Protokoll der Sitzung vom 13.11.2007

Er soll mit dem Haushalt verbunden werden.Also wird er im Zusammenhang mit Einzelplan 04 auf die Tagesordnung gesetzt.

Noch eingegangen und an Sie verteilt worden ist ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP, Drucks. 16/8203, zu dem Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend Modellprojekt Selbstverantwortung plus, Drucks. 16/8052.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 52:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend an morgen denken – Zukunftsenergie ist Klimaschutz – Drucks. 16/8067 –

Die Redezeit beträgt 15 Minuten. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Hammann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einen Satz aus der Presseerklärung von Herrn Umweltminister Dietzel vom 21. März 2007 zitieren. Er sagte:

Jeden Tag eine neue Idee zur Rettung des Weltklimas zu veröffentlichen macht an sich noch kein besseres Klima.

Ergänzend nennt er in seiner Presseerklärung Einzelmaßnahmen, z. B. ein Tempolimit auf Autobahnen, das Verbot von Glühbirnen oder Stand-by-Schaltungen. All das sind Maßnahmen, die Herr Dietzel nicht unterstützt.

Ja, Herr Minister, es ist richtig, dass nicht nur Ideen notwendig sind.Wer aber seit über acht Jahren gute Ideen ignoriert, seit über acht Jahren den notwendigen Umsetzungswillen vermissen lässt und stattdessen immer auf der Bremse steht, zeigt, dass es ihm an Verantwortungsbewusstsein mangelt. Diesen Vorwurf muss sich die CDU gefallen lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit unserem Antrag „An morgen denken – Zukunftsenergie ist Klimaschutz“ zeigen wir Ihnen deshalb, wie der Klimaschutz verantwortungsvoll umgesetzt werden kann. Wir zeigen Ihnen auch ganz deutlich, wie bis zum Jahr 2020 24,4 t Kohlendioxid bzw. – in Prozentzahlen

ausgedrückt – 43 % Kohlendioxid in Hessen eingespart werden können.

Wir zeigen mit unserem Antrag, dass wir verantwortungsvoll handeln, und wir sind auch bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die Koch-Regierung hat nämlich, außer öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen zum Klimaschutz durchzuführen, bisher noch nichts getan, um die CO2Emissionen in Hessen tatsächlich zu verringern.

Nun hat auch noch der Pseudoklimaschutzbeauftragte der Landesregierung das Handtuch geschmissen. Wie sieht es denn bei den Kohlendioxidemissionen in Hessen aus? Entgegen dem Bundestrend, der beim Ausstoß von Kohlendioxid seit 1990 einen Rückgang von 18,5 % aufweist, ist in Hessen der Ausstoß von Kohlendioxid seit 1990 sogar um ca. 4 % gestiegen. Wenn man es sich genauer ansieht, stellt man fest, dass sich das Klimaschutzprogramm 2012 der CDU-Landesregierung als eine klimapolitische Nullemission des Umweltministers entpuppt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

8 Millionen t Kohlendioxid will Minister Dietzel – diese Landesregierung – bis zum Jahre 2012 einsparen. Erreichen will man das – das kann man deutlich festhalten – allein oder jedenfalls zum größten Teil durch den weiteren Betrieb der risikoreichen Atomkraftwerksblöcke in Biblis. Nun, meine Damen und Herren, damit haben Sie aber auch die Tatsache akzeptiert, dass Sie seit über einem Jahr, bedingt durch die Abschaltung des AKW Biblis, nichts gegen den Klimawandel getan haben.Das bisherige Handeln bzw. Nichthandeln ist in allen Haushaltsplänen der CDU dokumentiert.

(Norbert Schmitt (SPD): Das kann man wohl sagen!)

Bedeutende Klimaschutzprojekte wurden ebenso eingestellt wie die Förderung von wärmetechnischen Sanierungsmaßnahmen in kommunalen Liegenschaften. Wenn sich Herr Rhiel heute hierhin stellt und darauf aufmerksam macht, dass die CDU sehr viel Geld in die Hand nehmen will, um gerade in diesem wichtigen Bereich etwas umzusetzen, muss ich sagen: Warum haben Sie all das im Jahr 2000 eingestellt?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die CO2-Emissionen hätten schon längst reduziert werden können. Erst im Haushalt für das Jahr 2008 bequemt man sich, Mittel dafür bereitzustellen.

