Das wollte ich noch einmal zur Klarstellung sagen. Die Arbeiten, die dort gemacht werden, sind meines Erachtens alle ziemlich gut.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Weinmeister, was der Kollege Siebel hier vorgetragen hat, das teile ich zum großen Teil. Ja, Sie haben bei der Situationsbeschreibung recht: Durch Internet und veränderte Medienlandschaft kommt natürlich auf Kinder und Jugendliche eine völlig neue Herausforderung zu. Ich denke, das ist unbestritten.
Dass wir uns in den letzten Jahren und Monaten mit einer Vielzahl von Fällen dieser Art beschäftigen konnten – besser gesagt: mussten –, ist sehr bedauerlich. Das zeigt, dass hier möglicherweise auch auf staatlicher Seite Handlungsbedarf besteht.
Meine Damen und Herren, wenn man sich diesen Antrag anschaut, dann geht es im Kern, Herr Innenminister, um eine Verbotsinitiative. Vor einiger Zeit haben Sie das im Hessischen Landtag gemeinsam mit dem Kriminologen Herrn Prof. Pfeiffer vorgestellt. Das wurde auch medial sehr stark unterstützt. Ich glaube, das war das erste Mal, dass Hessen Herrn Pfeiffer als Experten eingeladen hat. Da gab es auch andere Zeiten. Aber so können sich die Zeiten ändern. Dann hat man gesagt, das Thema Verbot ist in diesem Bereich letztendlich die Lösung des Problems.
Meine Damen und Herren, in der letzten Zeit sind Verbote sehr beliebt. Das erlebt man an allen Ecken und Enden – im Bereich der Bundespolitik, aber natürlich auch in der Landespolitik.
Sie gaukeln ein sehr tatkräftiges Vorgehen vor. Es gibt ein Verbot, und damit hat der Staat etwas gemacht.
Diese Verbote haben noch einen zweiten Vorteil: Sie kosten kaum etwas. Man hat einen Gesetzestatbestand installiert. Die Kosten sind relativ gering, und man suggeriert den Menschen, man hätte etwas getan.
Herr Kollege Weinmeister, ich glaube, darin liegt auch das Problem bei dieser Initiative. Computerspiele oder das Internet allein machen aus Jugendlichen noch keine Gewalttäter. Man hat auch bei den Fällen, die wir schrecklicherweise diskutieren mussten, gesehen, dass das soziale Umfeld und die Strukturen, in denen diese Kinder aufgewachsen sind, häufig das Problem waren – und letztendlich nicht die Tatsache, dass sie Gewaltspiele gespielt haben.
Sie haben es schon zitiert: Es gibt dazu mittlerweile eine ganze Reihe von Untersuchungen, die sich – das gebe ich zu – in ihren Ergebnissen nicht alle gleichen; man kommt durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen. Aber namhafte Medienpädagogen prophezeien, dass solche Verbote sogar kontraproduktiv sein werden. Denn der Reiz, verbotene Spiele zu spielen, ist relativ groß. Das ist völlig klar.
Fakt ist – das müsste Ihnen als mediengeschultem Menschen klar sein –: Ein Verbot solcher Spiele wird in Zeiten des Internets niemanden aufhalten, ein solches Spiel zu spielen.Das ist doch völlig klar.Wir haben Möglichkeiten, von Servern auf der ganzen Welt solche Spiele herunter
zuladen. Mit diesem Verbot Eltern zu suggerieren, in den Kinderzimmern sei alles in Ordnung, da müssten sie sich keine Gedanken machen, ist unserer Ansicht nach der völlig falsche Weg.
Denn wir wollen nicht, dass Eltern denken, im Kinderzimmer sei alles in Ordnung, sondern wir wollen, dass sie sich darum kümmern, was dort passiert, und nicht sagen: „Der Staat hat ein Verbot erlassen, und damit ist alles gelöst.“ Nein, wir wollen die engagierten und die eigenverantwortlichen Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern.
Herr Kollege Weinmeister, ein Hauptpunkt ist – das ist das juristisch Ärgerliche an dieser Initiative –: Wir haben bereits einen Straftatbestand, nämlich § 131 StGB, der das, was Sie in einen neuen Straftatbestand zu fassen versuchen, schon längst regelt. § 131 StGB regelt die UnterStrafe-Stellung der Verherrlichung oder der Verharmlosung von Gewalttaten und -institutionen. Das heißt, es gibt einen Straftatbestand.
Damit sind wir bei dem Problem, das Herr Kollege Siebel angesprochen hat. Wir haben in Deutschland in diesem Bereich ein Vollzugsproblem. Das erleben wir nicht nur bei Medien und Computerspielen, sondern auch bei Alcopops und anderem. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern in Europa ein hervorragendes Jugendschutzsystem, mit Regelungen und Gesetzen auf allen Ebenen. Herr Kollege Weinmeister, wenn wir sie nicht anwenden, sind wir selbst daran schuld. Wir müssen diese Gesetze vollziehen, wenn wir sie haben.Wir müssen nicht neue Verbote darauflegen,nur um zu suggerieren,wir hätten etwas gemacht.
