Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Neben der Infrastruktur auf der Straße gilt es auch,die Infrastruktur in der Kommunikation voranzutreiben. Dass dies in Frankfurt – der zentrale Internetknoten von ganz Deutschland – und in den Ballungsräumen in vorbildlicher Weise gelungen ist, mag dies stellvertretend deut

lich machen. Wir müssen aber gerade den kleinen und mittelständischen Unternehmen auch die Möglichkeit bieten, mit Breitbandvernetzung über die Kommunikation weltmarktfähig zu sein.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann tun Sie es doch!)

Wir vermissen die Unterstützung Ihrerseits, auch einmal ein Wort zur Telekom zu sagen, dass der große marktbeherrschende Player für neue Anbieter Platz macht, damit Wege geöffnet werden und gerade im ländlichen Raum auch eine adäquate Versorgung möglich ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Der wichtigste Bereich der Infrastruktur ist die Wissensinfrastruktur, nämlich die Menschen selbst. Da dürfen Sie doch auch einmal hierher kommen und sagen: Verehrte Landesregierung, das, was ihr gemacht habt, ist doch anerkennenswert. Ihr habt nicht nur, dank des Landtags, mehr Geld zur Verfügung gestellt, sondern auch das Geld strategisch richtig eingesetzt,sodass die Ausbildungsplatzzahl gesteigert werden konnte.

Wir haben zum heutigen Datum, obwohl das Niveau schon allein im letzten Jahr hoch war, einen nochmaligen Zuwachs um 9 % zu verzeichnen. Hier bitte ich um einen Applaus gegenüber den Unternehmen, die dies in dieser Zeit leisten.

(Beifall bei der CDU)

Wir fordern und fördern die Aus- und Weiterbildung – duales Studium als einen weiteren Begriff. Wir fördern vor allem den Wissenstransfer bei der Zusammenarbeit von Universitäten und Betrieben; hier haben wir hervorragende Ergebnisse.

Bereits im Nachtragshaushalt – vielleicht ist dies von Ihnen übersehen worden – haben wir einen neuen Fonds mit einem Volumen von 4 Millionen c für die Patentveredelung und die Patentverwertung zur Verfügung gestellt.

Wir sind zwar schon oben, aber wir wollen noch besser werden, damit Patente hier nicht nur angemeldet werden und möglicherweise mit einer Lizenz verkauft werden. Wir wollen auch die Umsetzung dieser neuen Ideen in neue Produkte. Wir setzen auf die gesamte Wertschöpfungskette. Dies ist ein neuer Akzent, der von Ihnen eben angesprochen worden ist.

FIZ in Frankfurt, cesah in Darmstadt – also Navigationssysteme –, Photonikzentrum in Wetzlar, Anwenderzentrum in Kassel oder die neue Initiative, die der Ministerpräsident vorgestellt hat, Medizintechnik in Mittelhessen, sie zeigen, dass wir nicht nur in den verschiedenen Regionen neue Projekte anstoßen, sondern dass wir genau die Bereiche bedienen, bei denen es sich um die Zukunftstechnologien dieses Landes und weltweit handelt. Wir sind stolz darauf, dass dies in der Kooperation zwischen Unternehmen und Wissenschaft gelungen ist.

Wir wollen, wenn wir auf Clusterbildung setzen, natürlich das berücksichtigen, wo wir seit alters her stark sind, wo die Voraussetzungen dieses Landes und dessen Schönheit sichtbar werden sowie positiv umgesetzt werden können, um in den Regionen wirtschaftliche Erträge zu erzielen und mehr Beschäftigung zu schaffen.

Herr Denzin, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das Stichwort Tourismus angesprochen haben. Sie haben in Ihrer Rede eine ganz wichtige Relation dargestellt, näm

lich die folgende Frage: Ist es euch gelungen, aus dieser Kleinstaaterei – Stichwort: über 20 Destinationen – eine konzentrierte Strategie zu entwickeln? Sie haben das selbst mit der Zahl zehn beantwortet.

Wir haben uns konzentriert, übrigens auch aufgrund der Leistung der Hessen-Agentur. Wenn es beispielsweise in Nordhessen gelungen ist, dass sich nun die traditionellen Bäderstandorte, die sich früher aus den Verträgen mit den Sozialversicherungen ernähren mussten, umstellen und unmittelbar am Markt akquirieren, sodass es im Tourismus eine Steigerung der Übernachtungszahlen von sage und schreibe 20 % gibt, dann ist das die Frucht der gemeinsamen Anstrengungen sowie einer sinnvollen und in die Zukunft gerichteten Strategie.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will mit dem Punkt enden, mit dem ich angefangen habe. Die Wirtschaft braucht natürlich ein unmittelbares Handeln, das sich auch im Etat niederschlägt, den wir heute beraten und den Sie hoffentlich auch so verabschieden werden.Wirtschaftspolitik bedeutet aber auch, den Weg zu öffnen, das Spielfeld zu räumen sowie für die Wirtschaft Platz zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen hat diese Landesregierung wahr gemacht, den Vorschriftendschungel zu lichten sowie in der ersten Phase 3.500 Vorschriften und Verordnungen zu streichen; und Hessen streicht in einer zweiten Phase, die bereits im Gange ist, über 900 weitere Vorschriften und Verordnungen.

