Protokoll der Sitzung vom 06.10.2011

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Zunächst möchte ich auf der Tribüne unseren ehemaligen Kollegen Herrn Staatssekretär a. D. Karl-Winfried Seif begrüßen. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Der war doch sonst nicht so schüchtern!)

Da, wo er sitzt, seht ihr den nicht. Er sitzt ganz hinten. Er kann nicht über die Brüstung schauen. Das geht nicht.

Herr Kollege Schaus, Sie haben das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben bereits am Dienstag sehr ausführlich in zweiter Lesung über die Frage der Beamtenbesoldung gesprochen. Deswegen möchte ich die Gelegenheit nur noch einmal nutzen, das kurz Revue passieren zu lassen, was in der Zwischenzeit in der parlamentarischen Debatte passiert ist.

Wir hatten nach der ersten Lesung eine sehr ausführliche Anhörung. In dieser Anhörung stand neben dem Gesetzentwurf von CDU und FDP auch ein Änderungsantrag unserer Fraktion, der die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses – als spezifisch hessisches Tarifergebnis – für die Beschäftigten des Landes Hessen auf die Beamtinnen und Beamten vorgesehen hat. Dieser Änderungsantrag von uns hat breiteste Zustimmung bei den Anzuhörenden gefunden.

Bevor die Anhörung war, übergab die Gewerkschaft der Polizei 10.000 Protestpostkarten von hessischen Polizeibeamtinnen und -beamten. Ich finde das eine bemerkenswerte Zahl. Wenn man bedenkt, dass es etwa 13.500 aktive Polizistinnen und Polizisten in Hessen gibt, dann sind das 70 %, die die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses gefordert haben. Diese Postkarten wurden an Sie übergeben, Herr Minister Rhein.

Ich darf in diesem Zusammenhang aus der jüngsten Ausgabe der Zeitung der Gewerkschaft der Polizei vom Oktober zitieren. Da wird nämlich, was das Vertrauen der Landesregierung in dieser Frage angeht, Folgendes geschrieben:

Zusammengefasst stellen die Meinungen der Kolleginnen und Kollegen der Politik (Landesregierung) und dem Innenminister kein gutes Zeugnis aus. Von Versprechungen und vollmundigem Ankündigen haben die Polizeibeschäftigten genug – schlimmer noch: die Polizeibeschäftigten haben von der Landesregierung nichts zu erwarten!

Genau so scheint es tatsächlich zu sein, denn in der Zwischenzeit haben wir nach langer Zeit den Vorschlag der Koalitionsfraktionen gehabt, den in einer Pressekonferenz am 13. September die beiden Fraktionsvorsitzenden Wagner und Rentsch mit viel Wind für ein kleines Kinderwindrädchen von 360 € gemacht haben: auch ein Teil des Tarifergebnisses, das jetzt – immerhin ist das eine Verbesserung – denjenigen Beamtinnen und Beamten im unteren und mittleren Bereich bis zur Besoldungsgruppe A 11 gewährt werden soll und damit natürlich, Herr Frömmrich, die 55.000 hessischen Lehrerinnen und Lehrer ausschließt. Die sind von dieser Einmalzahlung nicht betroffen. Was das bedeutet, kann man selbst entscheiden.

Herr Bauer, Sie haben heute die Zahl genannt. Diese Besoldungserhöhung macht 150 Millionen € aus. Dies ist für den Zeitraum bis Ende 2012 berechnet. Nach unseren und den gewerkschaftlichen Berechnungen macht die Verschiebung des Tarifergebnisses im Verhältnis zu den Beamtinnen und Beamten eine Reduzierung von 174 Millionen € aus. Diese Zahl hat der Herr Minister das letzte Mal selbst genannt. Das heißt, die Beamtinnen und Beamten bekommen die Hälfte, oder, andersherum gesagt, ihnen wird die Hälfte zur Haushaltskonsolidierung genommen.

