Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Siebel, SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Weinmeister, vieles von dem, was Sie gesagt haben, können wir unterschreiben. Sie haben eine sehr treffende Zustandsbeschreibung gegeben.

Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns im Hessischen Landtag zum wiederholten Male – es ist immerhin einer der Setzpunkte der CDU – mit dem Thema Jugendschutz beschäftigen. Es wäre auch gut, wenn wir das mit einer gewissen Regelmäßigkeit täten. Darauf will ich nachher noch einmal eingehen. Zuletzt haben wir das im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage der SPD-Fraktion, Drucks. 16/2235, vom Dezember 2004 gemacht. Erst im Februar 2005 ist hier darüber beraten worden.

Ich erinnere an die Initiative meiner Fraktion, über den jährlich vorgelegten Bericht von jugendschutz.net – ähnlich wie über den Bericht des Datenschutzbeauftragten – im Plenum oder wenigstens im Sozialpolitischen Ausschuss zu beraten.

Bisher haben sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU diesem Vorschlag leider nicht anschließen können. Aber da Sie den Jugendschutz mittels eines Antrags erneut zum Thema im Parlament gemacht haben, gehe ich davon aus, dass Sie in Zukunft im Plenum regelmäßig über den Bericht von jugendschutz.net beraten oder sich das zumindest für den Sozialpolitischen Ausschuss vornehmen werden. Das wäre eine angemessene Befassung. Dann können wir sehen, wie sich die Situation weiter entwickelt und welche neuen Initiativen wir im Hessischen Landtag ergreifen können.

Auch das Folgende will ich durchaus lobend erwähnen. Lässt man einmal die Ausführlichkeit Ihres Antrages auf sich wirken,so lässt der eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema vermuten. Trotzdem gehen Ihnen in diesem Antrag solch tief greifende Sätze durch die Lappen wie:

Der Landtag stellt fest, dass die Nutzung des Computers als Freizeitbeschäftigung... auf der einen Seite ein nicht unbeachtliches positives Potenzial beinhaltet, auf der anderen Seite unter bestimmten Voraussetzungen aber auch ein erhebliches Gefährdungspotenzial.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dererlei Tiefgründigkeiten müssen nicht unbedingt im Hessischen Landtag behandelt werden, auch nicht solche Feststellungen wie die, dass 99 % der Jugendlichen zwischen 10 und 15 Jahren dem Computer einen hohen Stellenwert als Freizeitbeschäftigung beimessen, wie das in Ihrem Antrag zu finden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie solche Passagen aus Ihrem Antrag Jugendlichen zum Lesen geben, dann – so bin ich mir relativ sicher – werden die eine solche Befassung für vergleichsweise lächerlich halten. Das wird diesem Thema überhaupt nicht gerecht.

Aber irgendwann sind Sie zum Kern Ihres Antrags gekommen. Diesen Kern könnte man relativ kurz zusammenfassen. Es geht nämlich darum, dass Sie die Bundesratsinitiative der CDU-regierten Länder Hessen, Bayern, Thüringen und Niedersachsen vom 11. Mai 2007,

insbesondere die Schaffung des Straftatbestandes der Verbreitung, Weitergabe und Herstellung von Killerspielen, hier im Hessischen Landtag unterstützt wissen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich werde mich mit diesem Punkt nachher nochmals ausführlicher auseinandersetzen. Lassen Sie mich aber zwei Vorbemerkungen machen.

Wenn wir öffentlich über Jugendschutz diskutieren, dann sollten wir das angemessen tun. Zu dieser Angemessenheit gehört es auch, dass Tiefgründigkeiten der vorhin von mir zitierten Art – dass man mit einem Hammer sowohl Nägel einschlagen als auch Menschen erschlagen kann – vermieden werden. Denn sie sind nicht angemessen.

