finden wird, wie auch das Nichtraucherschutzgesetz des Bundes eine große Akzeptanz findet, das seit dem 1. September in Kraft ist.
Letzter Satz: Dieses Gesetz ist ein Meilenstein für den Gesundheitsschutz in Hessen, und deshalb sollten wir alle dem Gesetz unsere Zustimmung geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Alfons Gerling, wenn man hier von Opportunismus redet,dann schreit ein solcher Spruch fast nach einer namentlichen Abstimmung,
denn ich weiß,dass es in Ihrer Fraktion viele Abgeordnete gibt, die den Entwurf der FDP-Fraktion nicht für falsch, sondern für richtig halten. Sei es drum.
Wir stehen am Ende einer sehr langen Debatte über die Frage, inwieweit der Staat das Rauchen im öffentlichen Bereich erlauben darf oder verbieten muss. Wir Freien Demokraten haben immer gesagt: Ja, wir haben eine Schutzpflicht im öffentlichen Bereich, da der Staat dort Verantwortung trägt, aber wir haben keine Schutzpflicht in privaten Bereichen. Man kann Menschen nicht vor sich selbst schützen.
Das erleben wir jeden Tag, wenn dieses Parlament hier tagt, ansonsten wären die Kolleginnen und Kollegen, die gerade draußen geraucht haben, keine guten Menschen. Das würde ich aber nicht behaupten. Im dem Zusammenhang fällt mir der Kollege Wintermeyer ein. Er ist ein guter Mensch, obwohl er gerade draußen eine Zigarette geraucht hat.
Wir haben als FDP-Fraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vorsieht, dass sich die Gaststätten verpflichten müssen – Herr Kollege Gerling, ich betone das Wort „verpflichten“, weil das eben der Unterschied zu einer freiwilligen Lösung ist –, sich zu entscheiden, ob sie eine Raucher- oder Nichtrauchereinrichtung sein wollen.
Daran ist richtig, dass es das in Spanien gibt. Frau SchulzAsche, das in Spanien sind nicht unsere Schilder – so weit reicht der Einfluss der hessischen FDP nicht; er reicht weit, aber nicht bis nach Spanien.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das enttäuscht mich aber! – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Aber zu behaupten, in Spanien klappe es nicht, doch in Italien würde eine Regel funktionieren, das halte ich, gelinde gesagt, für hanebüchen.