Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

(Reinhard Kahl (SPD): Zehn Minuten! Wir haben eingesparte Zeit!)

Nach der internen Rechnung sei das möglich.

Also macht, was ihr wollt. Bitte sehr.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Können wir Sie noch einmal anrufen?)

Ich bin für Einsparungsvorschläge dankbar. Dazu wollte ich auch noch kommen.

Ich war bei einer Kleinigkeit, die durchaus Wirkung haben kann, nämlich dass im KFA ein Ansatz für neue Gefängnisstandorte gebildet worden ist.Auch dies ist von der kommunalen Seite zurückgewiesen worden. Da wird eine Aufgabe, die das Land zu finanzieren hat, wiederum auf die Kommunen übertragen, insgesamt natürlich zulasten der anderen Kommunen – ein nicht akzeptabler Ansatz.

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal darauf zurückkommen, wo es Einsparungsmöglichkeiten in diesem Haushalt gibt und wo wir auch versucht haben, das zu belegen, und wo man, so muss ich Ihnen sagen, nachdem die neueste Steuerschätzung vorliegt, mit den Einsparvorschlägen, die wir gemacht haben, die Schraube sogar noch härter anziehen muss.

An einem Punkt haben wir die Landesregierung mit ihren eigenen Waffen geschlagen, indem wir gesagt haben: Sie legen jetzt eine neue Verwaltungssteuerung vor. Dann

wollen wir dieses Modell auch einmal anwenden und schauen: Wie sind denn die Stückkosten in den einzelnen Häusern, und wie haben sie sich entwickelt?

Das ist jetzt mit einem Lob und einem Tadel an die Landesregierung verbunden: mit einem Lob, dass der Finanzminister in seinem Bereich, wenn man die ministeriellen Standardprodukte vergleicht, in der Tat ganz gut gewirtschaftet hat. Er arbeitet teilweise dreimal so günstig wie z. B. das Innenministerium. Da es Standardprodukte sind, ist, glaube ich, der Schluss richtig, zu sagen: Dann müssen die anderen Ministerien genauso effizient und effektiv arbeiten können, wie es dem Finanzminister möglich ist – es sind ja Stückkosten. Ich meine, meine Damen und Herren, daraus entspringen ganz erhebliche Einsparungen, etwa 120 Millionen c.

Wir haben gesagt, das muss man sicherlich schrittweise umsetzen. Da stecken vor allem Personalkosten drin. Das wird nicht in einem Jahr machbar sein.Aber nach der neuesten Steuerschätzung, in der deutlich wird, dass nächstes Jahr doch nicht so viel mehr Geld eingehen wird, müsste man wahrscheinlich noch intensiver die Schraube zudrehen, als wir das mit 20, 25, 30 Millionen c vorgeschlagen haben. Der Finanzminister müsste jetzt die anderen Ministerien dazu anhalten, genauso günstig z. B. parlamentarische Anfragen zu beantworten und den parlamentarischen Betrieb aufrechterhalten, wie dies in seinem Bereich möglich ist.

(Reinhard Kahl (SPD): Wenn das ein Konzern wäre,würde die Betriebsstätte vom Ministerium geschlossen!)

Die zweite Einsparmöglichkeit – das wissen Sie – ist SAP. Ein Beispiel nur:die Schulsoftware LUSD.Ich habe heute Morgen eigentlich erwartet, dass der Ministerpräsident dazu etwas sagt.Vielleicht ist das auch ein Exportschlager. Er hat heute Morgen dargestellt, dass sich die anderen Länder angeblich an Hessen orientieren.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Hier ist es anscheinend mit dem Exportschlager nicht so weit her.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist nicht so lustig mit der LUSD!)

Insgesamt ist die ganze SAP-Entwicklung desaströs. 800 Millionen c wird das Land Hessen am Ende dafür aufwenden. Da sagen wir:An dieser Stelle müssen wir Schritt für Schritt alles, was möglich ist, zurückdrehen. Wir werden, wenn wir die Regierung übernommen haben, in den Büchern feststellen lassen: Wo gibt es noch Einsparbeträge? Wo kann man etwas zurücksteuern? Wir haben die Einsparmöglichkeiten hier auf mindestens 17 Millionen c beziffert. Ich hoffe, dass es mehr sein werden. Aber dazu müssten wir dann die Vorgänge und die einzelnen Verträge kennen. Wir bitten auch den Rechnungshof, bei der LUSD-Software nachzuschauen, was dort los gewesen ist.

