Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

Herr Hahn, Sie legen doch auch immer die alten Platten auf. Dann kann ich doch auch einmal etwas Altes machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Mi- nisterpräsidenten Roland Koch)

Herr Koch, sehen Sie, das unterscheidet uns beide. Ich bin noch lernfähig, Sie nicht.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Weiterführung der Altersteilzeit ist Ihr Argument, sie sei nicht finanzierbar. Herr Innenminister, das ist ein Argument der Antwort auf die Kleine Anfrage.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Sie kamen später. Da haben Sie das so ausgeführt. – Das Kostenargument ist eines, das wir ernst nehmen müssen. Sie müssen aber vielleicht auch die Einspareffekte sehen. Mitarbeiter, die früher pensioniert werden, weil sie den Belastungen nicht mehr ausgesetzt werden können oder das nicht mehr durchhalten, kosten auch Geld und bringen nicht die Leistung. Insofern, wenn wir schon betriebswirtschaftlich argumentieren,müssen wir beide Seiten der Medaille gegeneinander abwägen. Deswegen ist das Kostenargument eines, das wichtig ist. Es darf aber nicht isoliert betrachtet werden.

Meine Damen und Herren, eine Verwaltung braucht motivierte und einsatzfähige Mitarbeiter. Deswegen ist die Fortführung der Altersteilzeit ein notwendiges Element einer modernen Personalpolitik.

Im letzten Jahr hat die FDP im Wahlkampf übrigens noch angekündigt, die Fortsetzung der Altersteilzeit über den 31. Dezember 2009 fortzuführen, getreu dem FDP-Motto im Wahlkampf: „Unser Wort gilt“.Wir werden also sehen, was die FDP-Innenpolitiker zu dem Antrag sagen oder ob sie an dem Punkt umgefallen sind. Wir halten das Instrument der Altersteilzeit für einen richtigen Ansatz und freuen uns auf eine konstruktive Beratung im Innenausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Bellino für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden dem Antrag auf eine pauschale Verlängerung der Altersteilzeit nicht zustimmen, da sie unseres Erachtens nicht mehr zeitgemäß und zu teuer ist, darüber hinaus dazu führt, dass qualifiziertes Personal noch mehr – in Anführungszeichen – abhanden kommt, und wir der heute schon angesprochenen Dienstrechtsreform nicht vorgreifen wollen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Immer muss die Dienstrechtsreform herhalten!)

Es macht unseres Erachtens keinen Sinn, dass wir einzelne Themenfelder, zum einen die Mitbestimmung, hier die Altersteilzeit, herausgreifen. Dann entsteht ein Flickwerk.Das wollen wir nicht,gerade dann nicht,wenn es um die oft angesprochene Dienstrechtsreform geht.

Wir sagen aber auch, und dies sehr deutlich, dass wir offen sind für kostenneutrale Alternativen. Deshalb wollen wir auch – darauf zielt unser Entschließungsantrag ab – kostenneutrale Alternativen schaffen, die einen flexiblen

Eintritt in den Ruhestand ermöglichen. Deshalb soll die Landesregierung im Rahmen der Dienstrechtsreform alle Möglichkeiten einer Flexibilisierung ausloten und dabei auch die Grenzen des Zuverdienstes überprüfen und nach Lösungsmöglichkeiten suchen.

Die bisherige Altersteilzeit mag partiell Sinn gemacht haben. Ich nenne als Stichworte die Personalentwicklung, die flexible Personalsteuerung, aber auch den sozial verträglichen Abbau von Arbeitsplätzen.

Wenn wir dies heute ablehnen, dann erstens aus Gründen einer enormen Kostenbelastung, die durch diese Altersteilzeitzuschläge entstehen.

(Günter Rudolph (SPD): Herr Kollege, das ist aber nur ein Argument!)

Es gibt weitere Argumente, auf die ich gleich kommen werde. – Deshalb läuft es im Bund und in vielen Bundesländern aus. Herr Kollege Rudolph, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf den Bund der Steuerzahler, der von mindestens 300 Millionen c spricht, die zusätzlich auf das Land zukommen.

(Günter Rudolph (SPD): Machen Sie alles, was der Bund der Steuerzahler sagt?)

Wenn Sie überlegen, dass im Jahre 2007 6.662 Menschen davon Gebrauch gemacht haben, dann sehen Sie, welche monetären Aspekte dies hat.

Wir sehen zweitens aber auch keinen Zusammenhang zwischen der Altersteilzeit und einem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand im Sinne einer Frühpensionierung, wie es oft insinuiert wird.

Drittens – darauf habe ich hingewiesen – sehen wir durch diese Altersteilzeitregelung auch einen durchaus besorgniserregenden Verlust an qualifiziertem Personal.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Dann muss man neu ausbilden!)

Das passt viertens gerade nicht zu dem demografischen Wandel, der auch von Ihnen so oft angesprochen wird. Wenn nicht schon heute, werden wir in Zukunft einen sehr starken Mangel an Fachkräften haben. Dem gilt es, wo immer dies möglich ist, entgegenzutreten.

