Protokoll der Sitzung vom 29.03.2006

(Zurufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Jörg- Uwe Hahn (FDP): Halten Sie sich doch mal zurück mit Zwischenrufen!)

Trotz alledem sehen wir eine Schnittmenge bei dem, was Sie da vorgestellt haben. Allerdings hat Ihre Forderung nach Elternbefragung schon etwas mit sozialpolitischem Abenteurertum zu tun.

(Gerhard Bökel (SPD): Das stimmt!)

Schon die Formulierung „Allein der Elternwille soll zählen“ ist unzulässig verallgemeinernd, lieber Herr Kollege Rentsch. Das ist nämlich nichts anderes als liberale Grundsatzproklamation statt differenzierter Analyse. Es gibt nicht d e n Elternwillen. Die Lebensbedingungen und die Lebensumstände, unter denen Eltern mit ihren Kindern leben, sind so vielfältig und so unterschiedlich, dass ein einheitlicher Elternwille nicht möglich sein wird. Ein mehrheitlicher Elternwille – wenn man den berücksichtigt und tatsächlich umsetzt, könnte das am Ende sogar das Ende einer qualifizierten und bedarfsgerechten Kinderbetreuung implizieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir gehen von einem bedarfsgerechten Betreuungsangebot von 20 % für Kinder unter drei Jahren aus.Die Eltern, die das brauchen, werden auch dafür votieren, was völlig logisch ist. Aber wie viele von den anderen, die ihre Kinder erst ab drei Jahren in den Kindergarten schicken, werden auf Kostenfreistellung verzichten wollen? Da passt einiges noch nicht zusammen. Ich denke, dazu sollten wir uns am 10. Mai die Meinung der Experten anhören.

Meine Damen und Herren,zusammengefasst lässt sich sagen: Nicht Kleinkinderbetreuung statt Hort, sondern Kleinkinderbetreuung und Hort – alles andere ist familienpolitischer Unfug.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Eckhardt, vielen Dank. – Als Nächste hat sich Frau Ravensburg zu Wort gemeldet. Frau Ravensburg, Sie haben noch sechs Minuten Redezeit zur Verfügung.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Eckhardt, Sie haben gesagt, der pädagogische Mittagstisch sei eine Lachnummer und habe nichts mit Qualität in Schulen zu tun.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da hat sie Recht!)

Das ist – gelinde gesagt – eine Beleidigung sehr vieler engagierter Schulen in Hessen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Schulen sind es nämlich, die gemeinsam mit den Vereinen, mit den Musikschulen und den vielen engagierten Betreuern vor Ort ein Angebot aufbauen, das viele Schüler nutzen und das auf Freiwilligkeit aufgebaut ist, aber das nicht nur Betreuung heißt, sondern auch etwas mit Qualität und Qualität von Schule in Hessen zu tun hat. Deshalb weise ich Ihre Äußerung entschieden zurück.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen eine verlässliche Halbtagsgrundschule. Deshalb stocken wir die Betreuungsmittel entschieden und entscheidend auf.Wir geben den Grundschulen Mittel für die Betreuung am Nachmittag.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Die Schulen und die Landkreise können gemeinsam dort Schwerpunkte setzen, wo besondere Betreuungszeiten gewährleistet sein müssen. Ansonsten ist eine Betreuung an fast allen Grundschulen in Hessen bis 14.30 Uhr,sofern Bedarf besteht, gewährleistet. Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal sagen: Wir wollen keine verpflichtende Ganztagsschule in Hessen.

(Florian Rentsch (FDP):Aber eine Kinderschule!)

Wir wollen ein hochwertiges, qualitatives, aber auch flexibles Angebot für alle Kinder.Wir werden keine bestehenden Horte streichen.Aber wir wollen ein Angebot – flexibel, mit Tagesmüttern, mit den Kindergärten, mit den Grundschulen, mit den pädagogischen Mittagstischen für alle Kinder im Lande Hessen. Das ist das richtige Konzept. Das wird auch von den Eltern anerkannt.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Frau Ravensburg. – Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Lautenschläger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns inzwischen mit dem wichtigen Thema Kinderbetreuung sehr häufig. Nur, meine Damen und Herren, vor allem liebe Kollegin Schulz-Asche und liebe Kollegin Eckhardt von den GRÜNEN und der SPD, es wird dadurch nicht richtiger, was Sie erklären. Ich will damit anfangen, was verändert

wurde, worüber wir in den vergangenen Jahren sogar gemeinsam diskutiert haben und an was Sie sich zum Teil überhaupt nicht mehr zu erinnern scheinen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Die haben große Erinnerungslücken! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Das haben wir bei der Schwarzgeldaffäre gesehen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,ja,wir haben die Offensive für Kinderbetreuung verändert – auch nach Diskussionen mit Trägern und vielen anderen in diesem Bereich. Aber als Erstes möchte ich damit aufräumen, dass wir irgendetwas zulasten anderer gestrichen hätten. Das ist schlichtweg falsch.

