Mit der Verlagerung von Aufgaben aus Ihrem Hause auf die Hessen-Agentur ist ein ganzes Stück Verantwortlichkeit und Unmittelbarkeit in der Aufgabenwahrnehmung weggefallen.
Auch das merkt man in weiten Bereichen – zumal nicht erkennbar ist, dass die Hessen-Agentur in diese Aufgaben eingestiegen wäre.
Herr Minister, ich könnte das jetzt für alle Aufgabenbereiche im Einzelnen durchdeklinieren – vom Tourismus bis zum Straßenbau. Ich will mich aber beeilen, weil in einer Haushaltsberatung, wie Sie wissen, jeder zehn Minuten hat und man den Themen nicht gerecht würde, wenn man sie alle ansprechen wollte.
Pars pro Toto für andere Bereiche gehe ich auf den Tourismus ein. Meine Fraktion wird dies in einem eigenen Antrag zu einem Debattenthema machen. Ich hoffe, dass wir es hier in der notwendigen Differenzierung aufarbeiten und gemeinsam erörtern werden.
Meine Damen und Herren, wir müssten eigentlich über alle Einzelbereiche hinweg genau dieses Verfahren wählen, weil die Defizite sich über alle Einzelbereiche hinwegziehen.
Herr Minister, was den Straßenbau betrifft, habe ich durch einen Beitrag in der „Fuldaer Zeitung“ gelernt, dass es angebracht ist, dass Sie die CDU bitten, Herrn Boddenberg, überall dort Bezirksparteitage einzuberufen, wo Straßenbauprojekte klemmen und nicht vorankommen.
Herr Minister Rhiel hat auf einem Bezirksparteitag in Fulda den Straßenbau – so die Überschrift in der „Fuldaer Zeitung“ – zu einer wesentlichen Aufgabe für die Landesentwicklung erklärt. Er ist dort konkret auf die Fortset
zung der A 66 und der A 44 eingegangen. Bei dem Gesamtbedarf von 250 Millionen c allein für Instandhaltung und Reparaturen – d. h. Nachholbedarf – und der Aufstockung auf 100 Millionen c ist natürlich nicht absehbar, Herr Minister Rhiel, – da muss ich Sie auch in Schutz nehmen –,wie Sie das bewegen wollen,ohne dass es weiterhin zu solchen Friktionen kommt, wie es jetzt beim Neubau der Fall ist.
Innovation in der Finanzierung, wie Herr Kollege Reif und ich sie einmal angestoßen haben, hat es hier auch nicht mehr gegeben. Auch das fehlt uns in diesem Haushalt.
Herr Minister, eine Rede zum Haushalt 2007 darf das Thema Ausbildung nicht aussparen. Wir hatten vorhin schon eine interessante Debatte dazu. Der Kollege Klein hat einige wichtige Ausführungen gemacht – auch über die Fortschritte, die die berufliche Ausbildung gerade erfährt oder erfahren hat. Aber die Bipolarität dieser Aufgabenstellung spiegelt sich leider auch in der organisatorischen Aufhängung in der Landesregierung wider.
Herr Minister Rhiel, als verantwortlicher Fachminister und Wirtschaftsminister sollten Sie sich persönlich wesentlich stärker, als das erkennbar ist und war, dafür einsetzen, diese Bipolarität zwischen Anhängung in der Schulorganisation und der Zuführung in den Bereich, der ansonsten für diese Zielgruppen zuständig ist, nachhaltig aufzulösen. Zumindest sollten Sie es versuchen. Ich weiß, wie schwer es ist, zu einer neuen Abgrenzung bei den Aufgabenzuständigkeiten innerhalb einer Landesregierung zu kommen. Aber das rechtfertigt noch lange nicht das gänzliche Außerachtlassen von überfälligen Maßnahmen.
Herr Minister, ich glaube, es stünde Ihnen gut an, und, Herr Ministerpräsident, es stünde auch der Landesregierung insgesamt gut an – gerade gegenüber dem Handwerk und den kleinen und mittleren Betrieben,für die das Wirtschaftsministerium der erste Ansprechpartner ist und die wiederum unsere ersten Ansprechpartner sind, wenn es darum geht, Ausbildungsplätze auszuweisen und vorzuhalten. Das sollte und muss auch nach außen erkennbar sein.
Eine weitere dringliche Aufgabe liegt im Tourismus. Ich habe es bereits angesprochen. Sollten wir nach der Landtagswahl in die Mitverantwortung kommen, hoffe ich, dass es uns gelingt, dem Tourismus in den Koalitionsverhandlungen einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen, als er ihn in der Wirtschaftspolitik bisher hatte.
Hier haben die Gebietskörperschaften ihre Bringschuld mit der Bildung von Destinationen jetzt erbracht. Dem Land stehen jetzt statt der früheren Kleinstaaterei von 21 Regionalverbänden, auf Kreisebene organisiert, elf starke regionale Ansprechpartner gegenüber. Diese Ansprechpartner fordern einen anderen Umgang, als das bisher in der Kleinstaaterei der Fall war.