Der zweite Bereich – das zeigt, Herr Finanzminister, dass Sie Ihrem Job nicht nachgekommen sind – ist die Entwicklung der Sachausgaben in diesem Land. Wir haben das Jahr 2001 mit der Entwicklung im Haushaltsentwurf für 2008 verglichen. Da stellen wir fest – wir haben die Mieten abgezogen; das gehört sich so, denn leider haben Sie alles verkauft, und deshalb sind jetzt Mieten fällig –, dass allein bei den Sachausgaben die Steigerung über 242 Millionen c beträgt. Um 242 Millionen c sind die sächlichen Verwaltungsausgaben vom Jahr 2001 auf das Jahr 2008 gestiegen. Jetzt kann man sagen, es ist alles ein bis

schen teurer geworden. Deswegen haben wir das auch inflationsbereinigt ausgerechnet. Inflationsbereinigt bleibt immerhin noch ein Betrag von 106 Millionen c.

Meine Damen und Herren, ein Finanzminister, der einen solch grausamen Haushaltsplan vorlegt, der faktisch wieder die Verfassungsgrenze tangieren würde, wenn nicht der Griff in die Rücklagen erfolgen würde, müsste doch in diesem Bereich ohne Politikverzicht die sächlichen Verwaltungsausgaben einmal danach durchforsten, was sein muss und was nicht sein muss – aber das ist sicherlich ein hartes Brot. Sie haben auch hier Steigerungsraten wie kein anderes Bundesland.

Ich glaube, es ist eine legitime Forderung, zu sagen: Inflationsbedingte Zuwächse akzeptieren wir, aber es muss zurückgeführt werden auf einen Haushaltsansatz, der vernünftig ist. Auch da liegen die Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe. 100 Millionen c sind an dieser Stelle drin.

Das sind konkret unsere Einsparungsvorschläge, die jetzt natürlich noch einmal verschärft werden mussten, nachdem die im Jahr 2008 erhofften Steuermehreinnahmen in der Tat nicht ganz so hoch ausfallen werden, wie wir es erwartet haben.Anstelle von 140 Millionen c sind es nur 40 Millionen c.

Herr Kollege Schmitt, Sie sind jetzt bei zwölf Minuten. Ein Telefonat noch.

Danke schön. Das ist jetzt auch der letzte Satz.

Das hat übrigens auch etwas mit der Unternehmensteuerreform zu tun. Meine Damen und Herren, die kann man machen. Aber es zeigt sich einmal mehr, dass diese Reform natürlich auf Kosten der Länder und insbesondere des Landes Hessen geht. Es soll sich am Ende keiner über die Finanzsituation beklagen. Auch die hat diese Landesregierung selbst mit eingewebt. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schmitt. – Das Wort hat Frau Kollegin Erfurth für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir kommt jetzt die Aufgabe zu, in relativ kurzer Zeit sowohl die Stellungnahme der GRÜNEN zum Einzelplan 06 des Haushalts abzugeben als auch die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zur Haushalts- und Finanzsituation in Hessen zu bewerten. Das erscheint auf den ersten Blick etwas schwierig, ist aber, wenn man näher in die Thematik einsteigt, eigentlich gar nicht mehr so schwierig, denn man kann es in drei groben Schlaglichtern zusammenfassen.

Erstens. Die Landesregierung hat mit bisher ungekannter Schamlosigkeit die Verschuldung nach oben getrieben, und sie ist nicht willens, jetzt in guten Zeiten, da die Steuerquellen sprudeln, diese Verschuldung abzubauen.

Das eigentlich Schlimme an der Sache finde ich, dass man überhaupt nicht erkennt, wo es denn hingehen soll, wo Sie Maßnahmen vorsehen, um in Zukunft die Schulden zurückzufahren. Wir erleben schon den ganzen Tag eine rückwärtsgewandte Debatte und nichts, aber auch gar nichts als Ansatz für die Lösungen für morgen.

(Beifall der Abg. Ursula Hammann und Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Finanzminister, Sie haben bei all der Schuldenmacherei nahezu unverschämtes Glück gehabt. Die Schuldzinsen sind seit 1999 um rund 1,5 Prozentpunkte gesunken. Das lässt sich aus der Antwort auf die Fragen 22 bis 26 unserer Großen Anfrage ganz wunderbar ablesen.

