Protokoll der Sitzung vom 03.05.2017

Wir dürfen, okay. – Dann fangen wir mit dem Bundesprogramm an, das noch nicht einmal verabschiedet worden ist, dem Bundesprogramm, das maßgeblich der SPD-Bundestagsfraktion und den Regierungsmitgliedern der Sozialdemokratie geschuldet ist, die nämlich nicht wollten, dass die 3,5 Milliarden € einfach im großen Säckel verschwinden. Daher haben sie dieses Programm durchgesetzt.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich glaube, der Schulz war das!)

Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird das Bundesgesetz sehr wahrscheinlich erst im Juni/Juli verabschiedet werden. Es ist also in Hessen höchste Not geboten, dringend ein Gesetz zu verabschieden. Das hat folgenden Hintergrund: Insgesamt beträgt das Bundesprogramm, entgegen dem, was wir hier diskutieren, 330 Millionen €. Der Bund zahlt keinen Cent mehr. 110 Millionen € bringt nicht der Weihnachtsmann auf, sondern die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen, die diese 110 Millionen € über die Kreisumlage refinanzieren werden. Kommunen, die das Geld haben, was bei finanzschwachen Kommunen eher weniger der Fall sein wird, müssen dieses auf dem Kreditmarkt aufnehmen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!)

Wie kommt jetzt bei 440 Millionen € aber das Land ins Spiel? Eigentlich gar nicht. Daher hat sich das Land überlegt: Okay, wir bieten den Kommunen etwas an, und zwar diesen Kredit bei der WIBank aufnehmen zu dürfen; dann würden wir als Land die entsprechende Kreditsumme, was die Kreditzinsen anbelangt, für zehn Jahre übernehmen. – Jetzt zeige ich Ihnen dazu, was das in zehn Jahren bedeutete, einmal eine Zahl.

(Der Redner hält ein Transparent hoch, auf dem „1 %“ steht.)

So viel übernimmt also das Land für eine Kommune, die vom Bundesprogramm Geld bekommt, von der Gesamtsumme. So viele Prozent. „Mächtig gewaltig, Egon“, würde man so schön sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind die ersten 440 Millionen €; allerdings beträgt der Zinssatz – damit wir uns nicht falsch verstehen – 0,5 %; und zu diesem Zinssatz kann man sich im Moment als Kommune locker refinanzieren. Wie Sie auf die gezwungenen 2 Prozentpunkte kommen, weiß ich leider nicht. Das ist übrigens ein Problem. Sie haben aber in dem Gesetzentwurf klugerweise geschrieben, dass die Kommunen offenkundig nicht bei der WIBank aufnehmen müssen, sondern dass sie dies können. Das ist auch klug so, denn unsere Kommune, ich nenne einmal beispielhaft Hersfeld-Rotenburg, würde aus dem Bundesprogramm 9 Millionen € bekommen; 3 Millionen € müsste sie selbst finanzieren. Somit würde sie also die satte Summe von 120.000 € bekommen, 120.000 € für zehn Jahre, wenn der Kredit mit 0,5 % Zinsen abzuzahlen wäre. Wenn man auf 2 % Zinsen käme, dann käme man immerhin auf fast 500.000 €. Das würde das Land übernehmen. Ob das klug ist, ist eine andere Frage, denn wir müssen wissen, dass wir als Landkreis beispielsweise für die Krankenhausfinanzierung gerade einen Kredit über 30 Jahre aufgenommen haben zu einem Zinssatz von 1,1 %. Wieso man dann für zehn Jahre 2 % Zinsen zahlen muss, ist uns leider schleierhaft.

(Beifall bei der SPD)

Im Rahmen der Kommunalaufsicht würden Sie normalerweise, wenn dies eine Kommune täte und wüsste, dass sie das Geld woanders billiger bekäme, sagen: Das genehmigen wir nicht. – Da muss also noch nachgearbeitet werden.

Jetzt kommen wir zum Landesprogramm. Es ist ein erstaunliches Programm, liebe Kolleginnen und Kollegen, das im Gesetzentwurf folgendermaßen beschrieben wird. Da es ein wenig klein geschrieben ist, viel kleiner, als Sie denken, obwohl die PR in diesem Punkt riesig ist, setze ich einmal die Lesebrille auf und lese Ihnen das einmal vor:

Mit einem zusätzlichen Landesprogramm sollen auch die nicht am Bundesprogramm antragsberechtigten öffentlichen Schulträger in die Lage versetzt werden, ihre Schulinfrastruktur in dem zur dauerhaften Aufgabenerfüllung erforderlichen Umfang instand zu halten, zu sanieren, aus- oder zurückzubauen.

