Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich nun – weil dies angesprochen worden ist – noch einige Worte zur Sparkasse sagen. Diese Landesregierung tritt nachdrücklich für die Dreigliedrigkeit des Bankensystems ein: Sparkassen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft, private Banken und Genossenschaftsbanken.Aber es geht darum,nicht zuletzt im Interesse der hessenweiten Finanzierung des Mittelstandes, die Sparkassen dauerhaft stark und leistungsfähig zu erhalten. Das ist das Ziel, dem wir uns verschrieben haben.

Im Interesse der Stärkung dieser Leistungsfähigkeit haben wir bereits vor der Formulierung eines Referentenentwurfs mit dem Sparkassenverband Überlegungen angestellt und ausgetauscht,

(Reinhard Kahl (SPD): Wie bitte? Sie haben zusammen Überlegungen angestellt?)

wie dieses Gesetz im Interesse der Stärkung der Sparkassen gestaltet werden kann.Wie Sie alle wissen – das haben wir öffentlich deutlich gemacht –, wollen wir die Möglichkeit schaffen, die es beispielsweise im Nachbarland Rheinland-Pfalz gibt, ohne dass Sie feststellen können – wie übrigens auch wir nicht feststellen können –, dass dies den Sparkassen dort geschadet hat. In Rheinland-Pfalz sagen alle,die Landschaft der Sparkassen ist gestärkt worden.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau dies wollen wir auch tun. Im Interesse der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, der Handlungsfähigkeit der Träger der Sparkassen – das sind die Kommunen – wollen wir den Kommunen die Möglichkeit einräumen,

(Reinhard Kahl (SPD): Warum sind die Kommunen dann dagegen?)

Stammkapital bei den Sparkassen zu bilden, um damit deutlich zu machen, dass die Sparkassen den Kommunen gehören. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, die die Kommunen nutzen können, um in Zusammenarbeit mit ihren Sparkassen die Sparkassen weiter zu profilieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir wollen dies aber im Gesetz nicht vorschreiben,sondern wir wollen im Sinne kom

munaler Entscheidungsfreiheit einen zusätzlichen Weg öffnen,

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Genau so ist es!)

der mehr möglich macht als nur Fusion oder Nicht-Fusion, wie es derzeit der Fall ist.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann darf man sich allerdings schon wundern, wenn wir deutlich sagen, dass eine Veräußerung, die auf der Basis des Stammkapitals dann auch möglich sein kann, nur im öffentlichen Bereich geschehen darf, die Sparkassenverbände dann aber durch Erklärungen und Flugblätter, die schon gedruckt liegen – Herr Walter, Sie sind entweder bösartig, oder Sie sind diesem Flugblatt auf den Leim gegangen;

(Jürgen Walter (SPD): Ihr wollt nur privatisieren!)

das haben Sie eben deutlich gemacht –, suggerieren, die Sparkassen sollten an Private verkauft werden.

(Jürgen Walter (SPD): Ja, das ist Ziel dieser Aktion!)

Wer dies sagt, sagt die Unwahrheit.Wer dies sagt, setzt gezielt zu einer Verleumdungskampagne an.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Walter (SPD): Sie wollen privatisieren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,richtig ist allerdings, dass wir dies nicht nur in das Gesetz hineinschreiben wollen. Richtig ist auch, dass wir dies zum heutigen Zeitpunkt sichern wollen. Deswegen habe ich Gespräche beim zuständigen Generalsekretär der EU-Kommission geführt, und ich werde im März bei ihm sein und mir von ihm nochmals bestätigen lassen, dass die Europäische Union – insoweit kann ich das hier mündlich aus dem Gespräch mitteilen – deutlich gemacht hat, dass diese Frage die Europäische Union schon allein deshalb nicht berührt, weil es eine nationale Frage ist, festzulegen, dass es in Deutschland bei dem dreigliedrigen Bankensystem bleibt.Alles, was den Sparkassen nützt – und die Europäische Union hat deutlich gesagt, alles, was wir vorhaben, dient der Stärkung der Sparkassen –, wird von ihr nicht nur akzeptiert, sondern ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Walter, deswegen ist es eindeutig, welches Motiv Sie hier antreibt, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen, wir wollten die Sparkassen privatisieren bzw. die Voraussetzungen dafür schaffen. Das ist die Unwahrheit. Ich lege noch einmal deutlich fest, was diese Hessische Landesregierung will. Daran beißt die Maus keinen Faden ab.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,alle diese Maßnahmen, die ich eben deutlich gemacht habe, die Infrastruktur, der Technologietransfer, die gute Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Einrichtungen in Hessen, bringen die Wirtschaft in Hessen in eine Form, die sie zukunftsfähig macht, die Wachstum und Arbeitsplätze ermöglicht. Wir können in diesem Zusammenhang viele technologische Höhepunkte deutlich machen. Ich habe das FIZ angesprochen,das bereits jetzt ausgebucht ist und das im Bereich der Biotechnologie erweitert werden muss. Wir haben am vergangen Freitag vorgestellt, dass wir in Darmstadt in Verbindung mit Galileo ein Anwenderzentrum schaffen wollen, das gerade für die mittelständische Wirtschaft viele,viele Arbeitsplätze schafft und Wachstum ermöglicht.

(Nicola Beer (FDP):Wo ist das mittelhessische Nanotechnologiezentrum?)

