Protokoll der Sitzung vom 06.09.2007

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Jürgens für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die politische Brisanz des vorliegenden Gesetzentwurfs ist sicherlich überschaubar.Aus meiner Sicht gibt es im Augenblick drei Anmerkungen.

Erstens. Die Wiederholung der bestandenen zweiten juristischen Staatsprüfung zum Zweck der Notenverbesserung zu ermöglichen macht Sinn und wird von uns unterstützt.

Zweitens. Die hierfür vorgesehene Gebühr von 500 c ist auf den ersten Blick plausibel kalkuliert und deswegen wohl auch in Ordnung.Wir sollten allerdings in Erwägung ziehen, dass vielleicht in Einzelfällen zur Vermeidung von Härtefällen – z. B. aus sozialen Gründen – diese Gebühr entfallen oder reduziert werden könnte.

Drittens. Dies ist eine kritische Anmerkung. Ich halte Ihren Vorschlag für mindestens diskussionswürdig, eine Wiederaufnahme in den Vorbereitungsdienst als Referendar auch dann zu verweigern, wenn jemand die Prüfung zweimal nicht bestanden hat und es ihm ausnahmsweise gestattet wird, die Prüfung zum dritten Mal abzulegen.Da war bisher die Möglichkeit gegeben, wieder in den Vorbereitungsdienst zurückzukehren.

Dies soll jetzt abgeschafft werden, und zwar mit der Begründung: Auch die Wiederholer einer bestandenen Prüfung können ja nicht zurück in den Vorbereitungsdienst, was übrigens unstreitig und sinnvoll ist. Es macht keinen Sinn,wenn jemand zur Notenverbesserung – sozusagen zu seinem Privatvergnügen – eine Prüfung wiederholt, ihn dann mit der Ausbildungsvergütung in der Zwischenzeit zu alimentieren. Es ist völlig klar, dass das keinen Sinn macht.

Aber diejenigen,die die Prüfung noch nicht bestanden haben und denen ausnahmsweise gestattet wurde, sie ein drittes Mal abzulegen, haben bereits viel Zeit und Geld investiert, und der Staat hat ebenfalls viel Geld investiert, sodass der Staat auch ein eigenes Interesse daran hat,dass beim dritten Mal die Prüfung klappt, um einen berufsqua

lifizierenden Abschluss zu erreichen. Deswegen sollte es meines Erachtens bei der jetzigen Regelung in diesem Fall verbleiben. Wir werden das sicherlich im Ausschuss beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Holler für die CDUFraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Staatsminister hat es vorher gesagt: Der Gesetzentwurf geht auch zurück auf eine Debatte im Rechtsausschuss. Ich freue mich ganz persönlich über die Entwicklung – ich war damals Berichterstatter der Petition – und darüber, dass wir die Dinge so schnell aufgreifen konnten. Denn das Ansinnen, das die Petenten damals gestellt haben, ist durchaus berechtigt – gerade dann, wenn man berücksichtigt, dass es beim Berufswunsch der Juristen manchmal um wenige Stellen hinter dem Komma geht und diese darüber entscheiden, ob sich der Berufswunsch, in den Richterdienst oder auch in eine Großkanzlei zu gehen, realisiert oder nicht.

Mit diesem Gesetz wird diesen Dingen Rechnung getragen. Wir stärken damit auch den Wettbewerb zugunsten Hessens. Denn für viele Referendare ist es durchaus eine interessante Frage, ob sie am Anfang ihres Referendardienstes wissen, dass sie noch einmal so eine Chance zur Wiederholung haben. Wir haben es bereits gehört: In mehreren Bundesländern gibt es diese Chance bereits.Somit ist es gut, dass wir in Hessen diesen Gesetzentwurf möglichst zügig beschließen. Die CDU-Fraktion wird dem zustimmen.

Es hat sich im Rechtsausschuss auch schon bei der Debatte zur Petition abgezeichnet, dass wir hier eine breite Mehrheit für diese Entwicklung bekommen, worüber ich mich freue. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Beer für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits durchgeklungen: Der Gesetzentwurf ist wenig streitbehaftet.Ich glaube,jeder von uns,der diesen Berufsweg gegangen ist, hätte sich gefreut, wenn zumindest theoretisch diese Möglichkeit bestanden hätte, wobei ich sagen muss, dass ich die doch durchaus nervenaufreibende Prüfungszeit nicht unbedingt noch einmal wiederholen möchte.

(Axel Wintermeyer (CDU): Ich auch nicht!)

Nichtsdestoweniger lassen Sie mich noch zwei Gedankengänge mit anfügen, die im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf stehen.