Gerade im Bildungsbereich – wir haben heute darüber gesprochen und werden auch morgen darüber sprechen – ist es besonders auffällig, welche Kosten auf uns zukommen, welche Qualitätseinbußen zu verzeichnen wären, wenn weitere Lehrer von der Altersteilzeit Gebrauch machen würden.

Wir wollen mindestens 2.500 zusätzliche Stellen schaffen. Wir lassen uns diesen positiven Effekt, der damit verbunden ist, nicht kaputt machen, indem wir andernorts nachgeben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): 220.000 Arbeitslose in Hessen!)

Wir wollen aber auch – das hatte ich bereits gesagt – dem Prozess der Dienstrechtsreform nicht vorgreifen.

(Günter Rudolph (SPD): Was Sie alles mit der Reform machen wollen!)

Die Expertengruppe tagt. Das werden wir dann entsprechend analysieren und umsetzen können.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir werden aber – das sage ich abschließend noch einmal, damit es jeder hört – jeder Regelung, die kostenneutral ist, die also dazu führt, dass der Steuerzahler nicht über Gebühr daran partizipieren muss, positiv gegenüberstehen. Deshalb werden wir alle Möglichkeiten, die es gibt, um zusätzliche Flexibilität zu schaffen,prüfen und werden dabei auch die angesprochene Hinzuverdienstgrenze beobachten. Denn das ist ein zusätzlicher Impuls, gegebenenfalls früher in den Ruhestand zu gehen.

Ich gebe dem Kollegen Rudolph recht, dass auch wir uns auf die Diskussion im Ausschuss freuen. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Die nächste Wortmeldung, Herr Abg. Frömmrich für die GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es freut einen immer, wenn man hier zum Pult tritt, dass man solche wunderbaren Wünsche auf den Weg bekommt.Aber Spaß beiseite.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Altersteilzeitmodell, das zurzeit existiert, läuft aus. Man muss sagen, leider hat die Landesregierung es versäumt, vor Auslaufen dieses Modells geeignete Regelungen zu finden, wie man dieses Modell weiterführen kann oder wie man flexiblere Arbeitszeitmodelle einführen kann. Diesen Vorwurf muss sich die Landesregierung leider machen lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Vorwurf muss hier auch gemacht werden, weil in diesem Hause und von diesem Pult aus immer sehr viel über Ehrlichkeit in der Politik gesprochen wird. Bei den Wahlkampfveranstaltungen, gerade bei denen, wo es um die Bildungspolitik, um die Lehrerinnen und Lehrer ging, haben sehr viele Kolleginnen und Kollegen von CDU, FDP und SPD – die stehen dazu – erklärt, dass sie sich dafür einsetzen,dieses Altersteilzeitmodell fortlaufen zu lassen. Da wundert es schon, dass die, die den Lehrerinnen und Lehrern das versprochen haben, jetzt auf einmal wieder krachend umfallen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das nachlesen wollen, können Sie das tun. Es gibt einen Brief des Landesvorsitzenden der GEW an die verehrte Kultusministerin. Dort wird gesagt:

Sie können sich sicher vorstellen, dass uns die Antwort doch sehr negativ überrascht hat. Sowohl vor als auch nach der Wahl wurde in vielfältiger Form erklärt, dass die FDP an dieser Regelung festhalten werde.

(Günter Rudolph (SPD): Hört, hört!)

Frau Kultusministerin, Sie sind schon wieder krachend umgefallen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Unser Wort gilt“!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt bei vielen Beschäftigten in der Landesverwaltung das Bedürfnis nach flexiblerem Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Es gibt heute ganz andere Lebensentwürfe von vielen Menschen, die ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben. Ich finde, diesen unterschiedlichen Bedürfnissen sollte man Rechnung tragen.

Die Arbeitsbelastung – wir haben gerade von den Schulen gesprochen – und die Arbeitsbedingungen werden von vielen Menschen beklagt.Zeichen dafür sind auch die vielen Frühverrentungen. Schauen Sie sich einmal die Antworten auf die Kleinen Anfragen des Kollegen Wagner und des Kollegen Schaus an. Dort werden Sie sehen, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Anwachsen der Zahl der Menschen, die in Altersteilzeit gehen, und dem Absinken der Zahl der Menschen gibt, die frühverrentet werden. Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang, der diese Landesregierung zum Nachdenken zwingen sollte.

Wenn man sich das genau anschaut, ist die Frage, ob das Instrument der Altersteilzeit, das wir zurzeit haben, das richtige Instrument für die Lösung dieser Probleme ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube nicht, dass es das richtige Modell ist, weil es mittlerweile von vielen Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen ganz unterschiedliche Forderungen nach Flexibilisierung der Arbeitszeit gibt, die auch die Altersteilzeit betreffen. Ich zitiere einmal Klaus Brandner, SPD, Mitglied des Deutschen Bundestags und mittlerweile Staatssekretär im zuständigen Ministerium für Arbeit und Soziales. Er sagt: