Lassen Sie mich an dieser Stelle erwähnen: Sie erklären, wir würden zu spät handeln. Ich erkläre an dieser Stelle, dass Sie zu spät handeln.Bis Sie dazu auffordern,etwas zu tun, hat diese Landesregierung ihre Aufgabe bereits erfüllt. Die Vorlage ist in Vorbereitung.
Im ersten Absatz unseres Dringlichen Entschließungsantrags begrüßen wir daher ausdrücklich diese Initiative der Landesregierung als einen ersten Schritt in die richtige Richtung.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine Vorlage, von der Sie bis gestern nichts wussten und die keiner kennt!)
Ich will darauf hinweisen, dass in der Aussprache zur Regierungserklärung Herr Al-Wazir laut Protokollnotiz den Zwischenruf getätigt hat: „Wenigstens ein Punkt, zu dem wir Ja sagen können!“ Es ging dabei um die Hochschulzugangsberechtigung für Meisterinnen und Meister.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wollen etwas begrüßen, was noch nicht auf dem Tisch liegt! Das ist ein bisschen sehr vorauseilend!)
Im ersten Absatz unseres Antrags unterstützen wir die geplante Änderung der Verordnung. Im zweiten Absatz begrüßen und unterstützen wir als CDU-Fraktion uneingeschränkt, dass die Hessische Landesregierung im Rahmen der vorgesehenen Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes Meisterinnen und Meistern zukünftig den Zugang zum allgemeinen Hochschulstudium ermöglichen wird. Damit bekunden wir als CDU-Fraktion eindrucksvoll den hohen Stellenwert, den der Meisterbrief und die damit verbundene, qualitativ hochwertige Meisterausbildung für unsere Fraktion besitzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hochschulzugang erfordert in zweierlei Hinsicht besondere Qualifikationen. Er erfordert zum einen, dass man in der Lage ist, sein Studium selbst so zu organisieren, dass man es in einer bestimmten Zeit abschließen kann. Das können viele noch nicht gut genug, die aus dem Schulbetrieb kommen. Die zweite Voraussetzung ist, dass man eine Wissensgrundlage hat, auf der man die Vertiefung seiner Kenntnisse aufbauen kann. Diese Aussagen sind Allgemeinplätze, das ist unstreitig.
In der Fachwelt erhebt sich zunehmend die Frage: Reichen diese Qualifikationen aus? Da auch schon in der Vergangenheit viele Wege nach Rom führten und es neben der allgemeinen Zugangsvoraussetzung Abitur auch andere Zugangsvoraussetzungen – teilweise mit Zusatzprüfung, teilweise ohne – gab, ist das in der Fachwelt, weniger in der Öffentlichkeit, ein heiß diskutiertes Thema. Die Kernfrage lautet: Wie ist der qualitative Eingangslevel zu definieren?
Im Antrag der SPD ist konkret von dem Zugang zu einem fachbezogenen Hochschulstudium die Rede, obwohl es in der mündlichen Begründung so klang, als ob es Ihnen um den Zugang zu einem allgemeinen Hochschulstudium gehen würde. Die SPD will damit bei den bisherigen Zugangswegen im Grunde genommen nur das Prüfgespräch herausnehmen. Das hat allerdings eine hohe Signalwirkung und eine hohe symbolische Bedeutung. Möglicherweise sind die Aufnahmegespräche an der einen oder anderen Universität anders gehandhabt worden, als man sich das dachte oder bei der Abfassung der Verordnung vorgestellt hat, aber im Grunde genommen geht es hier mehr um den Symbolwert.
Um etwas anderes geht es bei der Frage der Zugangsberechtigung zum allgemeinen Hochschulstudium. Hier gibt es in der Tat unterschiedliche Meinungen, auch in unserer Fraktion.Eine Gegenmeinung vertritt hier unsere ehemalige Wissenschaftsministerin Ruth Wagner. Darum machen wir überhaupt kein Geheimnis. Deshalb werden wir in der Ausschussberatung die Argumente noch einmal sehr genau prüfen, aber ich kann Ihnen genauso deutlich sagen,dass die Mehrheit der Fraktion – ich stehe hier,weil ich zu der Mehrheit gehöre – den Meisterbrief bzw. die Meisterprüfung als hinreichende Voraussetzung ansieht.