Bei der allgemeinen Übereinstimmung in der Beurteilung dieses Wirtschaftsbereichs ist es überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, dass Sie im Haushalt für neue Projekte lediglich 410.000 c ausweisen, während die Dienstleistungsvergütung für die Hessen-Agentur 8,3 Millionen c beträgt.
Das ist für mich ein schlimmes Musterbeispiel für die Fehllenkung staatlicher Mittel, nämlich in den Konsum der HA statt in die Investition bzw. die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort.
Herr Minister, zusammengefasst über alle Aufgabenbereiche Ihres Hauses hinweg muss man leider feststellen, dass das Wirtschaftsministerium von einer befriedigenden Aufgabenerfüllung so weit weg ist wie das Land Hessen im Ranking der Bundesländer von einem Spitzenplatz.
Wenn ich es mir erlauben darf, Ihnen noch einen persönlichen Hinweis mit auf den Weg zu geben, dann muss ich Ihnen sagen: Der Wirtschaftsminister ist natürlich zunächst – wie jeder andere Minister – zuständig und verantwortlich für einen reibungslosen Ablauf in der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben. Mehr aber als seine Fachkollegen ist er gefordert, auf die Menschen und die handelnden Akteure zuzugehen und ihnen Mut zu machen.
Die Feststellung von Ludwig Erhard, dass Wirtschaftspolitik in hohem Maße Psychologie ist, ist mittlerweile zur Binsenweisheit herabzitiert worden.Deshalb habe ich fast Hemmungen, sie hier zu wiederholen. Aber sie sei Ihnen trotzdem noch einmal mit auf den Weg gegeben und vor Augen geführt.
Herr Minister,die Menschen in der Region,die Menschen in kleinen und mittleren Betrieben erwarten von Ihnen Ansprache und Zuspruch. Bei aller Bescheidenheit sollten Sie doch vor Augen haben,dass Ihr Amt alleine von einer Aura umgeben ist, die Sie auch vor andere Aufgaben stellt. Diese Aura zu vermitteln, ist eine Aufgabe, die der Wirtschaftsminister ebenfalls hat, die Sie auch vor Ort trägt und die von Ihnen erwartet wird. Sie wird in der Rhein-Main-Region genauso erwartet wie in der Regionalinitiative pro Nordhessen. Sie ist überall willkommen und Türöffner bei kleinen und mittleren Unternehmen, von deren Leistungen und Impulsen die Entwicklung des Landes im Wesentlichen abhängt. Auch hier sind Sie wesentlich stärker gefordert, als Sie es bisher bewiesen haben.
Ich darf Ihnen als Christdemokrat und ehemaligem Oberbürgermeister der Bischofstadt Fulda – sicher mit Ihrem Verständnis – noch ein Bibelzitat für Ihre Amtsführung mit auf den Weg geben. Im Brief des Jakobus an die Hebräer heißt es im dritten Absatz, Vers 5 und 6: „Denk daran, wie klein die Flamme sein kann, die einen großen Wald in Brand setzt.“ Mit der Zunge ist es wie mit dem Feuer. Herr Minister, setzen Sie einen Entwicklungsplan in Hessen in Gang.
Vielen Dank, Herr Kollege Denzin. – Das Wort hat nun der Wirtschaftsminister, Herr Dr. Rhiel. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn an Herrn Kollegen Denzin direkt gerichtet sagen: Ich bin sehr froh, dass ich Sie – das gilt natürlich für alle – heute hier erleben konnte. Ich bin deshalb sehr froh darüber,weil wir in den Grundzügen der Wirtschaftspolitik übereinstimmen und weil Sie eben unter Berufung auf Ludwig Erhard deutlich gemacht haben,was die Aufgabe staatlicher Wirtschaftspolitik ist.Die Aufgabe besteht darin, die Voraussetzungen dafür zu schaffen und sie zu mehren, dass unternehmerisches Handeln optimal gelingen kann. Das heißt – das haben Sie auch immer deutlich gemacht – so viel Wettbewerb wie möglich und dort, wo Wettbewerb nicht möglich ist, so strenge staatliche Wahrnehmung der Aufgabe wie irgend nötig.
In diesem Spannungsbereich ist es uns in Hessen gelungen, ein Ergebnis in den wirtschaftlichen Daten zu erreichen, das uns nicht zufrieden macht, aber das zumindest so gut ist, dass es uns ganz in Ihrem Sinne Ansporn gibt, weiter zu handeln, so, wie unser Konzept es vorsieht, und so, wie es auch die Akzente des Haushaltsplans für das Jahr 2008 sichtbar werden lassen.
