Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Lage der Wissenschaft in Deutschland gut ist. Es ist unsere Aufgabe, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Wissenschaftler die Themen und die Zukunftsfelder in eigener Verantwortung ohne Einschränkungen erforschen können.
Pauschale Forschungsverbote etwa hinsichtlich grüner Gentechnik, Atomenergie, Fracking und Stammzellenforschung lehnen wir daher ab. Forschung bedeutet auch nicht immer gleich die Umsetzung in praktischen Nutzen. Vielmehr tragen die wissenschaftlichen Ergebnisse zum grundsätzlichen Erkenntnisgewinn bei.
Diese neuen Erkenntnisse und Forschungsergebnisse auch in diesen Feldern können einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen und ökonomischen Fortschritt, zum Kampf gegen Krankheiten und zur Bewältigung anderer großer Herausforderungen leisten.
Exzellenzforschung und echte Offenheit für die Ergebnisse sind zwei Seiten derselben Medaille. Sie bilden vor allem auch einen fundierten Gegenpol zu den pseudowissenschaftlichen Erklärungsversuchen, die uns manche weismachen wollen.
Meine Damen und Herren, die Freien Demokraten wollen Rahmenbedingungen, die Exzellenzforschung ermöglicht und fördert, anstatt sie zu be- oder verhindern – und dies unter Erhaltung der biologischen Sicherheit und ethischer oder moralischer Aspekte, um gleich auf die kritischen Stimmen, die bestimmt noch kommen werden, zu antworten.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund sind alle in der Verantwortung, die Freiheit der Wissenschaft in unserem Land immer wieder zu verteidigen, bevor der Finger nur in die Richtung anderer Länder ausgestreckt ist.
Nichtsdestotrotz wird die Entwicklung in der Türkei, aber auch bei europäischen Partnern sowie in den USA mit Sorge betrachtet. Hier sind die bundespolitischen Parteien in der Verantwortung, die Freiheit der Wissenschaft außenpolitisch zu begleiten.
Zudem gilt es, das zivilgesellschaftliche Engagement zu unterstützten, aber nicht zu polarisieren. Der March for Science, der zwar in den Vereinigten Staaten initiiert wurde, aber auch in zahlreichen deutschen Städten stattfand, wurde von der Allianz der Wissenschaftsorganisationen begrüßt und unterstützt. Er ist ein wichtiges Signal für den Einsatz für die Freiheit der Wissenschaft.
Deutschland besitzt ein weltoffenes, pluralistisches und auch deswegen besonders leistungsfähiges Wissenschaftssystem. Die Freiheit von Forschung und Lehre hat Verfassungsrang und wird getragen von breitem gesellschaftlichem und politischem Vertrauen. Dieses drückt sich auch in erheblichen öffentlichen Investitionen und in Rahmenbedingungen aus, um die wir in vielen anderen Staaten beneidet werden. Diese besondere Stellung ist zugleich Verpflichtung, Position zu beziehen gegen jedwede Bedrohung der Wissenschaften und ihrer Freiheit.
Dieses Zitat hinterlegt einen eindeutigen Handlungsauftrag an alle demokratischen Parteien und Entscheidungsträger in unserem Land.
Bei der dazugehörigen Konferenz kam jedoch ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt zur Sprache, der die Frage nach dem Warum thematisiert. Warum kommt es dazu, dass Wissenschaft in Bedrängnis gerät und dass sie politisiert wird? Die Antwort von den Diskutanten war, dass es einen generellen gesellschaftlichen Vertrauensverlust in die Wissenschaft gebe und dass auf die Veränderungen in der Kommunikation durch die sozialen Medien und die Digitalisierung noch nicht ausreichend reagiert werde. Hier müssen die Chancen, aber auch die Herausforderungen aufgegriffen werden. Diesbezüglich müssen die Hochschulen und Forschungseinrichtungen unterstützt werden.
Ein zentrales Thema im Antrag ist auch die Förderung durch das Stipendienprogramm für hoch qualifizierte Flüchtlinge. Das ist der Hessenfonds, mit dem Studierende, Promovierende und Wissenschaftler, die asylberechtigt oder anerkannte Flüchtlinge sind, über einen bestimmten Zeitraum finanziell unterstützt werden. 2016 und 2017 wurden finanzielle Mittel in Höhe von 1 Million € dafür bereitgestellt. Es gibt wohl die Absichtserklärung, dass auch für 2018 wieder so zu tun.
