Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Ich will auf einen Punkt eingehen, den der Innenminister in der zweiten Lesung hier angeführt hat, nämlich auf das Thema Familienkomponente.Er hat meine Ausführungen dazu kritisiert.

Herr Innenminister, natürlich ist es so, dass Sie jetzt mit der Familienkomponente etwas umsetzen, das Ihnen das Bundesverfassungsgericht aufgegeben hat. Ich habe gesagt,dafür brauchen Sie sich nicht auch noch ausdrücklich zu loben.

Ich sage Ihnen einmal, was Sie in der „Operation düstere Zukunft“ den Familien alles genommen haben. Sie haben durch die Streichung des Urlaubsgeldes den Beamtinnen und Beamten in A 10 255 c genommen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das sind alles Versatzstücke!)

Sie haben durch die Kürzung des Weihnachtsgeldes z. B. einem Beamten in Besoldungsgruppe A 10 725,90 c genommen. Insgesamt sind das 980,90 c. Dabei sind die 42 Stunden pro Wochen gar nicht eingerechnet, die einen weiteren Einkommensverlust darstellen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das will kein Mensch mehr hören!)

Jetzt wollen Sie sich für 50 c mehr im Monat feiern lassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das spottet jeder Beschreibung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Gleichwohl werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Lachen und Zurufe bei der CDU)

Herr Wagner, ich weiß ja nicht, was Sie in der Zwischenzeit draußen getan haben, aber vielleicht sollten Sie doch dieser Debatte folgen.

(Dr.Christean Wagner (Lahntal) (CDU):Sie haben doch klar gegen das Gesetz geredet!)

Vielleicht hätten Sie während der ersten und der zweiten Lesung zumindest geistig anwesend sein sollen; dann könnten Sie das auch verstehen.

(Zurufe von der CDU)

Damit ich mich nicht nachher noch einmal melden muss, erkläre ich hier ausdrücklich für meine Fraktion zur Abstimmung: Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmt diesem Gesetzentwurf zu, damit die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger wenigstens teilweise an der Einkommensentwicklung teilnehmen können, obwohl

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Obwohl wir eigentlich dagegen sind!)

dieses Gesetz nicht das erreicht, was den Beamtinnen und Beamten berechtigterweise zusteht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Nach dem Wortbruch des Ministerpräsidenten Koch, der vor der letzten Landtagswahl noch versprach, keine Sonderopfer für Beamtinnen und Beamte zu verlangen, sie aber ein halbes Jahr nach der Wahl mit der „Operation düstere Zukunft“ überzog,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

fordert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Rückkehr zu einer Tarif- und Besoldungspolitik, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Gewerkschaften und Interessenvertreter als Partner und nicht als Untertanen begreift.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehört eine Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder und damit die Geltung des TV-L mit dem dazugehörigen modernen Tarifrecht und der dort vereinbarten Tariferhöhung und in der Folge die Übernahme für die Beamtinnen und Beamten.Diese Übernahme würde auch bedeuten, dass die 42-Stunden-Woche für Beamtinnen und Beamten der Vergangenheit angehören würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das hat man uns alles schon einmal erzählt!)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Bouffier das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ich bedanke mich zunächst einmal für die Zustimmung der GRÜNEN zum Gesetzentwurf. Es ist in der Tat, glaube ich, in der zweiten und dritten Lesung kein neues Argument mehr hinzugetreten.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es! Sehr gut! – Günter Rudolph (SPD):Wenn Sie nichts annehmen!)

Insofern verweise ich auf das, was wir bereits miteinander diskutiert haben. Es sind aber noch zwei bemerkenswerte Umstände bekannt geworden, auf die ich hinweisen will.

(Günter Rudolph (SPD): Oh, jetzt kommt etwas!)