(Minister Karlheinz Weimar: Nein!)

Doch. Das lässt sich ablesen. Die Zinsen sind gesunken, und trotz steigender Verschuldung zahlen Sie nicht mehr an Zinsen.

(Minister Karlheinz Weimar: Nein, was wir im Durchschnitt bezahlen, ist um 1,5 Prozentpunkte gesunken!)

Ja. Aber wenn die Zinsen weiter auf dem Niveau von 1999 geblieben wären,wäre Ihr Haushalt noch viel stärker an die Wand gefahren. Das ist doch die Tatsache, der Sie ins Auge blicken müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können zweitens feststellen: Die Landesregierung wirft Nebelkerzen und verkündet, nur der Länderfinanzausgleich sei schuld an der Situation. Damit will sie ein bisschen verbrämen,dass sie nicht die Kraft aufbringt,den Haushalt jetzt in guten Jahren zu sanieren. Herr Weimar, da verschweigen Sie auch ganz schamhaft, dass Sie als Vorsitzender der Finanzministerkonferenz nicht verhindern konnten, dass die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs, die Ihnen ja immer so wichtig ist und die Sie immer so hervorheben, bis weit in das nächste Jahr hinein verschoben worden ist.Wenn es Ihnen so wichtig gewesen ist,warum haben Sie es nicht geschafft,diese Neuregelung im Länderfinanzausgleich weiter nach vorn zu ziehen und diese für Hessen wichtige Frage früher zu lösen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der dritte große Punkt ist: Die Landesregierung hat dem Land Hessen durch bisher beispiellose Vermögensverkäufe Vermögensgegenstände in bisher ungeahnter Höhe entzogen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Wir bekommen dazu für die nächsten 30 Jahre neue Kosten in Form von Mietzahlungen. Diese engen den Handlungsspielraum mindestens über die nächsten fünf Legislaturperioden und noch weit darüber hinaus ein.

Bleiben wir doch einmal bei diesem Thema, und unterziehen wir die Immobilienverkäufe, die das hochgelobte Finanzierungsinstrument der Landesregierung sind, einer näheren Betrachtung. Schauen wir, was die Landesregierung in den Antworten auf unsere Große Anfrage dazu geschrieben hat.

Wir haben Sie gefragt, wie hoch denn die Mietzahlungsverpflichtungen für die verkauften Objekte in Zukunft sein werden.Die Antwort der Landesregierung – das können Sie in der Antwort auf Frage 47 nachlesen – dazu ist ziemlich kurz und schlicht. Ich zitiere:

Da in den Mietverträgen indexbezogene Anpassungsklauseln enthalten sind, können die künftigen Zahlungsverpflichtungen nicht genau angegeben werden.

Super, kann ich da nur sagen. Die künftigen Zahlungsverpflichtungen können Sie nicht genau angeben.Aber, Herr Weimar, Herr Caspar, Herr Milde, Herr Williges, und wer alles von der CDU sich hierhin gestellt und uns vorgetragen hat, wie schön doch diese Verkäufe sich für Hessen lohnen und was für ein gutes Geschäft das für Hessen ist, wie haben Sie denn dieses gute Geschäft berechnet, wenn Sie doch nicht genau wissen, wie sich diese Mietkosten in der Zukunft entwickeln?

(Minister Karlheinz Weimar: Das sind doch mathe- matische Berechnungen, die Stand der Technik sind! Die haben Sie doch bekommen!)

Warum können Sie uns dann diese mathematischen Berechnungen nicht darlegen, Herr Finanzminister?

(Minister Karlheinz Weimar: Sie haben doch im Haushaltsausschuss alles bekommen!)

Sicher haben wir das bekommen. Aber wir haben Sie ganz konkret gefragt, wie sich denn diese Mietkosten entwickeln. Sie schreiben – Sie können das in der Antwort auf die Große Anfrage nachlesen –, Sie können es nicht genau beziffern.Entweder war das bei den Begründungen der Verkäufe nicht in Ordnung,oder Sie haben bei der Beantwortung der Großen Anfrage geschludert. Irgendetwas stimmt da nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Oder beides!)