Protokoll der Sitzung vom 17.09.2009

Zu den Punkten 8 und 9 – gemeindliche Bauleitplanung –: Der Grundsatz „Innenentwicklung vor Inanspruchnahme neuer Flächen“ ist im Prinzip richtig und wird von uns auch begrüßt. Aber alle anderen Grundsätze und alle anderen Festlegungen, die Sie getroffen haben, halte ich, gerade was die Entwicklungschancen im ländlichen Raum betrifft, für fehl am Platze und für nicht erforderlich. Das ist eindeutig:Es kann nicht sein,dass man sagt,es gebe nur entlang der Schienenwege Entwicklungsachsen. Was ist mit den anderen?

Sie schreiben, es gebe einen Zwang zur Sanierung. Auch dahinter würde ich ein Fragezeichen setzen.Auch bei der Flächenbegrenzung mit einem Ausgleich an anderer Stelle sind wir nicht dabei. Das wird dem Bedarf nicht gerecht. Gerade im ländlichen Raum geht das an der Wirklichkeit vorbei.

Die Innenentwicklung setzt die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger voraus. Das sollten Sie fördern, statt über die Landesplanung Druck auszuüben.

Das, was Sie zu Punkt 10 sagen, ist aus meiner Sicht überhaupt nicht verständlich. Ich bitte um eine Erklärung – der Herr Kollege hat gesagt, er will es mir erklären – der landesplanerischen Voraussetzungen für die Datenkommunikation. Welche gibt es, die man als Grundsatz festschreiben muss? Aus meiner Sicht gibt es wirtschaftliche Schwierigkeiten, nämlich dass die Netzbetreiber sagen: Lohnt es sich wirklich, das Geld für das flache Land einzusetzen? Können wir damit etwas verdienen?

Ich verweise da auf unsere Große Anfrage. Eine Förderung des ländlichen Raums, mit der die Breitbandanschlüsse auch dorthin gebracht werden, halte ich für sinnvoll.Aber ich halte die Regelung nicht für sinnvoll, weil es keine Verhinderung durch die Landesplanung gibt. Da es keine Behinderung gibt, muss man das auch nicht festschreiben. Ich denke, deshalb ist der Punkt 10 mit dem Breitbandkabel obsolet.Vielmehr ist es wichtig, mit einer Förderung die Schaffung der Breitbandkabelanschlüsse anzustoßen, damit es für die Unternehmen wirtschaftlich möglich wird, das für die Region überhaupt zu machen.

Ich komme zum letzten Punkt. Die Anpassung des Landesentwicklungsplans innerhalb von zwei Jahren ist in Ordnung. Auch das ist natürlich aufgrund dessen richtig, dass wir eine Änderung der Grundsätze der Energieerzeugung haben wollen.

Trotz aller Kritik und Ablehnung hinsichtlich des Verkehrs, der Bauleitplanung und der Punkte, die ich sagte, bei denen wir keine Notwendigkeit der Festschreibung im Landesplanungsgesetz sehen, halten wir den Gesetzentwurf, den Sie gemacht haben, hinsichtlich des Vorrangs der Nutzung erneuerbarer Energien für zielgerichtet. Frau Kollegin Hammann ist gerade nicht da. Er findet in diesem Teil, auch was die Themen Kraftwerk und Effizienz angeht, unsere Zustimmung, aber auch nur in diesem Teil. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält nun Herr Abg. Schork für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unstrittig, dass die Nutzung erneuerbarer Energien ausgebaut werden muss. Ich glaube, über dieses Thema brauchen wir hier nicht zu streiten. Die Frage, die sich auch im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der GRÜNEN stellt, ist die, welchen Weg wir dabei beschreiten.

Ich verbinde damit die Frage: Ist es notwendig und sinnvoll, alles mit dem Landesplanungsgesetz regeln zu wollen, oder wäre es nicht sinnvoller, die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen und die kommunale Selbstverwaltung mit einzubinden? Ich glaube, der Weg, den die GRÜNEN vorgeschlagen haben, ist der falsche, da damit am Ende die kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt würde. Den Kommunen würden spezifische regionalpolitische Dinge weggenommen. Da würde ihnen kein Spielraum mehr belassen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir im Ausschuss über die Einzelheiten reden, können wir das noch festlegen.

Ich habe mir den Gesetzentwurf angeschaut. Ich will einige kritische Anmerkungen dazu anfügen.

