Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Rhiel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage „Freileitung oder Erdverkabelung?“ wird die Diskussion im Bereich der Energieübertragungsnetze auch in Zukunft beherrschen.

Wir haben gestern über erneuerbare Energien diskutiert. Wo kann man die Windkraft nutzen? Ich nenne das Stichwort Offshoreanlagen, aber die Energie, die offshore erzeugt wird, wird sicherlich nicht in vollem Umfang im Küstenbereich angefordert, sondern sie wird gerade in den Entwicklungsregionen mit viel Industrie benötigt. Zur Energieübertragung braucht man entsprechende Leitungen.

Ich denke, dass die Alternative nicht so einfach ist, wie es hier aufgezeigt wurde, und zwar aufgrund verschiedener Aspekte. Zunächst einmal ist es sicherlich notwendig, Klarheit hinsichtlich der rechtlichen Bedingungen zu schaffen. Die geltenden rechtlichen Bedingungen sind klar. Auch nach dem Gesetz und den geltenden Verordnungen ist eine Erdverkabelung möglich.Auf dieser Basis führen wir in Nordhessen aufgrund eines entsprechenden Antrags ein Raumordnungsverfahren durch. Das Verfahren soll aufzeigen, wo die sensiblen Bereiche sind. Dann kann der Antrag auf Bau einer Freileitung gegebenenfalls zurückgewiesen werden. Das Unternehmen ist dann letztlich auf den Weg verwiesen, für diese Abschnitte eine andere Art der Verkabelung zu beantragen.

In der Frage der Zuständigkeit haben wir aber ein Problem. Das ist eben schon von Herrn Grumbach angedeutet worden. Wir haben zum einen das Baurecht, das die örtliche Bauaufsicht in Verkabelungsfällen den Landkreisen überträgt. Bei den Freileitungen wird das Genehmigungsverfahren nach Landesrecht und der BImSch-Verordnung geführt. Herr Grumbach, in dem Zusammenhang ein Hinweis für Sie: Es geht nicht um den Landkreis, den Sie eben genannt haben, den Werra-Meißner-Kreis, sondern um den Landkreis Hersfeld-Rotenburg.

(Zurufe von der SPD)

Bei diesem Antrag geht es um Hersfeld-Rotenburg.– Im Falle einer Erdverkabelung wären die Landkreise zuständig, eine Genehmigung zu erteilen, aber je nachdem, welche Abschnitte belegt werden, erhält eine andere Genehmigungsbehörde die Zuständigkeit. Das ist für einen Vorhabenträger problematisch.

Ich will einen letzten Aspekt einführen, der deutlich macht, dass wir keinen zeitlichen Druck haben, auch bei dem konkreten Vorhaben nicht. Am Montag hat sich der Beirat der Bundesnetzagentur in der Sitzung mit dieser Frage beschäftigt. Es ist deutlich geworden, dass alle Länder eine einheitliche Regelung brauchen. Es ist in dieser Sitzung auch deutlich geworden, dass es bei dieser Alternative nicht nur um die optische Wahrnehmung geht, sondern dass die eben angesprochenen Magnetfelder,die von einer Leitung ausgehen, unter dem Aspekt der Verkabelung offenbar weiter reichende Auswirkungen haben, als hier leichtfertig dargestellt wird. Die Bundesnetzagentur soll hierzu Untersuchungen anstellen.

Ich denke, der Hessische Landtag tut gut daran, die aktuellsten, neuesten Erkenntnisse in das Gesetzgebungsverfahren aufzunehmen, bevor er sich gesetzlich auf eine Variante festlegt, sodass wir in Hessen wirklich ein Gesetz bekommen – sofern das notwendig ist –, das allen Anforderungen entspricht. Deswegen: keine Eile.Wenn Sie sich diese Zeit nehmen, liegen Sie gut im Rennen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der ersten Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Vorrangstellung der unterirdischen Verlegung von Hoch- und Höchstspannungsleitungen.

Es ist vorgeschlagen, den Dringlichen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr, federführend, und an den Umweltausschuss, beteiligt, zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Anerkennung eingetragener Lebenspartnerschaften im hessischen Landesrecht – Drucks. 16/7924 zu Drucks. 16/7331 –

Die Berichterstattung hat Herr Hahn übernommen. Bitte sehr.

Hohes Präsidium! Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf zur Beratung überwiesen bekommen.

Er hat eine mündliche Anhörung durchgeführt.

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 31. Oktober 2007 behandelt und zu Art. 1 bis 3 mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie zu Art. 4 bis 13 mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP die von mir gleich zu verlesende Beschlussempfehlung gefasst.

Zuvor wurde der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/7864, mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der FDP abgelehnt.

Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

Vielen Dank. – Wir kommen zur Aussprache. Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vorgesehen. Als erster Redner hat Herr Dr. Jürgens für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selten hat ein Gesetzentwurf bei einer Anhörung in einem Ausschuss so einhellige Zustimmung bei den Sachverständigen gefunden wie dieser unser Gesetzentwurf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen Tag später titelte eine Zeitung: „Experten dafür, CDU dagegen“. Genau das ist das Problem, denn selten hat sich eine Landtagsmehrheit mit der Ablehnung eines Gesetzentwurfs so sehr in das gesellschaftliche Abseits begeben, wie das die CDU-Fraktion getan hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf daran erinnern: Sie mussten einen christlich-fundamentalistischen Sektiererverein als Sachverständigen benennen, um überhaupt noch jemanden zu finden, der in der Anhörung als Gegenstimme aufgetreten ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sogenannte Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft, das Sie benannt haben, hält Homosexualität nicht nur für ein behandelbares psychiatrisches Phänomen, sondern rühmt sich auch noch, seit Jahren Therapien zur Überwindung von Homosexualität anzubieten. Das ist an Skurrilität nicht mehr zu überbieten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht gleichzeitig Bände ob Ihrer verklemmten hinterwäldlerischen Einstellung zur Homosexualität. Das muss man einmal so deutlich sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Immerhin wird aber die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe auch von den Homosexuellen in Ihren eigenen Reihen unterstützt. Ich darf an Folgendes erinnern:Die LSU,die Lesben und Schwulen in der Union, haben dies in einer Stellungnahme sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich zitiere:

Die Anpassung in den Ländern ist also ein Schritt, der endlich auch in Hessen erfolgen muss.

Es sei ein „rationaler Akt, dies auch im hessischen Landesrecht zu verankern und zu zeigen, dass das Land Hessen eingetragene Lebenspartnerschaften begrüßt,da auch dort Werte gelebt werden, die für die Gesellschaft grundlegend sind“. Genau so sehen wir es auch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es ist aus unserer Sicht nur selbstverständlich, dass eingetragene Lebenspartnerschaften die gleichen Rechte haben müssen wie Eheleute – und nicht nur die gleichen Pflichten. Es gibt keinen einzigen nachvollziehbaren Grund, Homosexuelle und ihre Lebenspartner weiterhin zu diskriminieren. Genau darum geht es, da können Sie filibustern, so viel Sie wollen. Ihre Haltung diskriminiert Schwule und Lesben. Sie wollen diese Diskriminierung auch noch mit einer Ewigkeitsgarantie versehen.Wir hingegen wollen sie abschaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth hat in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs angeführt, gleichgeschlechtliche Paare könnten keinen generativen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit leisten. So hat er es genannt. Das hat er als Begründung für die Ablehnung angegeben. Herr Kollege Beuth, das kann kein ernst gemeintes Argument sein.Ich weiß nicht,ob Sie es wissen, aber das Bestehen einer Ehe ist weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung für einen „generativen Beitrag“, wie Sie es nennen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt auch Ehen, die gewollt oder nicht gewollt kinderlos sind.Wollen Sie auch diese künftig diskriminieren,weil sie keinen „generativen Beitrag“ leisten? Es gibt andererseits nicht eheliche Lebensgemeinschaften,die Kinder haben.Wollen Sie die den ehelichen Lebensgemeinschaften gleichstellen,weil sie einen „generativen Beitrag“ leisten? Es ist doch absurd, so zu argumentieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Mit Ihrer Argumentation reduzieren Sie im Kern den Sinn der Ehe auf eine Fortpflanzung der Eheleute. Das kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein. Es mag einmal Zeiten gegeben haben, in denen die Ehe vor allem der Sicherstellung der Nachkommenschaft diente, z. B. bei alten Adelsgeschlechtern. Fragen Sie aber heute einmal jung verheiratete Paare, ob sie den „generativen Beitrag“ als Zweck bzw. gar Hauptzweck ihrer Ehe sehen. Fragen Sie auch gleich, ob sich diese Paare, wie es uns der Herr Jus

tizminister in der ersten Lesung weismachen wollte, als „Vorstufe des Staates“ verstehen. Sie werden erfahren, die Gründe,eine Ehe einzugehen,sind so vielfältig wie die Menschen, die heiraten. Es ist keineswegs so, wie von Ihnen hineingeredet werden soll, dass die Menschen einfach die Lebensform wählen sollen, die Sie gerade gut finden. Die Menschen wollen Freiheit und nicht von Ihnen bevormundet werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die Ehe ist das grundsätzlich auf Dauer angelegte Versprechen, zusammenzuleben, füreinander einzustehen, Freude und Leid miteinander zu teilen. Genau das gleiche Versprechen geben sich homosexuelle Paare auch, wenn sie sich dazu entschließen, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu begründen. Warum die einen, die in Liebe füreinander einstehen, den Schutz des Gesetzes behalten sollen, und den anderen, die ebenfalls in Liebe füreinander einstehen, dieser Schutz vorenthalten werden soll, ist rational nicht begründbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es bleibt eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ihr Verhalten bedeutet Diskriminierung in Reinkultur. Alle außerhalb der Rechtsaußen-CDU in Hessen haben das inzwischen verstanden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Homosexuelle Paare haben inzwischen eine große gesellschaftliche Akzeptanz erreicht. Schwule und lesbische Paare sind heute selbstverständlicher Bestandteil des öffentlichen Lebens. Wir möchten mit unserem Gesetzentwurf, den Sie jetzt ablehnen wollen, nichts anderes erreichen, als dass diese gesellschaftliche Realität auch im Recht umgesetzt wird.

Ich habe im Übrigen mit Interesse der Presse entnommen, dass CDU und SPD auf Bundesebene einen Kompromiss bei der Reform der Erbschaftsteuer erreicht haben. Aufseiten der Union war interessanterweise Herr Koch als Verhandlungsführer beteiligt. Und siehe da, ich habe dem „Handelsblatt“ entnommen, dort sollen plötzlich eingetragene Lebenspartner den Ehegatten gleichgestellt werden. Ich zitiere das Handelsblatt: Eingetragene Lebenspartner erhalten wie Ehepartner einen Freibetrag von einer halben Million c.