Meine Damen und Herren, nun haben wir zwei Anträge vorliegen.Herr Kollege Dr.Spies – bei aller Sympathie für Ihre Person –,
man kann Frau Kollegin Schulz-Asche sicherlich nicht vorwerfen, dass sie fleißig gewesen ist und ein eigenes Modell gestrickt hat.
Herr Kollege Dr. Spies, dass wir das Thema öffentlicher Gesundheitsdienst so spät im Jahr behandeln, ist nicht das Problem der Opposition.Das eigentliche Problem ist,dass wir in den parlamentarischen Gang erst relativ spät eingetreten sind. Daher kann man dies meines Erachtens überhaupt nicht kritisieren. Es ist aber ein Faktum, dass wir nun natürlich in Eile sind. Wir beraten in zweiter Lesung, und es stellt sich die Frage, wie wir mit diesem Gesetz umgehen.
Frau Kollegin Oppermann, ich glaube, dass es sinnvoll gewesen wäre, wenn man das, was in der Anhörung genannt worden ist, dass man nämlich aus anderen Bundesländern einfach einmal Beispiele kopieren sollte, auch gemacht hätte. Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen, von welchen ich glaube, dass sie gut klappen. Ein Beispiel ist – Sie haben es erwähnt – Niedersachsen. Niedersachsen hat es ge
schafft, ein relativ schlankes Gesetz zu verabschieden, ein schlankes Gesetz, das den Kommunen vor Ort die Möglichkeit gibt, selbst zu gestalten. Ich finde es richtig, nicht zu stark einzugreifen. Dennoch hat es Niedersachsen geschafft – und das ist für uns wichtig –, die verkrustete Organisationsstruktur des öffentlichen Gesundheitsdienstes aufzubrechen. Darum muss es auch uns gehen.
Der klassische Amtsarzt ist unserer Ansicht nach nicht mehr die zeitgemäße Organisationsform, so wie wir dies bereits in anderen Bundesländern haben.An dieser Stelle haben die Niedersachsen etwas geschafft, was sich – wir haben nachgefragt – in der Praxis bewährt hat: die medizinischen Fachdienste. Darüber sollte man nachdenken. Die medizinischen Fachdienste sind Zusammenschlüsse von ambulanten Medizinern vor Ort, die man in einen öffentlichen Gesundheitsdienst einbettet. Dadurch hat man zwei Vorteile: Man hat die Erfahrungen der niedergelassenen Mediziner, die mitten im Leben bzw. der Praxis stehen. Auf der anderen Seite muss man nicht weiterhin teure Staatsdiener beschäftigen, sondern kann dies mit den bestehenden Strukturen anders organisieren. Das halten wir für richtig.
Meine Damen und Herren, es stimmt, dass dies eine völlig andere Organisationsform ist, doch sie scheint in Niedersachsen völlig anders zu funktionieren; und daher scheint dies positiv zu sein. Daher sollte man darüber nachdenken, ob man nicht dieses Beispiel übernehmen sollte.
Nun zum zweiten Beispiel: die Kindergesundheit, die ebenfalls genannt worden ist.Wir haben in diesem Hause in den letzten Wochen sehr viel darüber diskutiert,wie wir in Hessen die Kindergesundheit organisieren wollen. Wir sind uns gemeinsam, fraktionsübergreifend, darüber einig, dass dieses Thema oberste Priorität haben muss und dass wir etwas unternehmen müssen, weil der Zustand, wie er zurzeit besteht, absolut inakzeptabel ist.
Die Fälle von Kindesmisshandlung und Kindesverwahrlosung, aber auch Fälle, wo sich Eltern nicht genügend um ihre Kinder gekümmert haben, stellen ein Problem dar. Deshalb haben wir in den verschiedensten Anhörungen, die wir in den letzten Monaten gemacht haben, festgestellt: Der Staat kann in diesem Zusammenhang mehr tun.Wir werden das Gesetz dieser Tage beraten.
Frau Ministerin, an dieser Stelle verwundert es aber, weshalb Sie diesen Aspekt nicht in das Gesetz integriert haben, denn dort gehört er hinein.
