Daher besteht überhaupt kein Grund, den Gesetzesvollzug auszusetzen. Man muss sich einmal die Gesamtzahl
der Beitragsbescheide anschauen, die mit Rechtsmitteln belegt sind. Bei 150.000 Studierenden gibt es gerade einmal zwölf anhängige Gerichtsverfahren. Die meisten dieser Gerichtsverfahren beschäftigen sich mit Härtefällen.
Ich habe eben schon gesagt,uns wird es darum gehen,dass am Ende der Staatsgerichtshof darüber entscheidet. Ich finde, die Wählerinnen und Wähler sollten in Hessen wissen, was im Wahlprogramm der SPD steht. Darin steht nämlich, dass in den ersten 100 Tagen die Studienbeiträge abzuschaffen sind. Die Menschen in Hessen und besonders die Studierenden sollten wissen,die SPD steht damit für eine Verschlechterung der Studienbedingungen und damit auch für Rückschritt in der Hochschulpolitik.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau KühneHörmann, ich finde schon, dass Sie mit dieser Art des Vortragens dem Problem und der Sache nicht gerecht werden.
Wir haben uns in den letzten Monaten in zahlreichen Debatten über das politische Für und Wider von Studiengebühren auseinandergesetzt. Ich glaube auch, dass wir eine Einigkeit in diesem Hause in dieser Legislaturperiode nicht mehr erreichen werden. Wir sind gegen Studiengebühren – ich habe das immer wieder betont – zum einen aus sozialen Gründen. Studiengebühren schrecken ab, vor allem diejenigen aus sogenannten bildungsfernen Schichten. Und das wollen wir nicht.
Studiengebühren führen dazu, dass Leute abgeschreckt werden, anstatt dass mehr Studierende an die Hochschulen kommen. Das ist die politische Dimension, die hier ausreichend ausgetauscht ist. Wir hoffen auf die Wählerinnen und Wähler am 27. Januar.
Meine Damen und Herren, eine andere Dimension ist die juristische. Die Einführung allgemeiner Studiengebühren ist in Hessen verfassungswidrig. Um diesen Punkt geht es hier heute.
Meine Damen und Herren, ich kann nicht verhehlen, dass mir heute an diesem Punkt diese Thematik große Freude bereitet, denn alle juristischen Stellungnahmen und die Urteile der letzten Wochen und Monaten haben unisono unsere Meinung, dass nämlich Studiengebühren verfassungswidrig sind, bestätigt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Meinen Sie die drei?)
Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Sie sich die Stellungnahmen der Verwaltungsgerichte noch einmal im Wortlaut zu Gemüte führen würden. Im Übrigen sind sie
auf der Homepage des Verwaltungsgerichts Gießen einsehbar. Ich empfehle Ihnen den Link sehr herzlich.
Es hat im August mit der Landesanwältin Frau Prof. Sacksofsky angefangen. Sie kommt in ihrer Stellungnahme – Ende August ist sie veröffentlicht worden – zu dem Fazit:
Nach gegenwärtiger Verfassungslage ist dem hessischen Gesetzgeber die Einführung allgemeiner Studiengebühren untersagt. Studiengebühren wären nur zulässig, wenn wirtschaftlich Schwache von der Zahlung von Studiengebühren freigestellt würden. Will der hessische Gesetzgeber von allen Studierenden Studiengebühren erheben, ist er auf den Weg der Verfassungsänderung verwiesen.
Dann gab es eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen vom 8. Oktober. Das Gericht hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Studiengebührengesetzes geäußert, und zwar ohne dass dies vom Verfahren überhaupt erforderlich gewesen wäre. In dem Urteil heißt es, eine Differenzierung zwischen wirtschaftlich leistungsfähigen und nicht wirtschaftlich leistungsfähigen Studierenden und damit zwischen einem beitragszahlungsfähigen und nicht beitragszahlungsfähigen Personenkreis sei nach der Hessischen Verfassung vorgegeben und werde durch §§ 1 bis 8 Hessisches Studienbeitragsgesetz ausdrücklich nicht nachvollzogen.
Es geht im Oktober weiter. Die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen hat wegen ernstlicher Zweifel an der Vereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit Art. 59 Abs. 1 der Verfassung des Landes Hessen in einem ausführlich begründeten Eilbeschluss vom 30.10. dieses Jahres die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Studienbeitragsbescheid angeordnet. Grund dafür ist auch hier, dass nach Art. 59 Abs. 1 Satz 4 der Hessischen Verfassung eine gesetzliche Anordnung von Schulgeld nur dann ergehen kann, wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder sonstigen Unterhaltspflichtigen dies gestattet.
Dann kommen wir zum nächsten Urteil. Die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen hat wegen ernstlicher Zweifel an der Vereinbarkeit des Hessischen Studienbeitragsgesetzes mit Art. 59 Abs. 1 der Verfassung des Landes Hessen in einem Eilbeschluss vom 12.11. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Studienbeitragsbescheid der Universität Marburg und darüber hinaus die Rückzahlung des bereits gezahlten Studienbeitrages für das Wintersemester 2007/08 angeordnet. Das Gericht ordnete die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides und damit die Rückzahlung des bereits gezahlten Studienbeitrages an,da die Zahlung unter dem Eindruck drohender Vollziehung erfolgte. Das will heißen, die Antragstellerin hätte sich ohne Zahlung des Studienbeitrags nicht zum Wintersemester 2007/2008 zurückmelden können.
