Protokoll der Sitzung vom 06.09.2007

Beim zweiten Punkt kommen wir zum Nachtflugverbot. Herr Kollege Posch, Sie haben über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema Schönefeld gesprochen. Sie haben dann auf den Unterschied zwischen Schönefeld und dem internationalen Hub Frankfurt am Main abgehoben. Das kann aber nur bedeuten, dass die schon eingeschränkten Restriktionen des Flugverkehrs in der Nacht und die schwierige Abwägung, die in dem Urteil für Schönefeld dargestellt worden ist, für Frankfurt umso mehr gelten, und zwar in der Richtung, dass im Zweifelsfall der internationale Flugbetrieb einen noch höheren Stellenwert hat als der in Schönefeld.Wenn dem aber so ist, dann ist das Nachtflugverbot im Sinne des Nichtfliegens in der Nacht, egal welche Zeit Sie nehmen wollen – 0 Uhr bis 5 Uhr, 23 Uhr bis 5 Uhr, von der Variante 22 bis 6 Uhr ist gar nicht mehr die Rede –, umso gefährdeter. Deswegen schon die klare Aussage, anknüpfend an das Zitat des Kollegen Al-Wazir und seinerzeit von Armin Clauss: „Grundvoraussetzung“, oder, Zitat des Ministerpräsidenten: „Kompensation“.

Herr Kaufmann, kommen Sie bitte zum Schluss.

Es muss sichergestellt werden – dazu haben Sie leider nichts gesagt –, dass, wenn die Befriedung eintreten soll, die Sie wünschen, das Versprechen gehalten werden muss, dass der Ausbau nur kommt, wenn es nachts ruhig ist. Wenn Sie dies nicht sicherstellen können, dann dürfen Sie den Ausbau nicht weiter propagieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke,Herr Kaufmann.– Herr Posch hat Gelegenheit zur Antwort.

Frau Präsidentin! Zwei kurze Bemerkungen dazu. Ich glaube, ich habe auch das schon mehrfach an dieser Stelle gesagt: Für mich ist der Ausbau des Frankfurter Flughafens nicht etwas, was man statisch betrachten kann.Alles, was in der Mediation gemacht und ausgesagt worden ist, hat berücksichtigt, dass es um einen Prozess geht, der zu bewältigen ist. Wenn ich in dieser Welt Wirtschaftswachstum habe, hat das Auswirkungen auf einen internationalen Hub. Dann kann man nicht so tun, als wären wir im Jahre 2000 stehen geblieben.

(Beifall bei der FDP)

Es tut mir leid, das gehört zur Redlichkeit. Wenn wir wissen, welche Funktion dieser Flughafen hat, dann können wir das nur als einen Prozess verstehen. In diesem Prozess muss man versuchen, so viel wie möglich zu erreichen, um eine Minimierung der Beeinträchtigung zu gewährleisten. Hier habe ich ein anderes Verständnis als Sie, Herr Kollege Kaufmann.

Zur Frage Bundesverwaltungsgericht und Schönefeld. Ich beteilige mich nicht an der Interpretation. Ich beteilige mich auch nicht an einer Prognose, was das Bundesverwaltungsgericht machen wird, ob es Schönefeld und Frankfurt in der Weise vergleicht, dass Frankfurt anders zu behandeln ist als Schönefeld. Es spricht vielleicht einiges dafür, dass es so sein kann.Aber ich habe Ihnen schon einmal gesagt:Wir sind hier ein Parlament und kein juristisches Seminar über Genehmigungsrecht.

(Beifall bei der FDP)

Ich verstehe etwas davon, aber ich bin nicht so vermessen, eine Prognose zu dieser Frage abzugeben, wirklich nicht.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Posch. – Das Wort hat Herr Kollege Walter für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Posch hat sich eben ein bisschen darüber aufgeregt, dass Kollege Al-Wazir und die Fraktion der Bündnisgrünen quasi ein bisschen oberlehrerhaft hier zum wiederholten Male abfragen: Wie ist die Position zum Nachtflugverbot? Bislang haben alle, zumindest rhetorisch, gesagt, sie stehen zu dem Nachtflugverbot; ist das immer noch so?