Meine Damen und Herren, aber viel entscheidender finde ich – das hatten wir in dieser Woche auch schon in der Diskussion –, dass in dieser Pressekonferenz von CDU und FDP Herr Wagner darauf hingewiesen hat, dass in Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Hessischen Beamtenbundes, Herrn Spieß, diese Änderungen besprochen worden sind.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wir haben schon darüber diskutiert, dass der Weg verkürzt wurde: keine Regierungsvorlage und damit keine Anhörung nach § 110 Hessisches Beamtengesetz. Aber dass Sie als Regierungsfraktionen hergehen und einseitig eine Interessenvertretung, noch dazu die kleine Interessenvertretung der hessischen Beamtinnen und Beamten, zu einem Gespräch einladen, die größeren DGB-Gewerkschaften ver.di, GdP, GEW und IG BAU aber nicht – ich habe mich extra versichert, ob etwas stattgefunden hat; bis dato gab es keine Einladung der Fraktionen –, das finde ich schon bemerkenswert. Das steht für Ihre einseitige Haltung. Diejenigen, die das verabredet haben, müssen das gegenüber den Beamtinnen und Beamten verantworten.

Lassen Sie mich zum Schluss klar sagen: Unsere Position ist wie die der DGB-Gewerkschaften, dass wir sagen, wir lehnen jeden Vorschlag der finanziellen Verschlechterung von Beamtinnen und Beamten im Besoldungs- und Versorgungsrecht ab. Unsere Position ist klar. Es muss eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung geben.

Herr Minister, als letzter Satz an Sie gerichtet: Das hat jetzt alles etwas länger gedauert.

Herr Kollege.

Herr Präsident, letzter Satz, bitte. – Wir werden heute nicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Aber was Sie gewährleisten sollten, ist nach dieser längeren Zeit, dass wenigstens diese magere Besoldungserhöhung zum 1. November noch ausgezahlt werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Kollege Rudolph, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, bei diesem Innenminister dauern Gesetzesvorhaben in der Regel sehr, sehr lange, wenn sie denn kommen.

(Nancy Faeser (SPD): Wenn sie denn kommen!)

Wir merken das auch bei dem Besoldungsanpassungsgesetz. Herr Kollege Bauer, wissen Sie, was das Wesen des Föderalismus ist? Dass jedes Bundesland für sich so entscheidet, wie es das für richtig hält. Wir sollten uns nicht anmaßen, zu sagen: In Rheinland-Pfalz machen sie dies oder jenes falsch oder richtig, in Baden-Württemberg machen sie es so.

(Helmut Peuser (CDU): Sie machen das doch auch so!)

Wir entscheiden im Rahmen unserer Kompetenzen. Das ist auch gut so. Was andere Bundesländer machen, das kann nicht Maßstab unseres Handelns sein.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie machen auch keine Sachen, die Ihnen in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz nicht gefallen. – Dann haben wir diesen Punkt erledigt.

Worum geht es? – Sie wollen die hessischen Beamtinnen und Beamten zum wiederholten Male finanziell benachteiligen. Das kann man machen. Das ist zulässig. Dann sollte man es auch klar benennen. Im Gegensatz zu Ihrem Kollegen Bellino haben Sie es fairerweise immerhin gesagt: Die Beamten bekommen eben keine 1:1-Übertragung des Tarifergebnisses. Wenn Sie die Besoldung sechs Monate später anpassen, dann sind das keine 1,5 %, sondern die Hälfte. Wenn Sie es sieben Monate später machen, dann sind es noch weniger. Das kann man machen. Aber dann muss man den Mumm in den Knochen haben, auch zu benennen, dass Sie die Beamtinnen und Beamten schlechter stellen wollen.