In das Vorblatt zu Ihrem Gesetzentwurf haben Sie hineingeschrieben, dass die hessische Stromversorgung bis zum Jahr 2030 vollständig auf die Nutzung erneuerbarer Energien umzustellen ist. Auch in § 1a Ihres Gesetzentwurfs haben Sie hineingeschrieben, die hessische Stromerzeugung solle bis zum Jahr 2030 vollständig auf die Nutzung erneuerbarer Energien umgestellt werden. Daraus ergibt sich ein Widerspruch in sich. Wenn ich die Stromerzeugung vollständig auf die Nutzung erneuerbarer Energien umstellen will, dann genügt es – das würde zu Ihrer Terminologie passen –, alle Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen den Strom erzeugen, und alle Atomkraftwerke abzustellen. Dann haben Sie nicht nur einen Anteil von 30 %, sondern Sie haben einen Anteil von 100 % der erneuerbaren Energien.Aber Sie können dann die Stromversorgung nicht mehr sicherstellen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was für ein Niveau!)

Den Widerspruch müssen Sie aufklären.

(Beifall bei der CDU)

In § 1a Ihres Gesetzentwurfs steht:

Als Ausschlussgebiete gelten ausgewiesene Naturschutzgebiete, der Nationalpark Kellerwald-Edersee und die besonders geschützte Kernzone des Biosphärenreservats Rhön.

(Heinrich Heidel (FDP): Der Kellerwald ist schön! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Rhön auch!)

Als die CDU und die FDP in der Regionalversammlung Südhessen einen exakt so lautenden Beschluss gefasst haben, nämlich den, dass Naturschutzgebiete und der Geopark nicht nur nicht als Vorranggebiete für die Windenergienutzung auszuweisen, sondern sie auszunehmen sind, waren es die GRÜNEN, die dagegen vehement protestiert haben. Ich stelle fest, dass Sie sich in diesem Punkt – aber nur in diesem Punkt – dem angeschlossen haben, was wir in der Regionalversammlung bereits beschlossen haben.

Dann wollen Sie mit Ihrem Paragrafen einen neuen Begriff einführen. Da steht:

Alle anderen Bereiche gelten als Vorbehaltsgebiete.

Das steht im Zusammenhang mit der Nutzung der Windenergie.Wenn Sie das in das Landesplanungsgesetz einfügen würden, dann müssten Sie zwingend klären, was Sie mit den Vorranggebieten machen wollen, die auch im Landesplanungsgesetz stehen und die, dem folgend, in den Regionalplänen ausgewiesen werden.Wie ist das Verhältnis zwischen Vorbehaltsgebieten für die Windenergie und z. B. Vorranggebieten für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten? Wie verhält es sich mit den Vorranggebieten für die Landwirtschaft, mit den Vorranggebieten für den Hochwasserschutz und all dem anderen, was da drinnen steht? Das müssen Sie erklären. Dafür haben wir die Ausschusssitzungen. Da können wir das machen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Frau Hammann macht dann Fort- und Weiterbildung!)

Ich will einen weiteren Punkt anfügen. Ich zitiere jetzt:

Die besonderen funktionalen Zusammenhänge und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten erfordern insbesondere im Ordnungsraum ein leistungsfähiges Verkehrssystem. Eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs soll durch Verkehrsvermeidung und -verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrssysteme erreicht werden; Ausbau und verstärkte Inanspruchnahme des öffentlichen Personennahverkehrs sollen besonders beachtet werden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist ein guter Satz!)

Jetzt kommt das zweite Zitat:

Der Inanspruchnahme regionalplanerisch bereits ausgewiesener Siedlungsbereiche ist Vorrang vor der Ausweisung zusätzlicher Siedlungsflächen einzuräumen. Eine Zersiedlung der Landschaft hat zu unterbleiben, neue Flächen für Siedlungszwecke sollen in Anbindung an vorhandene Siedlungseinheiten ausgewiesen werden.

In den Regionalplänen ist gemeindeweise der voraussichtliche Bedarf an Wohnsiedlungsflächen zu ermitteln und darzustellen.

Jetzt dürfen Sie zweimal raten, woher diese beiden Zitate stammen. Sie stehen beide in dem gültigen Landesentwicklungsplan für Hessen. Das ist also bereits Beschlusslage dieses Hauses. Deswegen bedarf es zu diesem Punkt keiner zusätzlichen Beschlussfassung und keines Vierten Hessischen Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetzes zur Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes. Das ist bereits Beschlusslage dieses Hauses und bindet die Regionalversammlungen aller drei Planungsregionen. Dort wird ordnungsgemäß mit diesen Dinge umgegangen.

Ich glaube, diese wenigen Bemerkungen zu dem vorgelegten Gesetzentwurf machen deutlich, dass ein sehr hoher und intensiver Diskussionsbedarf in beiden Ausschüssen besteht. Ich freue mich auf die Diskussion und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Kollegen Rock von der Fraktion der FDP.

Die Uhr läuft ja schon. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Uhr fängt relativ früh an zu zählen. Ich glaube aber, die Redezeit nicht voll brauchen zu müssen, weil wir die grundsätzlichen Debatten zu den drei vorhergehenden Gesetzentwürfen schon mehr als ausführlich geführt haben.