Ich frage mich auch bei der Betrachtung der jetzigen Ausbildungsstation im Referendariat und der Art und Weise, wie sie in der Praxis durchgeführt werden – gerade auch

nach Gesprächen mit Referendargruppen –, ob wir nicht zusätzlich zu dem, was wir jetzt mit unserem Gesetzentwurf machen,noch mehr Augenmerk darauf legen sollten, wie die Ausbildung unserer Referendarinnen und Referendare in der Praxis stattfindet.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Mir aber wird von Referendargruppen und auch bei meinen Besuchen immer wieder vorgetragen, welche Unzulänglichkeiten es von den Ausbildungslehrgängen bis hin in die Stationen gibt. Es ist im Grunde genommen dem Zufall überlassen, ob man auf einen engagierten und guten Ausbilder trifft oder auf jemanden, der das gezwungenermaßen mitlaufen lässt. Danach unterscheidet sich die Qualität der Ausbildung sehr stark.

Wir sollten vielleicht auch noch einmal darüber nachdenken, in welcher Art und Weise gerade auch die Lehrgänge konzipiert sind.Wir haben eine Umgestaltung vorgenommen. Herr Minister, da wäre es vielleicht an der Zeit, auch einmal eine gründliche Evaluation vorzunehmen, wenn sich solche Auskünfte von Referendaren häufen. Das, was man vorher in eine gute Ausbildung gesteckt hat, kann man vielleicht nachher bei einer Wiederholungsprüfung einsparen, denn wenn vorher Qualität hineinkommt, braucht man nachher auch keine Wiederholungsprüfung, um die Note aufzubessern. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist folgender. Sie werden mir nachsehen müssen, dass ich das gerade als Liberale an dieser Stelle anbringen muss. Es ist meines Erachtens weitergehend an der Zeit, darüber nachzudenken, ob wir es bei diesem einheitlichen Referendardienst für alle belassen. Sie wissen, dass die FDP das sogenannte Dreispartenmodell verfolgt. Wir sind der Meinung, dass in Zukunft nicht mehr alle mit erstem Staatsexamen durch die Einheitsausbildung geschleust werden sollten, sondern dass wir sie auf drei Säulen aufteilen sollten: die Richterschaft, die Anwaltschaft und die Verwaltungsjuristen. Ich glaube, dass das den Vorteil hätte, dass die so ausgebildeten Juristinnen und Juristen eine große Ahnung vom großen Ganzen, aber vor allem eine sehr spezialisierte Ahnung von dem jeweiligen Fachgebiet hätten, in dem sie ausgebildet werden und in dem sie dann auch zukünftig beruflich tätig werden wollen.

Wenn wir uns einmal anschauen, wie die Situation nach dem zweiten Staatsexamen ist, dann sehen wir, dass es doch so ist, dass sich hier die Aufsplittung sehr stark vollzieht. In Gesprächen mit Referendarinnen und Referendaren ist mir immer wieder vorgetragen worden, dass es eine reine Fiktion sei, auf allen Ausbildungsgebieten entsprechend vorbereitet und geschult zu sein, die nachher im Examen erwartet werden. Ich glaube, dass wir hier realistisch genug sein sollten, darüber nachzudenken, ob es Sinn macht, an dieser Form des Referendariats festzuhalten, oder ob es nicht von Vorteil sein könnte, hier eine stärkere Spezialisierung schon in diese Ausbildungsphase mit einzubauen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren,es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die erste Lesung durchgeführt. Vereinbarungsgemäß wollen wir den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung und Vorbereitung der zweiten Lesung dem zuständigen Ausschuss, dem Rechtsausschuss, überweisen.Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Versicherungsaufsichts- und Kostenerstattungsgesetz (HVAG) – Drucks. 16/7674 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten. – Das Wort hat Herr Minister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das noch geltende Hessische Versicherungsaufsichtsund Kostenerstattungsgesetz, das HVAG, ist bis Ende des Jahres befristet. Es regelt die Versicherungsaufsicht und die Zuständigkeit dafür für die öffentlich-rechtlichen und die kleineren privaten Versicherungsunternehmen außerhalb der Sozialversicherung, und zwar soweit sie nicht durch den Bund wahrgenommen wird, sondern dem Land oder den Ländern jeweils zusteht.

Die Überprüfung des bestehenden Gesetzes hat ergeben, dass Anpassungs- und Änderungsbedarf besteht, zum einen deshalb, weil die bundesrechtliche Vorschrift zur Erstattung der Aufsichtskosten, auf die wir mit unserem Gesetz bisher verwiesen haben, aufgehoben worden ist. Es fehlt also die sogenannte Bezugsbasis. Deswegen müssen wir eine eigene Regelung schaffen.

Zunächst hat sich die angewandte Kostenregelung bei der ausgeübten Aufsicht für die öffentlich-rechtlichen Versicherungen bewährt. Sie soll daher im Wesentlichen übernommen werden, wie es bisher auch der Fall war, ohne dass diese Bezugsebene Bund noch vorhanden ist. Danach sind von den beaufsichtigten Unternehmen 90 % der Kosten für die Versicherungsaufsicht im Verhältnis zu ihrer jährlichen Einnahmesituation an Versicherungsentgelten zu erstatten.

