Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich gestehe zu, dass die endgültige Entscheidung am 26. November 2010 fallen wird. Sie sollten sich einfach einmal die Beschlussprotokolle des Bundesrates anschauen.

(Norbert Schmitt (SPD): Der war gut!)

Herr Schmitt, schauen Sie es sich doch einfach an. Es ist Drucks. 633/10 vom 05.11.10. Schauen Sie sich das an, dann wissen Sie Bescheid.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist allerdings wichtig. Ich meine, das muss auch nachvollzogen und nachverfolgt werden. Da geht es um die Beteiligung der Bundesländer an den Gewinnen aus der Brennelementesteuer bzw. an dem Energiefonds. Die Brennelementesteuer darf nicht zum Nachteil der Länder werden, in denen die Kernkraftanlagen stehen. Deswegen finde ich es absolut richtig, dass Frau Staatsministerin Puttrich fordert, dass die Bundesländer, in denen diese Kernkraftwerke stehen, entsprechend beteiligt werden, um eine Kompensation für die wegfallenden lokalen Steuern im Zusammenhang mit der Brennelementesteuer zu erhalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines wird wieder einmal deutlich. Die Opposition agiert kopflos. Sie agiert gegenüber Staat und Gesellschaft verantwortungslos. Sie agiert mehr mit ideologisch aufgeladener Stimmungsmache, mit dem Schüren von Angst und mit Aufmischen. Im Endeffekt führt das zu der Konsequenz, die wir in Gorleben erlebt haben, nämlich gewaltbeladenen Aktionen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))

An die Adresse der Opposition sage ich ganz deutlich: Sie wissen ganz genau, dass eine Umsetzung der Energiepolitik nur mit einer seriösen, sachlichen und ideologiefreien Debatte gelingen kann. Deswegen schadet die Angstmacherei. Deswegen schadet das Aufwiegeln der Massen.

Ich vermisse in Ihren Anträgen die Sachlichkeit. Deswegen werden wir – das wird Sie nicht überraschen – den Anträgen nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war eine Punktlandung des Herrn Kollegen Stephan. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Sürmann das Wort. Herr Sürmann, bitte schön.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Weil die Emotionen schon wieder so hochkochen und weil gesagt wird, wie schrecklich die Nutzung der Atomkraft in der ganzen Welt ist und dass rundherum Proteste liefen, will ich zunächst einmal Folgendes sagen. Wir haben das schon heute Vormittag diskutiert. Ich kann Ihnen mitteilen, dass am 15. November 2010, das ist gerade einmal drei Tage her, das ENSI – ich sehe schon, dass Sie

nicht wissen, was das ist; das ist das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat – die Rahmengenehmigung für den Neubau von drei Atomkraftwerken in der Schweiz erteilt hat. Das betrifft die Kantone Aargau, Bern und Solothurn.

(Beifall bei der FDP – Timon Gremmels (SPD): Ja, und?)

Das wollte ich Ihnen und der Öffentlichkeit zur Kenntnis geben. In dem kleinen Land, in dem die Bevölkerung mittels Volksabstimmung immer so renitent sein soll, wird offensichtlich in völlig klarer und rationaler Weise überlegt, wie man CO2 einspart und die Umwelt schützt. Ich denke, da darf man durchaus einmal in die Schweiz, das Musterland, schauen. Das ist in Ordnung.

(Beifall bei der FDP)

In den Anträgen geht es zum einen um die Frage, ob die Brennelemente ausgewechselt werden, um Steuern zu sparen. Zweitens geht es darum, dass Herr Bouffier gesagt hat, dass er das nicht sympathisch findet. Darauf werde ich gleich eingehen.

Schließlich geht es auch darum, ob der Bundesrat hinzugezogen werden soll oder nicht. Dabei ist die Frage des Muss zu beleuchten.

Zunächst einmal möchte ich auf die Geschichte des Brennelementewechsels zu sprechen kommen. Man muss hier einfach einmal sagen, wie das insgesamt läuft.

Block A wurde zwischen dem 18. September 2010 und dem 20. Oktober 2010 heruntergefahren. Dann wurde der Tausch eines Eigenbedarfstransformators durchgeführt. Dort wurden Dichtungen am Hauptkühlmittelsystem ausgetauscht, und es fand ein Brennelementewechsel von 44 Stück statt. Das hat die Öffentlichkeit überhaupt nicht aufgeregt. Das war auch regelmäßig so vorgesehen. Es haben noch 125 Prüfungen stattgefunden. Die Inspektionsund Stillstandskosten betrugen 3 Millionen €.