Wir haben in Mittelhessen eine Initiative im Bereich der Nanotechnologie. Wir haben in der Optoelektronik ein „Studium plus“ in Zusammenarbeit zwischen der Fachhochschule und den Unternehmen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Wer hat denn das gemacht?)

Wir haben in Mittelhessen auch dadurch einen wunderschönen Leistungsbeweis, dass die Firma Leitz jüngst für ein neues Produkt, das für die Leistungsfähigkeit der hessischen Unternehmen beispielgebend ist, den Innovationspreis der deutschen Wirtschaft bekommen hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind bereit, mit der Wirtschaft weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Das war in Hessen nicht immer so. Wir ebnen den Weg dafür, dass die Hochschulen in bester Zusammenarbeit mit den Unternehmen optimale Forschungsergebnisse für die Anwendung generieren und damit die deutschen Unternehmen wettbewerbsfähig machen können.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Der Auslandsumsatz, der Export der hessischen Unternehmen ist im letzten Jahr um sage und schreibe 10 % gestiegen. Das macht uns froh, aber es spornt uns auch an, mit allen Betroffenen zusammenzuarbeiten. Die Wirtschaft in Hessen ist auf einem guten Weg, und das werden die Zahlen für dieses und die kommenden Jahre auch Ihnen, den Skeptikern, endgültig bestätigen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Hahn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wirtschaftsminister,Sie haben mit einem relativ undifferenzierten Einhauen auf die Opposition begonnen – ich lasse das jetzt dahingestellt –,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

weil Sie auf die Vorschläge, die jedenfalls die FDP-Fraktion gemacht hat, nicht eingegangen sind. Ich frage Sie deshalb an dieser Stelle, Herr Wirtschaftsminister:Warum reden Sie nicht darüber, dass die hessische Wirtschaft ab dem nächsten Jahr mit einer dreiprozentigen Steuererhöhung erheblich belastet wird?

(Beifall bei der FDP)

Wo bleibt der Einsatz von Alois Rhiel,der vollkommen zu Recht im Bereich von Strom und Energie Verbraucherschutzgedanken anspricht? Wo bleibt der Verbraucherschützer Rhiel,wenn es darum geht,dass den Menschen in Hessen tierisch intensiv in die Tasche gegriffen werden soll?

(Beifall bei der FDP)

Es wäre Ihre Aufgabe, auch hier den Mund aufzumachen und sich nicht nur mit Ihren Parteifreunden, den Vorsit

zenden von Energieversorgungsunternehmen in Hessen, z. B. in der Wetterau, auseinander zu setzen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Bökel (SPD))

Wo ist denn der Verbraucherschützer Rhiel? Wo ist denn der Freund des Mittelstandes Rhiel? Ihre theoretischen Reden höre ich gerne, nur setzen Sie sie bitte auch um, wenn es darum geht, dass dem Mittelstand in diesem Jahr 13-mal die Sozialabgaben abgenommen werden, Herr Rhiel.

(Beifall bei der FDP)

Hören Sie doch auf, uns zu erzählen, dass ausschließlich die Spiegelstriche, die Sie uns vorgetragen haben, wichtig wären. Sie sind auch wichtig. Ja, sie müssen gemacht werden. Zum einen muss sich der Wirtschaftsminister dafür entschuldigen, wenn er im Zusammenhang mit dem Sparkassen- und Giroverband den Ton falsch gewählt hat. Wo ist da Ihre Antwort, Herr Rhiel? Zum Zweiten muss er sich als Verbraucherschützer dafür einsetzen,dass es diese unsäglich falsche Mehrwertsteuererhöhung nicht geben wird. Diese würde die Wirtschaft und damit auch die Arbeitsplätze und den Ausbildungsmarkt in unserem Lande stören.Wo ist da eigentlich Alois Rhiel?

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Abg. Al-Wazir. Herr Al-Wazir, sieben Minuten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Für das Protokoll: Rhiel schweigt! – Gegenruf des Ministers Dr.Alois Rhiel: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Zahl ist in dieser Debatte seit fast zwei Stunden noch kein einziges Mal gefallen, nämlich dass wir im Januar zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Hessen mehr als 300.000 registrierte Erwerbslose hatten.Herr Wirtschaftsminister, wenn wir uns ernsthaft damit auseinander setzen wollen, wie wir an dieser Situation etwas ändern können, dann hätte dazugehört, dass man z. B. einmal darauf hingewiesen hätte, dass unbestritten ein sehr großer Teil dieser Erwerbslosen eine geringe, eine veraltete oder keine Qualifikation hat. Es hätte vielleicht einmal eine Bilanz dazugehört.

Es wurde immer erklärt,arbeitsmarktpolitisch werde alles besser, wenn die Kommunen das Sagen hätten. Dazu sage ich: Aus unserer Sicht ist es völlig egal, ob eine Optionskommune oder eine Arbeitsgemeinschaft die Betreuung der Langzeiterwerbslosen übernimmt. Es hätte aber z. B. einmal eine selbstkritische Bilanz dazugehört, ob das denn – unabhängig von der Organisationsform – funktioniert hat, warum z. B. sowohl die Optionskommunen als auch die Arbeitsgemeinschaften im Jahre 2005 einen hohen Anteil der ihnen zur Verfügung stehenden Gelder für Eingliederungs- und Fördermaßnahmen nicht ausgeschöpft haben, Herr Wirtschaftsminister.