Protokoll der Sitzung vom 26.09.2007

(Zuruf von der CDU: Den Beifall ziehen Sie ab?)

Den Beifall ziehe ich wieder ab. – Das gilt dann nur für die Oppositionsfraktionen. Sind Sie mit 50 Minuten einverstanden?

(Reinhard Kahl (SPD): Ja!)

Gut, so viel zur Überziehung. Ich habe nicht unterbrochen, weil es sinnlos ist, bei Haushaltseinbringungen zu unterbrechen. – Als erster Redner hat Herr Kollege Kaufmann das Wort, bitte schön.

(Reinhard Kahl (SPD): Das gibt es doch nicht! Herr Präsident, das ist doch wohl eindeutig!)

Entschuldigung. Halt, Herr Kaufmann, ich habe hier gerade die Reihenfolge vorgelegt bekommen. Es ist prinzipiell so, dass ich all das mache, was Sie wollen. Nur, Sie müssen es mir sagen. – Das Wort hat Herr Kollege Schmitt, so wie es mir Herr Kollege Kahl zugerufen hat. Herr Kollege Schmitt, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung versucht kurz vor der Wahl, ihre selbst verschuldeten Probleme mit dem Haushalt 2008 zu korrigieren, doch dieser Haushaltsentwurf kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Landesregierung eine katastrophale Bilanz vorzuweisen hat.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist auf allen zentralen Feldern ein Abstieg zu verzeichnen: Beim Wirtschaftswachstum, bei der Bildung, bei der Kinderbetreuung und auch bei den Investitionen steht Hessen im Vergleich mit anderen Bundesländern am Tabellenende. Darauf werde ich nachher detailliert eingehen.

Hessen fällt zurück, weil die CDU-Fraktion bei der Bildungspolitik ideologisch behaftet ist und auch noch nach PISA unbelehrbar scheint. Sie arbeitet sozialpolitisch ohne Herz und Engagement, besitzt kein wirtschaftspolitisches Konzept, und finanzpolitisch – Herr Finanzminister Weimar hat dies eben deutlich gemacht – ist diese Landesregierung sowieso am Ende.

(Beifall bei der SPD)

Der Finanzminister hat seine Pressemitteilung vom 4. September dieses Jahres, in der er der Öffentlichkeit seinen Haushaltsentwurf vorgestellt hat, unter die Überschrift gestellt: „Investieren, investieren und nochmals investieren“. – Das, was im Haushalthaushaltsentwurf 2008 vorgelegt wird, ließe sich aber besser mit den Stichworten umschreiben: „Tricksen, tricksen, tricksen“.

(Beifall bei der SPD)

Es wird in Bezug auf die Nettoneuverschuldung ein systematischer Wahlbetrug geplant; und nach neunjähriger Haushaltspolitik von Herrn Ministerpräsident Koch und Herrn Weimar lassen sich lediglich katastrophale Ergebnisse feststellen. Die Gesamtverschuldung ist in diesen neun Jahren um mehr als 10,3 Milliarden c auf nun insgesamt rund 33 Milliarden c gestiegen. Hessen besteht nun seit 61 Jahren, doch Herr Koch und Herr Weimar haben es fertiggebracht, rund ein Drittel aller Nachkriegsschulden in ihrer neunjährigen Regierungszeit anzuhäufen. Das ist eine ganz katastrophale Bilanz.

(Beifall bei der SPD – Ministerpräsident Roland Koch: Meine lieben Freunde, dafür muss es aber mehr Beifall geben!)

Herr Ministerpräsident, die Feststellung, dass Sie in Ihrer neunjährigen Amtszeit ein Drittel aller Nachkriegsschulden angehäuft haben, verdient keinen Beifall. Das verdient die Abstrafung bei der nächsten Landtagswahl.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, hinzu kommt, dass die CDUgeführte Landesregierung dieses Land ausgeplündert hat – mit dem Ministerpräsidenten Roland Koch an ihrer Spitze. Es hat wie noch nie zuvor ein Ausverkauf des Landes stattgefunden, denn es wurde insgesamt ein Landesvermögen von rund 2,5 Milliarden c verkauft. Herr Ministerpräsident, das ist ebenfalls eine katastrophale Bilanz, die Sie und Herr Finanzminister Weimar zu verantworten haben. Wir haben 2,5 Milliarden c weniger an Vermögen, nur aufgrund Ihrer Verkäufe.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, aufgrund des Haushaltsentwurfs 2008 – es war interessant, dass Herr Finanzminister Weimar hierzu überhaupt nicht Stellung genommen hat – wird es die höchste Zinsbelastung seit dem Bestehen Hessens geben.Es müssen mittlerweile 1,45 Milliarden c Zinsen aufgebracht werden – übrigens bei einem geringen Marktzins. Ich möchte mir nicht ausmalen, welche Folgelasten es geben wird, wenn der Marktzins ansteigt.

Hinzu kommt außerdem, auch hierauf ist der Finanzminister nicht eingegangen, dass wir die höchsten Miet- und Pachtausgaben haben, die es in Hessen je gegeben hat. Es handelt sich um nahezu 300 Millionen c; und damit sind die Ausgaben fast fünfmal so hoch, wie dies im Jahre 2000 gewesen ist. Diese Ausgaben sind um das Fünffache gestiegen; das hat natürlich etwas mit den Verkäufen zu tun.

Herr Koch und Herr Weimar haben mit ihren Eingriffen in den Kommunalen Finanzausgleich den Städten, Gemeinden und Kreisen in Hessen rund 1 Milliarde c entzogen. Dies ist hinter dem sogenannten Solidaritätsbeitrag versteckt worden, wobei Herr Finanzminister Weimar selbst davon gesprochen hat, dass den Kommunen in diesem Falle zu viel Geld abgerungen worden sei. Dennoch hat er es nicht wieder bereitgestellt.

