(Beifall bei der CDU – Frank Gotthardt (CDU): Aber sehr dringlich! – Reinhard Kahl (SPD): Herr Minister, das ist schriftlich im Sekretariat eingegangen! Der Antrag war gestellt! – Thorsten SchäferGümbel (SPD): Es gibt eine Drucksachennummer! – Gegenruf des Ministers Dr. Alois Rhiel: Nein, er war nicht gestellt!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Boddenberg, da kommt man schon ins Grübeln – Sie schauen mich so scharf an – und fragt sich: Was will die CDU eigentlich? Will sie das, was Sie uns hier vor der Sommerpause erzählen? Will sie im Zusammenhang mit Mindestlöhnen das, was Sie uns hier nach der
Sommerpause erzählen? Möchte sie nach der Freigabe der Briefdienstleistungen bei der Post jetzt dafür sorgen, dass weiterhin noch akzeptable Löhne gezahlt werden und keine ruinöse Konkurrenz zugelassen wird? Oder wollen Sie das nicht?
Herr Staatsminister Dr. Rhiel, es ist zwar nett, wenn Sie hier sagen, Sie werden keine solche Initiative ergreifen. Aber nach dem, was wir gerade erlebt haben, fragt es sich, wie lange diese Zusage denn gilt und wann das nächste Mal, wenn es um Mindestlöhne oder Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, die Hessische Landesregierung einmal wieder ganz woanders steht, anstatt das für die Menschen zu tun, was man für sie tun muss – und zwar nicht nur für diejenigen, die bei der Post und ähnlichen Diensten arbeiten,sondern auch für diejenigen, die auf diese Dienstleistungen Wert legen. Denn wir wissen genau, im Zustellbereich geht es durchaus auch um eine Qualität des Angebots, die wir in den letzten Jahren schon unter den Bedingungen, die jetzt herrschen, gelegentlich vermissen mussten.
Meine Damen und Herren, wir haben zur Kenntnis genommen – und es steht im Landtagsprotokoll, insoweit ist das gut –: Zumindest für heute hat die Landesregierung gerade noch die Kurve gekratzt.
Herr Staatsminister, das ist vielleicht auch nötig. Denn wenn man sich die heute veröffentlichten Arbeitslosenzahlen für Hessen anschaut, dann stehen Sie wieder einmal ziemlich schlecht da.
Sie stehen dort nämlich deutlich unter dem westdeutschen Durchschnitt. Der westdeutsche Durchschnitt ist 7,0 %, Hessen liegt bei 7,2 %. Meine Damen und Herren, wir begrüßen es sehr, dass es weniger Arbeitslose als im Vorjahr gibt, natürlich. Aber der Rückgang ist in Hessen deutlich geringer als z. B. in den Ländern,
Meine Damen und Herren, bevor man Wackelpolitik zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer macht, sollte man sich eher Mühe geben und dafür sorgen, dass die Arbeitslosigkeit in Hessen möglichst gering ist. Auch was die Beschäftigung angeht, gehört dieses Bundesland an die Spitze, nicht aber unter den Bundesdurchschnitt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kaufmann, um auf das einzugehen, was Sie zum Schluss gesagt haben: Sie haben es heute schon häufiger mit der Wahrheit nicht so genau genommen.Wahrscheinlich haben Sie heute diese Überschrift der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, gelesen: „Stärkster Rückgang im Vormonatsvergleich seit 1950“.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege, schauen Sie sich einmal die Statistik an!)
Wenn Sie noch ein bisschen genauer hinschauen – was Sie mir gerade nahelegen –, dann werden Sie lesen, dass Hessen, was den Rückgang der Arbeitslosigkeit anbelangt, in diesem Vergleich ganz vorne bei den führenden drei Bundesländern dabei ist.
Herr Kaufmann, ich werde nicht müde, Ihnen zu erklären, dass per saldo 150.000 Menschen aus anderen Bundesländern in Hessen Arbeit finden. Insofern brauchen wir uns mit dem Vergleich mit Rheinland-Pfalz an dieser Stelle nicht auseinanderzusetzen.
Zum Thema und Vorgang will ich Folgendes sagen. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben eben von Herrn Minister Rhiel gehört, dass es diesen Vorgang gar nicht gibt, den Sie hier zum Gegenstand eines Dringlichen Antrags gemacht haben.
