beitet, und ich habe nach der Sommerpause meinerseits in Abstimmung mit Herrn Kollegen Rentsch Herrn Kollegen Schäfer-Gümbel angerufen und um ein Gespräch gebeten. Daraufhin hat er gesagt: Sie können gern in unsere Parteizentrale nach Frankfurt kommen. – Daher haben wir uns auf den Weg gemacht und haben versucht, mit Herrn Schäfer-Gümbel erste Überlegungen darüber anzustellen, ob sich die SPD an einer solchen Schuldenbremse beteiligen würde.
Meine Damen und Herren, ich will das sehr deutlich sagen: Zu diesem Zeitpunkt gab es bei der SPD kein Konzept und auch keine Beschlussfassung zu dem Thema.
Die SPD wusste zum damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal, ob sie eine solche Schuldenbremse überhaupt mittragen würde. Ich erinnere an die Äußerung von Herrn Kollegen Schmitt von der SPD, der eineinhalb Wochen nach diesem Gespräch mit Herrn Schäfer-Gümbel polemisch von der „Hessenbremse“ sprach. Das sah nicht nach Verhandlungsbereitschaft der SPD aus.
Wir haben dann auch Kontakt zu Herrn Kollegen Al-Wazir aufgenommen und hierüber auch mit ihm gesprochen. Am 30. August haben wir unseren Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht.
Einen Monat später hat dann auch die SPD einen Änderungsentwurf erarbeitet gehabt, mit Vorschlägen, die wir aus sachlichen Gründen ausdrücklich nicht mittragen konnten. Sie haben eine ganze Reihe von sogenannten „Staatszielen“ entwickelt: Bildung, Soziales, Umwelt, innere Sicherheit und, und, und.
Meine Damen und Herren, wir sind immer gezwungen, Politik nach Kassenlage zu machen, und wir müssen in unseren Köpfen endlich unser Denken verändern und sagen, dass wir nur so viel ausgeben, wie wir auch einnehmen können. Sonst wird es mit der Schuldenbremse nie etwas.
Dann hat Herr Ministerpräsident Bouffier – wie ich bereits erwähnt habe – die vier Fraktionsvorsitzenden eingeladen, und nach sehr gründlichen und von allen vier Fraktionen verantwortlich und ernsthaft geführten Verhandlungen ist es zu der bereits genannten Einigung gekommen.
Ich frage mich nur: Wie kann Herr Schäfer-Gümbel dann wiederum in der „FAZ“ behaupten, er habe sich im Wesentlichen durchgesetzt? – Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe – bei aller Notwendigkeit, dass wir zu diesem wichtigen Thema ein bisschen Gemeinsamkeit und Einigkeit demonstrieren – das Gefühl: Sie gönnen unserem Ministerpräsidenten offenbar den Erfolg nicht in der Sache.
Ich bitte deshalb auch wirklich sehr ernsthaft darum, dass wir die hier gefundene Einigkeit, die durchaus auch vor
Herr Schäfer-Gümbel, Sie geben hier ein Zerrbild von Ihrem angeblichen Verhandlungserfolg ab. Wir haben in Sachen Berücksichtigung der kommunalen Finanzen frühzeitig gesagt, das kann ich Ihnen durch meine Einbringungsrede im Hessischen Landtag nachweisen, dass wir hier noch eine zusätzliche Klausel aufnehmen müssen. Das war unsere eigene freie Entscheidung, und die haben wir nicht etwa auf Ihren Druck hin getroffen, wie Sie das jetzt versuchen der Öffentlichkeit weiszumachen.
Ich habe bereits damals Folgendes wörtlich gesagt: Wir wollen noch einen Passus aufnehmen, der lautet: „Die Verantwortung des Landes nach Art. 137... für die Haushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände... bleibt... unberührt“. Das habe ich am 9. September ausweislich des Landtagsprotokolls an diesem Podium gesagt. Das kann man nicht einfach wegreden.
Dann gab es einen wichtigen Punkt, wo wir gerungen haben. Der SPD und auch den GRÜNEN war es wichtig, dass die Vokabel „Einnahmenverantwortung“ aufgenommen wird,
eine „Einnahmenverantwortung“ des Landtags und auch der Regierung. Wir verstehen, und haben Ihre Situation und Motivationslage auch damals verstanden, dass Sie auch unter Berücksichtigung von Strömungen Ihrer Partei und innerhalb des DGB versucht haben, deutlich zu machen, dass es Ihnen nicht allein um das Sparen gehe, sondern dass Sie auch die Einnahmen vergrößern wollen.
Dann haben wir, FDP und CDU, gesagt, wenn dies ein Weg für Sie sein kann, wenn dies eine Brücke für Sie sein kann, um zum Schluss diesem gemeinsamen großartigen Anliegen gerecht zu werden, dann wollen wir einer solchen Formel zustimmen, die etwa hieß: ungeachtet der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung der Landesregierung und des Landtags.
