Protokoll der Sitzung vom 13.11.2007

Ich will zu Beginn etwas zu dem Antrag der GRÜNEN sagen. Unter 62 Spiegelstrichen haben Sie nach meiner Auffassung eine Bleiwüste verfasst. Sie haben Ihr Wahlprogramm abgeschrieben. Ich weiß nicht, warum das Verfassungsorgan Hessischer Landtag heute das Wahlprogramm der GRÜNEN beschließen soll. Frau Kollegin Hammann, das ist mir nicht ganz schlüssig geworden. Denn hier ist weder der Ort noch das Gremium dafür, um Ihr Wahlprogramm zu beschließen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch Ihre Verengung des Begriffs Energie auf Klimaschutz ist meiner Meinung nach falsch. Energie ist auch Klimaschutz, aber Energieversorgung ist mehr. Das will ich Ihnen deutlich machen.

Ich will nur noch etwas zu Ihren Zahlen sagen. Frau Kollegin Apel hat die Zahlen schon ins rechte Licht gerückt. Ihre Zahlen sind gegriffen. Es gibt unterschiedliche Auffassungen, und es gibt Wissenschaftler, die bei Ihren einzelnen Punkten zu anderen Ergebnissen kommen.

Das ist unstrittig. Ich will aber, wenn ich Ihren Antrag durchgehe, darauf verweisen, was mir aufgefallen ist, dass Sie nämlich in jedem dieser Abschnitte unisono das Stichwort „Bürokratie“ aufgreifen. Drei Punkte befassen sich mit der Bürokratie.Es ist mir bis heute aber nicht klar,wie man mit Bürokratie eine Verminderung des CO2 erreichen könnte.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie müssen das richtig lesen!)

Ich will noch einen Punkt aufgreifen, der für diese einzelnen Abschnitte generell gilt: dass Sie nämlich wieder einen Angriff auf das Eigentum fahren. Wir sind es von Ihnen gewohnt, dass Sie das Eigentum angreifen. Sie versuchen wieder, das Eigentum zu verhaften. Sie versuchen,

das Eigentum in die Verantwortung zu nehmen.Da gibt es Zwang; Sie wollen alles mit Verordnungspolitik bestreiten.

Das wird nicht funktionieren. Es ist aufgrund der Redebeiträge meiner Vorredner auch deutlich geworden, dass die Energiepolitik zahlreiche Politikfelder berührt, nicht nur die Technologie, sondern auch die Ökonomie sowie die Ökologie. Diese Effekte muss man bewerten, und damit muss man umgehen können.

Wir müssen uns darüber einig sein, dass das Energieeinsparen das größte Potenzial darstellt. Ich glaube, dass dies unbestritten ist.Es ist auch unbestritten,dass das Energieeinsparen im Gebäudebestand mit marktwirtschaftlichen Elementen möglich ist, aber nicht mit staatlichen Verordnungen. Denn wir wollen den Eigentümer auf dem Weg des Energiesparens mitnehmen. Wir wollen ihm dies weder verordnen noch überstülpen. Das hat etwas mit Eigenverantwortung zu tun sowie damit, dass wir andere Rahmenbedingungen schaffen als Sie.

Ich will noch einmal darauf hinweisen:Ich glaube,dass wir seinerzeit mit der Umweltallianz etwas auf den Weg gebracht haben, was ein Erfolgsmodell gewesen ist und was auch zunehmend Früchte trägt. Das war kein einfacher Weg, dennoch war er richtig; und er muss fortgeführt werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen die erneuerbaren Energien marktwirtschaftlich fortentwickeln. Die FDP-Fraktion steht – das sage ich ganz deutlich – für eine intensive Erforschung alternativer Energieformen, aber auch für die intensive Erforschung von Kraftwerksformen.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Hammann, auch Sie waren bei der Anhörung dabei. Es wurde soeben darüber diskutiert, weshalb die Emissionseinsparung bei Kohlekraftwerken eine Utopie sei. Wir haben darüber diskutiert, warum uns dies nicht gelingen könne. Solarenergie und Wasserkraft wurden von Ihnen aber bisher sträflich vernachlässigt.Was haben Sie beim Wassergesetz nicht alles angestellt, um zu verhindern, dass wieder kleine Turbinen ans Netz gegangen sind.

