Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke sehr, Herr Caspar. – Wir beginnen mit der Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Erster Redner für die SPD-Fraktion ist Herr Norbert Schmitt.

Frau Präsidentin! Die SPD wird der von der Landesregierung beantragten Zustimmung des Verkaufs des Kinderheims in Bensheim-Auerbach nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Erstens. Wir halten den Verkauf für falsch. Wir glauben, dass das Kinderheim weiter nötig ist, übrigens nicht nur für die Gebietskörperschaft des Kreises Bergstraße, sondern auch für andere Gebietskörperschaften. Wir würden damit eine Verknappung des Angebots herbeiführen, die am Ende die Kommunen teuer erkaufen würden.

Zweitens. Leider ist die Petition dazu, auch von ehemaligen Insassen des Kinderheims gestellt, abgelehnt worden. Es wurde die Auffassung vertreten, dass hier eine ganz, ganz wichtige Einrichtung platt gemacht wird.

Drittens. Wir glauben, dass das Objekt schutzwürdig ist und sehen uns nicht alleine. Die schwarz-grüne Koalition in Bensheim ist ebenfalls dieser Auffassung. Der Bürgermeister hat dazu die Denkmalschutzbehörde angeschrieben. Wer das Haus kennt, weiß, dass es eine sehr exponierte Lage hat. Der Ortsbeirat hat eine parteiübergreifende Initiative ergriffen. Er glaubt, das Kinderheim müsste erhalten bleiben. Es soll nach den derzeitigen Planungen plattgemacht werden, abgerissen werden.

Dritte Anmerkung. In dem ganzen Verfahren ist von Anfang an der Wurm gewesen.Es hat eine Ausschreibung gegeben, die keine Ausschreibung war. Sie musste deswegen nach Einschaltung des Rechnungshofs wieder aufgehoben werden. Es wurde dann von Neuem begonnen.

Durch die Petition hat es eine Zeitverzögerung gegeben. Jetzt hat derjenige, der bisher das höchste Angebot abgegeben hat, gesagt, er sei nicht mehr bereit, die Summe zu zahlen, die er noch vor einem Jahr geboten hat. Wir glauben deswegen, dass das ganze Verfahren neu ausgeschrieben und ausgerollt werden müsste.

Deswegen können Sie von uns sicherlich keine Zustimmung erwarten. Es bleibt weiterhin auch vor Ort – das sage ich Ihnen – in der Diskussion. Die Entscheidung, die Sie heute treffen, ist völlig falsch. Deswegen werden wir auf jeden Fall nicht zustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP hat Herr Roland von Hunnius das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich widerstehe der Versuchung, die gesamte Geschichte noch einmal aufzurollen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schade!)

Der Kreistag Bergstraße hat am 30.10.2006 entschieden. Er hat also eine klare Meinung zu dem Verkauf.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Nun kann man davon abweichen, keine Frage.Aber ich empfehle es nicht.– Es geht nun um die Frage,wie sich das Land verhält.Wir haben die ganze Angelegenheit erstens im Ausschuss besprochen und zweitens bereits im Plenum diskutiert, haben daraufhin den Verkauf beschlossen. Der Kreisausschuss des Kreises Bergstraße hat mit Rücksicht auf das Petitionsverfahren davon abgesehen, erstens den Pachtvertrag zu kündigen und zweitens den Verkauf zu protokollieren. Das finde ich ausgesprochen fair und sachgerecht. Die gegenläufige Quittung ist jetzt, dass bedauerlicherweise der Käufer sein Kaufpreisgebot nicht mehr aufrechterhält.

Deshalb muss jetzt neu entschieden werden. Wir sollten aus den Gründen, die wir dort diskutiert haben, genauso entscheiden, uns also mit dem Verkauf zu dem reduzierten Preis von 2,2 Millionen c einverstanden erklären, von denen 1,1 Millionen c an das Land Hessen fließen, ebenfalls ein winzig kleiner Beitrag, um die Verschuldung ein bisschen geringer zu halten. Das ist zwar kein großer, aber immerhin ein winzig kleiner Beitrag, Herr Minister.