Deshalb wäre es auch richtig, dies in das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst zu integrieren.Wir haben unseren Vorschlag vorgelegt; wir wollen die Kinder- und Jugendgesundheit integrieren.
Meine Damen und Herren, wir sind auch der Auffassung, das man bei der Sprachstandserfassung früher ansetzen muss,auch das will ich abschließend erwähnen.Ich bin der festen Überzeugung, dass es zu spät ist, was wir zurzeit machen. Es ist richtig, dass überhaupt etwas gemacht wird, unbestritten. Aber nach unserer Ansicht passiert es zu spät. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen hier früher anfangen. Das haben wir Ihnen vorgelegt.
Ich will die Debatte jetzt nicht zu lange führen. Abschließend: Wir glauben, dass es sinnvoll ist, wenn wir heute Abend noch einmal versuchen, die verschiedenen Vorschläge, die von der Opposition gekommen sind, in diesen Gesetzentwurf einzubauen. Man würde dem Gesetz dadurch Gutes tun. Deshalb plädieren wir dafür, in der dritten Lesung auch die Vorschläge der Opposition einzubauen. – Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Rentsch. – Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Lautenschläger das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen ein sehr modernes Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst vorgelegt.
(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was Sie unter „modern“ verstehen! Schöne Grüße aus dem 19. Jahrhundert! – Dr.Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Olle Kamellen!)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Ich habe niemanden bellen gehört, nur lachen!)
Es macht manchmal auch Sinn, schlichtweg den Gesetzestext ganz in Ruhe noch einmal zu lesen. Ich will Ihnen noch einmal einige Punkte aus dem Gesetz deutlich machen.
Wir haben in diesem Gesetz gerade auch die weichen Themen wie Prävention, Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche geregelt.Aber wir sind deutlich über das hinausgegangen, was die Länder geregelt haben, die Sie gerade alle anführen, ob das Niedersachsen, RheinlandPfalz oder manchmal auch Schleswig-Holstein ist.
Wir sind auf neue Herausforderungen eingegangen, die in all den anderen Gesetzen, wenn es um den öffentlichen Gesundheitsdienst geht, gerade nicht geregelt sind. Diese neuen Herausforderungen sind ganz klar die Verhütung und Bekämpfung von sehr schwierigen Krankheiten, wie z. B. der Vogelgrippe. Auch für den Gefahrenfall haben wir sehr klare Vorgaben gemacht, die bisher kein anderes Gesetz übernommen hat.
Das ist ein Thema, mit dem Sie sich heute sehr gern beschäftigen. Den GRÜNEN fällt heute ein, einen neuen Gesetzentwurf aus ihrer Sicht vorzulegen, obwohl sie gar nicht wirklich verglichen haben, was in dem Gesetz steht. Die SPD kann auch gern im nächsten Jahr ein Fraktionsgesetz einbringen.Ich glaube nicht,dass sie dann dafür die erforderliche Mehrheit erhalten wird.
Wir können gern konstruktiv weiter über diese Themen sprechen.Aber vielleicht sollten Sie sich einfach noch einmal § 7 unseres Gesetzes ganz in Ruhe zu Gemüte führen, daneben die Regelung in Niedersachsen, die Regelung in Rheinland-Pfalz, die eigentlich keine richtige Regelung
ist, und die Regelung in Schleswig-Holstein legen. Denn das sind die Gesetze, die Sie für extrem modern gehalten haben. Dann stellen Sie sehr schnell fest, dass es schon in § 7 Abs. 1 des hessischen Gesetzes heißt: „Die Gesundheitsämter klären die Bevölkerung über gesunde Lebensweise,“ – Stichwort: Prävention, Frau Kollegin SchulzAsche – „Gesundheitsgefährdungen und die Verhütung von Krankheiten auf.“
Wenn Sie dort weiterlesen, finden Sie in § 7 auch: „Dies gilt insbesondere für sozial benachteiligte oder besonders schutzbedürftige Personen“. Auch dieser Bereich ist ausdrücklich geregelt. Wenn Sie das unmittelbar mit Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein vergleichen, dann stellen Sie sehr schnell fest, wir haben weiter gehende Regelungen und das, was Sie einfordern, längst im hessischen Gesetz aufgenommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,auch das Thema Versorgungsstrukturen für ältere Menschen in Hessen, das in der Anhörung eine Rolle gespielt hat, ist im Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst ausdrücklich geregelt. In den anderen drei Bundesländern ist es eben so nicht geregelt.Deswegen macht es Sinn,wenn Sie den Gesetzestext noch einmal genau durchlesen und sich auch anschauen, wie die unterschiedlichen Stellen zusammenarbeiten sollen.