Jetzt kommen wir zum Verbot von Killerspielen. Wir haben das unter anderem mit dem Kollegen Hahn und Ihnen in der Diskussionsrunde im Rahmen des Hessentags schon einmal thematisiert, auch auf der von Ihnen zitierten Konferenz der SPD-Landtagsfraktion. Im Kern beinhaltet die bayerische Bundesratsinitiative die Schaffung eines neuen § 131a des Strafgesetzbuches, der die Verbreitung und Veröffentlichung von Killerspielen unter Strafe stellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich es richtig sehe, dann wissen die Fachleute, dass es zu diesem Thema in der Berliner Koalition schon eine Verständigung darüber gibt, die darauf hinausläuft, dass ein wirksames Konstrukt der regulierten Selbstkontrolle gefunden werden soll.Das ist einer der Punkte dieser Vereinbarung. Darüber hinaus soll die Altersgrenze für die Freigabe von Filmen und Spielen, die Sie zitieren, überprüft werden. Schließlich sollen verlässliche Kontrollen von Sicherheitsstandards gefunden werden.

Diese Vereinbarung in der Berliner Koalition beinhaltet mitnichten die Verständigung auf ein Verbot von Killerspielen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb haben wir,die hessische SPD,uns darauf verständigt,dass es eine Evaluation des bestehenden Jugendschutzes auf der Grundlage des Forschungsberichts des Hans-Bredow-Instituts geben soll. Dieser Bericht wird Ende des Jahres 2007 vorliegen. Wir werden dann zu entscheiden haben, was wir zu tun haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist natürlich legitim, als Teil einer Koalition in Berlin an einem bestimmten Punkt nach vorne zu preschen.Das kann man so machen. Das mögen Sie mit diesem Antrag auch tun. Ich für meinen Teil halte das nicht für angemessen, sondern denke, es ist richtig, diese Auswertung abzuwarten.

Zur Angemessenheit noch ein Punkt. Ich glaube, wir alle, die wir uns mit Medienpolitik befassen, haben gestern vom Interessenverband des Video- und Medienfachhandels – zugegebenermaßen ein Lobbyist – einen Hinweis darauf erhalten,warum ein Verbot von Killerspielen überhaupt nichts bringt. Es wurde dort am Beispiel des indizierten Internetangebots yourporn.com – also eine pornografische Website – ausgeführt, dass dies von der KJM längst hätte bekämpft werden können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Beweis dafür, dass wir ein Vollzugsdefizit haben.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Widerspruch des Ministers Volker Bouffier)

Kollege Bouffier, in der Tat, wir werden dazu kommen, auch was den Anteil der Polizei angeht.

Ich nehme dabei auch auf einen Satz Bezug – –

(Minister Volker Bouffier erhebt sich von seinem Platz.)

Herr Kollege Bouffier, jetzt laufen Sie doch nicht weg!

(Minister Volker Bouffier: Ich hole mir nur den nächsten Aktenkoffer!)

Das ist in Ordnung. – Ich nehme Bezug auf folgende Formulierung in Ihrem Antrag: „Die hessische Polizei sollte Personal und Infrastruktur erhalten …“ Ich weiß ja nicht, mit wem Sie bei der Polizei reden. Wir haben mit den Kolleginnen und Kollegen des Polizeipräsidiums in Frankfurt ein sehr ausführliches Gespräch geführt. Dort wurde uns berichtet,dass die Personalausstattung dort natürlich bei Weitem nicht ausreichend ist. Das heißt, ich habe ein bisschen den Eindruck, dass Sie hier zwar nach der Feuerwehr rufen, selbst aber ausreichend Zeit und Möglichkeit gehabt haben, das Problem zu beseitigen.

Herr Kollege Weinmeister, da kann ich auch Sie nicht aus der Verantwortung herauslassen. Sie fordern hier neue Stellen bei der Polizei. Dann frage ich Sie: Warum haben Sie die denn nicht geschaffen? Sie haben doch die Möglichkeit dazu.Warum haben Sie dort nicht gehandelt?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Liebe Freunde von der CDU, die Personalpolitik bei der Polizei muss also revidiert werden.