Ich halte die Initiative für sehr populistisch. Es ist eine Unionsinitiative, gemeinsam mit Herrn Beckstein zu erklären: „Wir haben das Thema jetzt im Griff.“ Fakt ist: Sie werden es mit diesem Verbot nicht in den Griff bekommen. Ziel – das sagt der Antrag zu Recht, und da bin ich wieder bei Ihnen – muss es doch sein, die Medienkompetenz von Eltern, Lehrern und auch Kindern zu stärken. Darum geht es. Medienkompetenz zu stärken, auch Kinder darüber zu informieren, was passieren kann, wenn man in übersteigertem Maße solche Spiele spielt – darum muss es uns gehen.
Wir hatten vor Kurzem – Herr Kollege Bocklet war dabei – hier im Hessischen Landtag ein Treffen mit Jugendpflegern, auf dem ich das Thema angesprochen habe. Die haben gesagt: „Bitte tun Sie uns nicht an, noch ein Verbot daraufzupacken,sodass alle glauben,das sei kein Problem mehr. Wir wollen diese Spiele nicht noch interessanter machen, als sie schon sind.Wir wollen vor allem nicht den Eltern suggerieren, es sei alles in Ordnung.“
Was diese Jugendpfleger gesagt haben, ist: Wir brauchen in diesem Bereich eine Kompetenzschulung, damit wir und auch die Lehrer wissen, was dort passiert, wo und auf welchen Seiten das Ganze stattfindet und wie wir damit umgehen. Das betrifft Spiele, Kriminalität, Sexualkriminalität – die ganze Bandbreite, die Sie angesprochen haben. Damit machen wir den richtigen Schritt.
Deshalb plädieren wir für Aufklärung und werden dem Antragsteil zustimmen, der das fordert, nicht aber Punkt 4, mit dem Sie ein neues Verbot installieren wollen.
Wie gesagt, haben wir bereits einen Straftatbestand, es ist kein neuer notwendig. Wir wollen keine reine Populismusinitiative nach dem Motto: „Liebe Eltern, es ist alles in Ordnung. In den Kinderzimmern werden keine gewaltverherrlichenden Spiele mehr gespielt.“ Wir wollen, dass sich die Eltern gemeinsam mit dem Staat und seinen Angeboten um ihre Kinder kümmern und etwas dafür tun, dass solche Spiele nicht gespielt werden. Denn diese Verantwortung können wir den Eltern nicht abnehmen. Der Staat kann nur einen Teil tun. Die Hauptverantwortung tragen die Eltern in unserem Land. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile,möchte ich Gäste begrüßen,und zwar Gäste der University of New Orleans. Herzlich willkommen hier im Hessischen Landtag.
Meine Damen und Herren, ich finde es besonders bemerkenswert, dass Herr Minister Corts diese Gäste eingeladen hat – nicht nur Professoren und Dozenten, sondern auch Studierende –, als nach den großen Verwüstungen durch den Wirbelsturm Katrina auch das Studium an der Universität von New Orleans nicht fortgesetzt werden konnte. Herr Corts, wir bedanken uns herzlich dafür.
Ich freue mich sehr, dass Sie als Studierende und Professoren nicht nur die Möglichkeit hatten, die hessischen Hochschulen kennenzulernen,sondern auch an einer Sitzung des Hessischen Landtags teilzunehmen, und zwar zu einem Punkt, der wahrscheinlich auch in Ihrem Land eine große Problematik darstellt. Nochmals herzlich willkommen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU ist sehr lang.Er kumuliert in einer Problematik, die ich unter Punkt 4 finde. Dort heißt es: „Der Landtag begrüßt das 5-Punkte-Programm zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Killerspielen...“ Ich glaube, das ist die Frage, in der wir Dissens haben.
Ich selbst habe eine 13-jährige Tochter. Zum Thema Chatroom: Es gab eine öffentliche Veranstaltung des Frauenreferats der Stadt Frankfurt mit mehreren Seminarteilnehmern. Man hat sich als eine fiktive 12-Jährige angemeldet, die in den Chatroom eingetreten ist. Nach sage und schreibe siebeneinhalb Minuten hatte sie die ersten perversen Fotos als Antwort. Ich fand das in hohem Maße schockierend. Ich muss allerdings sagen, dass Ihr Antrag da auch Fragen offenlässt. Die Frage ist, wie man diesem Thema beikommt – außer mit der Postulierung des Zustands.
