Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abg. Günter Schork, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die finanzielle Situation der Kommunen, die Finanzausstattung der Kommunen, sei es durch Mittel des Landes, sei es durch Mittel des Bundes, ist auch in dieser Legislaturperiode ein Dauerthema, mit dem wir uns beschäftigen werden und mit dem wir uns beschäftigen müssen.

Dies ergibt sich schon allein daraus, dass der Staatsgerichtshof uns aufgegeben hat, spätestens bis zum 01.01.2016 – das ist der Stichtag –, eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs vorzulegen. Wenn wir wissen, dass die jetzigen Regelungen bis Ende 2015 in Kraft bleiben müssen, dann nutzt es relativ wenig, sich jetzt damit zu beschäftigen, was war. Wichtig ist, unser Augenmerk darauf zu richten, wie man diese KFA-Reform staatsgerichtshoffest gemeinsam mit den Kommunen und gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden umsetzt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass in diese Umsetzung auch bundespolitische Fragestellungen hineinspielen und eine Rolle spielen, ist offensichtlich. Deswegen bin ich froh und dankbar, dass der Koalitionspartner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute diese Aktuelle Stunde zu dem Thema Eingliederungshilfen aufgerufen hat.

Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag des Bundes. Dort ist auf Seite 88 festgehalten:

Prioritäre Maßnahmen

Die Koalition aus CDU, CSU und SPD setzt folgende finanzielle Prioritäten für die laufende Legislaturperiode, die nicht unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen:

Die Gemeinden, Städte und Landkreise in Deutschland sollen weiter finanziell entlastet werden. Im Jahr 2014 erfolgt ohnehin die letzte Stufe der Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund und damit eine Entlastung der Kommunen in Höhe von 1,1 Milliarden €. Darüber hinaus sollen die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des

Bundesteilhabegesetzes im Umfang von 5 Milliarden € jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden. Bereits vor der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes beginnen wir mit einer jährlichen Entlastung der Kommunen in Höhe von 1 Milliarde € pro Jahr.

Die Länder und Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen bei der Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen. Damit sie diese Aufgabe besser bewältigen können, werden die Länder in der laufenden Legislaturperiode in Höhe von 6 Milliarden € entlastet.

Dies zeigt, dass die Bundesregierung und die sie tragende Koalition sehr wohl erkannt haben, dass Finanzhilfen für Land und Kommunen – insbesondere für die Kommunen – notwendig sind. Ich denke, wir sollten froh und dankbar sein, dass dies so im Koalitionsvertrag steht.

(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Nein, sind wir nicht!)

Bei der Verabschiedung des Koalitionsvertrags sind alle davon ausgegangen, dass die Eingliederungshilfen zügig umgesetzt würden. Die Vorwegentlastung in der Größenordnung von 1 Milliarde € haben alle für das Jahr 2014 erwartet und die Entlastung in der Größenordnung von 5 Milliarden € haben alle zum 1. Januar 2015 erwartet.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, das stimmt nicht!)

Das war die Diskussionsgrundlage und was Sinn und Geist dieser Formulierung im Koalitionsvertrag ausmachen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt wissen wir, dass auch der Bund im Zusammenhang mit der Schuldenbremse vor schwierigen finanziellen Herausforderungen steht. Nun gibt es den Plan, die volle Entlastung erst zum 1. Januar 2018 umzusetzen und in den Jahren 2015 bis 2017 – so steht es in der mittelfristigen Finanzplanung – die 1 Milliarde € umzusetzen. Das ist für uns nicht akzeptabel.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Ich zitiere den Hessischen Ministerpräsidenten, der im Interview mit dem „Handelsblatt“ vom 13. März 2014 wörtlich gesagt hat:

Es kann nicht sein, dass Finanzpolitiker des Bundes erklären, dass die Mittel frühestens 2018 fließen.

(Norbert Schmitt (SPD): Da gibt es eine Bundesratsinitiative!)

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Da werden wir nicht mitmachen. Deswegen glaube ich, wir sollten dabei um die Notwendigkeit kennen und wissen. Wir sollten uns im Lande Hessen gemeinsam darauf konzentrieren, unsere Einflussmöglichkeiten im Bundesrat, aber auch über unsere Bundestagsabgeordneten – das gilt insbesondere für SPD und CDU – geltend zu machen, damit diese versprochene Entlastung so schnell wie möglich

umgesetzt und nicht auf das Jahr 2018 verschoben wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Mit einer Bundesratsinitiative!)

Danke schön. – Als Nächster hat Herr Kollege Kummer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, heute im Hessischen Landtag stehen zu dürfen; denn das Thema, um das es heute geht, berührt mich selbst auch emotional, und zwar in zweierlei Hinsicht: sowohl sozialpolitisch als auch finanzpolitisch. Ich möchte Ihnen auch gern erklären, warum dies so ist.