(Beifall bei der FDP)

Gehen Sie durch das Land, und hören Sie sich an, dass diese Energieform überall dort, wo sich früher viele Mühlen befunden haben, über Jahre verhindert worden ist. Hier gibt es Potenzial, das wir, so glaube ich, bisher noch nicht zu schätzen wussten.

Nun zur Biomasse. Es ist zu schön, dass in diesem Zusammenhang immer wieder auf Bayern verwiesen wird. Als ich vor fast 13 Jahren in den Hessischen Landtag einzog, habe ich mich als einer der Ersten über dieses Thema informiert.Damals hat von Ihnen noch keiner darüber geredet, Biomasseanlagen auf den Weg zu bringen.

Die Bayern hatten welche, zumeist kleine Anlagen, und daher rührt die große Anzahl dieser Anlagen. Wenn man einmal vergleichen würde, wie viele Biomasseanlagen es in Hessen bzw. Bayern gibt, dann weiß ich nicht, wie das Ergebnis ausfallen würde, weil unsere Anlagen in der Tat etwas größer und moderner sind.

(Gernot Grumbach (SPD): Das ist ungefähr das Zehnfache!)

Das soll kein Vorwurf an die Bayern sein. Herr Kollege Grumbach, das füge ich immer ein bisschen hinzu, wenn Sie sich auf Bayern beziehen, aber nur ein bisschen.

(Gernot Grumbach (SPD): Mir tut es auch leid!)

Seien Sie ehrlich,und sagen Sie,wie es damals gewesen ist: Damals ist nämlich nichts passiert.

Lassen Sie mich nun etwas zum EEG sagen. Die Reform des EEG wird bundesweit diskutiert. Es ist richtig, dass darüber diskutiert wird, das EEG zu verändern. Das EEG legt bisher für gewisse Technologien Preise fest.Wenn wir erneuerbare Energien wollen, dann werden wir sie zukünftig nicht unter einer Schutzhülle halten können. Diese werden sich einem Markt stellen müssen. Ich will auch unter den Anbietern erneuerbarer Energien einen Wettbewerb haben. Ich sage ganz deutlich: Ein Wettbewerb unter den Anbietern erneuerbarer Energien muss möglich sein,und deshalb ist das EEG zu überarbeiten sowie zu überprüfen.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, ich habe schon einmal das Beispiel angeführt, dass wir in Anbetracht der Kosten eines Windrades deutlich machen können, dass die Investitionskosten insgesamt gesunken sind. Die Förderungsprozente sind angehoben worden, sodass die Investitionskosten für Windkraftanlagen in diesem Maße gesunken sind. Es gab in weiten Teilen einen Mitnahmeeffekt, der von der Industrie auch auf Kosten der Steuerzahler wahrgenommen worden ist.

Nun zu den erneuerbaren Energien: Diese werden gerade auch im Zusammenhang mit der Verminderung der CO2Emissionen eine große Rolle spielen. Ich glaube, in diesem Zusammenhang wird gerade die Biomasse eine wichtige Rolle spielen.

Herr Grumbach, Ihre Berechnungen, welche Flächen wir benötigen würden, lasse ich einmal dahingestellt. – Die Entwicklung, auch beim Pflanzenanbau, wird weitergehen. Wir werden andere Pflanzen finden, die wir energetisch verwerten können. Es wird daher keine Maismonokulturen geben, was als Szenario immer wieder heraufbeschworen wird, sondern es wird andere Energiepflanzen geben, die auch auf ertragsschwachen Standorten das Erwirtschaften größerer Erträge möglich machen werden. Ohne eine vernünftige Landwirtschaft wird in diesem Zusammenhang nichts funktionieren. Die Landwirtschaft wird im Bereich der Biomasse der Schlüssel zum Erfolg sein. Deshalb brauchen wir eine intakte Landwirtschaft, auch um Biomasse zu erzeugen.