Herr Kollege Schmitt, wenn Sie die Bedarfssituation an solchen Heimplätzen erwähnen, darf ich darauf hinweisen, dass die Diakonie im Augenblick in Rimbach ein Heim „plattmacht“, wie Sie es ausdrücken,

(Norbert Schmitt (SPD):Dann wird es noch schlimmer! Dann wird das Angebot noch mehr verknappt!)

und im Rahmen einer Neuorganisation des Immobilienportfolios dort Wohngebäude errichtet.Das lässt nicht auf einen wahnsinnig großen Bedarf an Heimplätzen schließen, vorsichtig gesagt.

(Beifall bei der FDP)

Wie auch immer, ich empfehle nach wie vor, dem Antrag zuzustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Erfurth das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verkauf dieses Gebäudes in Bensheim hat in der

Tat eine sehr lange Geschichte. Das zieht sich schon über mehrere Jahre hin. Aus unserer Sicht ist das Argument, das vorgetragen wird, um das Gebäude zu verkaufen, vorgeschoben. Das Argument, das in der öffentlichen Debatte genutzt wird,ist:Wir brauchen das Kinderheim nicht mehr. Der Bedarf an Heimplätzen ist nicht gegeben. Deshalb können wir die Zweckbindung aufgeben und das Haus verkaufen. – Ich denke, der tiefere Grund ist ein anderer.Der tiefere Grund – das hat auch Herr von Hunnius zum Teil hier vorgetragen – ist der, dass die Stadt Bensheim eine Möglichkeit sieht – –

(Norbert Schmitt (SPD): Der Kreis! – Zurufe von der CDU: Kreis Bergstraße!)

Entschuldigung, der Kreis Bergstraße. Sehen Sie es mir nach, es ist spät und ich bin müde. Ich denke, wir wollen es nicht unnötig verlängern.– Der tiefere Grund für den Verkauf ist, dass der Kreis Bergstraße eine Möglichkeit sieht, seine Finanzen ein Stück weit zu sanieren. Das kann man auch der Vorlage sehr gut entnehmen. Denn da steht, wenn es sich nicht verkaufen ließe, dann würde man es auch als Kinderheim weiterbetreiben.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Wenn man das Kinderheim nicht mehr braucht, braucht man es nicht mehr. Dann muss man es auch nicht als Rückgriffsposition weiterhin betreiben. Von daher sehen wir es nur als vorgeschobenes Argument, dass die Plätze des Kinderheims nicht mehr benötigt werden.

In der ersten Verhandlung im Plenum haben wir dem Verzicht auf die Rückübertragung nicht zugestimmt.Wir werden uns heute hier genauso verhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Caspar das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es verkauft weder die Stadt Bensheim noch das Land Hessen, sondern es hat der Kreis Bergstraße verkauft.Wir sind nur insoweit tangiert, weil das Land aus früheren vertraglichen Verhältnissen einen Rückübertragungsanspruch hätte. Wir sehen keinen Grund, dass wir als Land das übernehmen. Insoweit ist mir auch bei allen Auseinandersetzungen, die Sie auf kommunaler Ebene haben, Herr Schmitt, dies in den Landtag zu ziehen,

(Norbert Schmitt (SPD): Sie haben den Antrag gestellt!)

nicht nachvollziehbar, weshalb Sie dem Rückübertragungsverzicht nicht zustimmen können, unabhängig davon, ob im Haushaltsausschuss oder hier im Plenum.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Weimar das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe eine Rechtslage vorgefunden, die schon beschrieben worden ist.Wir hätten,wenn kein Kinderheim betrieben wird, einen Anspruch darauf, dass eine Rückübertragung des Grundstücks auf uns erfolgt. Der Kreis hat uns gefragt, ob wir für den Fall, dass er das Kinderheim aufgibt, weil er der Meinung ist, dass genügend andere Plätze zur Verfügung stehen – es geht nur um ein paar Plätze an der Stelle; was in seiner Sphäre ist –, bereit wären, uns den Veräußerungserlös hälftig zu teilen.

Ich habe den Hessischen Rechnungshof unter dem Gesichtspunkt eingeschaltet, ob er das als ein zulässiges Verfahren betrachtet. Ich habe auch die Fraktionen darüber informiert. Der Rechnungshof hat sich das angeguckt und hat zugestimmt, dass wir das so machen können.

