Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 65: Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung für Hessen, Drucks. 18/2801.Wer dem Dringlichen Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Zustimmung von CDU und FDP gegen die Stimmen

von SPD, GRÜNEN und LINKEN ist der Dringliche Antrag angenommen worden.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 4:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Aufhebung des Hessischen Gesetzes zur Anpassung des Landesrechts an das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) und das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) und zur Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa – Drucks. 18/2675 –

Es ist vorgesehen, dass der Gesetzentwurf nur eingebracht wird. Es soll keine Aussprache stattfinden. Das Wort hat der Herr Justizminister. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Hessische Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch und das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 7.September 1974 ist mit Ausnahme einer Zuständigkeitsbestimmung entbehrlich geworden. Es soll durch den vorliegenden Gesetzentwurf aufgehoben werden. Die noch erforderliche Zuständigkeitsvorschrift soll in die bereits geschaffene zentrale Verordnung über die Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten integriert werden.

(Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vor- sitz.)

Ich bringe den Gesetzentwurf für die Landesregierung hiermit ein. Soweit nötig, kann die weitere Debatte im Rechts- und Integrationsausschuss erfolgen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister, für die Einbringung.

Es ist vorgesehen, den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Rechts- und Integrationsausschuss zu überweisen. – Wir verfahren so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Novellierung des Berufsrechts der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Vermessungsingenieure – Drucks. 18/2713 –

Zur Einbringung hat Herr Minister Posch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf verfolgt drei Aspekte.

Erstens werden mit der Novelle der hoheitliche und der privatrechtliche Wirkungskreis des sogenannten ÖbVI entflochten und die berufsrechtlichen Regelungen auf das Beleihungsrechtsverhältnis konzentriert. Damit wird auch gegenüber dem EU-Recht Rechtsklarheit geschaffen.

Zweitens. Die Möglichkeiten der ÖbVI zur beruflichen Außendarstellung, zur Aufnahme weiterer beruflicher Tätigkeiten und zur Zusammenarbeit werden liberalisiert und flexibilisiert. Dadurch wird die wirtschaftliche Basis der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure gestärkt und das unternehmerische Risiko verringert.

Drittens. Es werden sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft, entbehrliche Vorschriften und Genehmigungsvorbehalte deregulierend abzubauen.

Das sind die Essentials des Gesetzentwurfs. Ich gehe davon aus, dass Nachfragen im Ausschuss ausreichend beantwortet und diskutiert werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ganz herzlichen Dank, Herr Minister, für die Einbringung des Gesetzentwurfs. – Auch hierzu ist keine Aussprache vorgesehen.

Wir freuen uns,dass der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr die Vorbereitung der zweiten Lesung übernimmt. Herr Minister, Sie haben gerade zugesagt, Nachfragen im Ausschuss zu beantworten. Wir freuen uns auf die zweite Lesung hier im Plenum.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid – Drucks. 18/2727 –

Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 18/2797.

Dieser Tagesordnungspunkt wird gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 16 aufgerufen:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Art. 124 der Verfassung des Landes Hessen (Absenken des Quorums für den Volksentscheid) – Drucks. 18/2764 –

Hierzu ist eine Aussprache vorgesehen. Die Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten je Fraktion. Erste Wortmeldung, Herr Kollege Greilich.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Mehr an Bürgerbeteiligung und damit ein Mehr an direkter Demokratie – das ist der Gegenstand des Gesetzentwurfs, den ich heute für die Fraktionen der CDU und der FDP einbringe.

Zuletzt hat die Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungen große Aufmerksamkeit erlangt, als die in Hamburg von nahezu der vollständigen Volksvertretung, von CDU,SPD und GRÜNEN,gegen den Willen der Bürger beschlossene Schulreform per Volksentscheid abgelehnt wurde. Das machte deutlich, dass es eine Korrekturmöglichkeit in der Sache geben muss, dass also direkte Demokratie zur Ergänzung unseres repräsentativen demokratischen Systems unerlässlich ist. Deshalb wird das Dauerbrennerthema Volksbegehren und Volksentscheid immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt.

Während es auf Bundesebene, wie ich meine, sehr gute Gründe gibt, gesetzgeberische Entscheidungen allein in

den Händen des Parlaments zu lassen, besteht auf Länderebene, ebenso wie auf der kommunalen Ebene, weitgehend Einigkeit darüber, dass es wichtig und richtig ist, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, sich aktiv an politischen Entscheidungen zu beteiligen, solche Prozesse aktiv mitzugestalten. Hier und heute geht es vor allen Dingen um die Ausgestaltung dieser Teilhaberechte.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dazu legen wir, die Fraktionen der CDU und der FDP, heute einen Gesetzentwurf vor, mit dem wir die Teilhaberechte der Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande deutlich verbessern.

Das Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid wurde erstmals am 16. Mai 1950 im Hessischen Landtag beschlossen. Seitdem sieht das Gesetz unverändert ein Unterschriftenquorum für die Zulassung eines Volksbegehrens von mindestens 3 % der bei der letzten Landtagswahl Berechtigten vor. Seit diesem Zeitpunkt ist außerdem die Eintragungsfrist für die Unterstützung des Volksbegehrens auf 14 Tage festgelegt.

Zum ersten Mal haben Bürger von dieser Möglichkeit der Beteiligung am gesetzgeberischen Verfahren 1966 Gebrauch gemacht. Das war ganze 16 Jahre später. Damals ging es um die Einführung der Briefwahl. Dieses Volksbegehren wurde zwar zugelassen; das Ganze scheiterte aber an der Zahl der erforderlichen Unterstützerunterschriften, sodass es nicht zum Volksentscheid kam.