Nun wurde der Entwurf eines Vierten Hessischen Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetzes vorgelegt, das sich speziell mit dem Hessischen Landesplanungsgesetz befasst.Worum geht es? Es geht um Vorrangflächen,Speicherorte, Großkraftwerke, Erdkabel, die Verkehrsinfrastruktur, die Zersiedlung, die Ausweisung von Siedlungsflächen, das Netto-Null-Prinzip und den Anschluss an das Breitbandkabel.

Vom Grundsatz her sind das alles keine neuen Ideen. Die Frage ist: Wie geht man das an? – Sie haben den Weg gewählt, im Landesplanungsgesetz entsprechende Vorgaben machen zu wollen.

Vom Grundsatz her glaube ich, dass es erhebliche juristische Probleme geben würde, wenn man das so machen würde. Der gesamte Ansatz ist dirigistisch. Da soll von oben reguliert werden. Sie möchte den Regionalversammlungen und damit den kommunalen Gebietskörperschaften mehr oder minder direkte Vorgaben machen,wie sie sich vor allem hinsichtlich der Vorrangflächen bzw. bei der Umsetzung des Vorhabens, 4.500 MW Strom durch Windenergie zu erzeugen, zu verhalten haben.

Wir alle wissen,dass,wenn wir die regenerativen Energien in Hessen wirklich voranbringen wollen, die Windkraft unverzichtbarer Bestandteil ist. Wenn man die statistischen Zahlen mit vielen anderen Bundesländern vergleicht, stellt man fest, dass die Solarenergie fast nichts dazu beitragen kann, um die regenerativen Energien voranzubringen, sondern fast das gesamte Rückgrat Bioenergie – wobei hier die Müllheizkraftwerke eine große Rolle spielen – und Windkraft sind. Darum haben Sie an der Stelle einen entsprechenden Schwerpunkt gesetzt.

Nur frage ich mich manchmal bei Ihren theoretischen Berechnungen, ob Sie ein bisschen die hessische Realität aus den Augen verloren haben. Ich bin Mitglied einer regionalen Planungsversammlung. Ich bin Kommunalpolitiker. Ich nehme an, auch bei den GRÜNEN wird der eine oder andere dabei sein, der die Situation in Hessen kennt. Wenn Sie solche Vorgaben machen und das für Ihre Konzepte zugrunde legen, müssen Sie doch wenigstens im Hinterkopf über die Realisierung dieser Vorhaben nachdenken.

Ich möchte ein paar Zahlen nennen. Von 1995 bis 2007 sind wir in Hessen von 100 auf 560 Windräder gekommen. Das ist eine riesige Zahl, wenn man in andere Bundesländer schaut. Das bedeutet, dass jede Windkraftanlage im Durchschnitt 850 MW Leistung hat.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Viel zu wenig!)

Das ist viel zu wenig, um überhaupt annähernd an die Ziele, die sich auch diese Landesregierung gesetzt hat, zu

kommen. Aber es ist viel, viel zu wenig, um überhaupt in Sichtweite Ihrer Zahl zu kommen.

(Widerspruch der Abg. Ursula Hammann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das letzte Jahr war für die Windkraft nicht schlecht. Es wurden 120 neue Anlagen in Hessen errichtet.Wenn man sich anschaut, wie viele dieses Jahr bereits errichtet worden sind, kann man allerdings nicht glauben, dass diese Zahl erneut zu erreichen ist.Wenn man sich das überlegt, im Jahr 120 Windkraftanlagen in Hessen,und glaubt,diese Entwicklung würde weitergehen, obwohl mancher Volkswirt sagen wird,es gibt einen abnehmenden Grenznutzen, es wird mit neuen Anlagen immer schwieriger, die Anlagen optimal zu platzieren, wir aber trotzdem annehmen, es würde mit 120 Windkrafträdern im Jahr weitergehen, und wenn man jetzt Ihre 4.500 MW zugrunde legt, heißt das, wir müssten in Hessen 5.175 Windkraftanlagen errichten, um an diese Zahl heranzukommen.

Wenn ich mir überlege, dass das 120 Anlagen pro Jahr sind, würden wir rund 45 Jahre brauchen, um das erreichen zu können – immer unter der Prämisse, dass tatsächlich jedes Jahr 120 Anlagen errichtet werden können. Das ist ein Zeitraum, wo mit Ihren Überlegungen – Sie haben in Ihrer Presseerklärung gesagt, 2020 soll das erreicht sein – die Realität und Ihr Wunschdenken relativ weit auseinanderlaufen. Sie wissen, dass diese Landesregierung und wir Liberale sehr wohl den Klimaschutz voranbringen wollen. Aber man muss doch wenigstens versuchen, die Realität in irgendeiner Form abzubilden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie erzählen draußen den Leuten immer wieder,Sie könnten dieses und jenes Kraftwerk abschalten, das wäre alles eigentlich sofort zu regeln.