Stellen Sie sich einmal Folgendes vor. Ein junger Mensch absolviert eine berufliche Ausbildung und schließt die mit einer Gesellenprüfung ab. Dann arbeitet er in seinem Gewerk, sammelt dabei praktische Erfahrungen, muss sich aber gleichzeitig auf eine Führungsaufgabe hin qualifizieren. Das ist nicht wenig aufwendig, nicht nur materiell, sondern auch von den Leistungsanforderungen her. Dieser Vorgang qualifiziert ihn in dreierlei Hinsicht: zum einen in seinem unmittelbaren beruflichen Bereich, zum zweiten pädagogisch,weil er Lehrlinge ausbildet,und drittens in wirtschaftlichen Belangen. Ich glaube schon, dass das insgesamt eine hinreichende Heranführung an einen Level ist, der mit dem eines Neunzehnjährigen, der außer in seiner Schullaufbahn bis dahin keine weiteren Lebenserfahrungen gesammelt hat, mindestens vergleichbar ist.
Dieser Level ist auf jeden Fall hinreichend, sich das Studium einzurichten. Denn das kann dieser junge Mensch besser als die anderen. Dafür hat er in seinem Leben zielstrebig und motiviert schon sehr viel aus sich gemacht. Ich glaube, man kann auch dem Zweifel begegnen, dass bei
ihm von der theoretischen Ausgangsvoraussetzung her vielleicht noch nachgearbeitet werden müsse. Ich glaube es nicht.
Wer so motiviert ist, wer neben seiner beruflichen Tätigkeit die notwendigen Ausbildungen absolviert und dann die Meisterprüfung macht,der weiß,worum es geht.Wenn der studiert, studiert er nicht just for fun, sondern ein Fach nach seiner Neigung, mag das unmittelbar mit dem Beruf zusammenhängen oder vielleicht eine andere Aufgabe sein, die er entdeckt hat.
Unser Bundeskanzler hat zwar keine Meisterprüfung abgelegt, sondern in einem normalen Beruf im Einzelhandel gearbeitet, aber er hatte das Glück, sich über die Abendschule drei Jahre lang die Hochschulzugangsvoraussetzungen aneignen und danach studieren zu können. Warum soll einer, der neben der Arbeit – vielleicht auch neben der Familie – all das leistet,nicht so viel mitbringen, dass er nicht nur weiß, worum es in einem Studium geht, dass er nicht nur weiß, wie er sein Studium organisiert, sondern dass er auch die inhaltlichen Anforderungen, die auf ihn zukommen, bewältigen kann? Ich bin überzeugt, dass er sein Studium sogar hervorragend abschließen wird, weil er gelernt hat, Herausforderungen zu meistern.
Herr Präsident,meine Damen und Herren! Die ganze Debatte wird doch ein bisschen lebhafter, als ich es mir vorgestellt hatte.
Wir haben bei diesen beiden Anträgen die skurrile Situation, dass die Opposition die Landesregierung auffordert, Meisterinnen und Meister auch ohne die derzeitigen Zusatzanforderungen zum Hochschulstudium zuzulassen, und es seit gestern einen ominösen Dringlichen Entschließungsantrag der Regierungsfraktion gibt, der die Landesregierung dafür feiern will, dass sie eben dieses vorhat. Es hört sich also so an, als seien sich alle einigermaßen einig. Passiert ist trotzdem bisher nichts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn es Ihnen um die Sache ginge,dann würden Sie dem SPD-Antrag zustimmen können. Er enthält wirklich keinerlei Polemik und keinerlei Kritik an der Landesregierung. Ich gebe zu, das ist bei Initiativen der Oppositionsfraktionen nicht immer der Fall. Aber in diesem Falle ist es wirklich so.Der Antrag fordert lediglich das,was Sie selbst für richtig halten.
Der Dringliche Entschließungsantrag der CDU-Fraktion ist hingegen eine substanzlose Antwort auf den SPD-Antrag. Er ist wirklich so lächerlich, dass ich Sie gerne auffordern würde, ihn zurückzuziehen. Auf die Lippenbekenntnisse der Landesregierung verlassen wir uns jedoch nicht.
Bereits im Regierungsprogramm der Landesregierung stand, dass der Meisterbrief zum allgemeinen Hochschulzugang berechtigen soll. Außerdem wurde dort versprochen, in der gewerblichen Wirtschaft nach dem Meisterlehrgang entsprechenden Weiterqualifizierungsmaßnahmen zu schauen, die zum allgemeinen Hochschulzugang berechtigen können. Nur, es wurde bisher noch nichts davon umgesetzt.Wir wissen bereits, dass Sie dies vorhaben, meine Damen und Herren von der CDU. Jetzt sind allerdings Taten gefragt.