Die Vergewisserung heißt aber auch, zu schauen, wie das Ergebnis aussieht. Man muss sich fragen, ob man auf dem richtigen Weg ist, ob die Maßnahmen aus der Vergangenheit gegriffen haben. In aller Bescheidenheit darf man dann doch darauf hinweisen, dass Hessen den Platz 1 unter allen Flächenländern einnimmt bei dem Stichwort Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigen. Das Land Hessen ist das zweitbeste Land, wenn es um die Anzahl der Insolvenzen geht; die Unternehmen sind hier am robustesten. Das Land Hessen liegt bei der Arbeitsplatzversorgung immerhin auf Platz 3 aller Bundesländer. Das Land Hessen liegt bei Forschung und Entwicklung vorn – das ist auch in Richtung Zukunft von Bedeutung. Es hat die höchste Dichte aller Flächenländer beim Forschungsund Entwicklungspersonal in der Wirtschaft. Eben ist die Bertelsmann Stiftung und ihr Demografiemonitor angesprochen worden. Dort wird herausgearbeitet, dass Hessen das beste Flächenbundesland ist. Es hat einen Spitzenplatz bei den Ausgaben pro Beschäftigten in der Forschung inne. Es liegt beim IT-Bewertungsranking auf Platz 1 aller Länder.
Hessen zählt zu den obersten 10 % der innovationsstärksten Technologieregionen Europas.Wenn wir auf eine Zukunftstechnologie, die Nanotechnologie, schauen, können wir feststellen, in Hessen ist jeder fünfte Nanotechnologieanbieter Deutschlands beheimatet.
Das sind Spitzenwerte, die die Realität darstellen. Es kommt deshalb nicht von ungefähr, dass auch die Wachstumsdaten hervorragend sind.Wir haben uns wieder nach vorne gearbeitet und die Krisenzeiten überwunden. Hessen war beim produzierenden Gewerbe mit 2,9 % Wachstum deutschlandweit an der Spitze. Das ist eine Zahl, die
für uns deshalb wichtig ist,weil wir in Hessen vor allem als Dienstleistungsstandort wahrgenommen werden. Umso wichtiger ist die Tatsache, dass wir gerade im produzierenden Gewerbe an der Spitze des Wachstums in Deutschland stehen.
Für den Dienstleistungsbereich gilt das sowieso.Mit 2,1 % sind wir stärker gewachsen als der deutsche Mittelwert mit 1,9 %.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Ergebnisse, das sind Daten, die sozusagen die Anstrengungen der Betriebe mit der Unterstützung durch das Land – in den Aufgaben, die das Land zu gewährleisten hat – kennzeichnen. Was aber gibt uns Mut und Berechtigung, für die Zukunft zu erwarten, dass Hessen diesen Entwicklungsweg weitergehen wird und wir unseren Spitzenplatz weiter ausbauen, wo wir nicht oder noch nicht Spitze sind?
Zum einen – das hat der Ministerpräsident heute Morgen in der Generaldebatte deutlich gemacht – kommt es vor allem darauf an, die Infrastruktur so auszubauen, dass sie den Unternehmen eine gute Voraussetzung gibt, weltweit unternehmerisch tätig zu werden. Dafür steht der Flughafen,dafür stehen die Schienenverbindungen.Wir kämpfen dafür. Herr Staatsminister Grüttner hat jüngst in Darmstadt noch einmal deutlich gemacht, dass die ICE-Verbindung von Frankfurt über Darmstadt nach Mannheim jetzt endlich realisiert wird und wir dann endlich in Hessen in den drei großen Entwicklungsachsen an drei ICE-Linien angebunden sind. Daraus ergeben sich sämtliche Vorteile, die wir greifen können, wenn wir daran denken, was an den bisherigen ICE-Anschlüssen an wirtschaftlichem Wachstum entstanden ist.
Dies gilt auch in klassischer Weise für die Straßen. Hier fordern wir nicht nur mehr Flächenkapazität. Unter dem Label „Staufreies Hessen 2015“ haben wir technologisch gewaltige Anstrengungen in die Wege geleitet und bundesweite Modelle entwickelt. Wir sind das zentrale Entwicklungsland für Deutschland.
Wir haben mit Maßnahmen wie der Freigabe von Seitenstreifen die Mobilität von einem auf den anderen Tag befürwortet. Die Autofahrer, die nicht mehr im Stau stehen, danken es uns.
Wir müssen natürlich auch – ich will es noch einmal wiederholen – die Lückenschlüsse herbeiführen: Dies gilt für die A 44, die A 49 und die A 4, zurzeit eine leistungsstarke Bundesstraße.
Die Sozialdemokraten, die in Berlin mit in der Verantwortung stehen und den Bundesverkehrsminister stellen, müssen schon sagen, was ihr Beitrag ist, damit die A 49 morgen weitergebaut werden kann. Wir als Land haben gestern Planungsrecht hergestellt.
Neben der Infrastruktur auf der Straße gilt es auch,die Infrastruktur in der Kommunikation voranzutreiben. Dass dies in Frankfurt – der zentrale Internetknoten von ganz Deutschland – und in den Ballungsräumen in vorbildlicher Weise gelungen ist, mag dies stellvertretend deut