Ärgerlich ist die Tatsache, dass wir eine Vertragsangebotslage über 2,65 Millionen c hatten und jetzt durch die zeitliche Verzögerung, die entstanden ist, das Angebot auf 2,2 Millionen c reduziert wurde. Das ist übrigens in der Sache verständlich, denn, wie schon richtig gesagt worden ist, der Kreis hat darauf verzichtet, den Pachtvertrag zu kündigen,den er jetzt erst wieder zum 31.12.nächsten Jahres kündigen kann, und hat in der Zeit auch keinen notariellen Kaufvertrag gemacht.

Das finde ich in Ordnung, wenn der Petitionsausschuss damit befasst ist. Es hat uns aber über 400.000 c gekostet, weil der Investor sagt: Ich kann frühestens 2009 etwas auf dem Grundstück machen.Außerdem entwickeln sich momentan die Zinsen anders. – Dadurch haben wir einen „Schaden“ in der Sache, der sich aus dem Verfahren erklärt.

Die 2,2 Millionen c,die jetzt in Rede stehen,sind aber immer noch deutlich über dem Grundstückschätzpreis, sodass ich den Hessischen Landtag, in dem Fall den Haushaltsausschuss, gebeten habe, zuzustimmen, dass wir auch zu einem geringeren Preis verkaufen können, weil die Prognose, bei den übrigen Angeboten, die weit darunter lagen, über 2,2 Millionen c hinauszukommen, ausgesprochen schwierig ist. Nach intensiver Diskussion haben die Beteiligten unter wirtschaftlichen, nicht politischen Aspekten gesagt, man müsse das jetzt für 2,2 Millionen c verkaufen.

Das andere, was Herr Schmitt angesprochen hat: Ich akzeptiere das. Das liegt aber außerhalb unserer Sphäre. Ich muss sagen, wenn der Kreis Bergstraße einen solchen Beschluss mit Mehrheit fasst, hat das Land Hessen an sich keinen Anlass, wenn die übrigen Parameter geklärt sind, eine andere Entscheidung zu treffen, um eine politisch unterlegene Minderheit bei dem Verfahren zu unterstützen.

Das würde ich übrigens an jeder Stelle so sagen, weil ich glaube, dass wir die beiden Sphären sauber auseinanderhalten müssen. Wenn sich auf Kreisebene eine Mehrheit und eine Minderheit ergibt und daraus ein sauberes Verfahren auf Landesebene wird, glaube ich nicht, dass wir mit Sinn und Verstand sagen können, dass die Vermögensinteressen des Landes Hessen zurückgestellt werden können.

Das wäre auch nicht fair. Stellen Sie es sich einmal andersherum vor, die CDU würde als Minderheit verlieren – die Konfrontation ist hier sehr stark, die SPD gegen die Mehrheit –, und wir würden hier, um das Ganze zu befördern und vor Ort kommunalpolitische Hilfestellung zu

leisten, irgendwelche Dinge vorschieben, die sich aus dem Verfahren selbst nicht ergeben. Das Geschrei würde ich gerne hören.

Deswegen bitte ich herzlich darum, zu akzeptieren, dass das eine die Sphäre der kommunalen Ebene ist, in der sicherlich weiter diskutiert wird und hart diskutiert werden kann, und das andere ein, wie ich meine, in jeder Beziehung offenes, transparentes und abgestimmtes Verfahren ist, das uns die Beschlussfassung möglich macht.

Ich bin ohne jede Leidenschaft zu der Frage vor Ort. Ich kann mir noch nicht einmal selbst ein Bild davon machen. Aber ich kann mir ein Bild davon machen, dass es ein günstiges Geschäft für das Land Hessen ist; denn wir kriegen für ein Grundstück 1,1 Millionen c Kaufpreisanteil, wo wir sonst auf absehbare Zeit wahrscheinlich nie etwas bekämen. Ich finde, für den Haushalt ist das eine gute Sache. Deswegen bitte ich Sie herzlich darum, zuzustimmen und die übrigen Dinge vor Ort zu diskutieren, wo sie hingehören. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Sie haben länger diskutiert als ich!)