Wir sind der Überzeugung, dass die Förderung und Stärkung – da sind wir uns wieder einig – der Medienkompetenz im Kindergarten, in Schulen und in der Jugendarbeit der richtige Weg ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich kann das für die SPD-Fraktion sagen:Wir sind der festen Überzeugung, dass mit dem von uns vorgelegten Konzept des Hauses der Bildung auch der Tatsache Rechnung getragen wird, dass wir zurzeit an den Schulen eine viel zu geringe Ausstattung mit kompetenten Fachleuten haben, die dort im Bereich der Medienkompetenz wirken können.

Wenn wir sagen, es ist richtig, dass die Kinder im Mittelpunkt stehen, dann heißt das auch, dass wir vermeiden, dass sich Kinder tagelang in Parallelwelten der Computerspiele verabschieden können. Deshalb muss das – da bin ich wieder mit dem Kollegen Weinmeister einig – Gegenstand der Lehrerfortbildung werden. Ich halte es für nicht ausreichend, wie das in Hessen geregelt ist, sondern würde eher dem rheinland-pfälzischen Modell zuneigen – dass Lehramtsstudierenden ein Pflichtschein in Medienkompetenz abverlangt wird. Ich glaube, ein solcher Schritt wäre richtig.

Jetzt komme ich zu dem Punkt Ihres Antrags, den ich gar nicht verstanden habe. Ich weiß nicht, wer von der Landesregierung dazu noch einmal sprechen wird. Dort wird nochmals auf die Forderung rekurriert, einen Beauftragten für den Jugendschutz in den Medien zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, wer hier in der CDU zu einem neuen Versorgungsfall gemacht werden soll, aber aus einem solchen Vorschlag spricht durchaus – das ist offensichtlich – ein tiefes Misstrauen gegenüber der Landesanstalt für privaten Rundfunk.

(Mark Weinmeister (CDU): Quatsch!)

Ja, ja, Sie haben die Möglichkeit, darauf noch einmal zu reagieren. – Das ist doch ein tiefes Misstrauen gegenüber

der Landesanstalt für privaten Rundfunk, der Sie diese Aufgabe via Gesetz explizit übertragen haben.

(Zuruf des Ministers Volker Bouffier)

Herr Bouffier,es ist doch ein Faktum,dass Sie auf der einen Seite diese Aufgabe übertragen haben, auf der anderen Seite aber bei der letzten Beratung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes bei der finanziellen Ausstattung dieser Aufgabe hier einen Eiertanz vorgeführt haben, der nicht mehr zu übertreffen war.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme dann auch irgendwann zum Ende.

(Minister Volker Bouffier: Das hat sich doch auch bis zu Ihnen herumgesprochen!)

Es hat sich bis zu mir herumgesprochen, aber offenkundig nicht bis zu Ihnen, dass die Landesanstalt für privaten Rundfunk auch für die Medienkompetenz zuständig ist. Was soll also dann ein Beauftragter für den Jugendschutz?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass wir in den Bereichen der freiwilligen Kontrolle bei den Geräteherstellern, bei der Schaffung von Plattformen erfolgreich sein werden. Jugendschutz muss ein Qualitätskennzeichen werden, und dann werden wir unsere Jugend auch erfolgreich schützen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Weinmeister, Sie haben das Wort zu einer Intervention.

Herr Kollege Siebel, ich habe mich noch einmal gemeldet, um eine Sache kurz klarzustellen.

Es ist kein Misstrauen gegenüber der Landesanstalt. Wir wissen sehr wohl, welche Arbeit dort im Bereich des Kinder- und Jugendmedienschutzes geleistet wird. Gerade Dr. Erdemir, der innerhalb der Landesanstalt für diesen Bereich die Federführung hat, macht eine gute Arbeit.

Uns geht es darum, die verschiedenen Kompetenzen, die wir haben – im Bereich des freiwilligen Kinder- und Jugendmedienschutzes, im Bereich des bei den Medienanstalten institutionalisierten bzw. der KJM sowie der Polizei –, zu bündeln, um so jederzeit flexibel zu sein.

Es geht also nicht darum, irgendjemanden herunter- oder herabzuwürdigen, sondern darum, Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen zu bündeln.

Das wollte ich noch einmal zur Klarstellung sagen. Die Arbeiten, die dort gemacht werden, sind meines Erachtens alle ziemlich gut.