Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Sie haben schlicht die erhöhte Gewerbesteuerumlage vergessen, die die Kommunen bezahlen. Sie haben schlicht den Ausverkauf der Landesimmobilien vergessen, der einer Nettoneuverschuldung gleichzusetzen ist. Wenn Sie diese Kriterien hinzunehmen, liegen Sie schon bei 117 % Neuverschuldung in Bezug des LFA. Das sieht ganz anders aus als das, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei der SPD)

Dann kommt ein wunderbarer Vergleich des Ministerpräsidenten. Er sagt für die Jahre 1991 bis 1995 unter RotGrün: Länderfinanzausgleich 4,4 Milliarden c, Kreditaufnahme 5 Milliarden c, um zu verdeutlichen, wie schlimm das früher gegenüber heute war. – Auch hier müssen natürlich der kommunale Anteil und die erhöhte Gewerbesteuer angerechnet werden.Außerdem kommen in dieser Zeit die Beiträge des Landes an den Fonds Deutsche Einheit hinzu. Herr Koch verschweigt, dass die Länder seit 1995 einen um 7 Prozentpunkte erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer zum Ausgleich der LFA-Lasten durch die neuen Länder erhalten.Wenn Sie das hinzurechnen – das müssen Sie –, dann ist das Fazit relativ einfach: Die Kreditfinanzierung des LFA beträgt zwischen 1991 und 1995 unter Rot-Grün 111 %, zwischen 2003 und 2007 in Ihrer Regierungszeit 167 %. Das sind die richtigen Zahlen.

(Beifall bei der SPD)

Das können Sie sich nachrechnen lassen. Sie haben im Übrigen ein gutes Finanzministerium,um das auch klar zu sagen.

(Michael Boddenberg (CDU): Gut geführt! – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD): Gut geführt leider nicht!)

Das würde ich nicht sagen. Es sind gute Beamte. Sie hätten einen besseren Minister verdient. Das stimmt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren,die These Kochs,dass der LFA in dieser Periode besonders belastend ist, ist ein Märchen und keine finanzpolitische Realität.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Doch, 3 Milliarden c! – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Gries- heim) (CDU))

Die Steuereinnahmen steigen auch nach LFA. Beim Schuldenabbau: Fehlanzeige.

Dann der Umgang mit den Kommunen: Griff in die kommunalen Kassen – das haben Sie schon wieder vergessen –, der berühmte Solidaritätsbeitrag, den die Kommunen auf falscher Grundlage bezahlen müssen, Verstärkungsmittel Kita-Betriebskosten weg,

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Entnahme aus dem Investitionsfonds zugunsten des Landes, Mogelpackung bei BAMBINI und KNIRPS – darüber haben wir schon oft diskutiert –, Kürzung der echten Landesförderung für die Krankenhausfinanzierung um die Hälfte:

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

alles zulasten der Kommunen. Das ist insgesamt mehr als 1 Milliarde c, die Sie den Kommunen genommen haben.

(Beifall bei der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Bitte?)

Das können Sie doch zusammenrechnen. Das traue ich Ihnen zu. Herr Kollege, verkaufen Sie sich nicht unter Wert.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Aber, Herr Kollege Kahl, rechnen Sie zusammen, was sie in der Zeit mehr bekommen haben!)

Dann kommt im FAG 2008 wieder ein Eingriff, der heißt im Grunde genommen Lex Hünfeld.Was bedeutet das? – Wenn es eine besondere Belastung für Städte mit Justizvollzugsanstalten gibt, dann gilt das nicht nur für Städte mit neuen Justizvollzugsanstalten, sondern auch für Städte mit alten Vollzugseinrichtungen. Dann gilt es im Übrigen auch für den Maßregelvollzug.Aber eine Lex nur für Hünfeld zu machen,ist ein sachfremder Eingriff in den Kommunalen Finanzausgleich.

(Beifall bei der SPD)

Die finanzpolitische Bilanz ist düster bis ganz dunkel.

(Zuruf von der CDU: Ach, Herr Kahl! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schwarzes Loch!)

Für Schwarz sind Sie doch eigentlich zu haben, oder?

Ich komme zu den Vergleichszahlen der Länderhaushalte. Hessen hat hervorragende Steuereinnahmen, und zwar nach Länderfinanzausgleich. Das wollen Sie doch nicht bestreiten? – Hessen gehört aber zu den Ländern – das können Sie jeden Monat lesen – mit dem höchsten Defizit.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

Bei den Vergleichszahlen im August waren die Berliner noch etwas schlechter als wir. Im September, einem steuerstarken Monat, Herr Minister, lag Hessen ganz weit vorne im Defizit, im Oktober auch. Ich hoffe, dass Sie noch eine Punktlandung machen. Wir haben den Nachtragshaushaltsplan ja erst heute verabschiedet.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Weimarsche Punktlandung!)