Wenn man sich einmal überlegt, dass der DGB HessenThüringen mit einer ganzen Reihe bedeutender und großer Einzelgewerkschaften für gestern in Hessen flächendeckend

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt nicht!)

doch, doch! – zu Warnstreiks, zu einer großen Kundgebung und zu einer Vielzahl kleinerer Kundgebungen aufgerufen hat, will ich das Haus über einiges unterrichten. Nach den Feststellungen der hessischen Polizei haben hieran gestern knapp 1.900 Personen teilgenommen.

(Günter Rudolph (SPD): Gestern waren es bei der CDU noch 600!)

In ganz Hessen waren es alles in allem bei großzügiger Festlegung vielleicht 2.500 Teilnehmer.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das nehme ich auch sehr ernst, selbst wenn es nur 500 gewesen wären. Aber die Zahl lag deutlich unter den Erwartungen derer, die dies vorher angekündigt hatten.

(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Woher wissen Sie das denn?)

Das lässt mich vermuten, dass ein großer Teil unserer Beamtinnen und Beamten wie auch unserer Tarifbeschäftigten das ein Stück anders bewertet, als man es gelegentlich von Berufsvertretungen hört. Wir nehmen es trotzdem ernst, und wir sind stolz auf das, was wir mit dem, was hier in dritter Lesung beschlossen wird, für die Beamtinnen und Beamten und die Angehörigen des Landes Hessen tun können. Das ist eine echte Verbesserung finanzieller Art.

Eine letzte Bemerkung. Ich finde das Folgende interessant und denke,man sollte es nicht unkommentiert lassen. Dieser Vorgang und dieser Sachverhalt geben den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Mitarbeitern unseres Landes eine gute Anschauung dessen, worum es in den nächsten Monaten gehen wird. Die amtierende Landesregierung hat die CDU-Landtagsfraktion gebeten, das einzubringen. Wir stehen dazu. Gestern konnte man in trauter Eintracht nebeneinander sehen – und auf einigen Bildern ist dies dokumentiert –: Frau Ypsilanti, Herrn AlWazir und den Spitzenkandidaten der Linken.

(Günter Rudolph (SPD): Oh, jetzt kommt diese Leier wieder! – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Das muss Ihnen nicht peinlich sein, das weiß sowieso jeder!)

Meine Damen und Herren, wörtliche Übereinstimmung zwischen den dreien.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie waren doch gar nicht da! Sie erzählen wieder Unsinn!)

Ich sage einmal: Das finde ich nicht schlecht. Da wissen wir wenigstens, worum es geht. Es geht nämlich um die Frage,ob eine vernünftige,ausgewogene Politik so weiter

geführt werden kann oder ob Rot-Rot-Grün dieses Land in Zukunft regieren sollte.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird Ihnen nicht gelingen, was Sie hier versuchen! – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die SPD selbst findet das auch nicht gut. Sie behaupten, die kämen nicht hinein, und deshalb wollen Sie sich mit dem Thema nicht beschäftigen.Aber für 157.000 Beschäftigte des Landes Hessen und für viele Menschen in unserem Land ist interessant, wie in einer der zentralen Fragen, die wir zu entscheiden haben, die Linien verlaufen. Wenn Rot-Rot-Grün beim ersten Lackmustest sagt: „Wir stehen wie ein Mann. Es gibt überhaupt keine Unterschiede in der Position“, dann muss ich sagen: Das ist eine bemerkenswerte Neuigkeit, die wir hier in der dritten Lesung durchaus einbringen können.

(Günter Rudolph (SPD): Sie waren doch gar nicht dabei!)

Für die Landesregierung bitte ich erneut um Zustimmung und bedanke mich bei denen, die mir die politische Linie noch einmal so klargemacht haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Rudolph, wenn Sie eine Kurzintervention machen wollen, hätten Sie diese Meldung während der Rede abgeben müssen.

(Norbert Schmitt (SPD): Fünf Minuten Redezeit! – Reinhard Kahl (SPD): Nach dem Minister immer!)