(Beifall bei der FDP)

Jemand hat einmal gesagt, dass die Biomasse in diesem Bereich genau das werden könne, was das Internet für die Telekommunikationstechnik geworden sei. Das mag vielleicht ein bisschen hoch gegriffen sein, doch bin ich der Meinung, dass wir, weil diese Energie speicherbar ist, auf dem richtigen Wege sind. Wir werden über weitere Energieträger bzw.andere Möglichkeiten nachdenken müssen. Forschungen werden notwendig sein.

Vor einiger Zeit ist von uns die Getreideverbrennung heiß diskutiert worden. Das ist angesichts des momentanen Getreidepreises sicherlich etwas, was in der Versenkung verschwunden ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass es zukünftig auch darum gehen muss, Getreide, das nicht als Futtermittel oder Lebensmittel geeignet ist, energetisch zu verwerten. Ich denke, jeder, der der Meinung ist, dass

wir gegenüber ausländischen Getreidelieferungen eine gewisse Autarkie erreichen müssen, wird meine Meinung teilen, dass wir nämlich diese Möglichkeit der Getreideverbrennung nicht hintenanstellen sollten.

(Beifall bei der FDP)

Zu diesem regenerativen Energiemix, den wir wollen, gehören a) Wirtschaftlichkeit und b) Energiesicherheit. Das habe ich eben angesprochen, indem ich erläutert habe, was zur Erzeugung von Biomasse gehört, dass in diesem Zusammenhang eine funktionsfähige Landwirtschaft sehr wichtig ist, vor allem die landwirtschaftlichen Flächen. Wir müssen darüber nachdenken, was wir in den vergangenen Jahren mit den landwirtschaftlichen Flächen gemacht haben, wie wir damit umgegangen sind und wie wir diese verprasst haben. Auch in diesem Zusammenhang wird darüber nachzudenken sein, wie wir dies in Anbetracht der Energieproduktion zukünftig werden betrachten müssen.

Ich will aber noch einen Punkt ansprechen, der sicherlich noch in weiter Ferne ist: den Biowasserstoff. Hierüber ist schon häufig diskutiert und geschrieben worden. Es gab auch diverse Veranstaltungen.Er ist immer wieder hintenangestellt worden, weil er noch ein bisschen Utopie ist. Warum soll Biowasserstoff nicht auch eine Möglichkeit sein, erneuerbare Energien für die Zukunft zu speichern? Warum soll das Land Hessen in diesem Bereich nicht Forschungs- und Entwicklungskapazitäten unterstützen? Ich möchte allen raten, dies nicht negativ zu begleiten, sondern auch diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen und zu sagen: Das ist eine Möglichkeit, lasst uns diese Chance nutzen.

Diese Investitionen, die ich auch im Zusammenhang mit dem Biowasserstoff angesprochen habe, sind sicherlich Investitionen zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung der Zukunft. Diese Investitionen haben etwas damit zu tun, eine generationenübergreifende sowie generationengerechte Energiepolitik zu betreiben. Damit einhergehend könnte man es auch eine generationengerechte Umweltpolitik nennen,wenn man den nachfolgenden Generationen ausreichende Rohstoffpotenziale überlässt, damit diese noch genügend Rohstoffe vorfinden werden.

Nun zu den akzeptablen Lebensbedingungen. Diese hängen – das ist bereits gesagt worden – mit Klimaschutzanstrengungen zusammen. Das ist aber auch mit wirtschaftspolitisch sinnvollen Investitionen zu begleiten. Ich sage ganz bewusst: sinnvolle Investitionen.