Meine Damen und Herren, so weit die Lage der Gerichtsentscheidungen hier in Hessen in den letzten Wochen und Monaten. Ich will jetzt gar nicht mehr inhaltlich auf die Nichtverfassungsmäßigkeit des Gesetzes eingehen, sondern auf das Verhalten der Landesregierung zu diesen Vorgängen. Ich finde nämlich, dass der Umgang ein wirkliches Unding ist – Frau Kühne-Hörmann hat es ganz deutlich gezeigt. Sie müssen diese Tatsachen doch zur
Ich fordere Sie auf,in die Haushalte,nämlich in den Nachtragshaushalt für dieses Jahr, aber auch in den Haushalt für nächstes Jahr, die Rücklage für die Studiengebühren einzusetzen. Das ist das Mindeste, was Sie tun sollten. Ich fordere Sie erneut auf, ein Moratorium für die Studiengebühren zu machen, weil es nicht einsehbar ist, dass die Rechtslage auf Kosten der einzelnen Studierenden ausgetragen wird. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion wird sich auch bei dieser erneuten Debatte des Themas Moratorium der Forderung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht anschließen. Frau Kollegin Sorge, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen ist ein ganz normaler verwaltungsrechtlicher Vorgang, und zwar in einem Eilverfahren.
Eines Moratoriums bedarf es dann nicht, denn sollte der Staatsgerichtshof, auf den es letztendlich im Hauptsacheverfahren, das hier anhängig ist, ankommt, das Beitragsgesetz der CDU für verfassungswidrig halten,erhalten die betroffenen Studierenden ihr Geld zurück.
Zudem muss ich sagen, finde ich die Argumentation seitens der SPD mehr als scheinheilig, denn gerade die SPD hätte bei ihrer Klage vor dem Staatsgerichtshof die Möglichkeit gehabt,den Weg des Eilverfahrens zu beschreiten. Sie hätte nach § 26 Staatsgerichtshofgesetz eine einstweilige Anordnung gegen die Vollziehung des Gesetzes beantragen können.
Sie sind diesen Weg nicht gegangen. Hier jetzt politisch ein entsprechendes Moratorium zu fordern, wenn Sie die juristischen Möglichkeiten, solch eines herzustellen, nicht genutzt haben,
Frau Kollegin Sorge, ich möchte auf einen wichtigen Unterschied hinweisen, den Sie erneut durcheinander gebracht haben. Gerade die von Ihnen zitierte Frau Sacksofsky hat als Landesanwältin hier ganz deutlich mit den Sätzen, die Sie zitiert haben, belegt, dass es einen Unterschied gibt, ob die Frage Studiengebühren verfassungswidrig ist. Das ist sie nicht. Frau Sacksofsky hat in ihrem Schriftsatz selbst aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen Studiengebühren möglich sind
Herr Kollege Siebel –, nämlich dann, wenn es entsprechende soziale Befreiungstatbestände gibt. Die Frage, die wir in der Diskussion um den Entwurf eines CDU-Gesetzes hatten, ist, ob das CDU-Gesetz verfassungswidrig ist, und nicht, ob Studiengebühren in diesem Lande verfassungswidrig sind.
Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir als FDP-Fraktion diesem Hause ein Alternativmodell vorgelegt haben, dass es den Hochschulen überlassen hätte, ob sie Studiengebühren, für welchen Studiengang sie Studiengebühren und in welcher Höhe sie Studiengebühren einführen. Dieser Gesetzentwurf war mit einer großen Anzahl sozialer Befreiungstatbestände kombiniert, die verhindert hätten, dass jemand in irgendeiner sozialen Notlage befindlich verpflichtet gewesen wäre, Studiengebühren zu bezahlen.
Dementsprechend hatte dieses Haus die Möglichkeit, einen verfassungskonformen Gesetzentwurf zum Thema Studiengebühren zu beschließen. Dieses Haus hat mit seiner CDU-Mehrheit einen anderen Beschluss gefasst. Das wissen wir alle miteinander. Aber das ist in der Hinsicht wichtig, um festzustellen, dass es mitnichten so ist, dass in Hessen Studiengebühren allgemein verfassungswidrig seien, wie Sie es behauptet haben, Frau Kollegin Sorge. Es kommt darauf an, ein verfassungskonformes Gesetz zu machen, das gerade die Situation weniger Begüterter entsprechend berücksichtigt.
Herr Kollege Siebel, lassen Sie mich zudem bei der Gelegenheit noch kurz darauf hinweisen, weil Sie offensichtlich schon wieder von starken Kopfschmerzen geplagt sind, dass es doch bemerkenswert ist, dass unserer Tage die Zeitungen entgegen den von Ihnen groß als Gefahr an die Wand gemalten Tatsachen titeln: Keine Massenflucht aus Hörsälen. – Die Zahlen der Erstsemestler und auch der Fachsemestler sind entgegen Ihrer Vorhersagen angestiegen, d. h., die Studierenden entscheiden sich offensichtlich doch auf der Grundlage der sich mittlerweile schon abzeichnenden Studienbedingungsverbesserungen.
Wenn ich einmal sehe, dass an unseren Hochschulen inzwischen große Beiträge in zusätzliches Lehrpersonal sowohl für Professoren, aber auch für Tutorien investiert und damit die Betreuungsrelation Studierende zu Lehrende verbessert wird,dass überschlägig 44 Millionen c in unsere Bibliotheken investiert werden, dann kann ich auch verstehen, warum die Studierenden davon absehen, wie Sie es ihnen angeraten haben, das Studium nicht aufzunehmen, sondern weiter in Hessen studieren.