Dieses Engagement ist begrüßenswert. Aber es ist fraglich, ob die Mittel ausreichen oder ob sie – wie vom Vizepräsidenten der Frankfurter Universität gefordert – aufgestockt werden sollen, insbesondere mit Blick auf die Stipendienhöhe von 300 € für die Studierenden.
Meine Damen und Herren, über die Landesförderung hinaus ist jedoch auch das Engagement der einzelnen Hochschulen zu begrüßen, die individuelle Sonderprogramme auf die Beine gestellt haben, um geflüchtete Studierende und Wissenschaftler zu unterstützen.
Darüber hinaus können verfolgte und gefährdete ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mithilfe von Stipendien an den hessischen Universitäten aufgenommen werden. – Philipp Schwartz musste 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen und gründete die Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland. Seine Geschichte, aber auch die zahlreicher namhafter deutscher Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler zeigt, wie wichtig die Förderung und die Aufnahme von verfolgten und geflüchteten Wissenschaftlern sind. Sie können auch einen Beitrag zur Stabilisierung und zur Demokratieförderung leisten, wie das folgende Beispiel zeigt.
Der letzte Satz. – So hat Deutschland nach dem Putsch in Griechenland Exilanten aufgenommen, unter ihnen den späteren griechischen Ministerpräsidenten Konstantinos Simitis und seinen Bruder Spiros Simitis, den späteren Hessischen Datenschutzbeauftragten. – Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich eigentlich, dass wir diesen Antrag hier wiedersehen. Die Sozialdemokraten kennen ihn schon ein bisschen, weil wir ihn in Nordrhein-Westfalen zusammen mit den GRÜNEN in den Landtag eingebracht haben.
jetzt bleibt doch einmal ganz entspannt –, dann müssen Sie die Rede vom Kollegen May noch zum Antragstext hinzurechnen. Dann haben Sie in etwa den Antragstext aus NRW. Ich sage das ohne Bosheit. Die Bosheit kommt nämlich gleich, weil ich schon glaube, dass das Thema ganz spannend ist. Die Bosheit besteht einfach darin, dass dieser Antrag in NRW mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN und Piraten gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen worden ist.
Wir werden dem Antrag logischerweise zustimmen, weil er in der Grundintention richtig ist. Ich glaube schon, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus ihren Elfenbeintürmen herausgekommen sind, um zu sagen: „Wir müssen für unsere eigene Freiheit kämpfen“, alle unsere Unterstützung verdient haben. Alleine dafür lohnt sich diese Debatte.
Ich bin ein bisschen differenzierter bei der Frage, wer an welcher Stelle die Schuld trägt. Es ist immer so schön, hier zu stehen und zu sagen: Die Welt ist in Ordnung, und woanders ist die Welt schlecht.
Ja, sie ist schlecht, aber es gibt ganz unterschiedliche Bereiche. Der härteste Bereich betrifft die Türkei mit der Schließung von Universitäten. Das waren immerhin 15. Tausende Beschäftigte sind entlassen worden. Hunderte sind verhaftet worden. Hinzu kam eine Reihe von Rückrufaktionen, bei denen gesagt wurde: Ihr seid zwar im Ausland, aber kommt zurück. – Sie wissen, dass sich eine Reihe von Professorinnen und Professoren dem entzogen und Asylanträge gestellt haben.
An dieser Stelle kann ich mich dem Kollegen Lenders nur anschließen: Wir sollten sie genau so behandeln wie die Asylanträge von Simitis und seinem Bruder. Wir sollten auch bedenken, wie in Deutschland der Antrag von Frau Bachelet behandelt wurde, die später chilenische Präsidentin geworden ist. Deutschland hat eine lange Tradition, das zurückzuzahlen, was es selbst an Hilfen für seine Flüchtlinge zu Zeiten des Faschismus bekommen hat. Ich halte das für einen zentralen Punkt, den man auch sehr deutlich betonen muss.