Das schlägt sich a) bei den Betrieben nieder, indem sie finanziell entlastet werden, da der materielle Bürokratieaufwand sinkt; und es wirkt sich b) auf die Psychologie aus, weil die Unternehmen in Hessen erleben, dass diese Landesregierung und dieser Wirtschaftsminister sie verstehen und sich im Sinne der Unternehmen dafür einsetzen, dass diese für dieses Land, die Beschäftigten sowie für den allgemeinen Wohlstand punkten können. Deswegen bitte ich Sie, diesem Haushaltsentwurf zuzustimmen, weil uns dieser Haushalt noch einmal die nötige Schubkraft geben wird, um in diese Richtung weiter arbeiten zu können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Damit ist die Beratung des Einzelplans 07 durchgeführt.

Ich rufe nun den

Einzelplan 08 – Hessisches Sozialministerium –

auf.

Alle Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten gemeldet. Ich gebe die Prognose ab, dass wir zwischen halb acht und acht zur Abstimmung kommen werden, je nachdem, wie sich das Ganze entwickeln wird. Dies zur groben Orientierung. – Frau Kollegin Fuhrmann, Sie haben als erste Rednerin für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Demokratie und Sozialstaat gehören zusammen. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Wir werfen Ihnen vor, dass Sie das nicht begriffen haben.

(Beifall bei der SPD)

Die hessische Sozialpolitik ist unter Frau Lautenschläger zu einem unscheinbaren Politikzweiglein geworden. Man könnte sagen, sie ist zu einer Sozialpolitik light geworden. Der schöne Schein sowie eine prachtvolle Inszenierung sind zu ihrem Markenzeichen geworden. Es gilt lieber noch ein Fest oder einen Empfang mehr wahrzunehmen, als das Geld in konkrete Maßnahmen zu stecken.

(Zurufe von der CDU)

Medaillen und Preisverleihungen sind öffentlichkeitswirksamer als eine Beratungsstelle für straffällig gewordene Frauen, Hilfen für Obdachlose, Arbeitsschutzmaßnahmen, die Ausstattung der Frauenbeauftragten mit Kompetenzen und Rechten, als Drogenprävention oder Spiel- und Lernstuben in sozialen Brennpunkten.

(Zuruf von der CDU)

Herr Kollege, ich sage Ihnen – damit wir gleich mit dem Thema fertig sind: Wenn Sie wie ich seit 21 Jahren Mitglied in einer Gewerkschaft sind, dann können wir weiterreden.

Zweitens. Wer die Verfassung bricht und stattdessen Tarife diktiert, hat von Gewerkschaftsrechten überhaupt keine Ahnung. So viel zu diesem Thema.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Das ist eine Sozialpolitik auf Sparflamme.Die „Operation düstere Zukunft“ – Achtung, nun kommt wieder Ihr Einsatz –

(Zuruf von der CDU: Ja!)

hat uns die kaltherzige Seite Ihrer Politik deutlich vor Augen geführt. Die Zerschlagung von Einrichtungen von und für Frauen, Einrichtungen für Familien, Erziehungsberatungsstellen, Beratungsstellen für Verschuldete oder psychisch kranke Menschen und vielem mehr aufgrund einer radikalen Streichung von Landesmitteln sowie die Verlängerung der Arbeitszeit für Landesbedienstete auf eine 42-Stunden-Woche sprechen eine familienfeindliche Sprache. Das alles spricht nicht für, sondern gegen Sie.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben sich schon lange von der gestaltenden Landessozialpolitik verabschiedet. Sie steuern nicht. Sie planen und Sie helfen vor allen Dingen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wen wundert es daher, dass die Sozialministerin in den vergangenen viereinhalb Jahren nicht eine einzige Regierungserklärung abgegeben hat. – Was hätte Sie auch erklären sollen?

(Beifall bei der SPD)

Wen wundert es, da Sie doch die Aufgabe haben, die Sozialpolitik abzuwickeln, dass es seit Beginn der zweiten und letzten Legislaturperiode der Regierung Koch Jahr für Jahr weniger Hilfe und Unterstützung seitens des Landes gab?

Darüber können auch die Lobpreisungen von Herrn Boddenberg – der nun leider nicht da ist – nicht hinwegtäuschen,

(Zuruf von der CDU: Doch!)

der behauptete, der Ministerpräsident und die Sozialministerin würden arbeiten und bräuchten keine Belehrun

gen.Herr Kollege Boddenberg,genau das ist das Problem. Sie machen ihre Arbeit eben nicht. Sie drücken sich vor der Verantwortung; und das nennt man nicht Arbeit, sondern Arbeitsverweigerung.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben eben nicht begriffen, dass Sozialstaat und Demokratie zwei Seiten einer Medaille sind.

In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege und den Trägern sozialer Einrichtungen herrscht absolute Eiszeit. Die Caritas wird als Handlanger der rot-grünen Opposition verunglimpft, wenn sie berechtigte Forderungen vorträgt. Ihre Reaktionen auf diese Forderungen zeigen, dass Sie im Übrigen in einer völlig anderen Welt leben.