Jetzt kommt es. Am 11.11.2010 wurde der Reaktor Block B für drei Wochen heruntergefahren, um eine Hochdruckturbine, die übrigens ein Gewicht von 65 t hat,

(Zurufe von der SPD)

zu reparieren, weil eine Wellendichtung kaputt war. Wenn man eine solche Turbine ohne diese Wellendichtung weiterlaufen lässt, kann es zu einem Schaden kommen. Ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn an dieser Turbine ein meldepflichtiger Schaden entstanden wäre und die nicht vorher die Turbine repariert hätten. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen.

Dann hat man einen recht einfachen Zugang zum Primärkreislauf. Ich kann es mit dieser Argumentation durchaus verstehen, dass man dann gesagt hat: In diesem Zuge tauschen wir die 92 Brennelemente gleich mit aus.

(Timon Gremmels (SPD): Was für ein Zufall! – Norbert Schmitt (SPD): Die FDP, die Partei, die Steuer sparen will!)

Das kann ich verstehen. Wenn das aber nicht der einzige Grund gewesen sein sollte, dann ist es in der Tat – wie es der Ministerpräsident gesagt hat – bedenklich und nicht vertrauenerweckend. Unterstellt, dass diese technische Notwendigkeit besteht, kann man das nachvollziehen. Diese Aktion hat RWE mal eben 3,5 Millionen € gekostet.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Jetzt kommen wir zum Block B. Im Februar 2011 wird dieser wieder heruntergefahren – nicht, dass es gleich wieder heißt: warum fahren die den schon wieder herunter? –, und zwar für drei Monate, weil 66 sicherheitstechnische Maßnahmen aus atomrechtlichen Verfahren verwirklicht werden. Das sind Bereiche wie Ertüchtigung des Brandschutzes, Ertüchtigung der Rohrhalterung, die Elektrotechnik wird teilweise ertüchtigt, es werden Stahlbühnen ertüchtigt – einfach alles aufgrund von Verfahren, um die Sicherheit zu erhöhen. Das sind Kosten von 110 Millio nen €.

Der Block A wird ab Juni 2011 heruntergefahren. Damit sich keiner wundert, dass das so ist: Er wird sieben bis acht Monate heruntergefahren sein. Hier werden umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt – sowohl die sogenannten Weimar-Auflagen als auch die vom BMU aus dem Maßnahmekatalog. Die Kosten werden sich hierfür auf 180 Millionen € belaufen.

(Zurufe von der SPD)

Hören Sie doch zu. Dann wissen Sie Bescheid, was passieren wird.

(Beifall bei der FDP)

Danach – das ist das Entscheidende – werden 95 % der Weimar-Auflagen, die Sie immer angemahnt haben, umgesetzt sein, die bisher nicht umgesetzt werden konnten, weil Rot-Grün vom Bund aus verhindert hat, dass Hessen dafür sorgen durfte,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

dass diese Auflagen umgesetzt werden. Jetzt dürfen wir es endlich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Ministerin und ihre Vorgängerin haben kräftig daran gearbeitet und werden sicherlich noch kräftiger daran arbeiten, dass es umgesetzt wird. Dann sieht man im Lichte dieser Fakten, die einfach da sind, was Ihr Antrag bewirken soll. Herr Schmitt, dass Sie die Menschen bei RWE, die sogenannten „Stromer“, als Menschen dritter Klasse bezeichnen, die über Leichen gehen, das bin ich ja schon gewöhnt.

(Timon Gremmels (SPD): Das hat er überhaupt nicht getan!)

Ich sage Ihnen immer wieder und sage das auch den Bib lisern, mit welcher Diktion Sie über Menschen reden. Ich tue das nicht. Ich tue das auch nicht über Sie. Ich meine bloß, Sie sollten sich in der Wortwahl, wenn Sie über Menschen reden, zügeln – egal, aus welcher Richtung das ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diese Diffamierungen sind nicht schön und werden den Menschen, die in Biblis arbeiten und leben, nicht gerecht.

(Norbert Schmitt (SPD): Ich habe über den Konzern, über die juristische Person gesprochen!)

Das Letzte, was man aus diesem Antrag sachlich herausziehen kann, ist die Frage, ob der Bundesrat zustimmungspflichtig oder nicht zustimmungspflichtig ist. Herr Schmitt, ich habe gerade gehört, Sie sind ein ausgezeichneter Jurist.

(Lachen des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Sie kennen das Grundgesetz mit der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Atomrechts. So steht es da drin. Wenn das Land finanzielle Auswirkungen daraus zu tragen hat, muss man darüber reden, ob man das zustimmungspflichtig machen müsste. Das ist aber nicht der Fall.

(Zurufe von der SPD)

Frau Puttrich wird schon darauf achten, dass uns nichts verloren geht. Da habe ich ein sehr gutes Gefühl.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)