Mein Problem ist auch nicht, ob der ansonsten sehr geschätzte Kollege Staatssekretär Weinmeister 1,5 oder 2,6 % bekommt. Das ist nicht das Hauptthema. Aber dem Justizbeamten im mittleren Dienst mit A 7 tut es weh, wenn er das Geld nicht bekommt. Das kann er nämlich gebrauchen. Deswegen ist das der falsche Ansatz, weil Sie insbesondere den mittleren Dienst benachteiligen. Deswegen ist es falsch, was Sie machen.

(Beifall bei der SPD)

Sie wurden auch nicht gezwungen, einen Tarifvertrag abzuschließen. Sie können generell sagen: „Der öffentliche Dienst braucht keine Lohn- und Besoldungserhöhun

gen.“ All das ist zulässig. Die politische Quittung dafür bekommen Sie bei den nächsten Wahlen. Das wissen Sie.

Deswegen haben Sie im Laufe der letzten Wochen und Monate ein bisschen herumgeeiert, um Ihre Ergebnisse zu verschlimmbessern. Aber im Kern bleiben wir bei der Aussage, auch unter der gesamtpolitischen Verantwortung eines Haushalts: Mitarbeiter der Landesverwaltung sind nicht nur ein Kostenfaktor, sondern sie sind wichtiger Bestandteil einer leistungsfähigen Verwaltung und müssen angemessen besoldet bzw. tarifentlohnt werden. Das ist die Position der sozialdemokratischen Fraktion. Herr Kollege Bauer, deswegen ist das, was Sie machen, falsch.

Ich bin gespannt, wie Sie in den nächsten Jahren Tarif- und Besoldungspolitik machen wollen. Sie haben noch am Dienstag von der Schuldenbremse geredet. Mit dem Totschlagargument der Schuldenbremse können Sie jegliche Initiative für die nächsten Jahre vergessen. Das kann nicht sein.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Kollege Schaus, dass die LINKEN kein besonderes Verhältnis zum öffentlichen Geld haben, das wissen wir. Das müssen Sie an der Stelle nicht ausdrücklich betonen – um das klar abzuräumen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Frau Wissler, da würde ich fast sagen: Es gibt in diesem Hause auch Fraktionen, die für die Verdoppelung der Landesschulden von 22 auf 40 Milliarden € verantwortlich sind. An der Stelle ist vielleicht die Nähe zwischen Ihnen und der CDU größer, mit Geld nicht umgehen zu können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also lassen Sie das mit den Ratschlägen. Wir sind für eine stringente Tarif- und Besoldungspolitik. Ja, mit Augenmaß, aber die Auseinanderdividierung der verschiedenen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst ist falsch. Das schadet auch dem Betriebsfrieden und dem Klima.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Deswegen sagen wir: Ja, das Beamtenrecht soll dem Tarifrecht folgen.

Da Sie unsere sinnvollen Änderungsvorschläge ablehnen, machen wir das genauso konsequent und lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Frömmrich, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte, das allgemeine Gemurmel einzustellen. Das gilt auch für die Mitarbeiter hinter den Kulissen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir folgen einem Ritual. Wir führen die dritte Lesung

dieses Gesetzentwurfs durch. Wir haben das Thema eindringlich und eingehend diskutiert. Wir haben dazu – der Kollege Schaus hat es gesagt – eine umfangreiche Anhörung durchgeführt. Von daher sage ich noch einmal das, was wir schon bei der Einbringung gesagt haben: Der Gesetzentwurf, der von CDU und FDP vorgelegt worden ist, hatte eine soziale Schieflage und hat immer noch eine soziale Schieflage. Er hat eine Unwucht. Diese Unwucht ist nicht gut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Bauer, auch die Tatsache, dass Sie noch einmal nachgebessert haben und für die unteren Besoldungsgruppen bis zur A 11 noch die Einmalzahlung in Höhe von 360 € drauflegen und den Anwärterinnen und Anwärtern 120 € geben, trägt insgesamt nicht. Das sind dann 10 Millionen € Mehrausgaben.