Herr Kollege Posch, wir von der SPD-Fraktion haben mit dieser Abfrage überhaupt kein Problem. Ich bin an dieser Stelle auch überhaupt nicht verärgert, dass die GRÜNEN das hier noch einmal diskutieren. Wir sagen das, was wir als SPD-Fraktion in diesem Hause seit dem Mediationsergebnis immer wieder gesagt haben. Für uns gibt es den Ausbau nur mit dem Nachtflugverbot und den sonstigen Ergebnissen des Mediationsverfahrens.Aber, liebe Kollegen von den GRÜNEN, wir haben auch immer die Medaillentheorie hinzugefügt:Ohne den Ausbau wird es kein Nachtflugverbot geben. In diesem Sinne hat sich für die SPD-Fraktion nichts verändert.

(Beifall bei der SPD)

Herr Al-Wazir, unabhängig davon, dass wir sozusagen am Tag und in der Nacht immer gleich beantworten, was Sie abfragen, ist es gut, dass wir in der jetzigen Situation noch einmal das Thema Nachtflugverbot und damit insgesamt das Thema Ausbau des Flughafens besprechen.Denn man muss sich in dieser Debatte zunächst einmal klar werden, was wir hier tun. Die letzte Debatte war, soweit ich mich erinnere, die zum Landesentwicklungsplan. Diese Debatte war eine, die konstitutiv für den Ausbau war, jedenfalls was die Zustimmung zum Landesentwicklungsplan angeht,nicht was den Begleitbeschluss angeht.Denn ohne den Landesentwicklungsplan könnte es keinen Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben Ausbau Frankfurter

Flughafen geben. Aber ohne einen Planfeststellungsbeschluss kann es keinen Ausbau geben.

Der Bereich, in dem wir uns jetzt zum wiederholten Male bewegen, betrifft die Resolution, das Wiederholen der Positionen. Die Positionen haben sich nicht verändert. Das haben die Rednerinnen und Redner der Fraktionen deutlich gemacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, allerdings ist das Stimmengewirr im Vorfeld des Planfeststellungsbeschlusses, der für Ende des Jahres angekündigt ist, etwas dichter geworden. Nicht nur wir – da hat Herr Al-Wazir recht –, sondern auch andere melden sich in dieser Debatte mit Forderungen zu Wort.

Vor kurzem hat der BDI dargestellt, das Nachtflugverbot bringe große Probleme für die Wirtschaft, man wolle kein Nachtflugverbot. Das waren aber nicht die Ersten. Auch die Lufthansa hat immer erklärt, sie habe große Probleme mit dem Nachtflugverbot.

Insofern machen in dieser Situation alle noch einmal deutlich, was ihre Positionen sind und wo jeweils die Positionen sind. Es ist auch nicht ganz ungewöhnlich bei einem Projekt, das von so großer Bedeutung wie der Frankfurter Flughafen ist, dass alle vorher noch einmal ihre Position deutlich machen.

Jetzt beschreiten wir den weiteren Weg. Der Planfeststellungsbeschluss – ich nehme an, der Ministerpräsident oder der Wirtschaftsminister wird heute auch noch die Position der Landesregierung bekräftigen, die auch schon den Medien zu entnehmen war – wird mit dem entsprechenden Inhalt gefasst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der GRÜNEN, Sie wissen, wovon ich rede. Egal, was in diesem Planfeststellungsbeschluss stehen wird,er wird beklagt.Das ist der normale Vorgang.Alle sitzen an ihren Positionen.Alle sagen: Das muss so umgesetzt werden; wenn es nicht umgesetzt wird, dann klagen wir.