Ein zweiter Bereich der Aufsichtstätigkeit wird vom Regierungspräsidium in Darmstadt für die Überprüfung der kleineren privaten Versicherungsunternehmen wahrgenommen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Etwas mehr Emphase!)

Das ist nicht so einfach.– Hier ist die Kostenregelung etwas kompliziert.Aus der Erfahrung der Vergangenheit ist der Aufwand im Verhältnis zu den Erträgen so hoch. Und wir wollen eine neue Regelung so ausgestalten, dass einzelne Amtshandlungen als Grundlage für eine Gebührenerhebung genommen werden können.

Dann haben wir einen dritten Fall. Es geht um die kirchliche Zusatzversorgungskasse Darmstadt, die KZVK. Hier wollen wir die bisherigen Aufsichtsvorschriften den neuen geänderten Normen anpassen. Diese KZVK unterliegt aber nicht nur der Versicherungsaufsicht des Landes bezogen auf die kapitalgedeckte Pflichtversicherung, sondern durch die neue Sparte einer freiwilligen kapitalgedeckten Zusatzversorgung muss ein eigener Abrechnungsverband geführt werden. Das bedeutet, dass wir in dem geänderten Gesetz dieses Spezifische aufnehmen müssen.

Das sind die wesentlichen materiellen Änderungen. Ich bringe das Gesetz ein und bitte um konstruktive Beratung und eine positive Verabschiedung. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Ich eröffne die jetzt emphatische Aussprache mit Herrn Kollegen Kaufmann.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist dieser Gesetzentwurf jetzt nicht im Fokus der politischen Brisanz und Auseinandersetzung. Herr Minister, aber dennoch kann man ein paar Anmerkungen, einige auch kritisch, machen.

Ich versuche noch einmal, Grüße an den Kollegen Beuth loszuwerden. Heute Vormittag ist es mir deshalb nicht gelungen, weil er nicht da war – jetzt leider wieder nicht. Er hat uns gestern beschimpft, dass Gesetzentwürfe kurz vor Toresschluss eingebracht würden, die eine vernünftige Beratung gar nicht mehr möglich machten.

(Widerspruch bei den Abg. Michael Boddenberg (CDU) und Nicola Beer (FDP))

Das habe ich heute bei einem Gesetzentwurf vorgebracht, und dann wurde als Entschuldigung vorgebracht, es läge daran, dass die EU so spät gehandelt habe. Man kann darüber streiten, ob es stimmt. Aber immerhin war es ein Argument.Herr Staatsminister,jetzt haben wir überhaupt kein Argument, denn dieses Gesetz läuft am 31. Dezember 2007 aus. So steht es im Vorblatt. Und wann der 31. Dezember 2007 ist, hat man schon früher und nicht erst Anfang September gewusst.

Von daher hätte man mit diesem wunderbaren Gesetzentwurf auch etwas früher kommen können, sodass wir jetzt nicht in der Ballung zum Ende des letzten Jahres der Legislaturperiode alles zusammen haben. Ich denke, das ist eine berechtigte Kritik. Die Landesregierung hat es verschlafen, und wir sollen es irgendwie noch heilen.

Zum Inhaltlichen ist im Augenblick nicht viel zu sagen. Der Minister hat darauf hingewiesen, die Zuständigkeit wird vereinheitlicht. Es geht um öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen und um die kleineren privaten. Insoweit ist eine Kostenregelung bei 1 Promille gedeckelt.

Meine Damen und Herren, jeder Gesetzentwurf ist durchaus geeignet, etwas dazuzulernen. Ich weiß nicht, ob das heute gelingt. Aber ich möchte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit einmal auf § 2 Abs. 2 Satz 2 dieses Gesetzentwurfes lenken. Ich lese jetzt vor, und Sie erklären mir es dann wahrscheinlich später im Ausschuss.

Für diesen Abrechnungsverband beträgt die Mindestsolvabilitätsspanne der unbelasteten Eigenmittel, die zur dauernden Erfüllbarkeit der Verträge zur Verfügung stehen sollen, fünf vom Hundert der Deckungsrückstellung. Es werden fünf Drittel vom Hundert der versicherungstechnischen Rückstellungen der Pflichtversicherung auf diese Mindestsolvabilitätsspanne angerechnet.

Meine Damen und Herren, ich bin in der Tendenz der Meinung, dass Gesetze auch allgemeinverständlich sein sollten. Das ist an dieser Stelle nur höchst mangelhaft gelungen. Das Argument mag jetzt sein: Es ist eh nur etwas für Fachleute. – Aber ich denke, das kann nicht unbedingt befriedigen.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))