Herr Kollege Rentsch, es geht natürlich auch darum, den Bereich der niedergelassenen Ärzte einzubinden. Klar ist, dass der öffentliche Gesundheitsdienst eine wichtige und tragende Säule ist und nach unserer Überzeugung auch bleiben muss, gerade wenn es um Gefahrenabwehr, die Pandemieplanung oder Impfungen geht, aber auch bei der Koordination. Denn wir haben bisher keine anderen Stellen, die die unterschiedlichen Stellen – dazu gehören selbstverständlich auch die niedergelassenen Ärzte – koordinieren und gemeinsam präventiv Konzepte erarbeiten. Wir sind der Auffassung, dass das in vielen Regionen Hessens sehr gut funktioniert und der öffentliche Gesundheitsdienst dort einen hohen Stellenwert hat.
Aber ich will Sie auch noch einmal auf § 10 des hessischen Gesetzes hinweisen, weil das heute in der Debatte eine entscheidende Rolle gespielt hat.Auch dort lohnt es sich, den Gesetzestext in aller Ruhe nachzulesen. Das ist nämlich der Paragraf zur Kinder- und Jugendgesundheit. Dann stellen Sie sehr schnell fest, dass Hessen und Schleswig-Holstein sehr ähnliche Regelungen haben, Niedersachsen diese auch aufgenommen hat, interessanterweise aber Rheinland-Pfalz keine eigene Vorschrift für die Kinder- und Jugendgesundheit hat. Wir bekommen aber von Ihnen jeweils solche Gesetze vorgehalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein ständiges Jammern der Opposition hier. Die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wir haben die Kinderund Jugendgesundheit genauso verankert wie neue Ziele in das Gesetz aufgenommen, auch in der Handhabung ein einfaches Gesetz gemacht. Das Thema Zahngesundheit – alles Dinge, die in den anderen Gesetzen nicht drin sind – ist bei uns drin. Das Gesetz hat einen präventiven, modernen Ansatz. Dort lohnt es sich, wie wir es getan haben, das im Vorfeld sehr frühzeitig mit den vielen beteiligten Stellen abzustimmen. Denn auch ein öffentlicher Gesundheitsdienst kann nur dann funktionieren, wenn er tatsächlich seine Koordinationsaufgaben übernimmt und wenn
Ich würde mich freuen,wenn wir es doch in der dritten Lesung gemeinsam verabschieden könnten. Denn es geht darum, dass der öffentliche Gesundheitsdienst in Hessen auf neue Herausforderungen vorbereitet wird, aber selbstverständlich auch auf die Aufgaben, die er bereits gut gemacht hat. Es geht darum, das Lebensraumbezogene für Kinder, für Jugendliche, aber genauso für ältere Menschen in diesem Gesetz zu verankern. Das haben wir Ihnen mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin Lautenschläger. – Zu einer Kurzintervention hat Herr Dr. Spies das Wort.
Denn Sie haben ein Zitat gebracht, von dem ich glaube, dass es so was von bezeichnend für dieses Gesetz ist, dass ich uns das nicht vorenthalten möchte.
Die Gesundheitsämter... informieren und beraten, wie Gesundheit gefördert, Gefährdungen vermieden und Krankheiten verhütet werden können. Dies gilt insbesondere für sozial benachteiligte oder besonders schutzbedürftige Personen,...
Meine Damen und Herren, wenn es eines Beweises bedurfte, dass sich diese Landesregierung im sozialpolitischen Mittelalter befindet,
dann ist er mit diesem von der Frau Ministerin ganz besonders herausgehobenen Punkt geliefert. Denn wenn Sie allen Ernstes glauben, Sie könnten soziale Unterschiede im Gesundheitsverhalten, also die Frage, dass arme Menschen in diesem Land acht Jahre kürzer leben als reiche Menschen,