Sie haben bereits gesagt: Egal, was in diesem Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens stehen wird, werden wir klagen.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch andere vertreten diese Position. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo unter rot-grüner Regierung ein anderer Weg versucht wurde, um ein solches Vorhaben, bei dem zwangsläufig nicht alle zum gleichen Ergebnis kommen können, zu lösen, nämlich das Mediationsverfahren. Das Mediationsverfahren mit dem Versuch, das Bild der Waage aller widerstreitenden Argumente zum Ausgleich zu bringen, kam zu einem Ergebnis. Möglicherweise glauben wir, dass damit die Mediation zwangsläufig beendet sein muss. Das ist aber falsch, denn die Mediation wird im Regionalen Dialogforum fortgesetzt, das Teil des Mediationsverfahrens war. Dieses Regionale Dialogforum wird unter dem Vorsitzenden Prof. Dr.Wörner in nächster Zeit einen Vorschlag unterbreiten. Unabhängig von den jeweiligen Positionen müssen wir als verantwortungsvolle Politiker alles für das Land Hessen und vor allen Dingen für die Rhein-Main-Region, die die Belastungen als Erste spüren wird, tun, dass dieses Regionale Dialogforum zu einem Ergebnis kommt.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin fest davon überzeugt, wir sollten in unserer Region unsere Probleme selbst durch eine Verhandlungslö

sung klären, als diese – feige – Entscheidung, sie zum Bundesverwaltungsgericht nach Berlin zu delegieren.

(Beifall bei der SPD, der FDP und bei Abgeordne- ten der CDU)

Ich weiß nicht, ob dies ob der Schwierigkeiten funktionieren kann. Es wäre aber fahrlässig, es zu unterlassen.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, dieses Regionale Dialogforum, diese Verhandlungslösung innerhalb einer Region, bietet Chancen für die Menschen weit über die Möglichkeiten eines gerichtlichen Urteils hinaus.

Prof.Wörner hat sehr deutlich gemacht, dass wir in dieser Verhandlungslösung Dinge regeln können, die überhaupt nicht Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses sein können.Wir reden hier über lärmreduzierte An- und Abflugrouten, Minimum Noise Routings und Continuous Descent. All diese Dinge, über die wir hier diskutieren und die für die Leute von zentrale Bedeutung sind, können mangels Regelungskompetenz nicht in einem Planfeststellungsbeschluss geregelt werden. Sie können aber in einem Vergleich geregelt werden. Wer es unterlässt, diese Vergleichsanstrengungen zu unternehmen, der unterlässt es, den Lärm zu reduzieren, dort, wo es möglich ist.

(Beifall bei der SPD, bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Lärmreduzierungen können natürlich im Planfeststellungsverfahren geregelt werden. Was aber macht ein Gericht? Ein Gericht zieht in Abwägung, was rechtlich geboten ist und was rechtlich notwendig ist. In der Vergleichsbzw. Verhandlungslösung kann man an der einen Stelle weit über das rechtlich Gebotene hinausgehen. Wir sind jetzt in dem immer kleiner werdenden Zeitfenster vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in der Situation, dass das, was im Vergleich in der Region geklärt werden kann, auch rechtlich verbindlich umgesetzt werden kann. Die Ergebnisse des Regionalen Dialogforums können im Planfeststellungsverfahren festgeschrieben werden. Wir wären bei dieser Thematik nicht einmal die Ersten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich denke, das geht nicht!)

Herr Kollege Al-Wazir, der Flughafen Wien – die Flughäfen haben doch heute alle die gleichen Probleme, wirtschaftliche Bedeutung auf der einen Seite, unabdingbar für Arbeitsplätze und Entwicklung, und auf der anderen Seite Lärm und Belastungen für die Menschen – hatte in seinem Ausbauvorhaben 55 Verfahrensbeteiligte, die letztlich auf dem Verhandlungsweg so weit gekommen sind, dass sie einen Vergleich geschlossen haben und eine Klage verhindert werden konnte.Dies ist ein vorbildliches Ergebnis. Ich würde mir wünschen, dass wir auch in unserer Region zu diesem Ergebnis kommen.Herr Kollege AlWazir, auch wenn Ihnen das nicht gefallen mag: Ich wünsche mir,dass dieses Regionale Dialogforum zu einem Ergebnis für diese Region kommt, und wir werden dieses Ergebnis akzeptieren.