Der Landeswohlfahrtsverband – und dieser Name ist ja untrennbar mit der Eingliederungshilfe verbunden – hat eine seiner größten Einrichtungen in meiner Heimatstadt. Ich weiß, welch hervorragende Arbeit von diesem Träger der überörtlichen Sozialhilfe bei der Eingliederung behinderter Menschen geleistet wird. Allein dies wäre es wert, im Hessischen Landtag zu einem eigenständigen Tagesordnungspunkt gemacht und entsprechend gewürdigt zu werden.

(Beifall bei der SPD)

Aber darum geht es heute nicht. Warum aber erwähne ich heute in diesem Zusammenhang den Landeswohlfahrtsverband aus finanzpolitischer Sicht? – Wenn man den Namen Landeswohlfahrtsverband Hessen hört, könnte man meinen, es wäre der Wohlfahrtsverband des Landes Hessen, aber weit gefehlt: Es ist der Wohlfahrtsverband im Lande Hessen. Ich sage das deshalb, weil auch in diesem Fall – und das ist exemplarisch für die Situation – es die kommunale Familie ist, die diesen Wohlfahrtsverband im Lande Hessen nahezu ausschließlich und allein zu finanzieren hat. Das ist exemplarisch, weil es zeigt, dass die Hessische Landesregierung auch in diesem Zusammenhang ihrer finanzpolitischen Verantwortung für die kommunale Familie nicht gerecht wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Eingliederung behinderter Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Weil dies so ist, ist auch die Finanzierung dieser Aufgabe eine gesamtstaatliche Angelegenheit und von allen Ebenen zu leisten, und dazu gehört auch das Land.

Vor diesem Hintergrund finde ich es gut, wenn wenigstens der Bund nicht nur die Not auch der hessischen Kommunen sieht, sondern auch praktisch hilft und zu seiner finanziellen Verantwortung steht, und dies – ich habe es bereits gesagt – ganz im Gegensatz zur Hessischen Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass die Zusage im Koalitionsvertrag des Bundes auch eingehalten wird, es im Jahr 2016 das Bundesteilhabegesetz gibt und dann auch 5 Milliarden € an die kommunale Familie fließen werden. Daran habe ich keinen Zweifel, denn wir Sozialdemokraten verhalten uns vertragstreu.

(Beifall bei der SPD)

Herr Schork und Frau Erfurth, natürlich wäre es besser, wenn diese Entlastung früher käme. Insoweit unterstützen wir natürlich die Intentionen Ihres Antrags und auch das, was Sie gesagt haben, Herr Schork.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es wäre auf alle Fälle im Interesse der hessischen Kommunen besser, wenn die Entlastung möglichst früh käme. Jeder Tag früher wäre besser für die hessischen Kommunen. Aber, und das müssen Sie mir zugestehen, Frau Erfurth, bei den GRÜNEN denke ich an das Gleichnis vom Beschluss der Tiere des Waldes: „Das geht uns Fische gar nichts an“, und genau so agieren Sie.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Für mich gilt der Grundsatz: Was ich von anderen fordere, muss ich auch selbst zu tun bereit sein.

(Beifall bei der SPD)

Und was tut die schwarz-grüne Landesregierung, was tut das Land Hessen? Es vernachlässigt seit 1999 seine ihm anvertrauten Kommunen finanziell sträflich.

(Beifall bei der SPD)

Nirgends in der Bundesrepublik geht es den Kommunen finanziell so schlecht wie in Hessen. Das hat übrigens 2013 niemand anders als die Bertelsmann Stiftung festgestellt. Sie sprachen sogar von „finanzieller Hoffnungslosigkeit“. Das schreibt uns die Bertelsmann Stiftung ins Stammbuch, meine Damen und Herren. Attestierte kommunalfeindliche Politik: Erst durch Schwarz, dann durch Schwarz-Gelb und jetzt durch Schwarz-Grün.

Ich sage das so drastisch, weil in § 19 HGO steht, was die Pflichtaufgaben der Kommunen sind. Die Kommunen haben die Pflicht, die „wirtschaftlichen, sozialen, sportlichen und kulturellen öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen“. Das sind ihre Pflichtaufgaben. Die Realität in unserem Land aber sieht anders aus: Schwimmbäder schließen, Büchereien schließen, Theater schließen. Die Städte, Gemeinden und Kreise stehen vor dem finanziellen Kollaps. Das liegt aber nicht daran – auch das sage ich hier und heute ganz deutlich und nicht zum letzten Mal –, dass etwa grüne, schwarze, rote Bürgermeister oder Landräte nicht mit Geld umgehen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Kummer, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Frau Vorsitzende, ich halte mich an die fünf Minuten Redezeit. – Das liegt an der mangelhaften finanziellen Ausstattung des Landes Hessen. Unsere Aufgabe muss es sein, bei der Änderung des Kommunalen Finanzausgleichs mehr Geld in das System zu bringen und den Kommunen mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Fangen wir doch an, indem wir die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs von 350 Millionen € sofort zurücknehmen. Das wäre eine Hilfe

für die Städte und Gemeinden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.