Ich finde es nicht ganz unberechtigt,dass der eine oder andere bei der Verabredung, die die Post dort mit Gewerkschaften getroffen hat, noch einmal ein bisschen genauer hinschaut. Denn wir alle wissen, dass die Post als Monopolist, als früheres Staatsunternehmen, eine andere Situation hatte als nahezu alle anderen. Das, was die Koalition im Juni verabredet hat, steht überhaupt nicht im Zweifel. Im Gegenteil hat gestern Ministerin Lautenschläger hier sehr deutlich gesagt, was unser Weg ist. Dabei bleibt es.
Deswegen haben Sie mit Ihrem vorgestrigen Antrag, Ihrer vorgestrigen Debatte, im Grunde doch diese Koalitionsvereinbarung außer Kraft gestellt – für die hessische SPD –, indem Sie von flächendeckenden Mindestlöhnen sprechen.
Ich finde es gut, dass Frau Merkel, die Bundeskanzlerin, versucht, auch mit den anderen Unternehmen außerhalb der Post Gespräche zu führen, um möglichst alle unter ein solches Dach zu bekommen. Denn eines können wir nicht hinnehmen, das wollen wir als Christdemokraten nicht: Wir wollen keine Aushebelung des Wettbewerbs.
Wenn ich zum Schluss noch einmal sagen darf: Ich glaube, zukünftig haben wir in Hessen Gott sei Dank wieder andere Themen zu diskutieren. Wir haben uns nämlich mit der Frage zu beschäftigen, wie es die in Hessen prosperierende Wirtschaft schafft, mit dem zunehmenden Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel umzugehen. Ich wünschte
mir, dass auch Sozialdemokraten künftig darüber wieder etwas häufiger reden würden. Insofern freue ich mich auf die Debatten der nächsten Monate. Es geht deutlich bergauf in diesem Bundesland. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Boddenberg. – Als Nächster hat Herr Kollege Posch für die FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Boddenberg, größer kann das Durcheinander in der Hessischen Landesregierung und in der Union ja nun nicht sein.
Zunächst gibt es eine große Auseinandersetzung in der Großen Koalition darüber, ob sie das Entsendegesetz erweitern wollen oder nicht. Der Sachverhalt ist der Folgende. Herr Glos lässt sich über den Tisch ziehen.
Dabei hat die hessische Union entweder geschlafen oder keine Durchsetzungsfähigkeit gehabt, um ein solches Ding zu vermeiden.
Dritter Punkt. Sie haben gemerkt, was dabei herauskommt. Dazu habe ich vorgestern schon etwas gesagt, nämlich dass ein Arbeitgeberverband gegründet wird, der die Möglichkeiten des Gesetzes nutzen will, um die Allgemeinverbindlichkeit herbeizuführen.
Jetzt zieht der Wirtschaftsminister die Notbremse, um im Ausschuss des Bundesrates einen entsprechend korrigierten Antrag zu stellen. Aus welchen Gründen auch immer – ich weiß nicht, wie die Meinungsbildung bei Ihnen stattfindet – wird dieser Antrag zurückgezogen.Meine Damen und Herren, was wollen Sie eigentlich? Herr Boddenberg, Sie wollen sich herausreden.
Sie wollen den Eindruck erwecken, als hätten Sie mit diesem Entsendegesetz und den negativen Folgen für die Unternehmen, die in der Postdienstleistung in Hessen tätig werden, nichts zu tun.
Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Wenn keine Arbeitsplätze entstehen, wo sie bisher nur der Monopolist zur Verfügung stellte, werden wir jedermann sagen, dass die hessische CDU mit dazu beiträgt. Verehrter Herr Boddenberg, das ist die Realität.
Ich habe im Zusammenhang mit dem Mindestlohn gesagt, dass es nicht möglich sein wird, dass beispielsweise Herr Gerster für einen Mindestlohn von 7,50 c kämpft,
weil er das Problem für die Existenzgründer sieht.Wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie auf dem Altar der Großen Koalition so etwas mitgemacht haben, der Wirtschaftsminister so klug ist, im Wirtschaftsausschuss einen entsprechenden Antrag zu stellen, und dann – aus welchen Gründen auch immer – auf einmal zu der Erkenntnis kommt, den Antrag heute zurückziehen zu müssen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Wir werden jedermann sagen, dass Sie nicht bereit sind, neue Arbeitsplätze in Hessen zuzulassen. – Danke schön.