Ähnlich wie Herr Kollege Rentsch es anführt, geht es um alle Bereiche, in denen Infrastruktur wie Computer zur Verfügung steht. Da denke ich auch an die Schule meiner 13-jährigen Tochter. Die Schüler dürfen dort ohne Begleitung chatten. Ich würde mir Lehrer wünschen, die in der Lage sind, diese Computer zu bedienen und – flächendeckend – die Aufklärung zu übernehmen. Das ist die ein
zige Variante, die ich sehe. Man kann den Kindern, vor allem den jungen Mädchen, noch verschiedene Informationen geben – z. B. dass man sich nicht mit richtigem Namen einloggt, keine Adressen einträgt und keine Treffpunkte ausmacht. Ich glaube, das ist erst einmal Lebenshilfe, um das Schlimmste zu verhindern.
Wir sind alle ein bisschen ratlos, wie man diese Gefahr aus dem Internet entfernen kann. Natürlich ist die Internetpolizei eine Variante. Sie verfolgt zurück, woher diese Schweinereien – um es beim Namen zu nennen – kommen.
Komplizierter ist der Sachverhalt natürlich bei der Frage nach Killerspielen.Wir alle sind durch die Amokläufe von Erfurt und Emsdetten aufgeschreckt worden. Aber wir alle wissen auch, dass die Ursachen vielschichtig sind und dass Computerspiele als Erklärung viel zu einfach sind. Sowohl Sebastian B. aus Emsdetten als auch Robert Steinhäuser aus Erfurt hatten massive Probleme. In der Nachbetrachtung wurden sie Außenseiter und Schulverlierer,um nur einige Ausdrücke zu nennen.Es war also ein umfassendes Problem mit ihrer Umwelt.
Man muss die Frage klären und hinschauen: Wer ist Verlierer? Wer fühlt sich als Versager oder Außenseiter? Haben die Schutzmechanismen versagt, die verhindern, dass Menschen in eine Situation kommen,in der das Fass überläuft? Wir reden über die Killerspiele als dem Tropfen,der das Fass zum Überlaufen bringt.Wir reden aber nicht darüber, wie eigentlich das Fass gefüllt wurde.
Da geht es um ganz andere Fragen. Es geht um die Erfahrung von Gewalt in Familien, um Verlieren durch Druck in der Schule, dem man nicht mehr standhält, und durch geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt. So produziert man Menschen, die so verzweifelt sind, dass sie sich in Erregungszuständen in solche Amokläufe verirren.
Dazu können Gewaltfilme und eine ganze Menge anderer Faktoren beitragen, zu denen natürlich auch die Killerspiele gehören, die Sie nennen. Aber lassen Sie uns auch bei diesem Punkt präzise bleiben.
Wir waren bei einer Diskussion des Landesfilmdienstes. Auch Herr Kollege Siebel war auf dem Podium. Die sogenannten Ego-Shooter-Spiele machen nur 3 % des Umsatzes mit allen PC-Spielen aus. Das heißt, 97 % der im Umlauf befindlichen Spiele sind andere. Da gibt es ein großes Spektrum an Spielen, die manchmal mehr, manchmal weniger sinnvoll sind. Aber die klassischen Ego-Shooter, über die wir reden, machen nur 3 % aus.
Kümmern wir uns also noch einmal um die Frage nach einer Verschärfung durch weitere Verbote. Es ist gesagt worden: § 131 StGB regelt bereits jetzt, dass rassistische und gewaltverherrlichende Aspekte verboten sind. Ich glaube auch, dass wir durch ein Verbot vortäuschen würden, in einer Sache etwas zu tun, die so nicht regelbar ist. Wir brauchen bessere Medienkompetenz. Dazu möchte ich Ihnen einige Punkte nennen.
Wir müssen die Instrumente des Jugendmedienschutzes stärken. Ich nenne Ihnen einige Forderungen, die nach Ansicht unserer Fraktion nötig wären. Wir benötigen mehr Kompetenz bei Schülerinnen und Schülern. Wo bitte gibt es schon das Fach Medienkompetenz in der
Wir brauchen eine Diskussion, eine öffentliche Kritik an Spielen. Wir haben Unmengen an PC-Zeitungen. Wir müssen auch über Kritik reden und darüber, wie wir die Hersteller in eine moralische Verpflichtung nehmen können, damit nicht „toll“ ist, wer am meisten Blut verspritzt, sondern die Spieler auf anderem Wege Erfolgserlebnisse haben.
Wir müssen – da komme ich zu ganz Konkretem – verhindern, dass mehr und mehr Jugendliche Spaß daran finden, isoliert zu spielen. Machen wir uns nichts vor: Dort, wo attraktive Angebote an Spielen und Freizeitbeschäftigungen fehlen, werden Jugendliche durch ihre Langeweile in isoliertes Spielen hineingetrieben.