Dann hat es wiederum 15 Jahre gedauert, bis sich – 1981 – Bürger erneut aktiv an der Politik beteiligen wollten, als es um das Thema Startbahn West ging. Noch einmal 16 Jahre später, 1997, ging es um das ebenfalls gescheiterte Volksbegehren zur Wiedereinführung des Buß- und Bettags.

Meine Damen und Herren, wir von den Koalitionsfraktionen sind davon überzeugt, dass die Bürger des Landes Hessen sehr wohl an politischen Entscheidungen teilhaben wollen. Deswegen ist es jetzt, im Jahr 2010 – also 60 Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes –, höchste Zeit, diese hohen Hürden zu senken.

(Beifall bei der FDP)

Das setzen wir mit unserem Gesetzentwurf um. Anstatt 131.259 Unterschriften, gemessen am Stand der letzten Landtagswahl im Januar 2009, werden zukünftig deutlich weniger, nämlich 87.506 Unterschriften notwendig sein. Diese können zukünftig ein Jahr lang gesammelt werden.

(Beifall bei der FDP)

Sind diese Unterstützerunterschriften beisammen, wird der Antrag beim Landeswahlleiter eingereicht. Ist er für zulässig erklärt worden, haben die Bürger nunmehr zwei Monate anstatt wie bisher zwei Wochen Zeit, um das Volksbegehren mit ihrer Unterschrift zu unterstützen.Wir erweitern also auch diese Frist ganz deutlich und räumen den Initiatoren der Volksbegehren damit erheblich mehr Zeit ein, um die Bürger für ihre Initiativen zu gewinnen.

Der jetzt verteilte Änderungsantrag der GRÜNEN, der dann wohl eingebracht wird, setzt auf unsere Initiative auf, nach dem Motto „Darf es etwas mehr sein?“ Vielleicht sollte ich aber, wenn es um die Quoren geht, besser „Darf es etwas weniger sein?“ sagen.

Wir werden im Ausschuss darüber beraten und dabei auch gründlich darüber debattieren, wo in unserer repräsentativen Demokratie die Grenzen für Plebiszite richtigerweise gezogen werden müssen; denn dass dort ein Spannungsfeld besteht, ist sicherlich unstreitig.

Neben der Erleichterung der Zulassungsvoraussetzungen führen wir eine weitere Neuerung ein. Mit diesem Gesetzentwurf wird es in Hessen erstmals die sogenannte Volksinitiative geben. Schon beim Erreichen des Unterschriftsquorums von 2 %, also bei gut 87.000 Unterschriften, wird sich künftig der Landtag mit dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens befassen müssen. Somit hat bereits eine vergleichsweise kleine Gruppierung unseres Landes die Möglichkeit, einen eigenen Gesetzentwurf in Form eines Antrags quasi direkt in die Beratungen des Hessischen Landtags einzubringen. Somit besteht die Chance, dass der Inhalt der Volksinitiative durch Beratung und Beschlussfassung im Parlament unmittelbar zum Gesetz wird.

Nur dann, wenn dieser Volksinitiative der direkte Erfolg verwehrt bleibt, folgen Volksbegehren und Volksentscheid. Zunächst haben wir aber das Recht der Bürger, einen Antrag in den Hessischen Landtag einzubringen. Das ist eine wesentliche Neuerung.

(Beifall bei der FDP)

Ich will Ihnen aber auch schon an dieser Stelle sehr deutlich sagen, was wir nicht verändern wollen. Wir wollen nicht das in der Hessischen Verfassung vorgeschriebene Quorum verändern, das für den Erfolg eines Volksbegehrens erforderlich ist: Dazu werden 20 % an Unterstützerunterschriften benötigt.Das halten wir nicht für eine reine Glaubensfrage, sondern wir finden es richtig und sachgerecht, dass eine Entscheidung, die – trotz der Ablehnung durch das demokratisch gewählte Parlament; das muss schließlich vorher darüber entscheiden – über einen Volksentscheid Gesetzeskraft und damit Gültigkeit für die gesamte hessische Bevölkerung erlangen soll, von mindestens einem Fünftel der Stimmberechtigten getragen wird.

Auch darin unterscheiden wir uns von dem Vorschlag der GRÜNEN, die hier eine Verfassungsänderung herbeiführen wollen. Darüber könnte man allenfalls dann reden – das vermisse ich in dem Antrag der GRÜNEN –,wenn wir in dem gleichen Zusammenhang auch festlegen würden, dass ein Volksentscheid nur dann Erfolg haben kann, wenn nicht nur eine einfache Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer zustimmt, sondern mindestens eine sehr qualifizierte Minderheit der Wahlberechtigten, z. B. 25 oder 30 %. Aber auch darüber, Herr Kollege Jürgens, können wir im Ausschuss noch genauer diskutieren.

Ich komme zum Schluss. Wir bringen konkrete Änderungen ins Parlament ein und machen unseren hessischen Bürgerinnen und Bürgern die Tür weit auf. Nicht nur wie am Tag der offenen Tür am vergangenen Wochenende, nein,auch wenn es um die konkrete gesetzgeberische Teilhabe geht, laden wir unsere Bevölkerung ein, mitzumachen, Anstöße zu geben und die Politik in unserem Land mitzugestalten.

Wir laden Sie,meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ein, mitzumachen und diesen Vorstoß im weiteren parlamentarischen Verfahren mit zu unterstützen.Auf diese Unterstützung freue ich mich. – Vielen Dank.