(Beifall bei der SPD)

Letzter Punkt: Verhandlungslösung. Etwas, was wir uns von der Landesregierung gewünscht hätten, was mit hätte eingebracht werden können, ist die Idee, die unser Kollege Lothar Klemm bereits in seiner Zeit in der politi

schen Diskussion angemahnt hat, nämlich die Regionaldividende. Es ist nun einmal so, dass dieser Flughafen große Vorteile für die Region bringt. Er bringt auch große Vorteile für unser Land Hessen im Ganzen und große Vorteile für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland.Nicht alle,die Vorteile von diesem Flughafen haben, sind von diesem Flughafen gleich belastet. Diejenigen, die weiter weg wohnen, beispielsweise im Landkreis Limburg-Weilburg, haben eine geringere Lärmbelastung. Die Anwohner der Rhein-Main-Region hingegen haben auch die Lärmbelastung zu tragen.

Herr Ministerpräsident, die Idee, die Lothar Klemm in diese Diskussion gebracht hat, lautet: Das Land als wesentlicher Anteilseigner dieses Flughafens zahlt die Dividenden in einen regionalen Fonds ein und finanziert daraus kulturelle, sportliche, umweltpolitische und soziale Projekte in der Region Frankfurt/Rhein-Main, sodass es ein doppeltes Bild des Ausgleichs gibt. Die, die besonders belastet sind, können durch die Gewinne auch ganz unmittelbar Vorteile erlangen. Herr Ministerpräsident, wir haben mehrfach auf dieses Thema hingewiesen, Sie haben die Einnahmen aus diesen Dividenden normal in den Haushalt eingestellt. Wir würden uns wünschen, dass die Menschen in der Region, die von diesem Flughafen in besonderem Maße belastet sind, deutlicher die Vorteile des Flughafens sehen.

Es ändert sich nichts an der Diskussion. Die Positionen bleiben: kein Ausbau ohne Nachtflugverbot, allerdings auch kein Nachtflugverbot ohne den Ausbau.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie kritisieren gelegentlich, dass manche der Positionen von dem Mediationsergebnis abweichen würden. Das ist ein zulässiger Vorwurf. Sie sagen allerdings nicht im gleichen Satz, dass Sie nicht auf den Boden dieses Mediationsergebnisses stehen. Wäre es der politische Gegner, würde ich hier mit harten Ausdrücken wie „heuchlerisch“ oder „scheinheilig“ agieren.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir reden über Ihr Versprechen und nicht über unseres! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei Ihnen sage ich es einmal vorsichtiger:vorsätzlich missverständlich.Was Sie gelegentlich verschweigen, ist:Wenn alles umgesetzt wird, wenn jedes einzelne Komma des Mediationsergebnisses umgesetzt wird, wenn man sogar über die Ergebnisse des Mediationsverfahrens hinausgeht, werden Sie trotzdem gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens sein. Das diskreditiert Sie in dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD, der FDP und bei Abgeordne- ten der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenruf des Abg. Michael Bodden- berg (CDU):Würden Sie zustimmen?)

Vielen Dank, Herr Kollege Walter. – Das Wort hat Wirtschaftsminister Dr. Rhiel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausbau des Frankfurter Flughafens, das ist heute noch einmal deutlich geworden, ist unbestritten eine der

wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland, umso mehr auch für das Land Hessen.Von Anfang an war und ist dabei der Schutz der Nachtruhe der Bevölkerung und die verbindliche Festsetzung von Nachtflugbeschränkungen Bestandteil des Mediationspakets wie auch die Absicht der Landesregierung.