Jetzt habe ich gerade gehört, Frankfurt braucht 1 Milliarde und nicht 30 Millionen €. Die Landesregierung kann also zaubern; mit diesen 55 Millionen €, die Sie offenkundig im wahrsten Sinne des Wortes „ausgeben“, sind Sie in der Lage, in den sechs Kommunen, also den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten, die Schulen so zu sanieren, dass sie der Aufgabenerfüllung im erforderlichen Umfang dauerhaft gerecht werden. Diese Formulierung ist erstaunlich. Oder war es ein bisschen zu viel PR?

(Beifall bei der SPD – Dr. Walter Arnold (CDU): Jetzt ärgern Sie sich doch nicht so, Herr Kollege!)

Das ärgert mich gar nicht. – Das ist nur PR; das beschließt nachher der Landtag. Der Landtag beschließt nachher, dass die Welt so ist, wie es hier steht. Die Welt ist aber gar nicht so, weil man es nachrechnen kann.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist das Problem.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ich bin auf Ihren Änderungsantrag gespannt! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Diesen haben wir doch schon gestellt!)

Ja. – Ich möchte in Bezug auf den Kollegen Hahn noch einen weiteren Punkt benennen. Herr Kollege Hahn hat vom 250-Millionen-€-Programm gesprochen. Sie als Regierungsfraktionen haben unseren Antrag, Nachtragshaushalt, in Höhe von 50 Millionen € für die Schulen noch im Februar abgelehnt. Jetzt sagen Sie: „55 Millionen €“; das liegt nun zwischen den 50 und 250 Millionen €. Sie hätten sich einfach entscheiden müssen. Also 50 Millionen € sind zu wenig; und 250 Millionen € sind zu viel. Sie hätten damals die 50 Millionen € einfach mittragen und sagen können: Da packen wir noch 5 Millionen € drauf, dann ist es diese Summe.

(Beifall bei der SPD)

Aber damals passte es noch nicht in den Kram. Warum? – Weil es eigentlich wieder einmal darum geht, mit solch einer Maßnahme, die der Bund vorbildlich macht – dass es nicht genügend ist, das können wir alles diskutieren; aber der Bund ist dafür eigentlich gar nicht zuständig –, in Hessen irgendwie noch rechtzeitig mit PR-Maßnahmen in die Öffentlichkeit zu kommen.

Jetzt kommen wir noch zu einem nicht unwichtigen Punkt, der auch mit dem Landesprogramm zu tun hat. In dem

Landesprogramm steht, dass das Land die ersten zehn Jahre lang die Zinsen übernimmt. Für weitere zehn Jahre übernehme es einen Zinsanteil von 1 Prozentpunkt – so weit, so gut.

Bei dem Bundesprogramm soll es wohl offenkundig so sein, dass wir den finanzschwächeren Kommunen sagen: Wir übernehmen für zehn Jahre die Zinsen, und dann hat sich das. – Das heißt, derjenige, der mehr hat, bekommt auch mehr. Dem wird gegeben. Das stand ja auch einmal in der Bibel, nur war es anders gemeint. Haben Sie sich das eigentlich einmal überlegt? Sie wollen zudem – das steht auch in dem Gesetzentwurf – finanzschwächere Kommunen zwingen, das in zehn Jahren abzuwickeln. Wenn sie es nicht in zehn Jahren machen, dann haben die das Problem, dass sie keinen Zinszuschuss bekommen.

Wir haben dieses Problem auf dem Landesparteitag diskutiert und ganz einfach gefragt: Warum übernimmt das Land nicht für all diese Programme komplett die Zinsen? Wo ist eigentlich das Problem? Haben wir im Lande Hessen so wenig Geld, dass wir nicht sagen könnten, dass wir die Zinsen für 30 Jahre übernehmen? Wir könnten dann ja mit den Zinsen konkurrieren, die die Sparkassen, Volksund Raiffeisenbanken usw. anbieten. Dann suchen wir uns als Land den besten Zinsgeber aus. Wenn es die WIBank ist, dann machen wir das als Land. Aber den Kommunen vorzuschreiben, dass sie möglicherweise mehr zu zahlen haben, als sie zahlen sollten, ist doch schon ein Tollhaus.

(Beifall bei der SPD)

Man kann doch nicht den finanzstärkeren Kommunen anbieten, dass man für die Laufzeit noch einen Zinszuschuss übernimmt, den finanzschwächeren aber nichts geben. Diese Logik ist nicht eingängig.

Ein weiterer Kritikpunkt, den wir so einfach sicherlich nicht werden lösen können, der aber zumindest gesagt sein muss, ist, dass wir natürlich gerade im ländlichen Raum viele Schulstandorte haben und dass der Faktor, den wir jetzt angesetzt haben, zu sagen, dass es einerseits auf die Finanzstärke und andererseits auf Schülerinnen und Schüler ankomme, für den ländlichen Raum mit den vielen Schulstandorten, die wir erhalten wollen, wie in bildungspolitischen Debatten mehrfach vorgetragen, nach dem Motto: „kurze Beine, kurze Wege“, einen Nachteil bedeutet, sodass wir uns schon überlegen müssen

Herr Kollege, Sie müssten zum Ende kommen.

ich bin gleich fertig –, ob es nicht schon bei dem Verteilungsfaktor auch auf den Raum ankommt, in dem die Schulen sind. Kleinere Schulen kosten in der Regel mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende, bei allem Respekt, den ich vorgetragen habe, ist meine Kritik, dass Sie in den Auseinandersetzungen im Haushaltsausschuss noch einmal darüber nachdenken sollten, ob das Land nicht die Zinsen komplett übernimmt und damit die Diskussion zu diesem Punkt beendet ist.

Am Ende kann ich Ihnen nur sagen: Wir sollten uns nicht mit fremden Federn schmücken. 1 % ist wirklich nicht der Rede wert. Dass das Land nur wegen der Abwicklung die

sen einen Prozentpunkt dafür nutzt, eine große PR-Kampagne zu machen,

Herr Kollege, bitte.

ist wirklich überflüssig. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Warnecke. – Als nächste Rednerin spricht nun Kollegin Goldbach von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt eine sehr interessante Debatte, die ich unter dem Titel „Malen nach Zahlen“ zusammenfassen möchte. Jeder zeichnet das Bild, das ihm passt und das er gerne hätte,

(Gerhard Merz (SPD): Ganz anders als Sie!)

greift sich ein paar Zahlen heraus und glaubt, damit zu belegen, er oder sie sei im Recht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Unruhe bei der SPD)

Bevor ich auch auf ein paar Zahlen eingehe, möchte ich betonen, was wir eigentlich tun und vorhaben. Uns sind die Schulen und die Schülerinnen und Schüler in Hessen sehr wichtig. Wir haben gestern im Plenum über die Änderungen im Schulgesetz gesprochen, uns also mit der inneren Schulverwaltung befasst. Uns geht es um guten Unterricht für alle. Uns geht es um Inklusion in den Schulen, uns geht es um Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.

Heute befassen wir uns mit der äußeren Schulverwaltung. Es geht also um die Frage, wie wir das Lernumfeld für Schülerinnen und Schüler verbessern können. Das hängt eng zusammen; denn die Struktur der Gebäude, die Funktionalität der Gebäude müssen dem Aufbau des Unterrichts folgen, der Struktur der inneren Verfassung der Schulen.

Deswegen brauchen wir in den hessischen Schulen Räume für die Nachmittagsbetreuung, für Bibliotheken, für Schulkantinen. Wir wollen Barrieren abbauen, damit auch die Schülerinnen und Schüler, die Einschränkungen haben, sich frei bewegen können und uneingeschränkt am Unterricht teilnehmen können. Manche Schulen richten sich Computerräume ein; dafür benötigen sie eine technische Ausstattung. Manche unterrichten mit Differenzierungsräumen. Das sind viele neue Anforderungen, für die wir eine Unterstützung benötigen, die wir den Kommunen gerne geben.

Neben diesen neuen Anforderungen haben wir aber auch die ständige Instandhaltung, das ist uns allen klar. Die Toilettenanlagen müssen saniert werden, die Dächer sind reparaturbedürftig, die Fassaden müssen auch immer wieder in

stand gesetzt werden. Für uns ist auch ein wichtiger Punkt: Wir wollen die energetische Sanierung unserer Schulgebäude konstant vorantreiben. Das wollen wir nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes, sondern auch, weil damit unmittelbar Einsparungen in den kommunalen Haushalten einhergehen. Wir haben sehr schöne Zahlen dazu, wie die Energieverbräuche in den gut sanierten Schulgebäuden dauerhaft sinken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir haben jetzt also das Kommunalinvestitionsprogrammgesetz II, und wir haben eine Änderung zum Kommunalinvestitionsgesetz I gemacht, in der wir die neuen Zahlungen verankert und auf ausdrücklichen Wunsch der kommunalen Familie die Fristen verlängert haben.

Gehen wir jetzt einmal auf die beiden neuen Programmteile ein. Wir haben schon gehört, es gibt ein Bundesprogramm, und es gibt einen Landesteil. Auch der Bund sieht jetzt die Notwendigkeit, in ganz Deutschland in die Schulen zu investieren. Herr Schalauske, by the way, Zuständigkeiten, und welche Ebene wofür zuständig ist und das finanziert: Sie haben eben ein Bild gezeichnet, als sei allein das Land Hessen dafür verantwortlich, die Schulen zu bauen, zu sanieren und umzubauen. Die Schulträgerschaft haben aber tatsächlich die Kommunen. Das sind die Kreise, das sind die Sonderstatusstädte und die kreisfreien Städte. Die Kreise erheben dafür z. B. eine Schulumlage von den Gemeinden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ach ne!)