Durch den uneingeschränkten Hochschulzugang würde der Meistertitel eine Aufwertung erfahren. Dadurch würde die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bildungswegen erhöht. Die Vielfalt der Möglichkeiten, zu einem Hochschulabschluss zu kommen, würde vergrößert, und die Attraktivität der dualen Ausbildung würde dadurch noch einmal verbessert. Außerdem würde damit bewiesen, dass man es mit der Gleichwertigkeit der allgemeinen und der dualen Ausbildung wirklich ernst meint.
Ein Meister oder eine Meisterin hat gelernt, zu lernen. Daran besteht kein Zweifel. Defizite in bestimmten Bereichen werden sich daher schnell ausgleichen lassen.Wir GRÜNEN finden deshalb sogar, dass jegliche Form der Beschränkung des Hochschulzugangs für Meisterinnen und Meister wegfallen sollte. Das schließt neben den Zugangsprüfungen und Eignungsgesprächen auch die Beschränkung auf bestimmte Fachbereiche ein.
Es ist doch wirklich absurd, dass gestandene Menschen, die bereits ein Leben voller Prüfungen hinter sich haben, für die Aufnahme eines Studiums ihr Wissen erneut unter Beweis stellen müssen. Dabei haben sie bereits etwas vorzuweisen, was ihnen garantiert nicht geschenkt wurde.
Dass es bei einer Einführung des Hochschulzugangs für Meister ohne Zusatzprüfungen nicht zu Katastrophen kommt, zeigen die Erfahrungen in Niedersachsen. Dort gibt es seit eineinhalb Jahren eine entsprechende Regelung. Ich glaube, sie hat nicht zu einem Massenansturm auf die Hochschulen geführt. Leider, kann man fast sagen, denn inzwischen sollte bekannt sein, dass wir in Deutschland mehr Menschen mit einem akademischen Abschluss brauchen.
Zudem brauchen wir in der Wissensgesellschaft durchlässige Wege zu lebenslanger Fort- und Weiterbildung. Das heißt, wir müssen den Zugang zu dem Bildungssystem auf allen Stufen öffnen und die Übergänge zwischen den einzelnen Bereichen erleichtern. Die uneingeschränkte Öffnung der Hochschulen für Meisterinnen und Meister wäre ein wichtiger Baustein. Daher ist es höchste Zeit, auch in Hessen eine entsprechende Regelung einzuführen.
Herr Klein, um auch für Sie etwas hinzuzufügen: Unsere Befürwortung des Hochschulzugangs für Meisterinnen und Meister steht nicht im Widerspruch zu unserem Engagement für das inzwischen in Kraft getretene dritte Gesetz zur Reform der Handwerksordnung. Hierbei geht es um eine Begrenzung der Bereiche, in denen der Meistertitel die Voraussetzung für die Selbstständigkeit ist.Dieses Gesetz wurde zur Erleichterung von Existenzgründungen, zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Überführung von Schwarzarbeit in normale Beschäftigung geschaffen. Es ging also immer nur um den Zugang
zum Arbeitsmarkt. Dass der Meisterbrief ein Qualitätsmerkmal ist, wurde von uns nie in Abrede gestellt.
Bei dem jetzt geforderten Hochschulzugang für Meisterinnen und Meister ohne Wenn und Aber geht es aber gerade darum, die Würdigung und Anerkennung des Meisterbriefs als Qualifikationsmerkmal wieder herzustellen.
Auch der Hessische Handwerkstag hält es für äußerst wichtig, dass es in Hessen endlich einen uneingeschränkten Hochschulzugang für Berufstätige mit abgeschlossener Meisterprüfung gibt. Er ist enttäuscht, dass seinen Forderungen bislang noch nicht entsprochen wurde.
In diesem Sinne fordern wir die Landesregierung auf,endlich in die Puschen zu kommen und die längst überfällige und unstrittige Reform umzusetzen.
Ich bin dabei.Vielen Dank, Herr Präsident. – Wenn Sie an diesem Punkt endlich handeln, habe ich auch kein Problem damit, Sie zu loben. Aber bevor Sie sich feiern lassen, müssen Sie schon ein bisschen arbeiten, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur um die Fakten festzuhalten, möchte ich nicht all das wiederholen, was der Kollege Klein bereits vorgetragen hat. Das ist eine aus unserer Sicht richtige Betrachtung des Sachstands. Der Verordnungsentwurf ist heute an die Anzuhörenden gegangen.