(Axel Wintermeyer (CDU): Wie rechnen Sie denn da?)

Da gibt es die Streichungen der Verstärkungsmittel für die Betriebskosten der Kindergärten, die Entnahmen beim Kommunalen Investitionsfonds, das BAMBINI-Programm,die Dorferneuerung,die gekürzt worden ist,sowie die „Operation düstere Zukunft“, die Sie immer gern verdrängen, was jedoch erhebliche Eingriffe in die kommunalen Finanzen gewesen sind.

(Zuruf von der CDU – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wenn die Bürgerinnen und Bürger in Hessen eine Landesregierung teuer zu stehen kommt, dann in der Tat diese.

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Wir haben mehr als 10 Milliarden c neue Schulden; dazu kommen der Ausverkauf Hessens mit rund 2,5 Milliarden c sowie die Kürzungen beim KFA in Höhe von 1 Milliarde c.

Die Folgelasten für künftige Haushalte liegen auf der Hand. Es sind jährlich rund 40 Millionen c an Zinsen zu zahlen – allein aufgrund der Belastungen, für die Sie während Ihrer neun Regierungsjahre gesorgt haben. Es werden außerdem – das ist besonders ärgerlich – über 300 Millionen c pro Jahr für Mieten und Pachten anfallen, und zwar durch die vorgenommenen Verkäufe.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das haben wir davon!)

Meine Damen und Herren, außerdem wurden die Kommunen im Stich gelassen, die sich bis über die Halskrause verschulden mussten, insbesondere die Kreise. Auch das gehört zu der katastrophalen Bilanz dieser Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Da sagt Herr Boddenberg – jetzt ist er leider nicht im Saal; er hat sich wahrscheinlich beim Klatschen für den Finanzminister verausgabt –, die SPD käme Hessen teuer zu stehen.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU – Axel Wintermeyer (CDU): Sehr teuer zu stehen!)

Herr Wintermeyer und Herr Milde, ich komme noch zu den Fakten. – Eines steht fest: Sie haben das Land extrem verschuldet und faktisch alle Wertsubstanz verschleudert. Sie haben doch Angst, dass die Vermögensbilanz des Landes Hessen, von der der Finanzminister gesprochen hat, vorgelegt wird. Meine Damen und Herren, Sie wissen, wie sie aussehen wird. Sie wird mit dicken roten Zahlen enden. Davor haben Sie doch Angst.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Wir haben es eingeführt!)

Sie wissen auch, warum das so ist. – Dann hat Herr Boddenberg gesagt, es sei unanständig, den Leuten mehr zu versprechen, als man halten kann. Damit hat er recht. Aber so viel Selbstkritik hätte ich ihm gar nicht zugetraut.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es geht noch weiter. Die Sozialdemokraten unter Ypsilanti würden Hessen wieder in die Verschuldung treiben – wieder. Ich frage mich:Wo war eigentlich die CDU in den letzten neun Jahren?

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Immer in der Regierung! – Axel Wintermeyer (CDU):Immer auf der richtigen Seite!)

Herr Milde, das ist das Problem. – Hat diese Landesregierung auch nur einmal einen Haushalt ohne Verschuldung vorgelegt?

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Wann hat das denn die SPD das letzte Mal gemacht?)

Nein. Den absoluten Rekord hat diese Landesregierung im Jahre 2002 zu verantworten:knapp 2 Milliarden c Nettoneuverschuldung. Herr von Hunnius, übrigens war die FDP auch dabei. Dann große Sprüche machen, dass es zu keiner Verschuldung im Lande Hessen kommt:

(Beifall bei der SPD)

Wenn sich jemand an die eigene Nase fassen müsste, dann auch die FDP. Sie haben mit zu diesem „Rekord“ beigetragen. Aber die Hauptschuldigen sitzen auf der Regierungsbank. Sie haben das Land finanziell an die Wand gefahren und wollen jetzt mit dem Zeigefinger auf andere zeigen. Ich kann Ihnen nur sagen: Das wird Ihnen nicht gelingen.

Herr Finanzminister, Sie sagen: Investieren, investieren, investieren“. – Die Wirklichkeit ist eine ganz andere. Da komme ich zu Ihrem „Tricksen, tricksen, tricksen“.

Erster Trick: angebliche Absenkung der Nettoneuverschuldung.Tatsache ist,dass das Nettofinanzierungsdefizit in diesem Jahr, also im Haushaltsentwurf 2008, 985 Millionen c beträgt.Die Nettoneuverschuldung von immerhin noch 680 Millionen c wird doch nur erreicht, weil Sie 300 Millionen c aus der Rücklage entnehmen. Das ist Ihr Trick.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Dann stellen Sie sich hierhin und sagen: „Die Nettoneuverschuldung wird reduziert.“ Meine Damen und Herren, Tatsache ist doch, dass Sie das nur erreichen können, weil Sie dazu etwas aus einer Rücklage entnehmen, die dafür überhaupt nicht vorgesehen ist. Das ist doch der Haushaltstrick, mit dem wir es hier zu tun haben. Das ist ein ganz billiger Haushaltstrick

(Beifall bei der SPD – Minister Karlheinz Weimar: Natürlich! Länderfinanzausgleichsrücklage! – Zu- ruf des Ministerpräsidenten Roland Koch)

Der zweite Haushaltstrick ist die Behauptung, es werde investiert,investiert und investiert.– Herr Koch,hören Sie zu. Jetzt wird es nämlich interessant.