Man muss wirklich hinterfragen, ob das, was an der einen oder anderen Stelle im Zusammenhang mit der CO2-Diskussion losgetreten wurde, wirtschaftspolitisch sinnvoll ist bzw. noch in einem Kosten-Nutzen-Verhältnis steht. Es kann nicht sein, dass gesagt wird: Ich will etwas machen, und daher mache ich etwas. – Wir meinen, dies muss vernünftig geregelt werden, damit es auch aus wirtschaftlicher Sicht einen Sinn ergibt sowie einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Rechnung standhalten kann.

Nun zur regenerativen Wärmegewinnung bzw. Wärmenutzung: Hierzu hat sich mein Parteivorsitzender in den vergangenen Tagen gegenüber der Presse geäußert. Auch die Diskussion über die Wärmeschiene Rhein-Main führen wir seit einigen Jahren. – Frau Kollegin Hammann, da sind wir noch nicht sehr viel weiter gekommen, dennoch ist dies ein Ansatz.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So sieht es aus!)

Ist das so? – Dies muss vertieft werden. Bei der regenerativen Wärmegewinnung, wie der Solarenergie und der Erdwärme – da bin ich wieder bei etwas Innovativem –, muss noch geprüft werden, wo die technische Machbarkeit und Nutzbarkeit über Jahre zum Tragen kommen müssen. Das sind Aufgaben, die die Politik wahrnehmen muss. Sie muss Anstöße geben sowie fördern, gerade im Bereich der Anwendungsforschung, die ich im Zusammenhang mit der Senkung des Energiebedarfs sowie der Erhöhung der Energieeffizienz angesprochen habe.

Das alles sind Punkte,wo Anstöße der Politik gefragt sind. Die Anstöße können wir geben. Ich sage es noch einmal: Durch die Umweltallianz haben wir es erreicht, dass viele, viele Helfer ihre guten Ideen einbringen. Ich glaube, dass wir dort auf einem Weg sind, der sicherlich dazu beitragen wird, dass wir diese angewandte Technologieforschung in Zukunft für uns verstärkt nutzen können. Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass niemand ein Wort zum Thema Biodieselbesteuerung gesagt hat. Das war ein hoffnungsvolles Pflänzchen. Ja, durch einen Federstrich der Bundesregierung ist es plattgemacht worden. Ich habe hier kein Wort dazu gehört.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende, mit der Hoffnung, dass wir mit dem, was in unserem Wahlprogramm steht, das ich leider nicht vortragen kann – vielleicht mache ich noch einen 62-Spiegelstrich-Antrag –,auf den Weg kommen, dass wir nicht nur 15 %, Herr Kollege und Frau Kollegin, aus regenerativen Energien erzeugen können, sondern in Zukunft vielleicht sogar 25 %. Wenn wir das im Jahre 2025 erreichen, sind wir auf einem guten Weg. Daran sollten wir alle arbeiten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dafür muss man etwas tun!)

Herr Kaufmann hat das Wort zu einer Kurzintervention.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Heidel, das Problem ist doch ganz nüchtern zu betrachten. Vorhin wurde uns vorgehalten, nur 2 Promille oder 0,2 % des weltweiten CO2-Ausstoßes entfällt auf Hessen, aber nur 1 Promille der Bevölkerung weltweit. Das heißt, wir verbrauchen doppelt so viel wie der Weltdurchschnitt. Der jetzige Weltdurchschnitt erzeugt schon erheblich zu viel CO2. Alle haben sich international auf eine Reduzierungsnotwendigkeit verständigt. Ich kann sagen: Ich bin schon so alt, dass ich im Jahre 2050 nicht mehr leben werde. Aber hier sind einige, die noch jung genug sind, und alle haben Kinder.

(Minister Karlheinz Weimar: Jung und rüstig!)

Vielen Dank.Das werden wir nachher gleich testen.– Es muss etwas geschehen. Sehr verehrter Herr Kollege Heidel, deshalb sind Anstöße durch die Politik schön und gut.

Es muss endlich etwas geschehen und Schluss sein mit den vielen Verschiebungen in Form von Prüfaufträgen.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja!)