Wir haben Ihnen in den Verhandlungen gesagt, dass damit etwas Selbstverständliches in die Verfassung aufgenommen wird. Wir haben gleichzeitig gesagt, es ist aus unserer Sicht deklaratorisch. Wenn es Ihnen aber innerparteilich nützt, wenn es nützt im Hinblick auf Ihre Gesprächspartner, dann wollen wir Ihnen ausdrücklich entgegenkommen.
Was ich aber nicht zulasse, ist, dass jetzt die SPD versucht, den Eindruck zu erwecken, als ob die CDU-Fraktion – der FDP-Fraktionsvorsitzendenkollege wird dazu gleich seine eigene Position darstellen – eine Hand gereicht habe zur Verpflichtung des Staates oder auch des Landtags, Einnahmen zu erhöhen. Unsere Prioritäten sind klar: Wir wollen erst einmal unsere eigenen Hausaufgaben machen,
wir wollen erst einmal im eigenen Haushalt sparen und nicht den intellektuell leichteren Weg gehen, den Bürgern erst einmal per Steuererhöhung in die Tasche zu greifen.
Frau Präsidentin, ich komme gerne zum Schluss. – Ich will in dem Zusammenhang am Ende dieses Beitrags nur darauf hingewiesen haben, dass das, was ich hier im Hinblick auf die Verlautbarungspolitik der SPD vorgetragen habe, voll und ganz zu dem Vorschlag des SPD-Fraktionsvorsitzenden passt, künftig 60 % Spitzensteuersatz einzuführen.
Andrea Nahles, Generalsekretärin der SPD: „Mondzahl“, „Genöle“. Steinmeier: „Es wäre gut, wenn alle in der SPD, die öffentliche Beiträge zur Diskussion liefern, sich mehr um das Profil der SPD und weniger um das eigene Profil kümmern würden.“ Dazu sagt der „Focus“, verehrter Herr Schäfer-Gümbel: Note 6.
Meine Damen und Herren, ich sage zum Schluss: Lassen Sie uns den eingeschlagenen Weg der Gemeinsamkeit bei diesem wichtigen, sensiblen und verantwortungsvollen Thema fortsetzen. Jeder soll hinterher mit der gefundenen Lösung politisch das machen, was er für richtig hält, was er durchsetzen kann. Aber bitte nicht wechselseitig zum Schluss dem anderen den Erfolg streitig machen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Wagner. – Das Wort hat Herr Kollege Schäfer-Gümbel, Fraktionsvorsitzender der SPDFraktion.
(Janine Wissler (DIE LINKE), zur SPD gewandt: Viel Spaß mit diesen Partnern! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die haben es selbst gewollt!)
Es gab einen Satz vom Kollegen Wagner, den ich ausdrücklich auch seitens meiner Fraktion unterstreichen möchte: Was heute im Hessischen Landtag vorliegt und was anschließend einer Volksabstimmung zugeführt werden soll, ist ein Paradigmenwechsel. Es ist ein Paradigmenwechsel, der gelungen ist im Bewusstsein und in der Verantwortung vor einer sehr schwierigen Ausgangslage, die mit sehr unterschiedlichen politischen Ausgangslagen
zu tun hat, und auch einer sehr schwierigen faktischen Ausgangslage. Auf die will ich zu Beginn der Debatte hinweisen, damit sich keiner etwas vormacht, wie groß unsere Probleme sind.
Herr Wagner, ich will das mit möglichst wenig Polemik tun. Wenn das jetzt eine Haushaltsrede wäre, könnte einem schon der Spruch über die Lippen kommen nach dem Motto: Dass jetzt ausgerechnet die Schuldenkönige dieses Bundeslandes anfangen, Sparkommissare zu werden, ist eine ziemlich mutige These, die Sie hier in den letzten Wochen verbreitet haben.
Ich will nur auf zwei faktische Punkte hinweisen, Herr Wagner, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ers tens. Das Land Hessen zahlt derzeit etwa 1,5 Milliarden € Zinsen für seinen Schuldendienst. Da ist kein Euro Tilgung dabei. Es sind 1,5 Milliarden € in einer Niedrigzinsphase bei einem Gesamtvolumen des Haushalts von etwa 22 oder 23 Milliarden €.
Dabei sind wir uns bewusst, dass die Gesamtverschuldung dieses Landes am Ende dieses Jahrzehnts weiter dramatisch ansteigen wird und wir insofern ein Riesenproblem haben, alleine den Schuldendienst zu bedienen. Dieser Schuldendienst hat Schuldner. Das sind nicht die HartzIV-Haushalte. Das sind nicht die Rentnerinnen und Rentner. Das sind nicht die abhängig Beschäftigten. Vielmehr sind es große, sehr große Vermögen, es sind institutionelle Schuldner, es sind Banken. Deswegen sind Schulden zunächst einmal eine Umverteilungspolitik in die falsche Richtung, lieber Willi van Ooyen. Deswegen wollen wir Schulden begrenzen, damit die Mittel in einen handlungsfähigen Staat fließen können. Das war die erste Bemerkung.