(Norbert Schmitt (SPD):Könnte das etwas mit dem 27. Januar zu tun haben?)

Man kann Ihnen vorwerfen, dass Sie über Jahre hinweg pro Klimawandel gewirtschaftet haben. Allein die Erkenntnisse aus dem Klimaschutzprogramm 2012 machen allen klar,dass der Klimawandel auch in Hessen schon dokumentiert ist.Bereits im Laufe der letzten 50 Jahre ist ein Temperaturanstieg um fast 1º C festzustellen. Der Klimawandel ist die größte ökologische Herausforderung weltweit.

Herr Minister Dietzel, das wissen Sie, und das weiß auch diese Landesregierung. Die Zeitspanne, die für eine Reaktion auf den Klimawandel zur Verfügung steht, ist absolut knapp bemessen. Die heutigen Emissionsminderungen werden erst in 30 bis 50 Jahren ihre volle Wirkung entfalten. Deshalb sagen wir GRÜNE ganz deutlich: Das

Diskutieren muss endlich ein Ende haben. Es müssen Taten folgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser grünes Ziel ist es, die Erderwärmung auf höchstens 2º C zu begrenzen. Die international tätigen Wissenschaftler fordern, dass der Ausstoß von Kohlendioxid in den Industriestaaten bis zum Jahre 2050 um 80 % reduziert wird. Dies bedeutet, dass ein drastischer Umbau der Energieversorgung stattfinden muss. Für Deutschland ist daher eine Politik notwendig, der es gelingt, bis zum Jahre 2020 eine Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid um mindestens 40 % gegenüber 1990 zu erreichen.

Mit Blick auf Berlin sage ich: Das, was dort beschlossen wurde, ist einfach zu wenig. Es wird dem Ernst der Situation nicht gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst bei einer Umsetzung der in Meseberg genannten Ziele wird die Bundesregierung nach eigenem Bekunden bis zum Jahre 2020 nur eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen um 35 % erreichen.Dazu muss ich sagen:Frau Merkel reist viel in der Welt herum und wird auch von vielen mit dem Anliegen des Klimaschutzes identifiziert. Aber sie stellt sich eben nicht den notwendigen ökologischen Herausforderungen. Sie kneift in wichtigen Bereichen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Aber sie hat wenigstens etwas geleistet!)

Ich möchte kurz die Beispiele nennen: die steuerliche Subvention von klimaschädlichen Dienstwagen, die Reduzierung von Marktanreizprogrammen bei den erneuerbaren Energien,das fehlende Tempolimit,über das wir gesprochen haben, und lange Übergangszeiten, z. B. zehn Jahre bei den Nachtspeicherheizungen.

Wir GRÜNE denken an morgen. Daher haben wir nicht nur gute Ideen, sondern auch die zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels notwendigen Umsetzungsmaßnahmen vorgelegt. Mit unserem Antrag „An morgen denken – Zukunftsenergie ist Klimaschutz“ zeigen wir GRÜNE, dass es möglich ist, bis zum Jahre 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid um 43 % oder – in Tonnen ausgedrückt – um 24,4 Millionen t im Vergleich zum Jahre 2003 zu verringern. Statt 57,3 Millionen t Kohlendioxid werden bis zum Jahre 2020 nur noch 32,9 Millionen t übrig bleiben. Das heißt, wer den Klimaschutz wirklich ernst nimmt, ist aufgefordert, sich mit unseren Vorstellungen zu befassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich das an drei Beispielen deutlich machen. Schauen wir uns zuerst an, wie es beim Strom ist. Wir brauchen keine risikoreichen, hochgradig strahlende atomare Abfälle produzierenden Atomkraftwerke für eine klimafreundliche Energieversorgung. Wir brauchen auch keine klimaschädlichen Kohlekraftwerke.Die bundesweiten Ausbauplanungen, die uns allen bekannt sind, lehnen wir ab; denn sie sind für den Klimaschutz kontraproduktiv.