(Beifall bei der CDU)

Es ist kein Euro für die Hortbetreuung gestrichen worden. Wir haben aber – das ist zutreffend – für die Betreuung der unter Dreijährigen allein 9 Millionen c zusätzlich zur Verfügung gestellt und die Förderbeträge erhöht.

Liebe Frau Kollegin Schulz-Asche, es wäre sinnvoll, wenn Sie sich noch einmal zu Gemüte führen, dass es zusätzliches Geld für die Betreuung der unter Dreijährigen und eine Erhöhung der Förderbeträge pro Platz sind, sodass wir die Kommunen unterstützen können, wenn sie schneller ausbauen. Meine sehr geehrten Kolleginnen

(Axel Wintermeyer (CDU): Und Kollegen!)

lieber Kollege Wintermeyer, ich meine die beiden Kolleginnen, die gesprochen haben, da ich das Problem habe, dass bei beiden die größte Aufklärung notwendig ist –, wenn Sie vor Ort sprechen, wenn Sie mit Eltern sprechen, ist natürlich die Betreuung der unter Dreijährigen nach wie vor das Thema mit der größten Priorität. Insoweit geht es auch um die Frage des Elternwillens. Wenn sich junge Paare für Kinder entscheiden wollen und sich die Frage nach der Rückkehr in den Beruf stellt, muss gewährleistet sein, dass die Angebote schnellstmöglich ausgebaut werden. Wir haben in allen westdeutschen Bundesländern darin den größten Nachholbedarf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben aber in den vergangenen Jahren in Hessen schon eine Menge an zusätzlichen Plätzen sowohl bei Tagesmüttern als auch bei Krippen geschaffen, auch in altersübergreifenden Gruppen in den Kindergärten. Das ist ein wichtiger Schritt gewesen. Wir wissen, dass Eltern dort ganz besonders der Schuh drückt.Wir haben deswegen gesagt,zusätzliche Mittel fließen als Erstes in die Betreuung der unter Dreijährigen hinein.

Ich will Ihnen ein paar Zahlen nennen, denn in den vergangenen Jahren ist eine ganze Menge gemacht worden. Wir haben bei den unter Dreijährigen immerhin die Zahl der Plätze wiederum erhöht. Wir haben inzwischen mit der Tagespflege zusammen einen Versorgungsgrad von rund 8,4 %. Aber das Ziel ist es, auf ungefähr 20 % zu kommen. Dazu kommt das Thema bedarfsgerechte Planung vor Ort.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die wird in Frankfurt über 20 % und in anderen Landesteilen unter 20 % liegen, aber bis 2010 sichergestellt werden. Dort halten wir als Landesregierung das, was wir zugesagt haben.Wir unterstützen die kommunale Seite.Wir haben deswegen genau in diesem Bereich Mittel aufgestockt, ohne anderen Mittel zu streichen. Das ist der eine Punkt.

Liebe Frau Kollegin Schulz-Asche, ich weiß nicht, wie oft Sie das, was Sie heute gesagt haben, immer wieder in anderer Gewichtung – jeweils, wie Sie es brauchen – in Ausschüssen und im Plenum wiederholen. Einmal sind es Ihnen in der Offensive zu viele Mittel für die Hortbetreuung gewesen. Jetzt sind es Ihnen zu wenige. Das war in der Vergangenheit immer anders.

(Axel Wintermeyer (CDU): Man kann es ihr nicht recht machen!)

Sie haben sich nicht dafür entschieden, wie Sie es wollen.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Doch, sowohl als auch!)

Schreien Sie doch nicht so laut. Sie können sich danach gern zu Wort melden. Aber ich führe das zuerst aus und lasse momentan keine Zwischenfragen zu, weil es bei Ihnen einen so großen Aufklärungsbedarf gibt, dass Sie an dieser Stelle besser erst einmal zuhören.

(Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD):Das Niveau wird immer niedriger!)

