Protokoll der Sitzung vom 17.09.2009

(Beifall bei der FDP und des Abg. Axel Winter- meyer (CDU))

Wir sind der Hessischen Landesregierung, wir sind Frau Staatssekretärin Beer und dem Europaminister Hahn sehr dankbar dafür, dass in diesem Prozess hessische Interessen und damit die Interessen aller Bundesländer ausdrücklich und vehement bei der Frage vertreten worden sind, wie künftig die Bundesländer vom Bund in den

Fragen beteiligt werden,die Europa und europäische Prozesse betreffen.

Wir dürfen feststellen, dass das Land Hessen, die Hessische Landesregierung, hier gut gearbeitet hat, dass der Hessischen Landesregierung mit zu verdanken ist, dass in Zukunft die Bundesländer rechtlich sicher verankert Anhörungs- und Mitsprachemöglichkeiten haben. Wir müssen uns nicht länger auf eine Bund-Länder-Vereinbarung zurückziehen,bei der keiner so recht und so genau wusste, welche Rechte und welche Pflichten denn vereinbart sind. Deswegen ist das Begleitgesetz II bei allen Schwächen, die es an der einen oder anderen Stelle hat, ein gutes Gesetz; denn es stärkt die Regionen, es stärkt die Länder, und es stärkt die Position des Landes Hessen im europäischen Prozess.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Jetzt sagen Sie noch dem Volk, wem es das zu verdanken hat!)

Es ist vernünftig, dass es in Zukunft eine bessere Einbeziehung der Bundesländer gibt. Es ist vernünftig, dass in Zukunft der Bundesrat und damit die Bundesländer stärkere Entscheidungsrechte in den EU-politischen Fragen haben. Das sind Europathemen, die einen Bezug zur Landespolitik haben.

Das sind nun einmal vielfältige Themen. Das betrifft die Frage, wie wir in Europa insgesamt die Folgen der Wirtschaftskrise bewältigen – das betrifft ein Stück weit auch das Thema Opel, das wir diskutiert haben. Das betrifft die Frage, wie wir europaweit den Bildungs- und Wirtschaftsraum organisieren. Das betrifft die Frage, wie wir europaweit mit dem Thema Energieversorgung sowohl im Bereich der konventionellen als auch der regenerativen Energien umgehen. Denn all diese Probleme und Fragestellungen, die auch uns in Hessen beschäftigen, machen nicht an der Grenze unseres Bundeslandes oder an der Grenze der Bundesrepublik Deutschland halt.

Deswegen ist es nur konsequent, dass bei der Frage, mit welchen Lösungskonzepten und Ansätzen wir die Herausforderungen angehen, die diese Probleme aufwerfen, auf der europäischen Ebene auch das Land Hessen mit seiner Stimme gehört wird.

Die Konsequenzen, die daraus resultieren, sind einfach zu verdeutlichen.Wir müssen und – dank der Regelungen im Begleitgesetz II – wir können, gemeinsam mit der Hessischen Landesregierung, als Landtag Verantwortung dafür übernehmen, wie sich Hessen in Europa weiter positioniert und wie künftig hessische Interessen in Europa wahrgenommen werden.

Wir wissen – das kann man gut oder schlecht finden; die Linksfraktion ist bei dem Thema Europa schon flüchten gegangen –, dass wir nicht umhinkommen werden, uns weiterhin aktiv und konstruktiv in den europäischen Einigungsprozess einzubringen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch euer Setzpunkt!)

Ich meine die Linksfraktion. Herr Kollege Al-Wazir, das kann sein, aber ich glaube, es liegt eher am Thema Europa und der Frage,wie die Linksfraktion insgesamt zu dem europäischen Einigungsprozess steht.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Hälfte der Fraktion ist da!)

Wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft gemeinsam, Hand in Hand mit der Hessischen Landesregierung und

denen, die in Brüssel unsere Interessen wahrnehmen und vertreten, hessische Positionen in den europäischen Prozess einbringen. Dafür noch einmal unser Dank an die Verantwortlichen in der Landesregierung und an die Landesregierung insgesamt.

Wir als FDP-Fraktion, gemeinsam mit den Kollegen von der Union, sind auf jeden Fall bereit, diesen Weg auch weiterhin gemeinsam mit Staatsminister Jörg-Uwe Hahn und seinem Ministerium zu gehen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

Herzlichen Dank, Herr Blum. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Osterburg das Wort.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die halbe Linksfraktion ist da, und die halbe FDPFraktion ist da! – Gegenruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn: Von den GRÜNEN ist ein Drittel da, das kann man von hier aus gut sehen!)

So, jetzt hat Frau Osterburg das Wort.Wir hören ihr zu.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen, wir behandeln in der heutigen Plenarsitzung den gemeinsamen Antrag von CDU und FDP zur Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zum Lissabon-Vertrag.

Wenn wir nur auf die letzten Plenarsitzungen zurückblicken, so stellen wir fest: Immer standen europapolitische Anträge oder Regierungserklärungen auf der Tagesordnung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns heute schon wieder mit Europa befassen, zeigt vor allem, dass Europa für uns von großer Wichtigkeit ist.

Europa ist ein zentraler Bestandteil der Politik, in der Wirtschaft und auch im ganz normalen Alltag geworden. Ich sage immer wieder: Darüber bin ich besonders froh.

Die CDU hat den europäischen Einigungsprozess in ihrer Regierungszeit immer positiv begleitet und massiv vorangetrieben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Europa sichert den Frieden, die Freiheit und den wirtschaftlichen Wohlstand sowie ein hohes Maß an sozialer Absicherung.