Ich finde manche Debatte darüber kleinlich, wie es denn um die Qualifikation desjenigen steht, der in Syrien Professor war und gegen das Regime aufgestanden ist. Diese zum Teil dummen Fragen, denen er sich stellen muss, sind der Würde dieses Landes nicht angemessen.
Das ist der staatliche Teil. Es gibt viele Berichte über Professorinnen und Professoren in Russland, die unangenehme Wahrheiten verkündet haben und deshalb von ihren Ämtern entfernt wurden. Etwas komplizierter ist es in Ungarn. Nun sind wir bei dem Punkt angelangt, an dem wir genau aufpassen müssen, was wir fordern und wie wir es fordern. In Ungarn hat sich der Konflikt zugespitzt bei der Frage einer Universität.
Das wird dann so diskutiert, als ginge es nur um ein Thema. Es ging aber um drei Themen. Das erste Thema ist die Wissenschaftsfreiheit. Darüber gibt es überhaupt keine Debatte. Die Wissenschaftsfreiheit gilt auch für private Universitäten. Das ist überhaupt keine Frage. Das gilt aber auch – um diesen Satz sehr bewusst zu sagen – innerhalb privater Universitäten. Das ist ein ganz spannender Punkt, den wir an anderer Stelle sicher noch einmal diskutieren werden.
Der zweite Punkt ist die politische Intention. Es geht darum, eine bestimmte politische Richtung per Universität durchzusetzen bzw. per Staat zu bekämpfen. Die Intention der Universität liegt im demokratischen Spektrum. Deswegen ist gegen diese Art von Universität auch nichts einzuwenden. Im Gegenteil, ihre Freiheit muss verteidigt werden gegen Staatsintervenismus.
Der dritte Punkt betrifft die Frage, wie die Universität insgesamt betrachtet wird. Die Europäische Union hat schließlich keinen Konflikt mit Ungarn vor dem Hintergrund der Wissenschaftsfreiheit. Ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist. Die EU-Stellungnahmen beziehen sich auf die Dienstleistungsfreiheit, auf die Frage, dass eine privatwirtschaftliche Universität in der Europäischen Union bestimmten Regeln unterliegt und dass ihr der Zugang – völlig unabhängig von der nationalen Gesetzgebung – zum Wissensmarkt gewährleistet werden muss. Ob wir das alles so wollen, darüber könnte man noch einmal eine Runde debattieren.
Kennerinnen und Kenner der Materie möchte ich auf § 91 des Hessischen Hochschulgesetzes hinweisen. Dort wird relativ präzise die Zulassung von privaten Hochschulen geregelt. Dabei geht es um vergleichbare Bedingungen, wie sie im ungarischen Hochschulgesetz gerade formuliert worden sind. Da muss man sehr präzise schauen, dass man im Kampf dafür, dass keine Meinung unterdrückt werden darf, nicht gleichzeitig das Mittel, dass nämlich Länder Hochschulgesetzgebung machen können, mit in den Orkus kippt. Das muss man sauber auseinanderhalten. Ich glaube, da ist eine große Differenzierung wichtig.
Genauso spannend ist es in den Vereinigten Staaten. Die Forschungsförderung und Wissenschaftsfreiheit sind dort bedroht. Dies betrifft die Kürzungen, die der Kollege May angesprochen hat, und den Umgang mit der United States Environmental Protection Agency. Aber Vorsicht. Die Worte lauten: Forschungsergebnisse werden in Zukunft ei
nem politischen Vertreter vorgelegt werden müssen. Sie müssen zur Haltung der neuen Regierung passen.
Das ist der Angriffspunkt. Ich frage Sie einmal ernsthaft, ob Sie die Geschichte der letzten beiden Armuts- und Reichtumsberichte in Deutschland verfolgt haben. Es wurden Daten vorgelegt, die infolge eines Einspruchs des Bundeskanzleramts vor der Veröffentlichung korrigiert wurden. Wer also über Wissenschaftsfreiheit redet und dies zum Angriffspunkt nimmt, der muss sehr präzise sagen, wie man mit deutschen Wissenschaftlern umgeht, die kritische Berichte erstellen. Das ist nicht ganz so einfach.