Sie sehen an der Stelle sehr klar: Hessen ist in dem Konzert der Bundesländer das Land, das derzeit eines der höchsten Defizite aufzuweisen hat. Die Bilanz auf den anderen wichtigen Feldern der Landespolitik ist auch nicht hervorragend: Platz 12 beim Bundesländerranking der „Wirtschaftswoche“ beim Zuwachs des Bruttoinlandprodukts, vorletzter Platz bei den Erfindungen. – Herr Metz, bei den Erfindungen haben Sie etwas vergessen. Die Landesregierung ist natürlich erfinderisch mit Namen für Programme wie U+, KNIRPS, BAMBINI usw. Das ist leider nicht eingerechnet worden, sonst hätten Sie einen etwas besseren Platz bei den Erfindungen gehabt.

Vorletzter Platz beim Dynamikranking, Platz 10 bei der Kriminalitätsaufklärungsquote, Platz 11 bei der Investitionsquote, vorletzter Platz bei der Schüler-Lehrer-Relation – um nur einige Beispiele zu nennen. Sie machen nicht nur eine schlechte Finanzpolitik. Meine Damen und Herren, Sie machen insgesamt eine schlechte Politik und schaden damit dem Land Hessen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage nun noch ein bisschen etwas zum Stichwort Tricksereien. Herr Minister, wir vergessen nicht, dass Sie mit Tricksereien begonnen haben. Beim Haushalt 1999: Man hat noch schnell Verschuldungen in das Jahr 1998 gezo

gen, dort eine Rücklage gebildet, um 1999 mit diesem Trick zu starten. Meine Damen und Herren, Sie machen diese Tricks weiter. Mit Tricks wird der Etat geschönt. Die geringe Neuverschuldung ist nur durch die Entnahme von 300 Millionen c aus der Rücklage möglich. Die Investitionsquote wird mit 10,7 % als hoch bezeichnet. Das stimmt nicht. Im Jahr 2001 lagen wir schon bei 11 %. Im Grunde genommen knüpfen Sie mit Ihrer Investitionsquote an die Investitionsquote der Regierung Eichel an, und sonst gar nichts. Dafür brauchen Sie sich nicht feiern zu lassen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es! Das ist nur das Soll! Das Ist ist immer geringer!)

Tricksen bezüglich eines ausgeglichenen Haushalts. Ich kann es schon nicht mehr hören. Da redet er von einem ausgeglichenen Haushalt 2011 und sagt: am liebsten früher. So weit würden wir übereinstimmen. Meine Damen und Herren, dann legen Sie uns einen Finanzplan vor, der im Jahre 2011 noch ein Defizit von 290 Millionen c aufweist ist.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist auch wieder so ein berühmter Trick. Sie meinen, draußen würde man das nicht verstehen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Weimarsche Punktlandung!)

Herr Kahl, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich hätte gerne noch etwas über die Schwerpunkte der SPD gesagt.Ich beziehe mich auf folgende Schwerpunkte:

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Kassensturz, Einsparungen, die Aufblähung der Staatskanzlei und der M-Büros wird zurückgenommen,die Hessen-Agentur als Reisebüro für Koch brauchen wir nicht, sächliche Verwaltungsausgaben werden gekürzt, mehr Finanzbeamte zur Steuergerechtigkeit im Vollzug, um nur einige Beispiele zu nennen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schmitt hat in der zweiten Lesung unsere Schwerpunkte einer neuen Politik genannt. Deswegen lassen Sie mich schließen, indem ich sage: Das wirtschaftsstarke Land Hessen braucht eine neue Finanzpolitik. Diese neue Finanzpolitik heißt Schuldenreduzierung und Spielraum schaffen für Zukunftsaufgaben. Das Trauerspiel der desaströsen Politik von Koch und Weimar muss beendet werden. Herr Finanzminister, weil wir so sportlich sind: Ich wünsche Ihnen einen guten Start als finanzpolitischer Sprecher der CDU-Opposition in der nächsten Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) – Roger Lenhart (CDU): Heuchler! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Kahl, vielen Dank. – Herr Kaufmann hat sich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Herr Kaufmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegin Wagner, ich denke, wir machen uns alle mal ein bisschen locker. Man muss das nicht verbissen sehen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Wieso? Ich bin ganz locker! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein bisschen Stretching!)

Ich habe mir, als ich noch Student war, etwas mit roten Riesen und schwarzen Löchern aufgeschrieben. Das ist aus dem Bereich der Astrophysik. Das passt hier irgendwie beides nicht. Aber wir sind in der Adventszeit. Da ist es doch angemessen, dass wir uns alle gemeinsam auf die Verkündung der frohen Botschaft freuen. Die frohe Botschaft ist vom Kollegen Kahl schon angesprochen worden.

Das kann man immer von zwei Seiten sehen. Ich sehe es von der Seite,dass es der definitiv letzte Haushalt des Kollegen Finanzministers, Herrn Staatsminister Weimar, ist. Das habe ich vor fünf Jahren nicht gesagt.