Das ist genau der Punkt. Deswegen haben wir in der Betreuung der unter Dreijährigen, weil Kommunen andere Schwerpunkte gesetzt haben, den Schwerpunkt der Landesregierung noch einmal verstärkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zweite Punkt sind natürlich unter dem Gesichtspunkt der altersübergreifenden Gruppen nach wie vor in Kindergärten frei werdende Plätze für Schülerinnen und Schüler, d. h. für die Schule, was es heute schon gibt und nach wie vor nach dem Hessischen Kindergartengesetz möglich ist.Wir haben inzwischen bei der Betreuung der Kinder im Grundschulalter einen Versorgungsgrad von insgesamt rund 9,7 % in Hessen erzielt. Das ist eine deutliche Steigerung. Das sind 26.743 Plätze für Schulkinder in Horten.

Aber zu diesen Plätzen müssen Sie rund 4.800 Plätze für Schulkinder in Angeboten der Teilzeitbetreuung rechnen, die meist an den Schulen am Nachmittag stattfindet.Dazu kommen die Betreuungsangebote an Grund- und Förderschulen. Frau Kollegin Ravensburg hat die Zahlen zu dem genannt, was allein in Grundschulen durch das Schulprogramm des Kultusministeriums passiert. Dort kommen Schulen mit pädagogischer Mittagsbetreuung und vieles mehr dazu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte schon einmal festhalten: Wir verfolgen als Landesregierung klar die Ziele, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken, die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern und zukünftig, wie es im Übrigen viele Kommunen in Absprache mit uns vornehmen, natürlich für die Schulkinder die Betreuungsangebote an den Grundschulen wesentlich stärker zu konzentrieren. Wir sollten den Kommunen nicht sagen: „Baut an anderer Stelle einen neuen Hort“, sondern: Macht es dort möglich, das mit der Grundschule zu kombinieren.

Das ist das Ziel, das wir dort gemeinsam verfolgen. Viele Städte und Gemeinden nehmen das inzwischen auf. Deswegen haben wir den Schwerpunkt gesetzt, die Krippenplätze weiter auszubauen, die Tagesmütterplätze weiter auszubauen, die Betreuungsplätze für die altersübergreifenden Gruppen zu fördern und gleichzeitig alles, was rund um die Schule ist, wesentlich stärker zu konzentrieren. Wir werden diesen Bereich der Schulkinderbetreuung stärker an die Schule konzentrieren und dort mit den Kommunen Vereinbarungen treffen, wie es inzwischen

manche Kommunen längst erkannt haben, dass man die Schulkinderbetreuung an einer Stelle durchgängig organisiert.

Ich bin gespannt, was Sie für neue Gegenvorschläge machen, denn es ist das Ziel, sowohl für die Kinder als auch für die Eltern das richtige Angebot zu haben. Bei der Bildungsplanung von null bis zehn Jahren, die Sie – FDP und CDU haben es angesprochen – heute mehr oder weniger ganz außen vor gelassen haben ist die Qualität ein ganz wichtiger Punkt. Die interessiert auch Eltern. Wir haben ganz klar gesagt:Wir können über viele Punkte,wo wir Eltern entlasten, sprechen. Aber das erste Ziel ist es, Betreuungsangebote sowohl für die Schulkinder als auch für die unter Dreijährigen auszubauen, damit Eltern dort Verlässlichkeit haben.

Das haben wir gezeigt, indem wir die Mittel für die Betreuung der unter Dreijährigen und die Mittel nach dem Hessischen Kindergartengesetz aufgestockt haben. Dort stehen in diesem Jahr 10 Millionen c mehr zur Verfügung, was allen Gruppen zugute kommen kann.

Vor allem haben wir das mit dem Bildungs- und Erziehungsplan gezeigt. Mit dem Bildungs- und Erziehungsplan zielen wir nämlich genau auf die Schnittstellen und die zukünftige Weiterbildung der Erzieher und Lehrer, um das tatsächlich gemeinsam zu machen. Nach der Erprobungsphase werden wir uns sicherlich weiter über die Ausbildungsinhalte in diesem Bereich unterhalten.

Es hat sich auch gezeigt, dass wir gerade durch den Bildungs- und Erziehungsplan sehr viele in den Schulen und in den anderen Einrichtungen erreichen, die ein großes Interesse daran haben, an diesen Weiterbildungen teilzunehmen, und sich damit auch auseinander setzen.