Wir brauchen eine andere Energieversorgung. Wir brauchen das Ausschöpfen der erneuerbaren Energien und das Ausschöpfen der Energieeffizienz. Deswegen – das sage ich ganz deutlich – passt der Ausbau des Kohlekraftwerks Staudinger in Großkrotzenburg nicht in dieses Konzept.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch der Bau eines Kohlekraftwerks auf der Ingelheimer Aue bei Wiesbaden durch die KMW passt nicht in dieses Konzept.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Konzept „Zukunftsenergie für Hessen“ beweist, dass bis zum Jahr 2028 die Schaffung einer klimafreundlichen Stromversorgung ohne fossile Energieträger und ohne Atomstrom möglich ist. Doch Klimaschutzmaßnahmen sind nicht nur auf die Produktion von Strom beschränkt. Unser Maßnahmenkatalog umfasst auch den Wärme- und Verkehrsbereich. Wie dies im Einzelnen funktionieren wird, haben wir in unserem Antrag detailliert dargestellt.

Auf einige Reduktionspotenziale – es sind insgesamt über 53 Maßnahmen – möchte ich dennoch explizit eingehen. Bis zum Jahre 2020 können allein 7,9 Millionen t Kohlendioxid durch einen sparsameren Umgang mit Strom und durch den Einsatz von erneuerbaren Energien eingespart werden. So wird man durch eine deutliche Steigerung der Effizienz beim Strom ca. 2,4 Millionen t CO2 einsparen, und der Ausbau der erneuerbaren Energien bei der Stromproduktion wird dazu führen, dass der Ausstoß von CO2 um 5,5 Millionen t reduziert wird.Das sind also keine Peanuts, sondern große Summen, und es zeigt, welche Möglichkeiten es gibt, um dem Klimawandel entschieden entgegenzuwirken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mehr Effizienz im Zusammenhang mit Strom wollen wir z. B. mithilfe eines Energieeffizienzfonds erreichen. Deshalb haben wir für einen solchen Energieeffizienzfonds im Haushaltsplan 2008 die notwendigen Mittel in Höhe von 10 Millionen c beantragt.

Mithilfe dieses Energieeffizienzfonds können zielgerichtet Angebote an die Kommunen und an die Wirtschaft sowie Beratungsmöglichkeiten gegeben werden. Das Effizienzprogramm wird daher nicht nur hoch effiziente Heizungspumpen, Lüftungs- und Klimatechnik, sondern auch den Einsatz von hoch effizienten Motoren im produzierenden Gewerbe umfassen.

Meine Damen und Herren, eines ist aber auch klar. Wir brauchen in Hessen wieder eine eigenständige Plattform für Energie- und Klimaschutz. Daher wollen wir eine unabhängige landeseigene Energie- und Klimaschutzagentur schaffen.Wir wollen die Energieberatung stärken.Wir wollen,dass endlich eine vernünftige Kennzeichnung aller Elektrogeräte möglich ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen selbst erkennen können, ob das Gerät, das sie neu anschaffen wollen, wirklich klimafreundlich und energiesparend ist.

Aber auch die erneuerbaren Energien brauchen in Hessen einen Schub – einen positiven Schub,nicht die Bremse der CDU. Meine Damen und Herren, hier sind 5,5 Millionen t CO2-Reduktion möglich. Und – das ist für uns ebenso wichtig – durch diesen Ausbau der erneuerbaren Energien wird es möglich sein, neue Arbeitsplätze zu gewinnen. Vorhin wurde es schon genannt: Die neueste positive Entwicklung hierzu ist wieder bei der Firma SMA feststellbar – hier plant man die Erweiterung des Unternehmens, und dies wird 1.000 neue Stellen schaffen.

Meine Damen und Herren, bisher hinkt die CDU-Landesregierung bei der Energiepolitik weit hinterher.

(Norbert Schmitt (SPD): „Hinken“ ist noch weit übertrieben!)

Sie tun eben nichts. Leider haben wir immer noch einen Anteil von nur 5 % erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in Hessen. Damit ist Hessen im allgemeinen Trend auf Bundesebene weit abgeschlagen – dort sind wir bis zum Ende dieses Jahres mittlerweile bei 15 %. Ich sage ganz deutlich: Das belegt eindeutig den energiepolitischen Tiefschlaf der CDU-Landesregierung.

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))