Die Erfolge Europas müssen immer wieder angesprochen und hervorgehoben werden. Die Geschichte Europas ist für die Politik eine sagenhafte Erfolgsgeschichte. Man muss das immer wieder sagen, denn wir hoffen natürlich, dass durch das Präsentmachen dieser Vorteile die Wahlbeteiligung bei den europäischen Wahlen in den nächsten Jahren ganz massiv ansteigt.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das wäre schön!)

Lassen Sie mich daher – bevor ich auf den gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen zu sprechen komme – noch einmal etwas konkreter auf die Errungenschaften der Europäischen Union eingehen, um zu verdeutlichen, wieso wir uns verstärkt mit europäischen Themen beschäftigen müssen.

Europa schafft mehr Arbeitsplätze. Durch unseren gemeinsamen Binnenmarkt profitiert vor allem die deutsche Wirtschaft. Die EU bietet den deutschen Unternehmen den größten einheitlichen Markt der industrialisierten Welt. Deutsche Unternehmen exportieren Waren im Wert von über 600 Milliarden c jährlich.Damit gehen fast zwei Drittel der deutschen Ausfuhren in andere EU-Staaten.

Der gemeinsame Binnenmarkt sichert den deutschen Unternehmen Absatzmärkte und trägt somit zur Sicherung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei.

Durch den Euro haben die Firmen eine wesentlich bessere Kalkulationsgrundlage. Sie müssen mögliche Währungsschwankungen nicht mehr in ihre Planungen einbeziehen. Das Risiko wird vermindert.

Gerade die jetzige Wirtschaftskrise wurde durch die gemeinsame Währung entschärft. Währungsschwankungen zwischen den alten EU-Staaten hätten die Lage zusätzlich verschlimmert.

Europa sichert den Frieden. Es ist unser Modell für das friedliche Zusammenleben der Völker. Seit über 60 Jahren haben die Staaten der Europäischen Union keine Kriege mehr gegeneinander geführt. Das ist die längste Friedensphase der Geschichte des europäischen Kontinents.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE):War da nicht Jugoslawien?)

Das sehen wir etwas anders.

Der einheitliche Binnenmarkt sorgt für mehr Wettbewerb.Wir erhalten eine größere Produktvielfalt und günstigere Preise. Ob beim Telefonieren oder den Flugreisen – das Ende der nationalen Monopole hat viele Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger deutlich günstiger gemacht.

Die Erfolge Europas beim Umweltschutz sind vielfältig. Wir hoffen natürlich alle, dass der Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen zu weiteren Erfolgen führt.

Sehr geehrte Damen und Herren, warum mache ich eine solche Auflistung der Erfolge Europas? Die Antwort ist: Wir alle sind stolz auf diese Erfolgsgeschichte, und ich möchte, dass wir diese Erfolgsgeschichte in Zukunft weiter fortführen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Unser alter und neuer EU-Kommissionspräsident hat mit seinem politischen Programm der Agenda für den Wandel deutlich gemacht: Business as usual bringt Europa nicht voran. Wir müssen auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren. Wir brauchen ein Europa, das neue Wachstumsquellen fördert und eine intelligente, den Menschen zugutekommende Regulierung gesunder Märkte vorantreibt.

Es geht darum, dass Europa in eine neue Phase eintritt. Meine Damen und Herren,dafür muss Europa aber handlungsfähig bleiben.Die Europäische Union der 27 Staaten muss sich konsolidieren, und dafür braucht es den Vertrag von Lissabon.

Das Urteil des Verfassungsgerichts hat gezeigt, dass der Vertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die deutsche Politik hat mit ihrem Engagement, diesen Vertrag voranzutreiben, den richtigen Weg eingeschlagen.

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hatten wir nun die Aufgabe, das Begleitgesetz zu überarbeiten, um den Weg für die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon freizumachen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war sicher kein leichter Weg.Viele Verhandlungen waren notwendig,aber insbesondere aus hessischer Sicht kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen.

Die Gesetzesbeschlüsse verwirklichen einen Großteil der hessischen Forderungen. So haben wir beispielsweise die Überführung der bisherigen Zusammenarbeitsvereinbarung der Bundesregierung mit dem Bundestag und den Ländern in das Begleitgesetz II aufgenommen. Das Lissabon-Urteil zur Stärkung des Bundesrates wurde vollumfänglich ausgeschöpft, ohne zusätzliches Draufsatteln.

Weiterhin konnte die weitestgehende Gleichstellung des Bundesrates mit dem Bundestag erreicht werden – eine vollkommene Gleichstellung war wegen des Wortlauts von Art. 23 des Grundgesetzes natürlich ausgeschlossen.

Des Weiteren haben wir unter anderem noch die verstärkte Zusammenarbeit von Bundestag und Bundesrat, also eine Beschleunigung im Vorfeld von Entscheidungen.

Meine Damen und Herren, das neue Begleitgesetz II ist die Grundlage, um den Vertrag von Lissabon zu ratifizieren. Der Gesetzesbeschluss muss nun noch am 18. September im Bundesrat beraten und beschlossen werden. Mit dem heutigen Antrag wollen wir auch dort ein sichtbares Zeichen setzen.

Daher bitte ich Sie: Stimmen Sie dem Antrag von CDU und FDP zu. Das neue Begleitgesetz stärkt Europa, weil es die Grundlagen für ein in der Zukunft handlungsfähiges Europa ist.

Darüber hinaus verstärken die nun vorliegenden Gesetze die Mitwirkungsrechte der Länder in den Angelegenheiten der Europäischen Union. Wir bekommen als Hessen mehr Möglichkeiten, an dem Europa der Zukunft mitzuwirken und die Erfolgsgeschichte des vereinten Europas zum Wohle der Menschen fortzuschreiben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.